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Der Weinstock
Wer uns liebt und führt zur Frucht, hält uns auch in strenger Zucht.
 
Was tut ein Winzer nicht, daß er den Weinstock ziehe!
Er gräbt, er wühlt, er düngt und scheut noch Müh noch Pein,
Er zwickt ihn an dem Arm, beschneidet ihm die Knie,
Er bindet ihm mit Stroh so Haupt als Nacken ein.
Das Messer schneidet ihm die wilden Ranken ab:
Daß er bei rauer Hand, geschlachters Wachstum hab.

Wenn etwa Gott von dir der Güter Ranken schneidet,
Wenn er dir deine Freund ,den Arm in Nöten, nimmt,
So denke: Gott liebt den, der dieses dudig leidet,
Tilgt was ihm schädlich ist, und was das Grade krümmt.
Dein Winzer, Gott ist weise. Setzt der sein Messer ein?
So sucht er, daß dein Aug den Wein der Engel wein'.

 
Der Baum
Was man von den Ästen brach, artet seiner Wurtzel nach.
 
Der Baum, der über dich die Schatten niedlich breitet,
Hat diese Decke dir aus Erde-Saft gewebt:
Indem sich dieser Saft durch Mark und Fasern leitet,
So macht er, daß der Stamm fein stark und zierlich lebt.
Doch ob die Erde gut, taugt nur die Wurzel nicht,
So trägt der große Baum nichts, oder schlimme Früchte.

Der Mensch ist auch ein Stamm doch über sich gekehret.
Die Wurzeln breiten sich, gleich unterm Wirbel aus.
Der Saft ist Gottes Gnad, die dessen Wachstum nehret;
Frisst aber an dem Geist der Laster-Raupen Graus?
So stirbt die Frucht des Heils. Der Baum steht recht verkehrt,
Der sich und diese Welt mit Sodoms-Äpfeln mehrt.

 
Die Blumen
Was nur aus den Farben lacht, hat nie sondre Lust gebracht.
 
Der Mai ist vor der Tür. Die Blumen wachsen wieder,
Da er sich mit dem Veilchen, mit Rosen und Lilien kühlt,
Und was der Floren Arm noch sonst trägt auf und nieder,
Daraus das Wunderwerk der bunten Farben spielt.
Jedoch, wenn der Geruch nicht bei den Farben ist,
So wird die Blume zu Heu, das Wust und Feuer frisst.

Siehst du das Rosen-Blut, durch Lilien-Wangen lachen,
Und riecht der Tugend Kraft nicht aus den Taten vor?
So kannst du zwar dem Aug der Welt viel Anmut machen;
Doch du gefällst noch nicht Gott und dem Engel-Chor.
Du wirst ein dürres Heu, bei frischem Glanz genannt,
Das elend-leuchtend wird, wenns in der Hölle brennt.

 
Die Kräuter
Lern dich kennen, so hast du, nächst der Weisheit, Heil und Ruh.
 
Des Kränkelns ist so viel, daß mans nicht leicht kann zählen,
Von Stein, Schwind-Wassersucht, Gicht, Fieber und der Ruhr;
Doch lässt uns Gott dabei aus vielen Kräutern wählen,
Was matte Kräfte stärkt, und besser die Natur.
Ihr Ärzte grübelt doch mehr nach der Kräuter-Kraft:
Weil, wer dieselbe kennt, der Krankheit Heilung schafft.

Vielleicht tritt jemand auf, mich eben jetzt zu fragen:
Wie heißt dasselbe Kraut, das unsre Seele kuriert?
Wo liegt das edle Feld, daß diesen Schatz kann tragen?
Ich weiß wohl wie mans heißt, und wo es sichtbar wird.
Das TE aus China tuts. Wärst du gern Laster-frei?
So kenne dich, und leg das
Nosse (Nasse) TE dir bei.
 
Der Tau
Dieser Erden Lebens-Saft, tauet ab aus höchster Kraft.
 
Will der noch schwache Schein der Sonnen Ankunft malen?
So löst der Schwebe-Dunst, in milden Tau sich auf.
Da füllt der Silber-Tropf der Blumen offne Schalen,
Davon trinkt Baum und Gras den längern Lebens-Lauf
Der Tau ist in der Tat der Erden Lebens-Saft.
Ohn diesen hat die Erd gewiß nicht Frucht, noch Kraft.

Der teure Purpur-Tau, den Jesus hat geschwitzet,
Der wie ein Strom, vom Kreuz noch auf die Seelen rinnt,
Kühlt unser mattes Herz, wenn sich die Höll' erhitzet,
Belebt, die wirklich schon im Todes Rachen sind.
Fangt Ihr den Tau nicht auf, Ihr Menschen in der Not?
So liegen Hoffnung, Glaub und Liebe kalt und tot.

