Am
Rhein
Wir reisten zusammen mit Andern
Zu Schiff hinunter den Rhein,
Es war ein seliges Wandern;
Doch waren wir selten allein
Sie traten heran, zu lauschen.
Du ließest nur hier und dort
Mir fallen unter das Rauschen
Des Stroms ein heimliches Wort.
Ich spracht bald trennt uns die Reise!
Ob hier wir uns wiedersehn?
"Dort vielleicht einst!" sagtest du leise,
Ich konnte dich kaum verstehn.
Wir flogen vorüber am Strande,
Der Dampf durchbrauste den Schlot,
Wie ein zorniger Neger die Bande
Wildschnaubend zu sprengen droht.
Und sie begannen zu preisen,
Wie schnell man sich heute bewegt,
Und wie das rührige Eisen
Man über die Straßen legt;
Als wollten zu Grabe sie tragen
Des Elends türmenden Wust,
Und wieder das Eden erjagen,
Den uralt bittern Verlust.
Es hat doch den rechten Fergen
Das Schifflein lange noch nicht,
So lange noch Liebe verbergen
Sich muß wie ein Sündergesicht.
Noch lange nicht hat, ihr Gesellen,
Das Eisen den rechten Guß,
Wenn sich die Liebe bestellen
Noch hinter die Gräber muß!
So dacht' ich und blickte verdrossen
Hinab in die rollende Flut,
Dich umringten deine Genossen
Und scherzten; die hatten es gut.
Die Nacht war dunkelnd gekommen,
Da stiegen am Strande wir aus,
Ich folgte dir stumm und beklommen
Von ferne bis an dein Haus.
Und als du, noch einmal nickend.
Verschwunden im schließenden Tor,
Stand ich eine Weile noch, blickend
Nach deinem Fenster empor.
Ich schied von deinem Quartiere,
Und ging hinüber in meins,
Das lag im fernen Reviere
Am andern Ufer des Rheins.
Ich betrat mein trauriges Zimmer
Und starrte unverwandt
Hinüber zum Kerzenschimmer,
Den mir dein Fenster gesandt.
Die Lichter drüben am Strande
Erloschen nach und nach,
Doch wie zu traulichem Pfande
Blieb deines immer noch wach.
Wie ich im einsamen Leide
Hinstarrte über die Flut:
Als wären gestorben wir beide,
Ward mir mit einmal zu Mut;
Als trennten uns weite Welten,
Ward mir mit einem Mal,
Den Erdengram zu vergelten
Mit ewiger Sehnsucht Qual;
Als blinkte dein Lichtlein so ferne
In meine Finsternis
Von einem entlegenen Sterne,
Der dich mir auf immer entriß.
Mir spielten, wie Tränendiebe,
Nachtwinde um's Augenlid,
Wie der Geist unglücklicher Liebe,
Der über die Erde zieht.
An *
Ach wärst du mein, es wär' ein schönes Leben!
So aber ist's Entsagen nur und Trauern,
Nur ein verlornes Grollen und Bedauern;
Ich kann es meinem Schicksal nicht vergeben.
Undank tut wohl und jedes Leid der Erde;
Ja! Meine Freund' in Särgen, Leich an Leiche,
Sind ein gelinder Gram, wenn ich's vergleiche
Dem Schmerz, daß ich dich nie besitzen werde.
Der schwere Abend
Die dunklen Wolken hingen
Herab so bang und schwer,
Wir beide traurig gingen
Im Garten hin und her.
So heiß und stumm, so trübe
Und sternlos war die Nacht,
So ganz wie unsre Liebe
Zu Tränen nur gemacht.
Und als ich mußte scheiden
Und gute Nacht dir bot,
Wünscht ich bekümmert beiden
Im Herzen uns den Tod.
Traurige Wege
Bin mit dir im Wald gegangen;
Ach, wie war der Wald so froh!
Alles grün, die Vögel sangen,
Und das scheue Wild entfloh.
Wo die Liebe frei und offen
Rings von allen Zweigen schallt,
Ging die Liebe ohne Hoffen
Traurig durch den grünen Wald —
Bin mit dir am Fluß gefahren;
Ach, wie war die Nacht so mild!
Aus der Flut, der sanften, klaren,
Wiegte sich des Mondes Bild.
Lustig scherzten die Gesellen;
Unsre Liebe schwieg und sann,
Wie mit jedem Schlag der Wellen
Zeit und Glück vorüberrann. —
Graue Wolken niederhingen,
Durch die Kreuze strich der West,
Als wir einst am Kirchhof gingen,
Ach wie schliefen sie so fest!
An den Kreuzen, an den Steinen
Fand die Liebe keinen Halt;
Sahen uns die Toten weinen,
Als wir dort vorbeigewallt?
