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IV.
Splitter und Späne

 

Herbst
Gedanken und Ideen
Dialektik
Geschichte
Die Zeit

 
Das Reich Gottes
Ausgleichung

 


Herbst

"Weil dir fehlen die Blüten, so bringst du jetzt Epigramme!"
Sei's erlaubt, daß der Herbst farbige Blätter verstreut!
Sind sie alle dahin, dann bleiben dem Stamme die Knospen,
Welche der künftige Lenz lächelnd zu Blüten enthüllt.

Gedanken und Ideen

Neue Gedanken entstehen und vergehn in der Menschen Geschlechtern,
Aber der Menschheit bleibt stets der Ideen Gehalt!
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Was in den Dingen schon liegt, entwickelt verständig der Weise,
Doch aus den Dingen heraus liest sich das schwärmende Herz.
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Fatum und Schuld! wie lang noch streitet ihr her und hinüber!
Fatum ist Nemesis nur, wenn ihr es näher beschaut.
◊◊◊
Trenne, so viel du willst, den Stoff von der Form in Gedanken,
Leben, so lang es lebt, setzet doch beide zugleich.
◊◊◊
Fassen als ganz mußt du, erfassen auch als lebendig,
Was lebendig Natur stellt vor das Auge dir hin.
◊◊◊
Laßt mich sein, weil ich bin, zum Sein genügt mir das Dasein,
Mög' auch fließen der Fluß, weil er im Fließen nur Fluß.
◊◊◊
Zanket euch nur, Diskant und Baß, in wechselnden Tönen,
Zwingt euch zur Einheit doch mächtig und sanft Harmonie.
◊◊◊
Kunst und Jugend verlieh'n als herrlichste Gaben die Götter,
Nichts mehr fehlt dir zum Gott, findet das Glück sich dazu.
◊◊◊
Was du liebest, erweitert die Seele zugleich in das Weltall,
Was du weißt, es erschließt leuchtend dem Geiste die Welt.
◊◊◊
Höhe zugleich ist Tiefe! Ihr wähnt wohl beides zu pflücken,
Wenn ihr wie das Gewürm schlingt in der Mitte den Staub?
◊◊◊
Mutentbrannt wie Herakles einst verlangst du zu wandern? —
Bleibt das Nächste zugleich immer das Schwierigste doch!
◊◊◊
Was von selbst sich versteht, versteht sich leider am schwersten, —
Ach Jahrtausende braucht's, Ströme von Tränen und Blut.
◊◊◊
Würfel des Manns Symbol! klar spiegle die Fläche das Weltall;
Scharf sei Kante und Eck wehrend dem täppischen Griff.
◊◊◊
Abwärts züngelt der Blitz und aufwärts zucket der Glutstrahl,
Sicher allein ist der Arm, welcher ihn mächtig entsandt.
◊◊◊
Gern möcht' fassen der Haß die Blitze des ewigen Richters,
Aber vergebens! er sengt sich nur die kindische Hand.
◊◊◊
Ruhig seh' ich die Welt, gleichgültig wechselnde Stürme,
Denn es schwinget zur Mitt' alles ja wieder zurück!

Dialektik

Dialektiker du! o beweise daß hölzern das Holz sei!
Hast du gefunden den Schluß, freu' dich, daß hölzern das Holz.

Geschichte

Philosophie hat einst die Geschichte keck konstruiert sich,
Jetzt aus dem Aktenstaub schweißt ihr zusammen ihr Bild.

Die Zeit

Scheltet die Zeit mir nicht, als war' sie eine Hyäne,
Die mit genäschigem Zahn alles Erhabne benagt.
Rastlos schreitet sie vor und wirft zum Staube die Würmer,
Doch als Stern trägt sie Großes zum Himmel empor.

Das Reich Gottes

Tausend und tausend Jahr verkündet das jüngste Gericht ihr,
Wollt ihr des Himmels Groll sühnen mit Heuchlergebet?
Längst begann das Gericht: als euer Gewissen sich regte,
Dauern wird es so lang diese Posaune noch dröhnt.
Gottes ewiges Reich es beginnt, wo Eins das Entzweite:
Wo wie das Wissen so hell, mächtig das Wollen auch ist.

Ausgleichung

Wild von Liebe und Haß hat hier der Busen gebrandet,
Brausenden Wogenschlag faßte die Muse im Vers.
Bleib' allein mir die Liebe, des Daseins Rest noch verklärend,
Doch des Hasses Entscheid laß ich dem höheren Herrn.