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Dritte Abteilung
Lieder aus Tirol
 

Die Muse
Abschied an Edgar
An den Landesgouverneur
Der Toast
Louisens Kommen
Straßen-und Brückenlied
An den Gott des Weines
Musikalische Winterlust
An die Fernen
An den Frieden
An mein Vaterland
Othmars Lied
Dädalus am Meergestade
Louise an die Heimat
Der Gemsenjäger
Die Berge der Heimat
Das Stammschloß
Oswald von Wolkenstein
Tirolerlied
Die Bergerin
Der Verstockte

Die Muse


Mir ward im Land der Sterne oben
Das allerschönste Los gewoben,
Das mir den Eichenkranz verheißt;
Wie ein Gebild in süßen Träumen
Des Edens Frühlinge besäumen,
Umstrahlt die Muse meinen Geist.

Sie breitet an der Quelle Spiegel
Wie Psyche ihre Rosenflügel,
Und fächelt kühl um meinen Schweiß,
Sie träufelt Schlaf in meine Glieder
Und lockt des Traumes Tröstung nieder,
Und deckt mich mit dem Palmenreis.

Sie stimmt in heitrer Mondnacht Feier
Zum kühnen Liede meine Leier,
Und tränket mich mit ihrem Wein,
Sie gießt mit zarter Muttergüte
Auf meine Schläfe Veilchenblüte,
Und weihet mich zum Barden ein.

Sie weckt mich auf mit holdem Lächeln,
Wenn neugeborne Winde fächeln,
Und Rosen um Aurora glühn,
Wenn Vögelein von Tannenzweigen
Sich kosend auf mich niederneigen,
Und Schäfer durchs Gefilde ziehn.

Ich flieg' empor, vom Zwang' entbunden,
In gottgeweihten Seherstunden,
Und bade mich in Purpurlicht;
Der "Barde" kann das Ziel erfliegen,
Kann Pfeil' in ihrem Flug besiegen,
Der "weiche" Sänger kann es nicht!

Sie bindet mir den Strauß der Freude
Auf felsumstarrter Alpenweide
Und schwinget ihren weißen Flor,
Sie trägt mich auf des Adlers Schwingen,
Wo Gletscher glühn und Hirten singen,
Ins Reich der Himmelslüft' empor.

Im hochgelegnen Druidenhaine
Bei geistervollem Sternenscheine
Erfüllt sie mich mit Seelenruh,
Und führet mir aus fernen Landen
Die Herzen, die sich liebend fanden,
Die liederreichen Freunde zu.

Des Haines jüngste Sprossen breiten
Den Bardenschmuck um unsre Saiten,
Und herrlich wogt des Liedes Fluß,
Die Lohe flammt zur Bundesweihe,
Wir schwören uns die Sängertreue,
Und spiegeln sie mit Freundeskuß,

Wo hoch des Schlosses Zinne thronet,
Und Heldensinn und Unschuld wohnet,
Umsäuselt sie mein geistig Ohr,
Und singet mir die zarten Triebe
Der engelreinen Geisterliebe
In süßen Schwanenliedern vor.

Wo Rosen auf Ruinen blühen,
Und Bienchen um die Kelche ziehen,
Da reicht mir ihre Lilienhand,
Voll Lieb' und Huld in ihren Blicken
Im namenlosen Hochentzücken
Den Siegeskranz fürs Vaterland.

Wo sich die Felswand nicht bemooset,
Und kühn des Stromfalls Brandung toset,
Und wirbelt den empörten Schaum,
Umschwebt sie auf des Himmels Bogen
Im Brautgeschmeide seine Wogen,
Und träumet ihren schönsten Traum.

Des Traumes Weihe säuselt nieder
Und mich umrauschen Bardenlieder
Aus kühnentflammter Heldenzeit;
Wo Irmensäulen Deutsche stellten,
Entsteiget aus versunknen Welten
Die freie Menschenherrlichkeit,

Und Hermann schwebt mit Speer und Bogen,
Von Römerfahnen rings umflogen,
Aus seinem moosbedeckten Grab,
Und spricht vom steilen Felsenhorte
Voll Sieg die kühnen Flammenworte
Ins heimatliche Tal herab:

"Wie's keinem Griechen noch gelungen,
Von Britensängern ungesungen,
Erhebt sich deutscher Harfenklang,
Er blicket kühn und schwingt die Flügel,
Fühlt deutsche Kraft, höhnt Zaum und Zügel,
Und braust wie Wingolfs Siegsgesang."

Abschied an Edgar

Sollen Abschiedstränen fließen?
Soll der Schmerz der Trennung glühn?
Nein! der Freund, den wir begrüßen,
Darf nicht unter Tränen ziehn!

Frei in des Gesetzes Klarheit
War er Helfer jedem Recht,
Kühner Redner aller Wahrheit,
Keiner Menschenrücksicht Knecht.

Aus des Richters ernsten Blicken
Leuchtete der Liebe Huld,
Um des Eifers Flammenzücken
Hing der Ölzweig der Geduld.

Recht und Wahrheit zu beschirmen
Goß er mit der Ruhe Kraft,
Lächelnd zu des Haders Stürmen,
Öl in jede Leidenschaft.

Was er uns im Amt gewesen,
Blieb er uns als Mensch und Freund,
Wie zum Segen uns erlesen,
Uns in jeder Not vereint.

Im Verständnis fremder Zungen
Reich und herrlich ausgeschmückt,
War er siegend eingedrungen,
Wo der Schönheit Glanz entzückt.

Lustig klang das Reich der Töne
Ihm ans warme, volle Herz,
Jeder Laut der Liedersöhne
Trug ihn wirbelnd himmelwärts.

Und der Seele Harmonien
Zogen klar ins Leben ein,
Tausend edle Taten blieben,
Seines Herzens Wiederschein!

Nein! der Freund ist nicht verloren,
In uns allen lebt er fort,
Seine Weisheit, gotterkoren,
Kämpft für uns an jedem Ort.

Sein Bemühn im Richtersaale
Hemmet nicht den heil'gen Lauf,
Schöner blüht's im stillen Tale
Allen Guten hülfreich auf.

Seine Lieb' im treuen Herzen
Glüht uns ewig freundlich an,
Wie des Himmels lichte Kerzen,
Wie des Mondes Silberkahn.

Drum soll keine Träne fließen,
Jeder Seufzer sei verbannt!
Denn der Freund, den wir begrüßen,
Bleibt als Schatz dem Vaterland!

An den Landesgouverneur

Sei uns auf diesen Höhen,
O Landesfreund! gegrüßt,
Wo frische Lüfte wehen
Und warm das Herzblut fließt.

Es ist nur schlichte Wolle,
Die unsre Herzen deckt,
Doch ist darin die volle
Tirolerkraft versteckt.

Sie tritt dir kühn entgegen
Voll echter Lieb' und Treu,
Mit mut'gen Herzensschlägen
In Männern, wahr und frei!