 
Der Gießbach
Dir soll mein so schnelles Steigen auch ein schnelles Fallen zeigen.
 
Der Bach, der durch die Stein jetzt schleicht die Schlangen-Gänge,
Lief schmal, aus kleinem Spalt der Felsen-Klumsen her
Doch wenn der Regen ihm die Straßen macht zu enge,
So braust er, gleich als ob er Fluten-König wär.
O kurze Prahlerei! So bald der Regen weicht,
So bald wird auch der Bach verächtlich schmal und feucht.

Die Sonne scheinet neu, die albern Kinder spielen,
Und machen kaum darin die Fersen oben naß.
Wer arm von Herkunft ist, und nun im Geld kann wühlen,
Ist klug, wenn er bald strebt, wie er die Lehre faß:
Der, dem Glück, Gut und Stand, zur Schwulst die Geister bläht,
Fällt in den Spott des Volks, wenn sich das Glück verdreht.

 
Der Springbrunnen
Dieses Martern, dieses Drücken, dient zum Heben und Erquicken.
 
Hier fängt die edle Kunst das Wasser mit den Röhren,
Und noch macht sich die Luft mit dünnem Drück-Werk dran,
Drum springt das Wasser hoch, es lässt sich sauslend hören,
Und malt, so bunt es sonst der Regenbogen kann.
Je enger mans gefasst, je freier dringt es fort;
Je tiefer mans gedrückt, je höher springt es dort.

Bist du auch Wasser-hell, und rein in dem Gewissen?
Zwängt dich so Feind als Neid in enge Klumsen ein?
So magst du, dir zum Trost, in aller Drangsal wissen:
Was Gott liebt, muß nur so von Ihm erhoben sein.
Denk' an den Joseph nur, den man so eng auch fing,
Der doch vom Finstern frei zum Glanz der Ehren ging.

 
Der Wasserfall
Alles eilt dem Centro zu. So groß ist die Lieb zur Ruh.

 
Mit welchem Ungestüm, mit welchem Braus-und Rauschen,
Stürzt sich vom hohen Berg der Wasser-Fall herab?
Ein Tropfe lässt sich da in nassen Staub zerpauschen:
Der Grund weis, daß er nichts als Schaum vom Wasser hat,
Kein Fall, kein Schade schreckt, das Wasser greift sich an,
Wenn sichs dem Ruhe-Punkt in etwas nähern kann.

Ihr Menschen, ihr habt auch den Mittelpunkt zur Ruhe,
Im Kreys der Ewigkeit, bei Gott dort in der Höh.
Wer aber greift sich an, daß er sich weher tue,
Daß er dein Punkt des Heils alltäglich näher geh?
Wer opfert seinem Gott Macht, Titel und Genuß?
O Schand! daß Euch hierin das Wasser schimpfen muß.

 
Der Strom
Aus dem Sammeln wächst die Flut; Aus der Teilung stirbt ein Gut.
 
Wer jetzt ein schneller Strom, war Anfangs eine Quelle;
Nun dringen da und dort die starken Bäch' hinein.
Nun mehrt er Stärk und Steur durch kleine Fluß-Gefälle,
Und kann ein großer Hanns, im Reich der Fluten sein.
Er rrägt die Lastbarn Schiff und hat so wenig Ruh,
Führt Städte, nächst der Zier, auch großen Reichtum zu.

Lässt sich der Adel nicht mit einem Strom vergleichen?
Denn beide mehren sich durch einen langen Lauf.
Der Adel muß dem Reich die tapfern Hände reichen,
Und nimmt der Länder Last mit starken Schultern auf.
Er ists, von dem ein Land Schutz, Gut und Ehr genießt;
Doch macht die Schwelgerei, daß er in Nichts zerfließt.

 
Der Sumpf
Was dich reizt frisch vom Gesicht, führt dich wahrlich hinters Licht.
 
Trau nicht dem frechen Gras, das einen Sumpf verstecket,
Und einen graden Weg, aus schlauer Falschheit zeigt.
Die Erde weicht und hoscht, das Wasser wird entdecket,
Das allgemach vom Fuß, nach deine Kehle steigt.
Wer hier nicht schnell umkehrt, und traut dem falschen Schein,
Der hat bald ausgelebt, und gräbt sich selbsten ein.

Wollt ihr so,wie ihr sollt, von mir die Wahrheit hören?
Gleich-schlüpfrig ist die Bahn darein, die Venus lockt:
Sie scheint von Hoffnung grün, und saftig an den Ehren,
Und schmeichelt, bis man tief im höchsten Elend hockt.
Ihr Laim ist wie der Leim, der fesselt Geist und Fuß,
Daß man für Himmel-auf, hinab zur Höllen muß.