Einsamkeit
Wild verwachs'ne dunkle Fichten,
Leise klagt die Quelle fort;
Herz, das ist der rechte Ort
Für dein schmerzliches Verzichten!
Grauer Vogel in den Zweigen!
Einsam deine Klage singt,
Und auf deine Frage bringt
Antwort nicht des Waldes Schweigen.
Wenn's auch immer schweigen bliebe,
Klage, klage fort; es weht,
Der dich höret und versteht,
Stille hier der Geist der Liebe.
Nicht verloren hier im Moose,
Herz, dein heimlich Weinen geht,
Deine Liebe Gott versteht,
Deine tiefe, hoffnungslose!
Wunsch 1
Urwald, in deinem Brausen
Und ernsten Dämmerschein
Mit der Geliebten hausen
Möcht' ich allein — allein!
Von deinen schlanksten Bäumen
Baut' ich ein Hüttlein traut
Mir aus zu Himmelsräumen;
O komm, du schöne Braut!
Ich legte Moosgebreite
Weich unter ihren Schritt,
Und meine Liebe streute
Ich unter ihren Tritt.
Für sie das Wild erjagen,
Aus tiefster Schlucht empört!
Für sie den Feind erschlagen,
Der unsern Frieden stört!
Ich würd' in Mondesnächten,
Beim stillen Sternentanz,
Von wilden Liedern flechten
Um meine Braut den Kranz;
Und in den Abendgluten
Am Fels hier oben stehn,
Mit ihr die Donnerfluten
Zum Abgrund stürzen sehn;
Und weit hinunter blicken
Ließ' sie mein starker Arm;
Wie würd' ich sie dann drücken
An's Herz so fest und warm!
Neid der Sehnsucht
Die Bäche rauschen
Der Frühlingssonne,
Hell singen die Vögel,
Es lauschen die Blüten,
Und sprachlos ringen
Sich Wonnedüfte
Aus ihrem Busen;
Und ich muß trauern,
Denn nimmer strahlt mir
Dein Aug', o Geliebte!
Nicht über den Wellen
Des Ozeanes,
Nicht über den Sternen,
Und nicht im Lande
Der Phantasmen
Ist meine Heimat;
Ich finde sie nur
In deinem Auge!
Was je mir freudig
Beseelte das Leben,
Was nach dem Tode
Mir weckte die Sehnsucht,
Entschwundner Kindheit
Fröhliche Tage,
Und meiner Jugend
Himmlische Träume,
Von meinen Toten
Trauliche Grüße,
Und meiner Gottheit
Stärkenden Anblick,
Das Alles find ich
In deinem Auge,
O meine Geliebte!
Nun bist du ferne,
Und bitter beneiden
Muß jeden Stein ich,
Und jede Blume,
Beneiden die kalten
Menschen und Sterne,
An die du vergeudest
Die süßen Blicke.
Meine Furcht
O stürzt, ihr Wolkenbrüche,
Zum Abgrund nur hinab!
O reißt, ihr Sturmesflüche,
Die Wälder in ihr Grab!
O flammt, ihr Blitzesgluten,
O rase, Donnerklang!
Ihr könnt mich nicht entmuten,
Mir wird vor euch nicht bang.
Wenn ihr auf's Herz mir zielet,
Euch acht' ich Kinder nur,
Daß ihr Vernichten spielet,
Entsprangt ihr der Natur!
Wohl spott ich Sturmesgrimme
Und wildem Donnerscherz;
Und doch vor einer Stimme
Erzittert mir das Herz;
Die schnell das Herz mir bräche,
Die Stimme fürcht ich sehr,
Wenn die Geliebte spräche:
Ich liebe dich nicht mehr!
Wunsch 2
Fort möcht ich reisen
Weit, weit in die See,
O meine Geliebte,
Mit dir allein!
Die Dränger und Lauscher
Und kalten Störer,
Sie hielt' uns ferne
Der wallende Abgrund,
Das drohende Meer,
Wir wären so sicher
Und selig allein.
Und käme der Sturm,
Ich würde dich halten
An meiner Brust.
Wenn donnernde Wogen
Zum Himmel schlügen,
Doch höher schlüge
Mein trunkenes Herz;
Und meine Liebe,
Die ewige, starke,
Sie würde frohlockend
Dich halten im Sturm.
Du würdest zitternd
Mir blicken ins Auge
Und würdest erblicken,
Was nimmer scheitert
In allen Stürmen,
Und würdest lächeln
Und nicht mehr zittern.
Sieh, nun ermüdet
Der tobende Aufruhr,
In Schlummer sinken
Die Wellen und Winde,
Und über den Wassern
Ist tiefe Stille.