Du stehst vor unsern Blicken
Als unsers Kaisers Bild,
Das ist das Hochentzücken,
Das unsre Seelen füllt.

Du wirst uns immer finden
Geschart fürs Kaiserhaus,
Die Lieb' aus Herzensgründen
Schlägt gern in Taten aus.

So lang die Wolken fliegen,
So lang die Ströme ziehn,
Verstehn wir noch zu siegen,
Zu sterben noch für Ihn!

Du kannst es ihm auch melden,
Das kühne stolze Wort,
Es stammt vom Blut der Helden
Und lebt in Siegen fort!

Der Toast
1813

Trinkt den Trunk der Bundesweihe,
Hebt zum Schwur die deutsche Hand
Und beschwört die Todestreue
Dem befreiten Vaterland!

Klinget an dem Weltengeiste,
Der im Sturm der heißen Schlacht
Donnernd um die Berge kreiste
Im Gewande schwarzer Nacht;

Der Geschoß aus Wolken sandte
Im ergrimmten Rächerton,
Daß zum Sieg der Hochwald brannte
Und die feigen Knechte flohn.

Klinget an dem Heimatlande,
Das zur Freiheit uns erzog!
Jedem Knechte Schmach und Schande,
Der ins Joch den Nacken bog!

Freiheit hat uns Gott gegeben;
Wer für sie nicht heldenkühn
Ficht im Kampf auf Tod und Leben,
Dem soll keine Liebe blühn!

Klinget an den edlen Frauen,
Die mit zartlichem Gefühl
Labsal in die Wunden tauen
Bei Gesang und Saitenspiel!

Was aus ihrem Schoße keimet,
Sei von Gottes Geist umwebt,
Daß des Lebens Fülle schäumet
Und die Kraft in Taten lebt!

Alle Freien sollen leben
Unberührt von Krieg und Brand,
Stolz im Schatten eigner Reben,
Ganz geweiht dem Vaterland!

Unbescholtne Rosensitte
Blüh' im Lande heilig fort,
Treue wohn' in jeder Hütte,
Aus dem Herzen stamm' das Wort!

Und Gesang wie Barden singen,
Stark wie unser Leitenwein,
Soll von allen Hügeln klingen
Und des Landes würdig sein!

Louisens Kommen

Im heißen Sonnenbrande
Stand Berg und Hügel kahl,
Die Blum' am Felsenrande
Hing abgewelkt und fahl.

Verglüht war uns im Herzen
Der schönste Lebenskeim,
Hinabgebrannt die Kerzen
Der Lust in Lied und Reim.

Da warst ja, ach! so ferne
Am trüben Pogestad,
So weit vom Heimatsterne
Im heißen Sommerbad.

Die Luft schien uns entzogen,
Die Regenflut verbannt,
Des Geistes Duft verflogen
Aus Seel' und Vaterland.

Da sang von schönen Hügeln
Das Heimatvögelein:
"O komm' auf Windesflügeln,
Und laß uns fröhlich sein!"

Es sang mit zarter Kehle
Begeisternd dir ins Herz,
Und rührte dir die Seele
Und zog dich alpenwärts.

Das Nahen deiner Liebe
War leis wie Blumenduft,
Es weckte Knosp' und Triebe,
Umkosend Erd und Luft.

Dein Atmen auf der Wiese
Erneute frisches Grün,
Und strich wie Frühlingsgrüße
Belebend drüber hin.

Des Wiedersehens Träne,
Die heiß am Aug' gebrennt,
Sie flog wie Liedesschwäne
Empor zum Firmament,

Und fiel als Regen nieder,
Befruchtend Berg und Tal,
Wir grünen alle wieder
In deiner Liebe Strahl.

O koste zart und stille
An deiner Mutterbrust,
In unsrer Liebesfülle
Des Lebens höchste Lust!

Und laß dem Aug' entglänzen
Der Güte Himmelslicht,
Das dich mit blühnden Kränzen
An unsre Herzen flicht!

Straßen-und Brückenlied
Aus dem Nonsbergischen

Brück' und Straßen müssen gehen,
Trotz der Schreier, aus und ein!
O der lust'gen Narrenwehen,
Sich zu brechen Hals und Bein!

Mögen sich die Tölpel plagen,
Keuchend auf und stolpernd ab,
Uns verdrießt das Mißbehagen
Mitzustolpern bis ins Grab.

Arbeit soll uns blühn und glücken,
Hin und her, um Feld und Haus,
Ohne Tal und Bergesrücken,
Sommer, Winter, ein und aus.

Welche Wonne! welch' Entzücken
Für den Braut'gam und die Braut,
Sich auf herrlich schönen Brücken
Zu umarmen, hold und traut!

O wie süß für Junggesellen,
Kurz und leicht im Liebeskreis
Frucht und Blüten einzustellen,
Unbesorgt um kalt und heiß!

Welche Lust, an Feiertagen,
Nach der Vesper frei und los,
Scherzend sich hinauszuwagen,
Ohne Stein, Gefäll und Stoß!

Mißgelaunte, karge Knauser,
Wahrt im Sack das rost'ge Geld!
Nennt uns immer arme Lauser,
Wir entgegnen: "Narren, bellt!

Bellt die Schande, nicht zu spenden
Fünfzig Kreuzer eurer Lust!
Wenn euch Müh' und Seufzer schänden,
Lachen wir aus voller Brust!"

An den Gott des Weines

Jüngling, dort am Traubenhügel,
Wo der Frühlingswinde Flügel
Die erhitzte Wange kühlt,
Wo die rosenfarbne Freude
Wie ein Lamm auf grüner Waide
Um des Quelles Lispel spielt;

Wo der Myrte Sprößling keimet
Und der Most im Becher schäumet
Voll des Muts und voll der Kraft,
Wo durch Blüten Liebe säuselt
Und des Weines Fläche kräuselt,
Und den Geist von hinnen rafft:

Kränze, Jüngling! deine Locke,
Mit dem Ton der Feierglocke
Grüßt dich heute mein Gesang,
Krönt in namenloser Wonne
Mit des Liedes Kranz die Tonne
An des Hügels Blumenhang!

Heil mir! meine Sinne schwinden!
Ätherblumen kann ich finden,
Die kein Seherauge fand,
Kann in stürmendem Entzücken
In der Zukunft Fernen blicken,
In der Freude Heimatland;

Kann mit wonnetrunknem Leben,
Hoffnung! deine Strahlen weben,
Aus des Morgens Purpurlicht!
Lebensvolle Lenzesmilde
Atmet um mein Traumgebilde
Und der Tag verscheucht es nicht!

Fort zu schönen Lichtgestaden
Flügelt mich am Zauberfaden
Meines Herzens kühner Wahn,
Um die Insel meiner Träume,
Um die Frucht der Lebensbäume
Kreiset mein verwegner Kahn.

Rosen mit des Balsams Düften
Regnen aus den blauen Lüften,
Und mir wird das schönste Los,
Ewigjunges Gitterleben
Unter saftgeschwellten Reben
Fällt dem Segler in den Schoß!

