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Sinngedichte
 

An Sophien
Die beste Predigt
An * *
An * * *
Die zweite Magdalena
In ein Exemplar
An Schröder als Lear
Auf Werthers Grab
Cleant 1
An den Leser
An Cleant 2
Auf einen alten Freier
Auf einen Heuchler
An *
Weiberzusagen
An * * * *
Grabschrift
Nur sechs Sakramente
An den Fuscus
Ein neuer Reihentanz
Porcia
An den Cecilian
An Sextus
In die Degenklinge
An das blinde Fräulein Paradies
Kinder und Narren reden die . .
Die Gerechtigkeit des Glückes
Wie ein Mädchen sein soll
An Frau von Arnstein
An die Gräfin von A.
Mittel wider die Demokraten-Wut
Der überschickte Kuß
An eine Freundin
Cupido's Fackel und Binde
Grabschrift eines Schoßhundes
In das Stammbuch eines Metaphysikers
Glückwunsch
Das Wiedervergeltungsrecht
Was ist Liebe?

An Sophien

die ihren Muff verbrannte

Dein Muff, Sophie, ist nicht mehr in der Mode,
Darum verdammst du ihn zum Feuertode.
Ich kann ihn nicht bedauern; aus der Welt
Muß man, Sophie, so bald man dir mißfällt.

Die beste Predigt

Zum Glück fürs Auditorium
Blieb Balthasar, der Mönch, jüngst auf der Kanzel stumm.
Das war doch noch ein Ehrenmann:
O Pochlin! spiegle dich daran.

An * *

Du streu'st in Bände voller Schmiererei,
Vernünftiger Gedanken zwei bis drei,
Unredlicher, und glaubst sodann,
Daß wir es gelten lassen müssen.
Das heißt, du willst den Ozean
Mit einem Quentchen Zucker süßen.

An * * *

Zwar stiehlst und raubst du nicht: doch bist du voller Tücke,
Voll Geiz und Eigennutz, bei fremdem Glück sieht Neid,
Bei fremdem Unglück Schadenfreud'
Aus deinem Hundsgesicht, aus deinem scheelen Blicke,
Und doch darfst du zu fragen dich erkühnen:
Bin ich nicht ehrlich? Nein, Halbschurke! nein!
Den Galgen nicht verdienen
Heißt noch nicht ehrlich sein.

Die zweite Magdalena

Die Büßerin Chloe hat vertauschet mit Amors Freuden die Klausur.
Sie ist die zweite Magdalena, doch in verkehrter Ordnung nur.

In ein Exemplar einer Übersetzung
von Ovids Kunst zu lieben

Nimm hin Ovidens Lehrbuch; er schrieb für dich und mich.
Mich lehr' er zu gefallen, zu lieben lehr' er dich.

An Schröder als Lear

So unbarmherzig als mit dir das Glück,
Verfährst auch du mit uns; nicht Einen Augenblick,
Nicht Einen zur Erholung uns zu gönnen!
Verbirg nur das Gesicht, daß wir doch klatschen können!

Auf Werthers Grab
in einem Englischen Garten gesetzt

O laßt es Werthers Grab', ihr weichgeschaff'nen Seelen!
An kleinen Blumen nie, und nie an Tränen fehlen.
Du aber, kalter Christ! vergönn' ihm diese Ruh'!
Gott, (beug' das Knie, und schweig!) Gott richtet nicht wie du.

Cleant 1

Trotz seiner sechzig Jahr' und seiner dünnen Waden
Nimmt sich Cleant, (er wähnt zu seinem Zeitvertreib,)
Ein achtzehnjähriges, nur allzu hübsches Weib;
Das heißt, der lahme Narr gibt Ball für die Geraden.

An den Leser

Gott hätte Sodoma verschont bloß wegen zehn Gerechter.
Zehn guter Verse wegen schon' ein ganzes Buch voll schlechter.

An Cleant 2

Die Dummheit nur macht fromm, behauptest du Cleant!
Du bist der frömmste Mann im Land.

Auf einen alten Freier

Du, der, so siech sein Leib auch ist, so grau
Sein Kopf auch ist, zum dritten Male freite,
Wiss: Clotho war die erst', und Lachesis die zweite,
Und Atrepos ist deine dritte Frau.

Auf einen Heuchler

Heuchler
Nie weiß meine linke Hand das, was meine Rechte gibt.
Antwort
Ja, das glaub ich, weil du Heuchler! deine Rechte gar nichts gibt.

