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Gedichte 1
 

Blume an den Frühling
Einem Großen 1
An eine Mutter
Mystische Vermählung
Weib von Geschlecht — Katze von Geblüt
An eine Orchidee
Heimlicher Jubel
Seufzer an den heimlich-Geliebten
Rote Szenerie
Schwüle Luft
Seufzer einer Frau
Flehen 1
Wüste Zeit
Der Orgelspieler
Alltagsweihe
Einem Großen 2
Flehen 2
Gewitter
Kosmische Ethik
Spruch
Sieghafter Mann
Die Frauen und Er
Marie
Vor dem Spiegel
Leidenschaft
Ihrem guten Geist
Anklage


Blume an den Frühling


Seine Stimme ist eine tiefe Macht!
Sein Blick ist weich wie die Frühlingsnacht . . .
Sein Mund, der blutrot blüht,
Hat in meinen Tod geglüht:
Da bin ich auferstanden
Ans frohe Licht!


Einem Großen 1

Wenn du herantrittst —
Dann ist der große, feierliche Hauch um mich,
Der mir die Lieder in die Lippen weht.
Nicht mein bin ich!
Dein Odem wird Gebet in meiner Kehle —
Den engen Himmeln weit entrückt,
Bin ich die wilde Weltenseele,
Klarseherisch zugleich und traumbeglückt.
Den hoben Purpurhorizonten großen Lebens
Ehernen Mannesstrebens
Seh ich gläubig zu.
Nichts bleibt mir fremd,
Du stolzer Geist!

Ein Blumenleben, der dunklen Erde eingeknüpft
Mit seinen heimlich blassen Liebesträumen,
Ist mir so klar,
Wie hoch am Himmel jene fernen Sonnen,
Lichtsehend und allein zu gleichem Los verknüpft.
Jedweder Lebensbronnen quillt dem offenen Sucherblick —
Kleinstes noch tönt leise an —
Das Unbegreifliche enthüllt verschleiert Sein: —
Ich aber bin nicht mein –
Dein Atem haucht mir Allverstehen ein!
— — — Großer Mann! —


An eine Mutter

Der Himmel ist so weit und hehr,
Die Heide ist so menschenleer,
Tief in ihr junges Grün hinein.
Leg ich dir Toten den Strauß hinein
Im Deingedenken . . .

Wie muß in dieser Welt allein
Dein Herz so gut gewesen sein
Und tapfer und lieben Wollens voll,
Das in sein Blut hinüberquoll
Zu reichem Leben —

Ich setz mich nieder ins linde Grün
Und seh die Vogelschwingen ziehn
In blauen Äther hinein
Und sing dir leise mit lichtem Ton
Von deinem Sohn —
Von deinem großen Sohn — — —

Mystische Vermählung

Feuergarben sprühen durch die Luft,
Blut quoll zu jäh die Adern hinab — hinauf,
Alles Denken hemmte erschüttert seinen Lauf.
Ein Wille schrie in uns
Aus heißer Tierkehle:
Du sahst Astarte,
Entkleidet Scham,
Die lüsternen Brüste dir entgegenragen;
Dein Blick zerriß erbarmungslos das duftige Gewand,
Ich sah den Tierblick fremd und wild aus deinem Aug sich bieten —
Nein! Nimmermehr vergißt du mich!
Nein! Nimmermehr vergess ich dein,
Und dieser dunkle Wünschewüten,
Das sich im Urmeer aller Lust verrasen wollte . . .
In aller Ferne steigt mein Bild dir auf,
Aus allen Fernen glüht dein fremder Blick,
Die Welt hat keine Weiten,
In allen Sternen spiegelt es,
In allen Zeiten,
Auf allen Meeren,
Im Tode noch — —
Dir — —mir — —

Weib von Geschlecht — Katze von Geblüt

Weib von Geschlecht —
Katze von Geblüt,
Trag ich erbliches Recht
Zu schnurren und zu spielen.
Heimlich an weißer Brust
Hängt ein verborgner Opal.
Rühr ich mich unbewusst —
Schlägt er mir die Brust —
Niemand weiß davon,
Es ist nur mir zum Spiel.
Oft wein ich schon —
Er bringt mich just zum Lachen!
Weib von Geschlecht —
Katze von Geblüt,
Trag ich erbliches Recht
Zu schnurren und zu spielen . . .
Schönster, hüte dich! . . .


An eine Orchidee

Du wirst in seinen Händen sein,
Du Geliebte!
Und darfst sein blasses Antlitz schauen,
Und wirst wie traurige Frauen
Dran sterben, daß du ihn sahst.

Und dein Veratmen ist wunderschön —
Ungesehen, doch ihn schauend hin über zu gelten —
An seinem Anblick ins Nichts . . . .

