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Drittes Buch
 

Vermischte Gedichte
 

Einem Gemütskranken
An einem Grabe
Veränderte Welt
Naturbehagen
Trinksprüche
Studentenreise
Der arme Jude
Der kriegslustige Waffenschmied
Der Pechvogel
Der Kranke im Garten
Beethovens Büste
Am Sarge eines Schwermütigen
Die Drei
Welke Rose
Der fromme Pilger
Inneres Gericht
Die Nonne und die Rose
Das Kind geboren, die Mutter tot
Die Albigenser
Zweifelnder Wunsch

 

Einem Gemütskranken


Seitdem du mit den höchsten Mächten
Begannst zu hadern und zu rechten,
Kann dir der kleinste, stillste Wurm
Im Herzen wecken einen Sturm,
Wie einst in jenen Frühlingstagen,
Die dir kein Gott zurück mehr ruft,
Ein grünes Blatt, ein Hauch der Lust
Dir oft gebracht ein seliges Behagen.

An einem Grabe

Kühl herbstlicher Abend, es weht der Wind,
Am Grabe der Mutter weint das Kind,
Die Freunde, Verwandten umdrängen dicht
Den Prediger, der so rührend spricht
Er gedenkt, wie fromm die Tote war,
Wie freundlich und liebvoll immerdar,
Und wie sie das Kind so treu und wach
Stets hielt am Herzen; wie schwer dies brach
Daß grausam es ist, in solcher Stund
Die Toten zu loben, ist ihm nicht kund,
Der eifrige Priester nicht ahnt und fühlt,
Wie er im Herzen des Kindes wühlt
Es regnet, immer dichter, herab,
Als weinte der Himmel mit, aufs Grab,
Doch stört es nicht den Leichensermon,
Auch schleicht kein Hörer sich still davon
Die Tote hört der Rede Laut
So wenig, als wie der Regen taut,
So wenig als das Rauschen des Winds,
Als die Klagen ihres verwaisten Kinds
Der Priester am Grabe doch meint es gut.
Er predigt dem Volk mit Kraft und Glut,
Verwehender Staub dem Staube,
Daß er an's Verwehen nicht glaube.

Veränderte Welt

Die Menschheit ist dahinter kommen,
Trotz aller Gaukelei der Frommen,
Daß mit dem Leben vor dem Grabe
Man endlich Ernst zu machen habe.

Zerbrochen ist des Wahnes Kette,
Die Erde sei nur Übungsstätte,
Nur Voltigierbock sei das Leben,
Auf's Roß wird uns der Himmel heben.

Auf freiem grünem Erdengrunde
Wird jeder bald schon hier, zur Stunde,
Bevor das Grab ihn deckt mit Schollen,
Sein Rößlein weiden, tummeln wollen.

Naturbehagen

Der Seerab' hat ein gutes Leben!
So über'm Wasser hinzuschweben,
Wo lustig plätschern, zierlich kreisen,
Einladend, seine leckern Speisen,
Sein scharfes Auge weiß auf Strecken
Die feinsten Fischlein zu entdecken,
Sein treues Auge steht bei Zeiten
Am Strand den Jäger lauernd schreiten.
Und plötzlich untertaucht der Rab,
Schwimmt unsichtbar vom Jäger ab.
Und taucht erst fröhlich wieder auf,
Wohin nicht reicht der Flintenlauf
Sonst fällt des Jägers Schuß dort nieder.
Wie schlafergriffne Augenlider,
Den Augenlidern gleich des Raben,
Der nach genossnen Meeresgaben
Am sichern Fels, im Sonnenschein,
Beim Wellenmurmeln schlummert ein.

Trinksprüche

Ihr stoßet an, die Gläser klingen,
Ihr lasset leben manchen Mann;
Und morgen schon denkt keiner dran,
Ihm eine Freud ins Herz zu bringen.

Ich hör ein Vereat! euch brüllen,
Auf Tod habt ihr das Glas geleert,
Doch keinem ist der Mut beschert,
Das Grab des Feindes anzufüllen.

Ich trinke nicht zum Segensspruche,
Wo nicht mein Herz beglücken will;
Zum bösen Wunsche bleib ich still,
Wenn nicht die Klinge folgt dem Fluche.

Studentenreise

Wir hatten im Sacke nur wenig Geld,
Doch lachend wogte das goldene Feld
In lustigen Sommerwinden,
Das Übrige würde sich finden.