An *

Wenn du, auf Dichterruhm erpicht,
Bald Oden brüllst, bald Schäferlieder blökest,
Und jeden Almanach besteckest,
So seh' ich Reime, Verse nicht.
Doch magst du dich darüber trösten,
Du wirst nicht ohne Leser sein.
So mancher Wirt schenkt Apfelmost für Wein,
Und dennoch fehlts ihm nicht an Gästen.

Weiberzusagen
Aus dem Catull 71

Mein, sagt Lina, mein soll stets ihr Herzchen bleiben;
Mein, wenn auch Zeus darauf selbst einen Hauptsturm wagt:
Sie sagt's; doch was ein Weib dem gier'gen Buhlen sagt,
Das muß man in den Wind und schnelle Wasser schreiben.

An * * * *

Welch Wunder, wenn von Millionen Zähren,
Wovon, die Tote zu beehren,
Dein Leichen-Carmen überfließt,
Das Carmen selber wäßrig ist.

Grabschrift

Der hier begraben liegt, war redlich und getreu,
War tapfer ohne Barbarei;
Er ließ, wie Scipio, von Lüsten nie verführet,
Was er erobert, unberühret.
Er hatte hohen Mut und Stärke, doch es litt
Kein Schwächerer darunter, denn er stritt
Für eigne nur und für der Seinen Habe;
Erob'rer, schämet euch! ein Hund liegt hier im Grabe.

Nur sechs Sakramente

Was? sieben Sakramente zählen
Die Herrn Theologen? Ei!
Für Leute, welche niemals fehlen,
Heißt das doch schändlich zu verzählen!
Sind Buß' und Eh' nicht einerlei?

An den Fuscus
Aus dem Martial I/55

Ist noch ein Platz in deinem Herzen leer,
Ich weiß es wohl, du hast der Freunde mehr,
So gönn' ihn mir; doch falls ein junger Freund
Kaum liebenswert, kaum wünschenswert dir scheint,
So denke nur, daß alter Freunde Schar
Auch einmal jung in deiner Freundschaft war.
Und wähle stets zum jungen einen Mann.
Der mit der Zeit ein alter werden kann.

Ein neuer Reihentanz

Ein neuer Reihentanz! man reicht
Zuerst die Hände sich, dann dreht man sich den Rücken;
Ihr, welche Hymens Fesseln drücken,
Sagt, ob nicht dieser Tanz dem Ehestande gleicht.

Porcia
Aus dem Martial I/43

Als Porcien Bericht vom Tod des Gatten kam,
Und man trotz allem Fleh'n, ihr jede Waffe nahm;
Da rief sie: keine Macht kann uns den Tod verwehren;
Dies, dächt' ich, konnt' euch wohl mein edler Vater lehren
Sie rief's und trank in Hast von dem beraubten Herd
Geglühte Kohlen: geht! versagt ihr nun das Schwert!

An den Cecilian
Aus dem Martial I/74

Kein Mensch, so leicht es war, berührte deine Frau;
Doch seit, Gott weiß warum, seit du mit Sultansstrenge
Sie eingekerkert hältst, gibt's süßer Herrn die Menge
Um sie, auf, neben ihr; in Wahrheit, du bist schlau.

An Sextus
Aus dem Martial II/3

Du Sextus, bist ein schuldenfreier Mann,
Denn schuldig ist nur der, der zahlen kann.

In die Degenklinge eines Offiziers zu graben

Für Ehr' und Vaterland und nur zum Schutz allein!
Nie zeucht sie Leichtsinn aus; nie steckt sie Feigheit ein.

An das blinde Fräulein Paradies
eine vortreffliche Tonkünstlerin

Jede deiner Stunden fließe, wie der Ton von deinen Saiten,
Sanft und rein und ohne Tadel; Freundschaft müsse sie begleiten.
Es verstimme nie dir eine der Gedanke, du sei'st blind;
Da der Menschheit beste Götter, Lieb' und Glück, es gleichfalls sind.

Kinder und Narren reden die Wahrheit
Aus dem Owen

Wenn nur Kinder oder Narren wahr zu reden sich nicht scheu'n;
So muß ja die Wahrheit reden kindisch oder närrisch sein.

Die Gerechtigkeit des Glückes
Aus dem Owen

Gerechter ist das Glück, als mancher Klügling denket,
Weil es dem Reichen Furcht, dem Armen Hoffnung schenket.

Wie ein Mädchen sein soll

Ein Mädchen wünsch' ich, schön an Geist und von Gesicht,
Die kaufrecht sei, doch zu verkaufen nicht.

An Frau von Arnstein
geborne Itzig

Wohltätig, reizend klug, und ohne jene Mängel,
Die sonst als Gegengift der Schönheit Abbruch tun!
Ist Fanny, ruft der Neid, wohlan, sie kränkte nun!
Damit die Welt doch seh', sie sei nicht ganz ein Engel.