Schöner Jüngling, Freudespender,
Aller Hoffnungen Vollender,
Meiner Harfe Laut und Klang!
Jüngling mit der blonden Locke,
Mit dem Ton der Feierglocke
Grüßt dich heute mein Gesang!

Musikalische Winterlust

Der Winter schaut von allen Hügeln
Ins heimatliche Tal herab,
Und schüttelt kalt mit Windesfiügeln
Des Feldes Schmuck ins frühe Grab.

Von außen auf uns selbst gewiesen,
Erschaffen wir mit eigner Hand
Den kunstgeübten Kreis und grüßen
Uns hier im trautesten Verband.

Mag Frost die Kraft der Erde binden,
Entblättert starren Flur und Hain,
Uns stellt sich frisch trotz Kält' und Winden
Des Geistes Frühling blühend ein.

Wo Edelsinn und Bürgerliebe walten,
Wo sich das Herz dem Herzen naht,
Erscheinen Frühlingshuldgestalten,
Mir Geisterblüten prangt der Pfad.

Im Mädchen glüht Tirolerfreude,
Die hell aus keuschem Auge flammt,
Und unentweiht im Bürgerkleide
Die stolze Lust der Welt verdammt.

Die Männer haben Mark im Leibe,
Im Herzen Mut und Siegeslust,
Sie treffen fest ins Schwarz der Scheibe
Und sicher in die Feindesbrust.

Die Greise schreiten edler, weiser
In alter Lieb' und Treue fort,
In alter Treu für Gott und Kaiser,
In alter Lieb' zum Heimatort.

Und dieses Frühlings Sprossen breiten
Sich aus der Eintracht Sonnenlicht
Verklärt nach allen Landesseiten
Und schimmern und verwelken nicht.

In Eintracht stehn wir hier beisammen,
Umschlungen von des Friedens Band,
Des Herzens Wünsche glühn und flammen
Für Gott und Stadt und Vaterland.

Die Macht der Töne ist bereitet
Mit ihren süßen Harmonien,
Die Melodie vereint und leitet,
Der Mißlaut und die Zwietracht fliehn.

Wir schmelzen all' im Sturm der Saiten
Zu einem schönen Ganzen ein,
Nur eine Stimm' erfüllt die Weiten:
"Heil unsrer Stadt! Heil dem Verein!"

An die Fernen

Kommst du, Holde! nicht heraus?
Gastlich winkt das stolze Haus,
Hell im Waldesliederklang,
Auf dem grünen Bergeshang.
Und die Blümlein alle blühn
Dir entgegen, Lerchen ziehn
Lockend süß durch Wolk' und Wind:
"Komm zu uns, du holdes Kind!"
Mutter, Schwester, Freunde stehn
Mit der Grüße frischem Wehn,
Mit des Herzens wärmstem Blut
Dich erwartend, treu und gut.
Ach! es ist allein so kalt
Für das Herz, das liebend wallt!
Und der Mann, der ewig klar
Uns Verstand und Leuchte war,
Der dich einst gewählt zur Braut,
Und sein Glück in dir gebaut!
O wir denken, nassen Blicks,
An den Traum des kurzen Glücks,
Wo ihr beide liebeszart
Unsre schönste Freude wart!
Seht! der üpp'ge Wiesenplan
Lockt so traulich, glüht euch an,
Und der Baum, der riesengroß
Unsre Laub' in Dunkel schloß,
Und des Gartens Blütenzucht,
Hell in Farbe, reif von Frucht,
Ach! es kann uns nicht erfreun,
Denn es blüht für uns allein,
Und das Herz wird traäenweich,
Seufzet bang nach euch! nach euch!
Und es schäumt der edle Wein,
Uns zur Qual und Herzenspein,
Daß wir hier, ihr dort allein,
Unsre Träne träuft hinein,
Daß ihr weilt im welschen Land
Tief in Sumpfesluft gebannt!
Unsre Wünsche lispelnd wehn,
Unsre Seufzer ziehn und gehn
Über schroffe Bergesreihn
In das fremde Land hinein!
"Geb' euch Gott in eure Brust
Ewigsüße Himmelslust!
Nur ein Schmerz ersterb' euch nie,
Lodre glühend spät und früh,
Daß ihr ach! so ewig weit
Vom geliebten Schlosse seid,
Daß wir hier so ganz allein
Euch nur stille Tränen weihn!"

An den Frieden

Dich begrüßt im frohen Liede
Auf der Heimat Felsenhang,
Wonnespender, süßer Friede!
Deines Sängers Lautenklang.

Holde segenreiche Stille
Atmet um den Keim der Flur,
Gießt der Blumen bunte Fülle
Auf den Teppich der Natur.

Junge Silberblüte flocket
Auf des Schäfers goldnen Traum,
Und voll Frühlingswonne locket
Seinen Kranz der Feigenbaum.

Auf der Mutter weichem Schoße
Hascht das Kindlein frohbelebt
Nach dem Blatt der Maienrose,
Das durch laue Lüfte schwebt.

Und du pflanzest dort am Quelle
Sommerveilchen zart und kraus,
Strömst des Baches Schlummerwelle
Auf den Durst der Saatflur aus.

Sorgenlose Lämmlein grasen,
Weiß, wie neugefallner Schnee,
Auf betauten Blumenrasen
Um den spiegelklaren See.

Und von Saaten rauscht's Gefilde,
Munter lockt der Wachtelsang,
Durch den Hauch der Sommermilde
Tönt entzückend Sichelklang.

Bäume schütteln ihre Kronen,
Und die reife Frucht entfällt,
Um den Landmann zu belohnen,
In den Schoß der Hirtenwelt.

Und du nahest mit der Zither,
Prangend mit dem Ährenkranz,
Krönst die liederfrohen Schnitter
Und beginnst den Lindentanz.

Weinumrankte Hütten heben
Sich aus schwanker Zweige Grün,
Und gereifte Trauben schweben
Rosig auf den Söller hin.

Zahmgewöhnter Schwalben Lieder
Tönen in das Knabenspiel
Von des Daches Giebel nieder,
Kühner Freude Hochgefühl.

Überdacht vom Rebenlaube,
Liest das zarte Mägdelein
Süße Kost der Purpurtraube
In den leichten Korb hinein.

Und vom Glühn der Abendröte
Spendest du ihm Rosenlicht,
Atmest ihm im Hauch der Flöte
Schäferruh ins Angesicht.

Dämmrung schwimmt auf dem Gefilde
Wie ein dünner leiser Duft,
Südlands Weste, sanft und milde,
Lispeln durch das Reich der Luft.

Freundlich tönet durch die weite
Nachtbedeckte Hirtenflur
Friedehallendes Geläute
In den Schlummer der Natur.

Aller Müden Wimper sinket,
Jeder Laut erstirbt im Hain,
Und der Stern der Liebe blinket,
Alle Sorgen schlummern ein.

