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Buch 2
Du warst mir jäh verloren.
Das Schlauste ist das — wie:
Als wenn einmal dem Toren
Der Zufall Witz verlieh.
Schwermut
Vorlied Mythos Schwermut Das neue Frühlingslied
Vorlied
Weil ich viel in Wildnis irrte,
Viel im düst'ren Waldrevier,
Ist der Strauß, den ich hier biete
Völlig ohne Schmuck und Zier:
Rosen von der Dornenhecke,
Fackeldisteln nebenher,
Wegehänschen, Staudegretchen,
Narrenhafer und so mehr!
Stritt sogar oft in Zerrüttung
Mit dem lieben Weidevieh,
Bis es mir vom kargen Futter
Einen Teil zum Strauße lieh:
Denn das Vieh, das unvernünft'ge
Schlingt dir zwischen schalem Gras
Oft das schönste Kraut und Blümchen
Guter Leser, merk' dir das!
Drauf mit zäher Birkenrute —
And're Bänder hatt' ich nicht —
Hab' ich Alles leicht umwunden
Und verwandelt ins Gedicht —
Doch was kümmert dich mein Sagen,
Guter Leser, glaub' es nicht,
Warte lieber, was Kritika,
Uns're kluge Base spricht.
Mythos
In eines Herzens wildem Parke
Erschwang sich einst ein Wunderbaum,
Der trieb aus seinem edlen Marke
Dann Zweig und Ast weitum im Raum.
In seinem Blütenduft und Schatten
Hat eine Seele sanft geruht,
Wie es am lieben Herz des Gatten
Das Weib in süßer Hoffnung tut.
Da ward sie denn einmal getrieben —
In einer Frühlingstrunkenheit —
Dem Baum ihr Glauben, Hoffen, Lieben
Zu weih'n für Zeit und Ewigkeit.
Die Seele band die Drei zum Kranze,
Den hing sie auf den Baum — o seht,
Hat je ein Kranz von solchem Glanze,
Auf irgend einem Haupt geweht! —
Der Wunderbaum ist abgestorben,
Verdorrt und kahl sind Zweig und Ast,
Und noch hängt fest und unverdorben
Daran des Kranzes schöne Last.
Der grüne Kranz am dürren Baume,
Das ist fürwahr ein seltsam Ding:
Als wenn ein überjunger Gauner
Am altersmorschen Galgen hing!
Schwermut
I.
Wie ward es denn, du liebes Weib,
Da wir so gut es meinten,
Wie Glied mit Glied am Menschenleib,
Daß wir uns nicht vereinten?
Daß wir die Hand, wie And're tun,
Uns am Altar nicht gaben,
Daß du und ich getrennet nun
Uns gar auf ewig haben?
Du ließest dir vom falschen Glück
Den Kettenschmuck anlegen,
Und ich — das ist mein Schelmenstück!
Warf mich nicht rasch dagegen.
Ich saß, wie jene Post ankam,
In Plänen tief versunken —
Die Pläne hat mein Gast — der Gram
Verzehrt, der Schmerz getrunken!
Den Gästen wuchs das süße Fett,
Mir schwand des Lebens Frische,
Ich ächzte auf dem Leidensbett,
Sie jubelten am Tische.
Bei ihrem Jubel, meiner Not
War Stund und Tag verflossen,
Und bei dem ersten Zornesrot —
Mein Paradies geschlossen!
II.
Du hast mich doch gewiß geliebt
Unendlich! — diesen Glauben,
Und wie es auch zu kämpfen gibt,
Kann keine Macht mir rauben!
Ich glaub' es anders einmal nicht,
Gedenkend all des Lieben,
Was ich als ewiges Gedicht
Mir in mein Herz geschrieben.
Ich glaub' und glaub' es anders nicht,
Gedenkend all der Zähren,
Die noch auf Brust und Angesicht
Ihr Lebensöl bewähren.
Kein Fleckchen ist auf dieser Hand,
Kein Plätzchen auf den Wangen,
Wo nicht von Deiner Lippen Brand
Die Kußesmale prangen.
Kein liebes Wort ward je gesagt,
Kein gutes je geschrieben;
Was je die Bangnis hat geklagt,
Die Freude hat getrieben —
Das hast Du auch zu mir gesagt,
Und o, wie oft geschrieben;
Hast ebenso gejauchzt, geklagt —
Ach, nichts ist unterblieben!