 
Der Wald
Geht ein Weg oft kreuz-weis drein? Lieber! reise nicht allein!
 
Der Forst eröffnet sich in eine grüne Bühne,
Die Eichen wechseln da, dort Birken, das Gesicht.
Wagt sich ein Wandrer so, daß ihm kein Führer diene?
So irrt er auf dem Weg, und trifft den Ausgang nicht.
Indessen bricht die Nacht mit aller Macht herein,
Und er muß voller Angst, bei Wild und Mördern sein.

Hat dir das Glück vielleicht auch eine Bühn' erhoben?
Zeigt man dir hin und her der Ehren weite Bahn?
Umsäuselt dich der Wind der Schmeichler, die dich loben?
Lockt dich die grüne Straß der sichern Hoffnung an?
Trau' ohne Tugend nicht, die recht führt, fortzugehn:
Weil Mörder, Wölf' und Füchs' im Wald der Ehren stehn.

 
Der Sand
Gehe die gerade Bahn, die der Himmel weiset an.
 
Dort,wo die Sonne pflegt das öde Land zu braten,
Und wo des Wandrers Fuß, im Meer des Staubes schwimmt,
Was ist da, daß man nicht des Wegs verfehl, zu raten?
Man geb' Acht auf den Tritt, den jemand vor uns nimmt.
Wenn aber Ost und Süd verwehen alle Spur,
So such man aus der Höh, der Sternen Cynosur.

Sag mir, wem lässt sich wohl die ganze Welt vergleichen?
Ist sie nicht Asche voll und von dem Staub erhöht?
Der Tod bedeckt das Land mit hochgehäuften Leichen:
Drum geh den graden Weg, den ein Gerechter geht,
Und halt, zur Leiterin, des höchsten Gnad, zur Hand;
Sonst kommst du nimmermehr ins wahre Vaterland.

 
Der See-Hafen
Zähme deiner Regung Wut, unter der Gesetze Rut'.
 
Schau, wie so niedlich hier sonst ungezähmte Wellen
Des krummen Ufers Sand zu küssen sind bemüht!
Und wie das rohe Meer, wenn wilde Winde bellen,
Sich schwillt, und höher-auf in einen Bogen zieht!
Nur, daß es nicht das Ziel, das Gott, Natur und Zeit
(So sehr mans zwingen will) gesetzet überschreit?

Wo sind die Menschen nun, die ihren Geiz nach Ehren,
Mit stillem Demut-Geist bedächtlich ziehen ein?
Die der Gerechtigkeit gewogne Lehren hören,
Die in der Liebes Wut wohl eingezogen sein?
Drum sagt mir, ob ein Mensch, verrucht, ohn Lieb und Treu,
Nicht ärger, als das Meer, in seinem Rasten, sei.

 
Das Meer
Mensch du trauest mit Gefahr, jedem, der so wandelbar.
 
Hier breitet sich das Meer, die Wahlstadt wilder Winde,
Mit ungeheurer Wut der tollen Wellen aus.
Bald steigt es Himmel-auf, durch Æols Hof-Gesinde,
Bald stürzt es sich hinab, in Plutons Höllen-Haus,
Bald schäumt, bald bäumt es sich, bald schmeichelts in dem Lauf.
Je mehr es sittsam tut, je grasser tobt es drauf.

So stellt sich auch das Volk, das nach der Väter-Sitten,
Und nach dem Mengelmuß der Mischung des Geblüts,
Und nach dem Landes-Geist, viel Bündnis überschritten.
Wer nach der Westen-Grenz fortwandern mag, der siehts.
Es geht den Frieden ein, verspricht dir Hilf dabei.
Doch wer so flüchtig ist, hat ewig keine Treu.

 
Die Klippen
Minder schadet Macht, als List: Fürchte, was verdecket ist.
 
Bei milder Winde Gunst, wenn Schiff und Fluten lachen,
Da eilen Mast und Kiel dem frohen Hafen zu.
Man denkt mit Landungen der Schiffahrt End zu machen;
Doch störet ungefähr ein Fels der Bootsleut-Ruh.
Da kracht das Hakebord, es trinken Ritz und Mund;
Schiff, Gut, Patron und Volk, und alles geht zu Grund.

Durch so viel Untergang der Schiffe, Güter, Waren,
Die man auf falschem Grund der Thetis leicht verliert,
Lern, dich bald vorzusehn vor hundertlei Gefahren,
Wenn dich der Hof ganz nah zu Glückes Inseln führt.
Der Hof gleicht einem Meer, der Neid hat Klippen-Art,
Das Schiff heißt Fürsten-Gnad, die List stürzt alle Fahrt.



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