Dich begrüßt im frohen Liede
Auf der Heimath Felsenhang,
Wonnespender, süßer Friede!
Deines Sängers Lautenklang.

An mein Vaterland

Zur Harfe greift des Barden Hand,
Der "Barde" singt sein Vaterland!
Der Heimat Eisgebirge beben,
Die kühnen Gemsenadler schweben
Aus ihrem wolkennahen Leben,
Und senken auf der Felsenwand
Den Fittig dir, o Vaterland!

So lang der Inn gen Osten fleußt,
Verbirgst du dich, Tirolergeist!
Du hast mit mut'gem Heldenwagen
Die freien Schlachten kühn geschlagen,
Die Nachwelt wird es Enkeln sagen:
"Hier klafft' das große Skavengrab,
Von Felsen rann das Blut hinab!"

Um keines Ruhmes eiteln Tand
Zogst du hinaus, o Vaterland!
Getreu dem Stamme der Germanen,
Für Zucht und Tugend deiner Ahnen
Trugst du voll Jubel deine Fahnen
Zum großen Tod ins Elsenfeld,
Und fielest für die bessre Welt!

Drum kennt man dich, Tirolergeist!
So weit des Weltmeers Strömung kreist.
Das Feuer flammt, wo Alpen hangen,
Und Eisgebirge drüber prangen,
Und Ahnen Freiheitslieder sangen,
Zum Himmel lodert hoch der Brand
Als Siegesfeier, Vaterland!

Sei stolz auf deine Alpenhöhn,
Wo Ströme deutschen Lebens wehn!
Von diesem stiegen Helden nieder
Mit felsenstarker Kraft der Glieder,
Die Felsentale tönten's wieder:
"Uns hat das freie Alpenland
Zum heil'gen Amte ausgesandt!"

Von diesen wolkennahen Höhn,
In ihrem Sturze furchtbar schön,
O Heimat! brausen Ströme nieder,
Die unversiegten Alpenbrüder,
Sie donnern laut und donnern wieder:
"Uns hat das kühne Alpenland
Dem Durst der Fremde ausgesandt!"

Dich grüßt zuerst mit Bardenklang,
O Passer! mein Triumphgesang.
Du magst dem Felsental entschießen
Und Schutt durch Weingefilde gießen,
So lang dein Strom wird südwärts fließen,
Ertönest du im Donnergang
Dem Helden Hofer Siegsgesang!

Und wo du, Drakus! tosend eilst,
Und schaurig durch den Talgrund heulst,
Da winselt in den Mitternächten
Die Schar von abgeschiednen Knechten,
Die du mit deiner starken Rechten,
Für deine Freiheit hochentbrannt,
Zerschmettertest, o Vaterland!

Selbst Weiber blühn in deinem Schoß
Voll Hochgefühle, kühn und groß!
Der Etschstrom weiß aus alten Tagen
Von deinen Weibern viel zu sagen,
Von ihrem Mut und ihrem Wagen,
Wie durch der Weiber tapfre Hand
Der Feind den Tod im Strome fand.

Dir tönt kein weicher Lustgesang
Nach feinem Takt und Regelzwang;
Doch Sänger hast du aufgezogen,
Die deine Mutterbrüste sogen
Und tönend wie die Aare flogen.
Der eitlen Freude unbekannt
Rauscht Bardensang im Alpenland.

Das Höchste ward dir selbst zu Teil,
Dir blüht des Glaubens Kraft und Heil!
Des Glaubens, der die Welt besieget,
Dem tiefsten Denker selbst genüget
Und mit dem Adler heimwärts flieget,
Du liebest deutsche Zucht und Treu,
Bist löwenkühn und fromm dabei.

Drum jauchzt in frischer Lüfte Wehn,
Tiroler! auf den Felsenhöhn!
Und singet alle siegestrunken:
"Viel Völker sind im Strom versunken,
Uns schenkte Gott den Ätherfunken,
Der aus dem engen Hirtenland
Den Pfad zum ew'gen Ruhme fand!"

Und du im lauten Heldengang
Entschwebe stolz, o Hochgesang!
Du singest keine Völkerlügen,
Ertönst von deiner Väter Kriegen,
Von ihrem Tod und ihren Siegen,
Du tönst, von heil'ger Glut entbrannt,
Für dein geliebtes Vaterland!

Othmars Lied
nach dem Siege des Marius

Dich grüßt der Barde, blut'ges Feld!
Hier ward gekämpft um Roma's Welt,
Hier ist das deutsche Heer gefallen,
Die zartverdünnten Sieger wallen
Im Geist besiegt zu Roma's Hallen,
Denn todesfinster wie die Nacht
Und blutig war die deutsche Schlacht,
Und furchtbar war die deutsche Treue,
Sie hielt den Schwur der Todesweihe!

Dich mahnt an deinen letzten Krieg,
O Roma! dieser blut'ge Sieg!
In deiner Sprache weichen Tönen
Wird graus und tödlich deinen Söhnen
Die deutsche Niederlage stöhnen,
Bis rächend Wodans Schwert erklingt,
Und Todesmut der Barde singt:
"Beschwört den Schwur der Todesweihe,
Tod oder Sieg ist deutsche Treue!"

Noch steht der deutsche Eichenhain,
Schließt Helden noch und Barden ein.
Die Rache von den deutschen Eichen
Wird Alpenhochgewittern gleichen,
Im Siegessturme dich erreichen,
Und ob der Menschheit Schmach entbrannt,
Mit hochgehobner, starker Hand
An deiner Tiber stolzen Wogen
Zerschmettern deine Siegesbogen!

Das ganze menschliche Geschlecht
Schaut wild empor zum ew'gen Recht!
Dich hat die Wölfin aufgezogen,
Die Welt hast du ins Netz betrogen,
Und Völkerblut aus Lust gesogen;
Hoch flammt für das vergoßne Blut
Die Rache wie Kometenglut,
Und grausig dräut's aus Ungewittern,
Dich, Welttyrannin! zu zersplittern!

Schon rauscht es von den Alpen her,
Verderbenvoll, gewitterschwer,
Die stolzen Apenninen beben,
Des deutschen Sieges Adler schweben
Voll Tod daher, voll Riesenleben,
Schon wogt der Staub der Siegesbahn,
Den Tag verdunkelnd, himmelan,
Der Ruf erschallt zur Todesweihe:
"Tod oder Sieg ist deutsche Treue!"

Verzweiflung heult schon, dumpf und hohl,
Ums sieggekrönte Kapitol,
Die sieben Hügel stürzen nieder
Durch gottgesandte deutsche Brüder,
Im Jubelhall der Siegeslieder,
Geschleudert von der Helden Hand
Frißt Roma's Tempel deutscher Brand,
Und daß Tyrannen sie ermahne,
Fleugt hochgepfianzt die deutsche Fahne!

Dädalus am Meergestade

Dädalus mit trübem Blicke
Schauet nach dem Land zurücke,
Wo einst seine Wiege stand,
Sieht der Schiffe Wimpel wehen
Und von Kreta's Küste gehen
Nach dem süßen Heimatland.