Drum, daß Du mich gewiß geliebt
Unendlich! — diesen Glauben
Kann, was es auch dagegen gibt,
Mir nichts auf Erden rauben!
III.
Nicht ferne steht, nicht allzu tief —
Faßt stößt sie an des Auges Scheibe —
Die Träne, die Erinn'rung rief,
Inweilen ich das niederschreibe.
Doch Tränen sind genug geweint,
Magst trocken nun, mein Auge, schweifen!
Wenn auch darin der Schmerz erscheint
Mit seinem dunkelblut'gen Streifen.
Auch will ich nicht zum Lobe mir,
Nur Dir zum Troste will ich sagen:
Wie Du an mir, hing ich an Dir
In jenen lieben Lebenstagen.
Und Alles, was ich je getan
Zu Tadel mir und auch zu Hulden,
Was ich verlor, verdarb, gewann
Kommt Dir dereinst zu Lohn und Schulden!
Schon seh' ich nah'n die Erntezeit —
Die übersegensreich sein dürfte! —
Der Frevelsaat in Trunkenheit,
Die ich aus Deiner Liebe schlürfte.
Die Wunden, die mein Mißmut schlug
Und so er schrieb, die blut'gen Zeilen,
Die magst Du sämtlich mild und klug,
An den getroff'nen Edlen heilen.
Und kommt es einst zum Weltgericht,
Da will ich mich fest an Dich klammern
Und rufen: Herr, ich tat es nicht,
Die da! mag für mich beben, jammern. —
Doch sei getrost, wohl schlägt es um
Mit mir noch einmal, eh ich sterbe,
Und wird, daß ich mir Ehre, Ruhm
Und Rang für Schimpf und Schmach erwerbe.
Dann wiederum beim Weltgericht
Will ich mich jubelnd zu Dir ringen
Und rufen: Die da! Herr, ich nicht
Mag selig sein und "Sanktus!" singen.
IV.
Auch will ich nicht zum Lobe mir,
Nein, Dir zum Troste will ich sagen:
Wie Du an mir, hing ich an Dir
In jenen bessern Tagen.
Ich trug Dich still im Herzensschacht
Umspielt von jungen Lustgedanken,
Bis oft in heller Liedespracht
Du brachest Haft und Schranken.
Ich schnitt in tausend Bäume ein,
Ich schrieb an Kreuze und Kapellen,
Ich grub ihn ein in harten Stein
Und hauchte ihn auf Wellen —
Ich sprach ihn zu den Sternen hin,
Den Winden gab ich — Deinen Namen,
Ich ließ ihn mit den Pilgern ziehn,
Die weit gewandert kamen.
Ich füllte Kopf und Herz so voll
Mit Deines Wesens Herrlichkeiten,
Daß noch zur Stunde nicht der Groll
Hat Raum sich auszubreiten —
So voll, daß noch zur Stund' der Schmerz
Erdrücket wird von Lustgefühlen,
Daß gütlich ruht mein krankes Herz
Auf den Gedächtnispfühlen! —
Deß' Allen hab' ich keinen Dank
Und will — wie gern! — darauf verzichten,
Es soll nur, bis ich untersank,
Mich vor mir selber richten.
V.
Oft blitzt es auf geheim in mir —
Am äußersten Gedankenrande
Wenn Du der Frau'n vielschönste Zier
Auf einmal sprengtest Deine Bande —
Doch nein, nicht Du! so könnte nur
Für mich der gute Zufall handeln,
Ein starker Machtspruch der Natur
Allein kann jählings Alles wandeln! —
Wenn Du durch einen jähen Ruck
Der alten Dinge hier auf Erden,
Wenn Du, der Frau'n vielschönster Schmuck
Mein heilig Eigentum sollst werden;
Wenn gäh die Zeit vom Liebebruch
Wie eitel Schaum in nichts zerränne,
Daß ich mich, wie aus altem Buch
Des Schauermärchens — kaum entsänne:
Wie es doch wär', wie stark und sehr
Mein armes Herz abließ' vom Leide?
Ei wie? wie bei der Wiederkehr
Des Frühlings aufjauchzt Flur und Heide!