Da ruhst du sinnend
An meiner Brust.
So tiefe Stille:
Mein lauschendes Herz
Hört Antwort pochen
Dein lauschendes Herz.
Wir sind allein,
Doch flüsterst du leise,
Um nicht zu stören
Das sinnende Meer.
Nur sanft erzittern
Die Lippen dir,
Die schwellenden Blätter
Der süßen Rose,
Ich sauge dein Wort,
Den klingenden Duft
Der süßen Rose.
Im Osten hebt sich
Der klare Mond,
Und Gott bedecket
Den Himmel mit Sternen,
Und ich bedecke,
Selig wie er,
Dein liebes Antlitz,
Den schönern Himmel,
Mit feurigen Küssen.
An den Wind
Ich wandre fort ins ferne Land;
Noch einmal blickt' ich um, bewegt,
Und sah, wie sie den Mund geregt,
Und wie gewinket ihre Hand.
Wohl rief sie noch ein freundlich Wort
Mir nach auf meinen trüben Gang,
Doch hört' ich nicht den liebsten Klang,
Weil ihn der Wind getragen fort.
Daß ich mein Glück verlassen muß,
Du rauher, kalter Windeshauch,
Ist's nicht genug, daß du mir auch
Entreißest ihren letzten Gruß?
An die Entfernte
I.
Diese Rose pflück ich hier,
In der fremden Ferne;
Liebes Mädchen, dir, ach dir
Brächt' ich sie so gerne!
Doch bis ich zu dir mag ziehn
Viele weite Meilen,
Ist die Rose längst dahin,
Denn die Rosen eilen.
Nie soll weiter sich in's Land
Lieb' von Liebe wagen,
Als sich blühend in der Hand
Läßt die Rose tragen;
Oder als die Nachtigall
Halme bringt zum Neste,
Oder als ihr süßer Schall
Wandert mit dem Weste.
II.
Rosen fliehen nicht allein,
Und die Lenzgesänge,
Auch dein Wangenrosenschein,
Deine süßen Klänge.
O, daß ich, ein Tor, ein Tor,
Meinen Himmel räumte!
Daß ich einen Blick verlor,
Einen Hauch versäumte!
Rosen wecken Sehnsucht hier,
Dort die Nachtigallen,
Mädchen, und ich möchte dir
In die Arme fallen!
Meine Rose
Dem holden Lenzgeschmeide,
Der Rose, meiner Freude,
Die schon gebeugt und blasser
Vom heißen Strahl der Sonnen,
Reich' ich den Becher Wasser
Aus dunklem, tiefen Bronnen.
Du Rose meines Herzens!
Vom stillen Strahl des Schmerzens
Bist du gebeugt und blasser.
Ich möchte dir zu Füßen,
Wie dieser Blume Wasser,
Still meine Seele gießen!
Könnt ich dann auch nicht sehen
Dich freudig auferstehen.
An**
O wag es nicht, mit mir zu scherzen,
Zum Scherze schloß ich keinen Bund;
O spiele nicht mit meinem Herzen,
Weißt du noch nicht, wie sehr es wund?
Weil ich so tief für dich entbrannte,
Weil ich mich dir gezeigt so weich,
Dem Herz die süße Heimat nannte
Und deinen Blick mein Himmelreich:
O rüttle nicht den Stolz vom Schlummer,
Der süßer Heimat sich entreißt,
Dem Himmel, mit verschwiegnem Kummer,
Auf immerdar den Rücken weist.
Kommen und Scheiden
So oft sie kam, erschien mir die Gestalt
So lieblich, wie das erste Grün im Wald.
Und was sie sprach, drang mir zum Herzen ein
Süß, wie des Frühlings erstes Lied im Hain.
Und als Lebwohl sie winkte mit der Hand
War's, ob der letzte Jugendtraum mir schwand.
Liebesfrühling
Ich sah den Lenz einmal
Erwacht im schönsten Tal;
Ich sah der Liebe Licht
Im schönsten Angesicht.
Und wandl' ich nun allein
Im Frühling durch den Hain,
Erscheint aus jedem Strauch
Ihr Angesicht mir auch.
Und seh' ich sie am Ort,
Wo längst der Frühling fort,
So sprießt ein Lenz und schallt
Um ihre süße Gestalt
Frage nicht
Wie sehr ich dein, soll ich dir sagen?
Ich weiß es nicht und will nicht fragen;
Mein Herz behalte seine Kunde,
Wie tief es dein im Grunde.
O still! Ich möchte sonst erschrecken,
Könnt ich die Stelle nicht entdecken,
Die unzerstört für Gott verbliebe
Beim Tode deiner Liebe.
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