Ach! er fühlt der Knechtschaft Bande
Am verhaßten Fremdlingsstrande
Mit erneutem Flammenschmerz,
Seiner Sehnsucht Klage schallet
Stöhnend durch die Luft, und wallet
Mit den Schiffen heimatwärts:

"Könnt' ich doch in euren Zügen,
Vögel! nach der Küste fliegen,
Wo die Mutter mich gebar,
Mich ans Herz voll Liebe drückte,
Weinend auf das Knablein blickte,
Und im Schaun so selig war!

Könnt' ich meiner Heimat Auen
Freudeweinend wieder schauen,
Wo ich einst vom Schlummer wach,
In geweihter Morgenstunde
Mit gelöstem Kindermunde
Meine ersten Worte sprach!

Wo mit frischen Rosenbanden
Mich die Schwestern dann umwanden
Auf des Lagers weichem Vließ,
Sagten: Rede, teurer Knabe!
Muttersprach' ist Göttergabe,
Muttersprache tönt so süß!

Wo im Strahl der Abendsonne
Voll Gefühl der Vaterwonne
Einst der liebe Alte sprach:
Jüngling! reicher Vatersegen
Leite dich auf deinen Wegen!
Ehre deiner Eltern Dach!

Mannesernst und Heldentugend
Kränze deine Blütenjugend,
Färbe deine Wangen rot,
Und im Krieg für freie Herde
Auf geliebter Muttererde
Stürze kühn in Kampf und Tod!

Fern im fluchbeladnen Lande,
Zerrend an dem Skavenbande,
Find' ich weder Rast noch Ruh,
Selbst in Träumen dunkler Nächte
Streb' ich mit gerungner Rechte
Meiner fernen Heimat zu!

Wehe dem verruchten Manne,
Der mit ungerechtem Banne
Mich dem Mutterland entreißt,
Der, von Durst nach Ruhm entzündet,
Mich zum Frohn an Fluren bindet,
Die die Fremdlingswog' umkreist!

Minos! Minos! wahnsinntrunken
Wähnest du den Götterfunken
Schwach wie trübes Erdenlicht!
Nationen magst du richten,
Und den Zwist der Welten schlichten,
Nur die Liebe meistre nicht!

Was in allen Nervgeweben
Mit geheimnisvollem Leben
Nach dem fernen Boden zückt,
Und den Geist auf raschen Schwingen
Hin zu ungesehnen Dingen
Über Zeit und Raum entrückt:

Muß vom Land der Götter stammen,
Wird begeisternd mich umflammen
Mit der Freiheit Morgenlicht!
Donnre, Meer! am Felsenstrande,
Fernend mich vom Heimatlande,
Mich erschreckt die Brandung nicht!

Vaterlandesliebe sieget
Über Wogensturm, und flieget
Durch die Luft nach eigner Wahl,
Eilt davon wie Adler schweben,
Mit verjüngtem Frühlingsleben
Aus des Bannes dunklem Tal,

Schwebt dahin im Reich der Sterne,
Nach der heißgeliebten Ferne,
Die sich dämmernd dort erhebt,
Und der lauten Wonne Lieder
Jubeln aus der Höhe nieder,
Daß der Fels im Meere bebt.

Heil dem Segler, den die Liebe,
Diese Riesin unsrer Triebe,
Durch die blauen Lüfte rafft!
Mag sich Sturm und Nacht erheben,
Ewig ist der Liebe Leben,
Siegreich ist der Liebe Kraft!"

Louise an die Heimat

Heimat, süßer Augentrost,
Zarter Seelen Würz' und Kost,
Holde wie am Pfirsichbaum
Ein verklärter Schäfertraum!
Federleicht, ein Vögelein,
Grüß' ich deinen Frühlingshain,
Bade mich um Sproß und Laub
In der Kelche Blütenstaub,
Und die laue Schmeichelluft
Weht mich an mit Veilchenduft,
Säuselt mich vom Blumenflor
In die Himmelsräum' empor!

Heimat, süße Herzenslust,
Balsam für des Pilgers Brust,
Segensschirm in Feindesnot,
Heldentrieb in Kampf und Tod!
Mit dem frömmsten Hirtensinn
Segn' ich deiner Alpen Grün,
Wo des Speickes Blüte flockt,
Und die krausen Lämmlein lockt,
Wo aus Klüften silberhell
Sprudelt frischer Bergesquell
Und hinab ins Tal gesenkt
Meine lieben Täublein tränkt!

Heimat, süßer Engelsklang,
Meiner Lippen Wort und Sang,
Meines Geistes Licht und Tag,
Meiner Adern Blut und Schlag!
Wo die Gletscherfrische weht
Und der Morgen aufersteht,
Schweb' ich durch dein Flammenmeer
Wie die Himmelslerch' einher,
Sing' in Liedern keck und laut:
"Wer dem Heimatfelsen traut,
Hat an ihm, Weg auf und ab,
Seinen besten Pilgerstab!"

Heimat, süße Gotteshuld,
Jungfrau ohne Fehl und Schuld,
Spiegel meiner bessern Welt,
Führerin zum Sternenzelt!
Sonnenrein, im hellen Blau
Labt mich deine Himmelsau,
Die der Liebe zarte Hand
Schirmend über's Tälchen spannt.
O sie lispelt freundestraut
Mit dem liebsten Koselaut:
"Heilig ohne Todeskeim
Führ' ich dich zum Vater heim!"

Der Gemsenjäger

Ich bin der flinke Jägersmann
Vom steilen Felsgeklüft,
Der wie die Adler fliegen kann,
Und jede Gemse trifft!

Rasch auf im Flug aus dunkler Au,
Mir hüpft vor Lust das Herz,
Ich bade mich im Morgentau
Und juble himmelwärts.

Mich grüßt auf luft'gen Alpenhöhn
Der frühe Sonnenglanz,
Und reichet mir im Dufteswehn
Den frischen Blütenkranz.

Der wache Spielhahn lispelt mir
Der Freiheit Siegesglut,
Und pflanzt der Federn stolze Zier
Zu Trutz auf meinen Hut.

Ich spiegle mich im Glutenmeer
Der kühnen Gletscherhöhn,
Und flamm' als stolze Landeswehr
In Kampf und Tod zu gehn.

Du spurvertrauter Waidgesell,
Mein Fido! sag mir an:
Wo fliegt von Fels zu Felsen schnell
Der Gemsbock seine Bahn?

Der Gemsbock spielt am Bergesquell
Und plätschert in der Flut,
Und wäscht sich seine Äuglein hell
Und stärkt sein junges Blut!"

Wohlauf! mein scharfgezielter Schuß,
Durchstreife schnell den Wind,
Und herze mit dem Schützenkuß
Den Gemsbock, weich und lind!

Der Schuß entfährt mit lautem Knall,
Und saust ans teure Ziel,
Mit Jubel ruft's der Widerhall:
"Der junge Gemsbock fiel!"