Wie es doch wär', wie sehr und stark
Gedienet wär' dem Leib, dem siechen?
Ei wie? — so wie mit Lust das Mark
Grünt, wenn die bösen Fieber wichen!
VI.
Doch, weil es nicht geworden ist,
Und vom Geschicke nicht beschlossen,
Daß Du mir beigegeben bist
Zu meines Lebens Lustgenossen:
So magst Du sein mein Leidgesell,
Das offne Ohr für meine Klage,
Mein totes Meer, mein reger Quell,
Aus dem ich schöpf', zu dem ich trage.
VII.
Die Zeit, die mir verronnen
Mit Dir in süßem Liebverein,
Ist so erfüllt von Wonnen,
Wie mancher Tag vom Sonnenschein.
Ist so erfüllt von Wonnen,
Wie oft in ihrer höchsten Pracht
Im Glanz von Millionen
Entzückten Sternen schwimmt die Nacht.
Ist so voll Lust gedrücket,
Wie mancher Wiese grünes Vlies
Mit Blumen ist geschmücket,
Wenn just der Lenz sich huld'gen ließ.
Und wieviel Wellengrüße
Das Meer zur Sonne schickt,
Mit soviel Liebessüße
Ward da mein Herz erquickt.
* * *
Noch brennt der Sternenriese,
Im Glanz schwimmt nach wie vor die Nacht,
Voll Blumen steht die Wiese
Und umgeschwächt der Meeres Macht —
Rings Alles ist beim Alten,
Nur ich bin neu im Einerlei:
Voll Gram- und Hohngestalten
Fast endlos — eine Wüstenei!
VIII.
Mir tut das Herz so weh,
Wenn ich der Zeit gedenk',
Fast wird vor Leid und Weh
Es hart und ungelenk.
Damals hat es so groß,
So voll in Dir geruht,
Wie in der Ebbe Schoß
Die ungestüme Flut —
Wie groß mein Herz geruht,
Wie groß und voll in Dir,
Das sei mit seinem Blut
Gezeichnet ins Papier!
Wozu ist sonst denn gut
Der wilde Flammenbach,
Bis mir in seine Glut
Das Haus zusammenbrach!
IX.
Wenn ich auch ganz verstumme
Zuweilen lange Zeit,
Und meinen Schmerz vermumme
Ins Kleid der Fröhlichkeit;
Wenn mich auch Alles lobet,
Beneidet ob der Lust,
Es lebt doch fort und tobet
Der Schmerz in meiner Brust.
Es gehen Tag und Stunden
Am roten Himmel auf,
Da bluten alle Wunden
Zum heißen Zährenlauf.
Da schwinden alle Künste,
Des Gleichmuts Kronwerk bricht,
Wie fauler Moorlandsdünste
Gebild im Sonnenlicht.
Dann steh' ich so verlassen,
So unheimlich allein
Wie an verrufnen Straßen
Der alte Meilenstein.
X.
Weil noch mit Strahlengruß
Zwei Augen nach mir schauten,
Und linden Tränenguß
Auf's glüh'nde Herz mir tauten;
Weil noch zwei Arme sich
Liebselig um mich schlangen;
Zwei Hände flehentlich
Nach mir Entferntem rangen;
Weil noch aus zartem Grund
Vor meines Blickes Glühen
Ein frischer Rosenbund
Sich hob mit raschem Blühen;
Und dann ein Jubelruf
In langem Kuß verschwebte;
Weil ich noch Wonne schuf
Und selbst in Wonnen webte;
Weil noch des Lebens Höh'n
In grüner Hoffnung lagen:
Wie war es doch so schön
In meinen Liebetagen —
Wie war es doch so ganz
Ein andres, sel'ges Walten,
Da sich im Rosenglanz
Der Lieb' die Tage malten!
XI.
Doch Alles ist vorbei —
Die Augen seh'n verdrossen,
Aus denen Schwärmerei
Und milder Tau geflossen.
Die Arme sind gesenkt
Als lägen sie in Banden;
Kein Mensch der Hügel denkt,
Wo einst die Röslein standen.
Die hellen Jubel rief,
Die Brust ist dumpf geworden,
Das tönet nun so tief
In traurigen Akkorden.