Die Rößlein schlichen den lahmsten Trab,
Als wäre die Erde ein weites Grab,
Und fürchteten sie zu versinken
Auf Tote zur Rechten und Linken.

Der Fuhrmann schmauchte schlechten Tabaks,
Er war hartmäulig, stumpfen Geschmacks,
Wie seine Gäule nicht wissen,
Daß sie werden im Maule gerissen.

Doch ging es auch langsam, ging es doch froh,
Wir rauchten Bessern, mein Studio
Schrie mir homerische Zeilen,
Wie die Helden sich tapfer zerteilen.

Das Straßenpulver ward Schlachtenstaub,
Rings tobte die Rache um Helena's Raub,
Die Reiter stürzten zur Erde,
Drum schlichen so traurig die Pferde.

Der dampfende Kutscher auf seinem Thron,
Ein rauchender Turm von Ilion;
Nur Helena konnt' ich nicht schauen
Vor Staub, die schönste der Frauen.

Da dacht' ich, sie zu finden geschwind,
An ein vielleicht noch schöneres Kind,
Homerische Klänge versäumend,
Zum seligen Paris mich träumend.

Der arme Jude

                    I.

Armer Jude, der du wandeln
Mußt von Dorf zu Dorf hausierend,
Schlecht genährt und bitter frierend,
Allwärts rufend: "Nichts zu handeln?"!

Holt die Seuche Mann und Frauen,
Ziehst du nach aus ihrer Fährte,
Und die Kleider, die sie leerte,
Schleppst du fort, dir darf nicht grauen.

Auf dem Baume krächzt der Rabe,
Hunde zerren dich am Rocke,
Schneegestöber Flock' an Flocke,
Fleißig wanderst du am Stabe.

Ein Jerusalem, papieren,
Bauen deine Stammgenossen,
Doch für dich ist es verschlossen,
Wandern mußt du, darben, frieren

Jene haben's hoch getrieben,
Du verschacherst alte Kleider;
Aber Alle seid ihr leider
Ein geknicktes Volk geblieben.

                    II.

Jud' ist an ein Kreuz gekommen,
Speist am fremden Heiligtume
Auf der Bank ein Stücklein Krume,
Ruhe soll den Gliedern frommen.

Nickend träumt er: seine Väter
Jubeln um das Kreuz im Ringe,
Und er hört die Silberlinge
Klirren Judas dem Verräter.

Zieht ein Jäger, helmbeflissen,
Doch es schnüffelt noch sein Hündlein
Um den Schläfer, um das Bündlein,
Stiehlt ihm aus der Hand den Bissen.

Zieht des Wegs daher ein Bauer,
Und er rüttelt wach den Armen,
"Schlaf nicht!" ruft er mit Erbarmen,
"Sonst erfrierst im Winterschauer.

Leg' wahrhaftig deine Bürde
Hin am Kreuze, samt dem Fluche.
Jude, irres Schäflein, suche
Jesu Christi warme Hürde."

Jude, wolle dich bekehren!
Dir vom ganzen alten Bunde
Blieb dies Bündlein nur zur Stunde,
Dich zu schützen, dich zu nähren

Laß dich taufen und verwandeln;
Mancher tat's, und mit vier Rossen,
Hornklang kommt er nun geschossen,
Der einst umrief: nichts zu handeln?

Nimm mich an zu deinem Paten;
Nebst dem Angebind, dem werten,
— Gott gesegnet's dem Bekehrten, —
Labst du dich an Wein und Braten."

Drauf der Jude spricht, der echte:
"Lass' mich nie und nimmer taufen.
Wollt ihr nicht Gewänder kaufen
Für die Dirnen, für die Knechte?"

Mancher trägt das Kreuz am Rücken,
Jude noch im Herzensgrunde,
Schwerer als des Bündels Pfunde:
Wählt euch was von meinen Stücken!"

Doch er sieht den Bauer scheiden,
Und sein Bündel schnürt er wieder,
Müde senkt er draus sich nieder,
Traurig von des Weges Leiden.

Wieder hat am Kreuz den Armen
Schlaf und froher Traum befallen,
Eine Stimme hört er schallen,
Süß, wie himmlisches Erbarmen:

"Harret, meine Kinder, harret!"
Ruft Messias, näher, näher, —
Wandrer finden den Hebräer
Liegen an dem Kreuz erstarret.