So stürzt im grausen Wildgefecht,
Von meinem Schuß berührt,
Der trotzige Tyrannenknecht,
Der sich ins Land verliert!

Das Wetterhorn hab' ich erreicht,
Ich atme Himmelsluft,
Und schwebe keck und federleicht
Durch Licht und Ätherduft.

Ich wage jeden Gemsensprung
In Wind und Sturmgebraus,
Und spanne kühn im Lerchenschwung
Des Geistes Fittig aus.

Ich schwinge mit verwegner Hand
Des Blitzes Schlangenstab,
Und pflück, im fernen Geisterland
Den Kranz der Sterne ab.

Und web' auf lichtem Sonnenstrahl
Aus Engelsharfenklang
Für mein geliebtes Hirtental
Den frohsten Siegsgesang!

Die Berge der Heimat

Auf! Flieg den Flug im Preisgesange,
Mir wallt das Herz, mir glüht die Wange,
Flieg rauschend auf, mein trunkner Geist!
Und laß des Liedes Flammen steigen,
Wo sich die Ferner niederneigen,
Und Gottes Lob im Sturme kreist!

Ihr Berge, die ihr glorreich raget,
Der Morgenröte Hallen traget,
Und Lebensodem niedergießt,
Die einst der Herr im Siege pflanzte,
Und unser Felsental umschanzte,
Ihr grauen Riesen! seid gegrüßt!

Ihr steht gekrönt mit Ruhm und Ehre,
Und wurzelt in dem Schoß der Meere,
Die tiefgebettet euch umdraun;
Ihr hebt das Haupt durch blaue Fernen,
Vom Blitz gegrüßet, zu den Sternen,
Und badet es im Sonnenschein.

O Wonne mir! Von euerm Rücken
Strömt herzbegeisterndes Entzücken,
Und Morgendüfte wehn mich an,
Euch hat des Himmels Tau begossen,
Die milchbeträuften Alpen sprossen,
Und gluckend lockt der Auerhahn.

Der Hirsch mit ästigem Geweihe
Fliegt aus dem Waldtal stolz ins Freie,
Umströmt von edler Kräuter Duft,
Und pfeifend hangt auf Felsenzinnen,
Wo Quellen aus dem Marmor rinnen,
Der Gemsbock in dem Reich der Luft.

Dich preist, o Kranz der Morgenröte!
Umsäuselt von der Hirtenflöte,
Die Sennerin mit holdem Laut,
Und blondgelockte Mäher singen
Den lauten Mahdgesang und schwingen
Der Sense Blitz ins Alpenkraut!

Und wo aus unbewölkten Lüften
Im Feierschmucke grüner Triften
Sich niederreißt der steile Hang,
Da strömen unter frohem Läuten
Die Herden aufwärts und verbreiten,
O Heimat! deinen süßen Klang.

Umrankt von dunkelm Haingebüsche
Strömt freudigkühn voll Lebensfrische
Aus Felsenadern reine Flut,
Und spendet von dem Alpenlenze
Den Sennerinnen Hochzeitkränze
Und unsern Hirten reines Blut.

Angeschwellt durch seine Brüder
Mit silberstaubendem Gefieder
Entfliegt der Strom im Riesenfall,
Ihm singt die Braut vom Tal entgegen,
Er eilt und gießt im Fluge Segen
Aufs Flurgeheg der Nachtigall.

Im Strahlenschmucke schwebt der Bogen
Des Himmels um den Sturz der Wogen,
Und unten tönts wie Lenzgesang:
"Bekränze dich mit Blütenzweigen,
Und tanz die Runde, Hirtenreigen!
Und jauchze: das ist deutscher Klang!"

Wo von Granit die Blöcke prangen,
Und Einsturz dräuend, talwärts hangen,
Erbraust, von Fels zu Fels gewagt,
Im stimmenvollen Waldgesange
Mit Jägerruf und Hörnerklange
Die lärmende Tirolerjagd.

Das Wild entflieht mit scheuem Grausen,
Der Fels erbebt, die Speere sausen,
Der Waidmann jauchzt, die Hindin fällt;
Dich schmückt in unentweihter Jugend,
O Schütze! kühne Männertugend,
Dich stählt die Kraft der alten Welt!

Der Adler wählt die Wolkenspitze
Zu seinem hohen Königssitze,
Und baut am Riff sein bräutlich Nest;
Sein Sohn wird einst zu großen Siegen
Das heimatliche Heer umfliegen,
Und dich verkünden, Siegesfest!

Und wenn die Freischar sonder Zagen
Voll Todeslust die Schlacht geschlagen,
Und teuern Sieg errungen hat,
Dann schwing, o Adler! dein Gefieder,
Und schwebe stolz und herrlich nieder,
Und reich ihr das Olivenblatt!

Die Fahne flattert, Helden singen,
Von Hügeln flammt's, und Pfeifen klingen,
Und Friede schmückt die Siegesbahn,
Ein Held, wie Sandwirt an der Spitze,
Noch heißumflammt von Kampfeshitze,
Zieht ruhmbekrönt der Schar voran.

Der Sänger nimmt im Sturm der Freude
Die Harfe von der Tränenweide,
Und rauscht dahin im Siegeston:
"Der Schmerz der Bräute ist gesühnet,
Des Ölbaums junger Schößling grünet,
Und du bist frei, o Alpensohn!

Heil euch, ihr Berge! kühn getürmet
Habt ihr das Landesherz umschirmet,
Und Tod auf Feindeshaupt gesandt;
"Drum preisen euch vom Hügel nieder
Voll Jubellaut die Bardenlieder,
Drum huldigt euch das Vaterland!

Das Stammschloß
1838

Hoch ragt das alte Schloß Tirol,
Du kennst, o Kaiser! kennst es wohl!'
Es steht umblüht vom frischen Leben,
Getränkt vom Safte deutscher Reben,
Umklungen von Tirolersieg!
Die Adler dort um seine Türme,
Bewährt im Schall der Schlachtenstürme,
Vereint im Frieden, eins im Krieg,
Die Adler kennst du wohl:
"Von Östreich und Tirol!"

Dort hat dein Urahn in der Wiege
Im Traum gelallt vom Iselsiege
Voll glühender Tirolerlust,
Ihm klang der Takt der Landsturmlieder,
Die Adler rauschten ihr Gefieder,
Und schwellten ihm die Heldenbrust.
Die Adler kennst du wohl:
"Von Östreich und Tirol!"

Dort dachte Margret den Gedanken:
"Tirol mit Östreich! Sonder Schwanken!
Durch keine Macht der Zeit getrennt!"
Da rupften die geschwinden Aare
Zwei Kiel' aus ihrem Flügelpaare
Zur ew'gen Schrift aufs Pergament.
Die Aare kennst du wohl:
"Von Östreich und Tirol!"

