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Gelegentliches
 

Wunsch
Penelope
Die Tochter Fortunats
Einem Kinde

Grabschrift
Th. Körner

 
Frühlings-Erwachen
Zueignung
Das Blut

 

Wunsch


Nicht wie ein Irrlicht, das im Sumpf verzischt —
Ich möchte sterben, wie ein Stern verlischt:
Er ist verstoßen aus den steten Reih'n,
Der ihm für Zeit und Ewigkeit gesetzt;
Er gleitet niederwärts; mit irrem Schein,
Durch alle Himmelsräume stürmt er jetzt;
Du ahnst nicht die Qual, die ihn bedrängt,
Die flammend ihm den tiefsten Kern versengt.
Du siehst die Spur, die fallend er beschreibt,
Die lange noch, nachglühend, sichtbar bleibt,
Und spricht, aufstaunend zu den lichten Höh'n:
"Was war das schön!"

Penelope

Endlos währte die Nacht. Mein Lager netzt' ich mit Tränen,
Drückt an die Lippen den Pfühl, denkend des fernen Gemahls,
Bänglich graute der Tag. Ich ließ behende mein Bette
Und umwandelte zag Itaka's felsiges Rund;
Stieg zu den Höhen hinauf und wieder abwärts zur Küste,
Die mit gewaltigem Laut heiser die Meerflut umbrüllt.
Und ich späte nach Wolken: es flog mein Blick nach den Bergen,
— Ach! kein helles Fanal leuchtet mehr kündend darauf!
Längst erlosch mir die Glut, die Ilions Fall mir gemeldet,
— Tief in der Seele mit ihr starb mir das frohe Vertrau'n.
Und mein Freund war die See. Sie machte glanzlos mein Auge,
In das bewegliche Herz zog ihre Unrast mir ein.
Und wie Kunde vom Fernen erklingt mir oft ihre Weise,
— Sie zu deuten vermag nimmer mein armer Verstand.
So verblüh' ich denn einsam. Der Gattin des ratklügsten Mannes
Bleicht in ratlosem Leid langsam das nächtige Haar . . .

Die Tochter Fortunats

Spätsommer war's, es floß ein fahles Licht
Auf Rebgelände nieder und auf Saaten;
Zum erstenmal vernahmst Du da Bericht
Von Fortunat's unsel'gem Kind, Renaten;
Und nunmehr, da sich schimmernd im Gebreit
Des Winters Stapfen allenthalben zeigen,
Ward unser Kind dem Flammentod geweiht:
Die Malespina starb im lohen Reigen.

Du liebtest sie um Alles, was sie litt,
Um jedes Weh, das ihr ein Gott bereitet,
Ihr Los verfolgend, zaghaft, scheu im Schritt,
Hast Du zur Brandstatt sie hinausbegleitet;
Du warst allein; nur Dir zur Seite stand
Der Mann, der Dir Renatens Los verkündet —
Unsel'ger Tag! Es ward an jenem Brand
Die Fackel meines Lebens mitentzündet!

Einem Kinde

Allerliebste liebe Kleine,
Komm' und sitz' auf meinem Schoß,
Küsse mich, denn sieh' ich meine,
Besser macht mich Dein Gekos.

Sorgen, die mich nächtig quälen,
Bringt Dein taghell Aug' zur Ruh;
Märchen will ich Dir erzählen —
Doch ihr lieblichstes bist Du.



Wenn müd' vom Schaffen, reich an Tagen
Ein Starker und ein Weiser schied —
Dann soll die Muse den beklagen
Und ihn verewigen im Lied.

Doch ist ein Sein in bester Fülle,
Im stärksten Schuß der Kraft verdorrt —
Geziemt's, daß sie das Haupt verhülle:
Der tiefste Jammer hemmt das Wort.

Grabschrift

Wer immer diesem Grabe nah,
Vermeide, Tränen zu vergießen:
Er weckt die Schlummernde — sie sah
Nicht Eine ungetrocknet fließen . . .

Th. Körner

Ein Eichwald. Drüber Morgenrot;
Aus tiefem Grund ein Ruf der Hörner.
Ein Jünglingssein, ein Mannestod,
Umschreib's in einem Namen: Körner!

Frühlings-Erwachen

Wo unabsehbar sich der Prater breitet,
In stiller Au ist mir das Heim bereitet:
Ein kleines Häuschen, das in's Grüne spät,
Vor dessen Fenster schwank die Birke weht.
Noch ist sie kahl: doch bald wird allenthalben
Das grüne Siegeslicht des Frühlings glüh'n;
Und bald, wie bald! erklingt das Lied der Schwalben,
Das zaghaft leise, in das erste Grün;
Vom Sonnenlicht ist Alles überwoben,
Die Vögel sind zurück, schon halten sie
In aller Gottesfrühe ihre Proben
Für jenen Hymnus voller Harmonie,
Drin Menschenlaute, ihre eignen Stimmen
In einem tönenden Akkord verschwimmen.

Sie halten Proben? Ist das nicht ein Märchen?
Wahrhaftig nein! Ich hab' es selbst belauscht;
Vor Tage war's: Da kam ein Schwalbenpärchen
Behenden Fluges durch die Luft gerauscht.
Rings alles kahl, nur Falllaub, braunes Reisig
Bedeckt' den Boden rund mit fahlem Schein —
Da ging es los: zuerst begann ein Zeisig,
Dann fiel der Buchfink hell und schmetternd ein.
Ein Jubilieren war in allen Zweigen,
In Lüften, auf dem Boden, überall;
Kunstpause; dann durch atemloses Schweigen
Begann ihr Sololied Frau Nachtigall;
Der Star, als Dirigent, vernahm's im Sinnen,
Sprach dann bedächtig: Wohl, es geht schon an,
Nun darf das Blühen, wann es will, beginnen,
Wir sind bereit, es würdig zu empfah'n.
Mag uns ein Neider, wenn er will, bekritteln,
Wer sich darüber kränkte, wär' ein Tor:
Wir sind, nach unsern sehr beschränkten Mitteln,
Ein ganz vorzüglicher gemischter Chor!

Mein Auge hatte sinnend sich geschlossen;
Nun schlug ich's auf: ich sah das weite Tal
Vom allerhellsten Sonnenlicht umflossen,
Die Traubenhyazinthe blüht' zumal;
Vom Wald herüber drang ein Vogelsingen,
Und süßen Odem hauchten die Syringen . . .

Zueignung

Es zittert noch auf diesen Blättern
Ein Sonnenleuchten, längst verblaßt;
Es braust darin von wilden Wettern,
Die stark ein wilder Herz erfaßt;
Es blüht von Blumen mancher Arten —
Oh, achte keine zu gering! —
Gebrochen in dem irren Garten,
Darin ich träumend mich verging.

Das Blut

Es ist ein Stück aus fernen Tagen,
Ein Stück — das Ganze wär' zu grau,
Ein Lied, ein Nachtigallenklagen,
Ein Sonnenblick, ein Veilchenblau;
Spätlicht auf eingesunk'nen Grüften,
Die längst vergess'ner Staub umwob —
Dann ging ein Brausen in den Lüften,
Davor das letzte Licht verstob . . .

Was ich gewollt? Was ich gegeben?
Ei, das, was mir im Herzen quillt;
Vielleicht ein ganzes Menschenleben,
Leicht ein Symbol nur und ein Bild;
Doch Manches, was ich nicht ersonnen,
Nur heiß begehrt und so durchlebt,
Hab' ich der Handlung eingesponnen,
Und feiner Fäden mitverwebt . . .