Der kriegslustige Waffenschmied

Spritze Funken, Säbelklinge,
Werde meinen Hammerschlägen
Hart, geschmeidig, scharf, du Degen,
Daß dich froh der Reiter schwinge!

Schwert, wie dir mein Hammerschwingen
Helle Funken ausgetrieben,
Sollen bald von deinen Hieben
Seelen aus den Leibern springen.

Friede ist ein falscher Engel,
Unkraut wuchert auf zu Wäldern,
Steuern wachsen auf den Feldern
Mehr als Korn und Weizenstengel.

Friede hat das Menschenleben
Still verwahrlost, sanft verwüstet;
Wie er seiner Tat sich brüstet!
Alles hängt voll Spinneweben.

Ha! nun fährt der Krieg dazwischen;
Klafft und gähnt erst manche Wunde,
Gähnt man seltner mit dem Munde,
Kampf und Tod die Welt erfrischen.

Feige Lüge aus dem Herzen
Treibt der Krieg, der offne, scharfe,
Weil der Tod zerreißt die Larve,
Weil die Wunden ehrlich schmerzen.

Wieder soll in Kampfgewittern
Frische Luft der Wahrheit wehen,
Tote werden auferstehen,
Menschentreter werden zittern.

Der Pechvogel

Ein Stück des Lebens ward verträumt,
Das beste Glück hab' ich versäumt;
Die Winde sausen durch die Stoppeln,
Ich möchte meinen Schritt verdoppeln.

Doch sausen sie mir lange gut,
Ich ändre drum nicht meinen Mut,
Und nicht erhitz' ich meine Sohlen,
Um das Versäumte nachzuholen.

Drei Dinge hätt' ich gern vollbracht:
Gestanden einmal in der Schlacht,
Ein holdes Weib als Braut umschlungen,
Ein Söhnlein froh im Arm geschwungen.

Drei Wünsche blieben mir versagt,
Doch sei's mit keinem Hauch beklagt;
Das Glück, mir feindlich allerwegen,
Hätt' sie gewendet zu drei Schlägen.

Mich hätt', eh' ich den Ruhm geschmeckt,
Die erste Kugel hingestreckt,
Nachdem mein Söhnlein mir gestorben.
Mein Weib treulos mir's Bett verdorben.

Der Kranke im Garten

Noch eine Nachtigall, so spät?
Schon sind die Blüten längst verweht,
Der Sommer reift die Felder schon,
Und noch ein Frühlingston?

O Lenz, ward es dir offenbar,
Daß ich noch sterbe dieses Jahr?
Und riefest aus der Ferne du
Noch einen Gruß mir zu? —

Beethovens Büste

Traurig kehrt ich eines Abends
In mein einsam düstres Zimmer,
Überraschend drin entgegen
Blinkte mir ein Freudenschimmer.

Mit dem sichern Blick der Liebe
Hatt ein Freund den Spalt getroffen,
Wo des Unmuts düstre Zelle
Blieb dem Strahl der Freude offen.

Ha! ich fand des Mannes Büste,
Den ich höchst als Meister ehre
Nebst dem schroffen Urgebirge
Und dem grenzenlosen Meere.

Ein Gewitter in den Alpen,
Stürme auf dem Ozeane
Und das große Herz Beethovens,
Laut im heiligen Orkane,

Sind die Wecker mir des Mutes,
Der das Schicksal wagt zu fodern,
Der den letzten Baum des Edens
Lächelnd sieht zu Asche lodern.

Kämpfen lern' ich ohne Hassen,
Glühend lieben und entsagen,
Und des Todes Wonneschauer,
Wenn Beethovens Lieder klagen;

Wenn sie jubeln, Leben schmetternd,
Daß die tiefsten Gräber klüften
Und ein dionysisch Taumeln
Rauschet über allen Grüften.

Wenn sie zürnen, hör ich rasseln
Menschenwillens heilge Speere,
Und besiegt zum Abgrund, heulend,
Flüchten die Dämonenheere. —

Sanftes Wogen, holdes Rieseln;
Sind des Weltmeers kühle Wellen
Süß beseelt zu Liebesstimmen?
Wie sie steigen, sinken, schwellen!

Auf der glatten Muscheldiele
Halten Nixen ihren Reigen,
Reime künft'ger Nachtigallen
Träumen auf Korallenzweigen.