Dort hängt seitdem am Liebesbande
Der Schlüssel zum Tirolerlande,
Von Gemsenjägern treu bewahrt;
Die Adler wetzen an den Blitzen
Des Dietrichs ihre Schnäbelspitzen
Und falzen in verliebter Art.
Die Adler kennst du wohl:
"Von Östreich und Tirol!"

Dort flammt die Glut der Heldenweihe
In alter Lieb' und alter Treue,
Wie der Kapelle ew'ges Licht,
Die Adler breiten ihre Flügel
Sich schnäbelnd um den Tempelhügel,
Und glühn und sprühn und altern nicht!
Die Adler kennst du wohl:
"Von Östreich und Tirol!"

Oswald von Wolkenstein

Heil dir, Heimat des Wolkenstein
Der Adler kreiset, der Adler ist dein!
Viel Helden hat Tirol erzogen
Voll Vaterland und Biederkeit,
Sie sind im Sturm den Pfad geflogen
Als Sieger zur Unsterblichkeit,
Und von den Bergen rauscht es nieder:
"Hoch überraget Oswald seine Brüder!"

Heil dir, Heimat des Wolkenstein!
Der Adler kreiset, der Adler ist dein!
Der Enkel fühlet Geist und Leben
Im ungestümen Heldenlauf
Durch alle seine Adern beben
Und schaut voll Sieg zu dir hinauf:
"O Oswald! Oswald! Vatertugend
Begeistert die Tirolerjugend!

Heil dir, Heimat des Wolkenstein!
Der Adler kreiset, der Adler ist dein!
Der Knabe schläft noch in der Wiege
Und träumet seinen Jugendtraum,
Es ist der Traum von Tod und Siege,
Im zarten Sprößling ragt der Baum.
So jauchzt dem Jüngling, Heimatbrüder!
Im Jüngling lebet Oswald wieder!

Heil dir, Heimat des Wolkenstein!
Der Adler kreiset, der Adler ist dein!
Die Sonnenwende ist gekommen,
Ihr Jünglinge! den Fels hinan!
Der Strahl im West hat ausgeglommen,
Und Mondenlicht bescheint die Bahn.
"Auf daß dein Geist uns hülfreich bleibe,
O Oswald! schlagen wir die Scheibe!"

Heil dir, Heimat des Wolkenstein!
Der Adler kreiset, der Adler ist dein!
Der Feind mit grausen Heereswogen,
Mit wildverworrnem Räuberblick,
Hat sich ums Felsental gezogen,
Von Alpen prallt Getös zurück,
Und droben in des Hochwalds Reichen
Schürt Oswalds Hand das Flammenzeichen.

Heil dir, Heimat des Wolkenstein!
Der Adler kreiset, der Adler ist dein!
Held Oswald schwebt von Bergen nieder
Und schwingt des Landes Festpanier,
Er führt die Freischar seiner Brüder
Ins Feld des Ruhmes für und für.
Wo Ritter Oswalds Fahnen fliegen,
Da mäht der Tod, da rauscht's von Siegen!

Heil dir, Heimat des Wolkenstein!
Der Adler kreiset, der Adler ist dein!
Gesang ertönt um Südlands Hügel,
Er fliegt die selbstgefundne Bahn,
Begeistrung träufelt ihm vom Flügel,
Er schwebet königlich hinan.
Zur Siegesfeier hats geklungen,
Dein Oswald hat das Lied gesungen!

Heil dir, Heimat des Wolkenstein!
Der Adler kreiset, der Adler ist dein!
Das Mädchen hört die Töne klingen,
Und fühlt sich groß und fühlt sich frei,
Den Strauß um ihre Locken schlingen
Die Zwillingsschwestern Scham und Treu,
Und Oswald hat, von Gott bedeutet,
Den Ritterschild auf sie gebreitet!

Heil dir, Heimat des Wolkenstein!
Der Adler kreiset, der Adler ist dein!
Die Braut mit frischen Rosenwangen
Umflockt der reife Jungfraunkranz,
Die blumenreichen Gäste prangen,
Geflügelt wogt Tirolertanz.
Und Oswald nahet, um die Reinen
Mit Gottes Siegel zu vereinen!

Heil dir, Heimat des Wolkenstein!
Der Adler kreiset, der Adler ist dein!
Stolz erblüht aus keuschem Bunde
Ein hochgeadeltes Geschlecht,
Die Wahrheit schwört in ihrem Munde,
Ihr Herz schlägt kühn für Pflicht und Recht.
Und Oswalds reinen Gottesglauben
Kann kein Tyrann den Schützen rauben!

Heil dir, Heimat des Wolkenstein!
Der Adler kreiset, der Adler ist dein!
Um eingesunkne Schloßruinen
Erbraust mein Lied im Siegeston,
Auch mir ist Oswalds Geist erschienen,
Auch ich, o Heimat! bin dein Sohn!
Und aus den Trümmern hallt es wieder:
"Noch liebet Oswald seine Brüder!"

Tirolerlied
1809

      Auf ragenden Bergen
      Wohnet die Freiheit,
      Auf heiligen Höhen der Heimatgebirge
      Sproßet die deutsche Kraft!

Wohlan! so laßt uns aufwärts ziehen
Zu Höhn, wo alle edle Krauter blühen,
Und wolkennah der Adler haust,
Wo seit der großen Schöpfung Tagen
Die Eisgebirge furchtbar ragen,
Und junge Flut aus Klüften braust.

      Auf ragenden Bergen
      Wohnet die Freiheit,
      Auf heiligen Höhen der Heimatgebirge
      Stählt sich der deutsche Mut!

In Tälern war den Vätern bange,
Mit Jubellaut und Hochgesange
Entrannen sie der tiefen Gruft
Und flogen wie auf Windesflügeln
Zu steiler Alpen höchsten Hügeln,
Und tranken deutsche Freiheitsluft.

Die Mannen tranken nicht vergebens,
Die Riesenkraft des deutschen Lebens
Durchströmte stärkend ihr Gebein;
Tyrannen sahn die Felsenhöhen,
Und drauf die freien Helden stehen
Und zogen nicht ins Land herein!

      Auf ragenden Bergen
      Wohnet die Freiheit,
      Auf heiligen Höhen der Heimatgebirge
      Reifet der deutsche Sieg!

Der Adler fliegt auf Sonnenwegen
Der reinen Ätherluft entgegen,
Und tanzt im klarsten Himmelsstrahl,
Und steigt der edle Kämpfer nieder,
So stäubt der Eulen Nachtgefieder
In schneller Flucht von Berg und Tal.

Drum Freunde! späht empor zum Ziele,
Verachtet keck des Tages Schwüle
Und wandelt fort auf steiler Bahn!
Das Beste kommt uns ja von oben,
Den Geber laßt uns jauchzend loben!
Im Adlerflug den Fels hinan!

      Auf ragenden Bergen
      Wohnet die Freiheit,
      Auf heiligen Höhen der Heimatgebirge
      Fühlt sich der deutsche Mann!