Heimlicher Jubel

Süßer, — Einziger, — Großer, — Schöner!
Mein Herz bricht vor Glück, wenn ich dich denke!
O gib — o schenke,
Ein leises Grüßen der Fernen!

Herrlicher, Süßer, Schöner.
Der du Großes erstrebst!
Ich jauchz es bis zu den Sternen:
Wie schön ist die Welt, weil du lebst!

Seufzer an den heimlich-Geliebten

Süßer!
Ich muß leben und weiß nicht
Wo du bist.
Im Finstern geh ich durch das Licht,
Nacht heißt mein Tag.
Wo magst du sein?
Ich muß lächeln und Freunde grüßen
Und halt mich kaum auf schwanken Füßen,
Wie kann ich so das Leben ertragen!
Hab ich noch Hoffnung, dich einmal zu sehn
Und will deshalb noch nicht sterben gehn —
Mein ganzes armes Sein ist nur mehr ein Flehen:
Sei glücklich!
Sei ganz glücklich, Herrlicher
Auf deinem fernen Höhen weg!

Rote Szenerie

"Hündin! Willst du sagen, wer es ist?"
Es ist dir nichts genommen.
"Wer ist es?" (er haut mit der Peitsche los)
Ein Traum hält mich benommen —
"Wie heißt er?" (er schlägt sie in das bleiche Gesicht)
Und sie wehrt sich nicht.
Sie lächelt sanft mit blutenden Lippen:
"Geliebtester" ist sein Name.

Schwüle Luft

Geh freien!
Unter festem Dach
Bau dir ein Nest —
Und frag nicht danach.
Ich will deine wilde Blume sein,
In Sommerluft heißer Sonnentage,
Mit schwülem Duft dich umfreien
Bis du die Süße aus meinem Kelche trinkst,
Und selig-wonnig ins heiße Leben versinkst.


Seufzer einer Frau

O Mond, wie darfst du glücklich sein
Du scheinst ihm allnächtlich ins Fenster hinein!
Sein Mund und ich, wir müssen uns fern sein
Ein Leben lang
Aber du auf deinem nächtlichen Gang
Streichle mit deinem Licht
Sein blasses, süßes Gesicht
Und küss ihn dann viel tausendmal
Auf seinen roten Mund.
Und sag ihm in den Traum hinein
Daß Eine ihn heimlich liebt
Nur ihn allein auf der ganzen Welt
Und an ihn glaubt!
Und daß sie traurig sterben muß —
Fern seinem Gruß!


Flehen 1

Vergiss mich nicht,
O verstoß mich nicht
Aus deinem leisen Gedenken,
Die Welt ist so weit —
Ich bin allein
Und leb in Feindes Haus
Und das freundliche Heimchen
Zirpt nun vor anderer Tür —
— Vergiss mich nicht —
O verstoß mich nicht
Auf immer
Aus deinem Augenlicht!
O trätest du doch durch die leere Tür
Und legtest die blasse Hand geschwind
Auf meine Fieberstirn
Und sprächst mir lind:
Du bist nicht schuldig,
Ich weiß es ja —
Du bist nur ein armes krankes Kind.

Wüste Zeit

Sie, sonst von der gleichmäßigen Heiterkeit
Der Strahlend-Gesunden,
Sie hat seit langer Zeit
Nicht Ruhe gefunden.
Eine Stimme hat in ihr Leben geklungen,
Augen sah sie, schön wie das Licht,
Nun hört sie Reden der anderen nicht
Und bleibt von einem Blick bezwungen.
Wenn auf der Straße die Hupe tönt,
So steht sie bang an das Fenster gelehnt,
Wenn die Klinke der Tür sich leise senkt,
So ist ihr Blut von süßer Angst bedrängt,
Wenn das Mädchen am Silbertablett
Ans Bett die Post ihr bringt,
Zerrt sie hastend die Briefe herunter,
Der eine – der eine ist nie darunter.

Der Orgelspieler

Hoch oben auf wogenumbrausten Schloss,
Da sitzt der stolze Bürgerspross —
Einsam und allein — —
Sein fahles Antlitz ist ernst und schmal,
Herrische Augen dröhn unter mächtiger Stirn —
Und niemand sah ihn je lächeln.
Hoch oben im Rittersaal,
Da steht eine Orgel gar feierlich,
Dort sitzt er vor der metallenen Wand,
Über die Tasten geht seine leichte Hand,
Die Hand, die hart zu herrschen weiß;
Die Füße zucken an den Pedalen leis,
Er zieht die Register und Orgelgebraus
Tönt wie heiliger Sturm durch das einsame Haus

Hoch oben im Orgelsaal,
Vor der metallenen Wand,
Da sitzt er und sein Blick wird blau
Wie der Mantel einer seligen Frau,
Und sein Antlitz schimmert zart und fein
Im Mondenglanz wie Elfenbein.
Und sein Mantel leuchtet granatenrot
Und sein Lächeln glänzt über Leben und Tod!
Sein Lächeln! — Vor der metallenen Wand —
Das niemand gesehen und niemand gekannt
Im ganzen Land —
Vom Mann der Einsamkeit — — —
Meilenweit — — —