Horch! noch leiser! dem Naturgeist
Abgelauschte Lieder sind es,
Die er flüstert in das erste
Träumen eines schönen Kindes;

Die er spielt auf Mondstrahlsaiten,
Ob dem Abgrund ausgespannten,
Deren Rhythmen in der Erdnacht
Starren zu Kristallenkanten;

Und nach deren Zaubertakten
Rose läßt die Knospe springen,
Kranich aus des Herbstes Wehmut
Lüftet seine Wanderschwingen. —

Ach, Coriolan! Vorüber
Ist das Ringen, wilde Pochen,
Plötzlich sind's die letzten Töne,
Dumpf verhallend und gebrochen.

Wie der Held im schönen Frevel
Überstürmte alle Schranken,
Dann — der tragisch Überwundne
Stehn geblieben in Gedanken.

Sinnend starrt er in den Boden,
Sein Verhängnis will Genüge;
Fallen muß er, stummes Leiden
Zuckt um seine edlen Züge. —

Horch! im Zwiespalt dieser Töne
Klingt der Zeiten Wetterscheide,
Jetzo rauschen sie Versöhnung
Nach der Menschheit Kampf und Leide.

In der Symphonien Rauschen,
Heiligen Gewittergüssen,
Seh ich Zeus auf Wolken nahn und
Christi blut'ge Stirne küssen;

Hört das Herz die große Liebe
Alles in die Arme schließen,
Mit der alten Welt die neue
In die ewige zerfließen.

Am Sarge eines Schwermütigen,
der sich selbst den Tod gegeben.

        
Naturgeister singen:

Er ist von uns gewichen,
Er ist so früh verblichen.
Laßt uns in tiefste Schatten
Dies heiße Herz bestatten!

Wir singen manche Weisen,
Wenn wir die Erd' umkreisen,
Die bängste aller bangen
Hat lauschend er empfangen.

Das Lied, das dumpf wir klagen.
Wenn wir den Wildbach jagen,
Und wenn wir Blitze flechten
In schwülen Sommernächten.

Im Rufe tönt's der Unken,
Von dunkler Schwermut trunken,
Und in den Widerhallen
Bewegter Nachtigallen.

"Fahr wohl!" nachruft es leise
Dem Frühling auf die Reise;
Wir hauchen es gelinde
Durch's Haar dem toten Kinde.

Die Röslein all' zerpflücken
Und zu die Äuglein drücken
Dem Lenz wir und dem Kleinen,
Und niemand sieht uns weinen.

Wenn Wölf' im Eise suchen
Ihr Leben und verfluchen,
Und wenn das Käuzlein grelle
Ausstöhnt in seiner Zelle.

Wenn sich die Meereswellen
Auftürmen und zerschellen,
Im Sturm die Möwen zagen,
Erhebt das Lied sein Klagen.

O Möwenschrei und Schwanken!
O menschliche Gedanken
Vom Leben ew'ger Dauer,
Hört ihr des Liedes Trauer?! —

Doch sind die Stimmen alle
Nur abgebrochne Halle,
Ein ahnendes Besinnen
Kaum aus des Lieds Beginnen.

Bei seinem vollen Klange,
Ach, würde uns zu bange,
Wir stünden schmerzlich träumend,
Das Erdenwerk versäumend.

Dies Herz hat es vernommen,
Und sang es fort beklommen;
Dies Herz hat ausgesungen
Das Lied und ist zersprungen.

Die Drei

Drei Reiter nach verlorner Schlacht,
Wie reiten sie so sacht, so sacht!

Aus tiefen Wunden quillt das Blut,
Es spürt das Roß die warme Flut.

Vom Sattel tropft das Blut, vom Zaum,
Und spült hinunter Staub und Schaum.

Die Rosse schreiten sanft und weich,
Sonst flöß' das Blut zu rasch, zu reich.

Die Reiter reiten dicht gesellt,
Und einer sich am andern hält.

Sie sehn sich traurig ins Gesicht,
Und einer um den andern spricht:

"Mir blüht daheim die schönste Maid,
Drum tut mein früher Tod mir leid."

"Hab Haus und Hof und grünen Wald,
Und sterben muß ich hier so bald!"

"Den Blick hab ich in Gottes Welt,
Sonst nichts, noch schwer mir's Sterben fällt."

Und lauernd auf den Todesritt
Ziehn durch die Luft drei Geier mit.

Sie teilen kreischend unter sich:
"Den speisest du, den du, den ich."