Laßt diesen Strom danieder brausen,
Daß Felsgestein und Föhren sausen,
Dort unten ist er dann ein Knecht!
Die Freiheit muß der Mann verfechten,
Uns mag der düstre Wütrich ächten,
Tiroler sind ein frei Geschlecht!

Empor zum höchsten Bergesgipfel,
Wo eine Fichte ohne Wipfel,
Die Zeugin steht aus alter Zeit!
Hier schließt den Kreis, o Landesbrüder!
Wie Donner roll' es krachend nieder
Und kund' es in die Runde weit:

      Auf ragenden Bergen
      Wohnet die Freiheit,
      Auf heiligen Höhen der Heimatgebirge
      Krönt uns die deutsche Treu!

Der deutschen Freiheit und der Tugend
Verschwört sich hier Tirolerjugend
Und rufet Gott zum Zeugen an:
O Vater! wenn Tyrannenknechte
Verletzen unsre heil'gen Rechte,
So mache blutig unsre Bahn,

Daß kämpfend wir dem Tode fallen,
Daß unsrer Enkel Lieder schallen
Im freierstrittnen Eichenhain!
Laß uns in diesem Erdenleben
Der Volkesfreiheit Zeugnis geben,
Und treu ihr noch im Tode sein!

Die Bergerin

Der Morgen graut, die Schwalbe lockt,
Hinaus ins Sonnenfest!
Die Farb' erblaßt, der Blutlauf stockt
Im faulen Schlummernest.

Und du, o klarer Bergesquell!
Mit deinem frischen Strahl,
Wasch mir zuerst die Äuglein hell,
Dann rinn und ström' ins Tal.

Die Sonne blitzt ins Himmelsblau,
Und malt die Ferner rot,
Ich steh' im schönsten Tempelbau
Verklärt vor meinem Gott.

Wo jeder Keim von Lieb' erglüht,
Und Gottes Atem weht,
Da lodert freudig mein Gemüt
Empor ins Weltgebet.

Wohlauf, o Strom der reinsten Luft,
Durchläutre mir den Sinn,
Und laß des Herzens Geist und Duft
Als Dank zum Schöpfer ziehn.

Mir ist so leicht, so innig wohl,
Ich fühl's im tiefsten Kern,
Ich bin im guten Land Tirol,
Man lebt und liebt so gern.

Ihr Vögel! fliegt ins Weizenfeld,
So lang der Weizen steht,
In unsrer schlichten Hirtenwelt
Wird auch für euch gesät.

Und habt ihr euer volles Maß,
So rauscht im lust'gen Zug
Frischauf ins duft'ge Alpengras,
Und schwärmt euch dort genug.

Denn frei sind unsre Bergeshöhn,
Es wettert kraus und toll,
Nur unten ist die Zahmheit schon,
Die ewig muß und soll.

Wir leben ganz wie's uns gefällt,
Und jeder Tag ist gut,
Und wer sich unserm Tisch gesellt,
Bekommt ein leichtes Blut.

Ihr Mäher! kriecht aus eurem Loch,
Der Zeiger steht auf vier,
Und dampfend lockt das Weizenkoch,
Für euch bereit von mir.

Es heißt mit Recht das Männermark,
Und dehnt euch riesig aus,
Die Brust gewölbt, die Schultern stark,
Die schönste Zierd' im Haus.

Mich überfiel heut Nacht im Traum
Die ärgste Heiratsnot,
Man sah den Purzel Bräut'gam kaum,
Ich lachte mich halb tot.

Der Mann, der mir ins Auge sticht,
Ist euch ein ganzes Stück,
Das Halbe mag der Teufel nicht,
Ich will ein ganzes Glück.

So zieht empor ins Alpenheu
Voll lauter Bergeslust,
Als Älpler stark, als Männer frei,
Und Flammen in der Brust.

Und seht ihr dort die Zwillinge,
Die Zicklein weiß und zier,
Wie neugefallner Märzenschnee,
So grüßt sie schön von mir.

Ach! wenn sie ohne Seele sind,
Ist's ein verlornes Spiel,
Das seelenlose Aug' ist blind,
Und Schönheit gar nicht viel.

Und kommt ihr auf das höchste Joch
In würz'gen Speickesduft,
So hüpfet auf, und jubelt hoch,
Als Sänger in die Luft.

Die Welt ist unermeßlich weit,
Und Gott unendlich gut,
Es lebe die Zufriedenheit,
Und das gesunde Blut.

Was soll des Geldes eitler Tand,
Was Rang und Glückesflug!
Uns allen blüht das Vaterland,
Und jeder hat genug.

Und wenn es einst zum Sterben kommt,
So sei's im heil'gen Streit,
Daß unser Tod der Heimat frommt,
Durch Sieg und Blut geweiht!

Der Verstockte

Unlogisch mich zu nennen
Seid alle drauf und dran!
Die heißen Adern brennen,
Es reißt mich himmelan.

Ins freiste Wolkenschweben
Verliert sich kühn mein Lauf,
Da grünt mein Dichterleben,
Da hört das Rechnen auf.

Die Ungewitter segeln
Unlogisch durch die Luft,
Lebt wohl, ihr kahlen Regeln!
Die Gottesstimme ruft.

Die Blitzesschlangen zischen
Aus schwarzer Wetternacht,
Wie Rosenglut aus Büschen
Voll Frühlingszauberpracht.

Im Blitzesrosenpflücken
Erfind' ich mein Gedicht,
Die Logik kann nur flicken,
Erfinden kann sie nicht!

Die Sonnenstrahlen schweben
Erheiternd um mich her,
Und Flammengeister beben
Auf Land und Strom und Meer.

Mit diesen Flammengeistern
Beseel' ich mein Gedicht,
Die Logik kann wohl meistern,
Beseelen kann sie nicht!

Die Alpenblüten tanzen
Im Maienwind empor
Ins Sonnenreich und pflanzen
Den Kranz ans Himmelstor.

Mit dieses Kranzes Flattern
Verklär' ich mein Gedicht,
Die Logik kann's beschnattern,
Verklären kann sie nicht!

Mich schlingt es heiß in Liebe
Ans Sein, das ewig blüht,
Drum lodern alle Triebe
Hellauf im freisten Lied.

Wie Himmelslerchensingen
Umtönt's das Erdenrund,
Unlog'sche Tränen springen
Aus tiefstem Herzensgrund.

Und alle guten Geister
Entlockt der süße Klang
Zum ew'gen Weltenmeister
Aus logischsteifem Zwang.

Die Qualerlösten prangen
In unbegriffner Lust,
Wie reifes Traubenhangen,
An ihres Gottes Brust.

Und dieses Kranzes Weihe
Versteht die Logik nicht,
Er glüht in ew'ger Treue
Als größtes Weltgedicht.

Und mag die Welt zerstäuben
Im Allzerstörungsbrand,
Der Kranz wird blühn und treiben
In seines Meisters Hand,

Und alle Geister sammeln,
Die gift'ge Logik schied,
Zum süßen Liebesstammeln
Im Himmelsschwanenlied.