Ich selbst bin auch nicht mehr,
Was ich zur Zeit gewesen,
Und läßt sich auch nicht schwer
Vom Habitus ablesen.
XII.
Predigt
Und weil es denn so ist
Und bleibet immerdar,
Bis daß die alte Frist
Ein neues Kind gebar:
So komm', du junges Blut
Und laß dir predigen,
Ein Wort so ernst als gut
Will ich dir predigen!
"Zeit, Schönheit, Erdenlust
Verweht wie Spreu im Wind;
Das Glück such' nur du selbst,
Vergiß nie: es ist blind.
Das Erdenleben ist
Die Träume-volle Nacht,
Und wenn du endlich stirbst,
So bist du gäh erwacht.
Und dann, wie jetzt — du kannst
Mich einmal Lügen strafen! —
Fragt dich ein Mutterherz:
"Wie hast du, Kind, geschlafen?"
Und dann wie jetzt willst du
Den wirren Traum erzählen,
Doch will das Nachtgebild
Sich nie dem Licht vermählen.
Trotz deines Sinnens wird
Dir oft ein Gliedchen fehlen,
Und manches, was du weißt,
Das möchtest du verhehlen.
Doch das dich frägt, das sieht
Dir scharf ins Angesicht,
Und weh dem falschen Aug',
Dem Mund, der Lügen spricht!
Doch das beherzige:
Was du gesät im Traum,
Dasselbe Samenkorn
Steht dort als Halm und Baum.
Zu ernten hast du einst,
Was du hier angebaut,
Drum baue Unkraut nicht,
Bau' lieber gutes Kraut!
Gib acht, gib acht, daß nie
Dein Herz dir werde kühl:
Ein liebewarmes Herz
Hegt Himmelsvorgefühl!"
* * *
"Je höher die
Begeisterung,
Je nötiger
Bemeisterung.
Wer sich sein Kreuz
Am höchsten baut,
Am nächsten auch
Den Himmel schaut.
Du bist nur Mensch;
Doch Zoll für Zoll
Von Gottes Geist
Und Liebe voll.
Vertrau' nicht bloß
Dem eignen Kopf:
Am meisten bäumt
Sich Wiedehopf.
Zum Denken sei
Doch nie zu faul,
Laß hott und hist
Dem Karrengaul.
Wer weiß und glaubt,
Ist wohlgetan,
Für da und dort
Der rechte Mann!" —
Das wollt' ich, junge Schar,
Dir eiligst predigen,
Ist weiter auch, fürwahr!
Nicht viel zu predigen.
Amen!
XIII.
Einst schritt der Todesengel —
Ich war entfernt von Ihr —
Mit hohem Ernst vorüber
Und blickte scharf nach mir.
Von seinem Aug' verwundet
Erlag ich Stund und Tag,
Wie Jeder, der's erfahren,
Wohlweislich wissen mag.
Doch Stund und Tag verrannen,
Des Blickes Mal verging,
Es zog der Baum des Lebens
Den frischen Jahresring —
Und hin zur Liebsten eilte
Ich voller Jubel dann
In Hoffnung, daß Sie juble,
Nun hört, was Sie begann!
Zu Tod' erblassend rief Sie:
Mein Gott, Du lebest noch?
Ich hörte, daß du tot bist,
Ach, Liebster, sei es doch!
Dann weint Sie wieder freudig
Sich beide Augen rot
Und offenbaret schluchzend
Mir Ihre Liebesnot:
"Ich liebe dich, du wanderst
Nach Lust zu Nord und Süd:
Ich traure still und harre,
Wann du des Wanderns müd'?
Doch da ist all vergebens,
Die Wolga und der Nil,
Nicht ich und meine Ruhe,
Sind deines Trachtens Ziel.
Prärien und Savannen,
Gar kalifornisch Erz
Und dürrer Sand der Wüste
Gilt mehr dir als ein Herz.
Ach, wärst du doch gestorben
Und lebtest still bei Gott,
Dich lieben und nicht haben —
Dein Leben ist — mein Tod!"
XIV.
In meiner frühem Zeit,
Da war ich heut wie morgen
Die lautre Fröhlichkeit,
Und glaubte, Gram und Sorgen
Sei'n nur als Schwank erdacht.