Welke Rose

In einem Buche blätternd, fand
Ich eine Rose welk, zerdrückt,
Und weiß auch nicht mehr, wessen Hand
Sie einst für mich gepflückt.

Ach, mehr und mehr im Abendhauch
Verweht Erinn'rung; bald zerstiebt
Mein Erdenlos, dann weiß ich auch
Nicht mehr, wer mich geliebt.

Der fromme Pilger

Selig wandelt dort ein Ritter
Durch Jerusalems Gefilde;
Weinend trat er auf den Boden,
Wo einst wallte Jesus Christus,
Und die Lippen senkt er küssend
Aus den Grund, der Ihn getragen
Alles Erdenleids genesen
Fühlt sich hier der fromme Pilger,
Mit der Bürde seiner Sünden
Sind die Lasten seiner Sorgen
Hinter ihm in's Meer versunken. —

Anders rauschen hier die Wasser,
Anders wehen ihm die Lüfte,
Wie erquickend und geheiligt
Sind die Züge seines Odems!
Wunderbar bewegte Hauche
Säuseln durch das Laub der Bäume,
Gleich als hätte hier die Erde
Ihn noch immer nicht vergessen,
Der hier einst geliebt, geduldet,
Und am Kreuz für uns gestorben
Gleich als rauschten holde Mähren
Sein Gedächtnis durch die Wipfel,
Frohe Kunden, Festgesänge,
Göttlich leise Traditionen,
Von den Blättern, welk und sinkend,
Zugerauscht den frischen, grünen,
Und von Blüte hin zu Blüte
Fortgehaucht durch all die Zeiten.

Inneres Gericht

Als ein strenger Richter und Hinrichter,
Vieler süßen Hoffnungen Vernichter,
Mag auch ihre ganze Sippschaft weinen,
Mußt du einmal in dir selbst erscheinen,
Wenn du noch gewinnen willst den Frieden,
Eh der Tod den seinen dir beschieden,
Als Gedanke ist der Geist das Licht,
Wärme ist im Herzen er als Liebe;
Was nicht sein, verfalle dem Gericht,
Lust und Schmerz — es sterbe und zerstiebe!

Die Nonne und die Rose

Dunkle Wolken niederdrohten,
Und es zuckten Wetterscheine,
Brausend jagten schon die Boten
Des Gewitters durch die Haine.

Eine Rose dort am Aste,
Schöne Nonne, sahst du beben,
Und ein Bangen dich erfaßte
Um der Rose zartes Leben.

Sie zu wahren vor den Wettern,
Schnittest du sie schnell vom Strauche
Eh der Sturm sie kann entblättern
Und entführen ihre Hauche.

Draußen tobt des Frühlings Eile,
Rosen flattern weithin, irre;
Deine blüht noch eine Weile
Scheinlebendig im Geschirre.

Teilte sie nicht, schnell verglühend.
Lieber solche Frühlingslose?
Schöne Nonne, still verblühend,
O wie gleichst du dieser Rose!

Das Kind geboren, die Mutter tot

Die schöne Mutterliebe hat dem Leben
Ein Opfer hier, ein blühend Kind gegeben.
Vertrauend und mit innigstem Verlangen,
Daß alle Götter huldvoll es empfangen,
Doch als sie weihend will den Segen sprechen
In ihres Herzens heißem Überwallen,
Ließ ihre Hand, vor Freude zitternd, fallen
Den Mutterleib, die Opferschale brechen.

Die Albigenser

Das Aug' der Liebe weiß im Freudensaale
Durchs Tanzgewühl, durch die Gestaltenflucht,
Den Liebesblick zu finden, den sie sucht,
Und weidet sich an seinem süßen Strahle
Mein Auge sieht aus wüsten Degenklingen,
Die Feuer sprühend durch die Helme dringen,
Und aus den Spitzen fluchbeschwingter Lanzen
Hier dort verirrte Funken Gottes tanzen.

Zweifelnder Wunsch

Wenn Worte dir vom Rosenmunde wehen,
Bist du so schön! — gesenkten Angesichts
Und still, bist du so schön! — was soll ich flehen:
O rede mir!? o sage nichts !?

Drum laß mich zwischen beiden Himmeln schwanken,
Halb schweigend, sprechend halb, beglücke mich
Und flüstre mir, wie heimlich in Gedanken,
Das süße Wort: "ich liebe dich!"