An die Gräfin von H—
die mir als Braut ein Gilet stickte

Die schönste Hand, die bald den besten Mann beglücket,
Hat ein Gilet mit blau und grün gesticket,
Das ist besiegtes Vorurteil.
Doch daß die Stickerin nun zeigen wird, es können
Noch in der Eh' der Liebe Flammen brennen,
Ist auch besiegtes Vorurteil.
 
Mittel wider die Demokraten-Wut

 
Remede contre la rage democrate
Aus den Französischen des Grafen von O * * *
 
Wollt ihr vereinigen die streitenden Partei'n,
Soll wieder die Vernunft im Kopf der Demokraten,
Und in Paris der Witz mit seinen Tändelein,
Die Grazien, der Scherz zu Hause sein:
So waffnet euern Arm ja nicht, Aristokraten!
Kein Wort von Krieg! denn ihr bedürft allein
Zwei schöner Augen, schickt die * * * hinein:
Sie, deren Reizungen selbst Tiger zähmen könnten,
Laßt Ludewigs und der Regenten
Vertreterin in Frankreichs Hauptstadt sein.
Ihr werdet dort gewiß nicht mehr Rebellen finden,
Als allenfalls — in dem Spital der Blinden.

 
Pour réunir tous les partis,
A la raison mettre les democrates,
Et faire revivre à Paris
Les jeux, les Graces, et les ris,
Ne faut armer les bras aristocrates.
Point de combat? c'est mon avis.
Pour ce haut fait deux beaux yeux sont requis.
Envoyez-y la * * *, et la perle des belles
Plaide pour Louis seize et tous les Souverains;
Et si la France après conserve des rebelles,
Il faudra les chercher parmi les quinze-vingts.


 
Der überschickte Kuß

Ich danke dir nicht für den Kuß, den du, o Nina, mir geschicket;
Die Frucht verliert den Wohlgeschmack, wenn man sie nicht vom Baume pflücket.

An eine Freundin
Bei Übersendung eines Hutes

Die Freundschaft würde gern durch diesen Hut dich an;
Doch dienst du unter den Panieren
Des Marschalls Amor schon, und hier, wie jedermann
Aus der Erfahrung weiß, ist's schwer zu desertieren.

Cupido's Fackel und Binde

Man sieht an jenem, was man liebt,
Die kleinsten Tugenden geschwinde,
Die größten Fehler schwer; drum gibt
Das Altertum Cytherens Kinde
Mit Recht die Fackel und die Binde.

Grabschrift eines Schoßhundes

Verweile, Wanderer! Der holde Souvenir,
Das Bild der Treue, ruhet hier.
Zu frühe rissen ihm den kleinen Lebensfaden
Die Parzen ab, und Perlentränen baden
Das Auge seiner schönen Frau,
Und netzten ihr Gesicht, wie milder Abendtau
Die Lilien und Rosen netzet.
Ihr alle, die ihr Treue schätzet,
Beklagt den Liebling, klagt mit ihr;
Doch klaget nicht zu sehr; der gute Souvenir
Genoß im Leben süße Freuden
Und starb, ein Tod, den wir ihm alle neiden!
Geliebet und beweint von ihr.

In das Stammbuch eines Metaphysikers

Bau' ja nicht allzu viel auf Spekulationen,
Womit Metaphysik die Jünger ausstaffiert:
In Praxi werden sie der Müh' nicht immer lohnen.
Der Mensch wird mehr durch's Herz, als durch den Kopf regiert.

Glückwunsch

Ich wünsche gar zu gern, denn Wünsche sind wie Küsse.
Sie sättigen zwar nicht, doch schmecken sie oft süß.
Drum, Freundin wünsch' ich dir Gesundheit, Überfluß,
Ruh', Ehren, Heiterkeit; und gibt es ja Verdruß,
So dien' er nur allein zur Folie dem Glücke;
Er heb' es desto mehr. Den Weg des Lebens schmücke
Dir jenes Götterpaar, das uns so glücklich macht.
Die Freundschaft jeden Tag, die Liebe jede Nacht.

Das Wiedervergeltungsrecht

Die eig'nen Kinder hat im Junggesellenstand
Der Wüstling Stax nicht anerkannt.
Als Eh'mann muß er nun, was wir ihm alle gönnen.
Gar fremde Kinder anerkennen.

Was ist Liebe?

Ein eigensinnig Kind, mit Geld nicht zu erkaufen:
Es läuft den Armen nach, und läßt die Reichen laufen.