Bis sich das Aug' schloß, ward gescherzt,
Die Träume waren heiter,
Am Morgen ward ich wachgeherzt,
Den Tag ging's also weiter,
Bis wieder kam die Nacht.
In meinem Unverstand,
In frevlem Übermute
Erhob ich oft die Hand
Bewaffnet mit der Rute
Und hieb nach meinem Glück;
Ich grollte auf mein Herz,
Ward gram den roten Wangen,
Und wollte sein — von Schmerz
Und Leid und Qual umfangen —
Ach, auch ein mühsam Menschenstück!
* * *
Jetzt ist, was ich gefleht
Streng in Erfüllung gangen:
Die Freuden sind verweht,
Entfärbt und hohl die Wangen,
Gemüt und Herz so schwer!
Verflogen ist die Lust,
Das frohe Lied verklungen,
Es herzet keine Brust
Zur Zeit der Dämmerungen
Mich Liebverarmten mehr!
Das neue Frühlingslied
I.
Im Mai durch grüne Auen,
Das ist mein liebster Gang,
Da muß das Vöglein bauen —
Es baut und fragt nicht lang.
Das geht dann so geschäftig
Mit Hälmchen auf und an,
Sein Bau wird kühn und kräftig,
Natur gibt Riß und Plan. —
Ist auch ein Lenz gewesen,
Einmal, mein Vögelein!
Hab' mir ein Lieb erlesen,
Wie du zur Lust im Hain.
Hab' aber ganz vergessen —
Mußt' immer schau'n und schau'n.
Sie war so unermessen
Schön! — mir ein Nest zu bau'n.
Sieh, sieh, da schickt dir Wolle
Und Flaum Gevatter West,
Geh', Vöglein, geh' und trolle
Dich flink damit ins Nest!
Mußt nicht so emsig lauschen
Auf meine Märlein hier,
Bald wird der Lenz verrauschen,
Dann ging' es dir wie mir!
II.
Früh andern Tages im Taue
Frug ich das Vöglein: wie,
Zu Ende schon mit dem Baue?
So ziemlich — rief's — sieh, sieh!
Weil du den Liebesbefehlen
So nachgekommen bist,
Will ich dir kein Wort verhehlen
Wie mir's ergangen ist:
Ich hätte, wie allerwegen
Schon Lenzes Abschied kam,
Nur mögen des Kosens pflegen —
Ganz Taubenbräutigam!
Vielleicht ich hätt' es getrieben,
Ich kindessel'ger Narr!
Das Tändelspiel und das Lieben
Bis ich ergraut und starr.
Doch Liebchen dachte vernünftig
Und sprach: das geht nicht an,
Ade! ich suche inskünftig
Mir einen bravern Mann,
Der mir ein niedliches Nestchen
Erbaut zur Maienzeit
Auf einem friedlichen Ästchen
In Haines Lieblichkeit.
Du Fant, du fauler magst wählen
Die Kuckuckin zum Weib,
Der kann sich ein Fant vermählen
Zu bloßem Zeitvertreib.
Die Kuckuckin aus dem Holze,
Die braucht kein Nest für sich:
Gleich ferne von Ehr' und Stolze
Ein Tier just recht für dich! —
Die Kuckuckin aus dem Holze,
Mein Lieb, die mag ich nicht,
Nur dich, du stolzeste Stolze
Mag ich, kein' And're nicht!
III.
Es ist vom Frühlingskusse
Das Blümchen aufgewacht,
Die Welle hüpft im Flusse,
Des Himmels Antlitz lacht,
Es ist ein Musizieren
In Frühlings Jubelsaal,
Wo ich mag hinspazieren,
Erklinget Berg und Tal!
Das sind die Hochzeitstänze
Für Tierlein wild und zahm;
Die Blumen sind die Kränze
Für Braut und Bräutigam.
Manch Kränzlein ist benetzet
Von Bräutchens Äugelein,
Vielleicht — daß es sich letzet
Mit Vater und Mutter sein!
Vielleicht ging Äuglein über
Vor sehnsuchtsvoller Pein,
Vielleicht wär' es noch lieber
Geblieben Jüngferlein!?
Doch wie die Lust recht waltet,
Wie Alles bunt sich mischt,
Ist Bräutchens Weh erkaltet,
Die Träne abgewischt.
