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II.
Farbenträume

 

Geträume
Sturm
Intérieur 1
Intérieur 2
Im Palmenhaus

 

Geträume


Des Himmels veilchenblaue Wölbung spannte
Sich sterneglitzernd über mir ... ein Dampf
Von überreifen, üppigen Gardenien
Umquoll mit weichem Fächeln Stirn und Wange,
Und meine Glieder, schwer und schlummersüchtig,
Sie ruhten reglos auf den Marmorplatten
Des Sarkophages, der mich kühl umfing.
Und auf des Sarges Ranft, – da saßest du.
Um deinen rosenbraunen Körper bebte
Ein goldiggrüner, seidenzarter Flor,
Und aus dem trotzig schwarzen Haar ergleißte
Bleichgrünlicher Smaragde kalter Schein.
Dein Antlitz war verträumt und weltverloren,
Und deine Augen starrten weit hinaus,
So suchend, so begehrend und so schmerzlich,
Und leise zuckten deine schweren Brauen,
Und um die stolzgepressten Lippen glitt
Ein wundes Lächeln, ein gedämpfter Hohn
Und Überdruss und Ekel und Verzweiflung,
Und ungesprochen traf mein Ohr die Frage:
Wie lange noch soll ich dich hüten – ich,
Das heiße, wilde, starke Leben – dich,
Den Markerkrankten, Todessiechen, sprich,
Wie lange noch?

Sturm

Wo sich auf bleichgeglühten Kalksteinfelsen
Der Rosenhain erhebt, dort ruhtest du ...
Die Luft ist schwül, dem fernen Horizont
Entsteigt ein nachtgefärbtes Sturmgewölk,
Das noch ein letztes, blasses Rot umsäumt.
In schwärzlich-grünen, weiten Wellen schlägt
Schweratmend schon empor zum Strandgeklipp
Das wilde Meer und jauchzt dem Sturm entgegen,
Der es durchschüttert bis zum letzten Grund.
Zu Neste flüchtet scheu das Seegevögel,
Und heimwärts flieht mit hochgebauschtem Segel
Der Fischerbarken angstgepeitschte Schar ...
Du aber ruhst in marmornem Gestühl
Und saugst in gierig langen Atemzügen
Der goldig-blassen Rosen schweren Hauch,
Und läßt den Sturm in liebesheißem Spiel
Von Brust und Schultern Dir den Schleier lösen
Und starrst hinaus auf gischtgekrönte Wasser
Und träumst vom Sturm, der Deine Seele liebt
Und sie durchschüttert bis zum letzten Grund.

Intérieur 1

Ein Intérieur von lichter Scharlachseide,
Ein wohldurchwärmtes, traulich-enges Heim.
Aus schlankgeformten Ständerlampen quillt,
Von buntgefärbten Abas-jours gedämpft, —
Ein rosig warmer Lichtstrom zitternd nieder.
Orangen und Narzissen hauchen träumend
Die duftig-schweren Blütenseelen aus —
Und tiefes, tiefes Schweigen. – Hingelagert
Auf üppig weichen Eisbärfellen, ruht
Ein schlankes Weib, die Lippen halberbrochen,
Mit leicht-umblauten, müden Schwärmeraugen, —
Und träumt und träumt von seelenheißer Freude,
Von zügellosem Schwelgen, trunknem Rasen,
Von einem hochgepeitschten Taumelreigen
Der abgestumpften, wurzelwelken Nerven,
Von einem letzten, niegekannten Glück,
Von einer Wonne, die der Wonnen höchste
Und doch nicht Liebe heißt – und träumt und träumt.

Intérieur 2

Verdunkelt war Dein weites Schlafgemach,
So ganz wie damals, und ein schwerer Hauch
Von welkem Lorbeer, Veilchen und Lavendel,
Erstickend, süß-betäubend koste, ganz
Wie damals, um die wonnig müden Nerven.

Mit schwanken Schritten trat ich ein bei Dir.

Ein schlankes Wachslicht schüttet fahlen Schein
Aus bronze-geschnittnem Riesengirandol
Und spielt und huscht und tänzelt launentoll
Um deines breiten Lagers üppig-weiße
Geraffte Schillerseide – um Dich selbst,
Die nackt und reglos ruht wie ein Gebilde
Von Künstlerhand, aus dunklem Erz getrieben.
Aus Deinem Aug', dem weiterschloss'nen, starrt
Erstickter Haß und höhnende Verzweiflung.
Und aus zernagten, breitgewölbten Lippen
In schwarzen Perlen rieselt langsam Blut
Auf deines breiten Lagers üppig-weiße
Geraffte Schillerseide .............
Eintönig hackt Dein Rosenpapagei
An seines Käfigs gelbe Messingstäbe – –
Er weiß ja nicht. – – –

Im Palmenhaus

Es war im Palmenhaus; die feuchte Luft,
Von Blumendünsten schwer, umspielte laulich
In weichen Wellen unser beider Haupt.
In eine tiefgebauchte, kühle Gartenbank
Zurückgelehnt, so saßen wir, ganz still.
Verklungen längst war Wort und Gegenwort,
Wir waren beide müd, und reglos starrten
Wir durch der Wände spiegelklare Scheiben
Tief in des Himmels safrangelben Glanz.
Von Zeit zu Zeit, wenn abendkühl ein Windhauch
Um unsere heißen Schläfen strich, erklang
Gedämpft und mild durch weitgespreizte Fenster
Das Schluchzen der Fontainen aus dem Garten,
Und leise rauschten dann die Fächerpalmen,
Und Asiens wunderliche Riesenblumen,
Von dunkelgrünem, sattem Laub umspielt,
Sie nickten langsam, wie Pagodenhäupter,
Und schwergewürzte Glutarome rannen
In die europamüden Schwärmerseelen ...
Das Haupt an's Haupt gelehnt und Hand in Hand,
Mit heimwehkranker Seele träumten wir
Von einer fernen Südseeinsel Strand,
Wo reicher die Natur und farbenheißer,
Wo lilasilbern Meereswogen leuchten
In winddurchkoster, schwüler Tropennacht,
Wo still und träumerisch und sinnlich-mild,
Das Leben weiterfließt, wo keine Schranken
Des Herzens träumerisch-bizarre Wünsche
Stumpfsinnig-kühl verneinen und zerstören.
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
Wo bist du, meine ferne Südseeinsel?