Und froh im frohen Reigen
Hüpft Alles rund um mich —
Hätt' ich ein Lieb treueigen
Wie spräng' so froh auch ich!
Will hin zum Liebchen eilen
Nochmal — zum letzten Mal!
Vielleicht mag es mich heilen
Von meiner Herzensqual!
IV.
Vergebens war's. — Sie hockte
Im warmen Nestchen schon,
Ein feistes Männlein lockte
Im Strauch nicht fern davon.
Ein Wiegenliedchen pfiff es,
Ich sah verblüfft darein!
Gar zärtlich strich und kniff es
Des Weibchens Wängelein.
Doch, als es mich erguckte,
Da frug es gleich um mich,
Das Weibchen aber zuckte,
Als traf' ihr Herz ein Stich.
Vom Wirbel bis zur Sohle
Dann prüfte sie mich sehr,
Erkannte, ach, die hohle
Gestalt schier nimmermehr.
Doch sprach sie schnell besonnen:
Der Kuckuck ist's, mein Mann,
So einst in Lenzes Wonnen
Mich wollt' zum Weiblein han!
Herr Kuckuck, kann ich dienen
Mit Brödlein und mit Bier?
Und reicht mit frommen Mienen
Die Gottesgäbchen mir. —
Um solche Leckerbissen,
Bin ich nicht kommen her! —
Ei, wer kann das gleich wissen?
Ruft er, sie spricht: Ja, wer!
Dann pfiff er wieder heiter
Sein Liedchen wie zuvor;
Und ich zog taum'lig weiter
Hinaus zum alten Tor.
V.
Verschmäht bin ich, verachtet
Das tut dem Herze weh!
Ihr lock're Bürschlein trachtet,
Daß es euch besser geh'!
Die euch jetzt traut umwindet
Und koset Aug' und Mund,
Wie sich kein Nest vorfindet,
Verläßt euch noch zur Stund'.
"Nestlein, Nestlein, Nestlein weich,
Nest im grünen Haine!
Bist der Töchter Himmelreich,
Muttertrost alleine!"
Hätt' ich ein Nest erbauet,
Ich säße nicht allein,
Ich wäre längst befrauet
Und — hätte Kinderlein. —
"Kindlein, Kindlein, Kindlein klein,
Kindlein in der Wiegen!
Ach, wie muß das artig sein,
Wenn sie so im Schlummer liegen!
Quicken, quacken, kränkeln, schrei'n,
Und wie muß das garstig sein,
Wenn sie so im Quarke liegen —
Kindlein, Kindlein, Kindlein klein,
Kindlein in der Wiegen!"
VI.
Steh' einsam und verlassen,
Bin nirgends fremd noch heim,
Kein Mensch fragt um die nassen,
Verweinten Augensäum'.
Kein Mensch fragt, wenn sich heiter
Einmal mein Blick verklärt,
Vorüber kalt und weiter
Des Marktes Rudel fährt.
Es kommen Jubelzeiten,
Es wütet Krieg rundum,
Ich weiß von all den Streiten
Und Freuden kein Warum.
Des Frühlings Hochzeitstage
Erwecken mir allein
Erinnerung und Klage
Aus morschem Herzensschrein.
Doch heulet oft das Jammern
Den sel'gen Liebeslauf
Mir aus des Todes Kammern
Zugleich ins Leben auf —
Und Leid und Lust umschwärmet
Mich dann im bunten Tanz;
Da singt es, schrillt und lärmet,
Verwirrt den Sinn mir ganz.
Und treibt durch Nacht und Wälder
Im halben Wahnsinn mich,
Und drängt durch Flur und Felder
Mich herz - schmerzinniglich!
Wenn dann die Tierlein zagen
In wüster Waldesnacht,
Und scheu die Menschlein fragen
In grüner Feldespracht:
Sag' an, was tut doch jagen
Herum so rastlos dich?
So ruf' ich: Ihr mögt fragen? —
Seht her, ich freue mich!
Und die, so ihr da schauet
Um mich, die luft'ge Schar,
Das sind — doch wie, euch grauet
Vor — Freudengeistern gar?
Drauf fort und fort — nach wannen?
Das weiß ich nicht! — —