Alltagsweihe

Der Mühe Unrast kreist um dich
Und Alltag fordert deine Hände.
Du schaffst so müden Leibes noch bebende,
Nun laß es sein!
Tritt vor die Tür, der Abend feiert dich!
Auch dein ist dieser holde Glanz.
Du siehst in dunkler Tiefe weite Ferne,
Unendliches wird sichtbar,
Unfaßbares umglänzt dein Angesicht,
Des Schmerzen Winterschnee zerschmilzt —
— — — Tritt! Tritt ein — — —
Ins tiefe Schweigen dieser Nacht
Und schau entrückt die lichten Sterne
Und fühle selig ihre Macht . . .

Einem Großen 2

Sein Herz darf mit großen Pulsen schlagen,
Den er muß den Willen in Gedanken tragen
Die wie adelige Streiter sind,
Die in Erz gekleidet sind!
Aber
Seiner Gedanken Unermüdlichkeit
Und Joch,
Die aus stolzer Bürgeremsigkeit
Zu großen Taten reifend
Über Zeiten schweifen,
Werden später Welt noch glorreich sein.

Flehen 2

Mein Herz ist einfach
Wie ein Kinderherz
Verzeih ihm nur und zürne nicht:
Es kann nicht zweie lieben,
Nur einen immerzu
Und — ja — der eine —
Der bist du!


Gewitter

Feuer, mein Vater
Verglüh auf die Welt,
Ich löse die braunen Locken
In denen Funken sprühen
Und breite die Arme weit.
Hei, die straffe Heiterkeit solcher Zeit!
Ich eil hinaus, dem Sturm entgegen.
Ich bin im Recht,
Flamme bin ich!
Und von deinem Geschlecht.

Du tust mir nichts,
Nur Mensch und Tier
Ducken in Furcht vor dir
Feuer, mein Vater,
Peinige das ängstlich-kleine Geschlecht
Stoße sie mit dem glühendem Fuße,
Grolle sie an!
Ich breite die Arme hinan —
Selig —
Und lache — — lache — — —
Hinaus in die Ewigkeit . . . .

Kosmische Ethik

Frei sein von Ballast
Der Vorurteile.
Sein Selbst und eigenes Weile
Durch des Daseins Dunkel schweben,
Innerlich aus sich erhellt!
Sich selbst ein Enges sein,
Das sich beherrscht, umfaßt —
Des Andern Großes! eine Welt!

Spruch

Der Tag will sich rauh gestalten,
Seine Kämpfe und sein Lärmen haben
Harte Gewalten
Fügen und drängen.
Laß nur die Seele hütend
Das leise Lied entfalten —
In dessen blauen Falten
Der Zartheit Bestes unvergessen ruht.

Sieghafter Mann

Irgendwo
Irgendwo ist ein Glanz in der Welt,
Ganz heraus aus meinen Augen erhellt
Irgendwo, — weit in der Welt —

Irgendwo in weiter Welt
Ist eine Seele Gesang
Und hat ein Blut noch Klang
Von meinem Wesen . . .

Irgendwo in der Weltenweite
Kann ich rufen:
Komm oder geh! —!
Und es wird ein Weh
Erlöst —
Oder ein Sterben bedeuten.

Die Frauen und Er

Vergessen die leiernden Klagen,
Die wie Tropfen an Regentagen
Endlos die Luft durchziehen:
Der Frauen Lider schlagen
Über schwellenden Blick
Ein Netz von Wonnen geht
Ihr Blut entlang,
Wenn er mit wiegendem Gang
Unter ihnen steht — — —
Alle Nerven sind von seiner Stimme
Wie Harfen leisfingrig berührt,
Seines Blickes eindringliche Gewalt
Fast sie alle, alle verführt — —
Sie wachsen aus sich selber heraus
Und horchen in leere Welt hinaus
Und wissen nun:
Nichts ist so schön,
Als was auf steglosem Weg
Aus seinem Wesen
In ihr wartendes Leben geht . . . .

Marie

Sie betreut den Gatten sanft und zart,
Und weiß durch ihres Lächelns Art,
Das wie rote Rosen aus sonnenlosen Tagen blüht,
Des Düstren Gemüt zu erhellen.
Sie geht so leise durch harte Welt,
Allüberall auf sich selbst gestellt,
Allächelnd und in-sich-allein.

Warum muß sie der alten Legenden denken,
Die mit warmem Zauber alles Sein durchtränken
Und Tränen in lichte Augen senken?
An Marie aus hohem Geblüt,
Die still an eines rauhen Armen Seite ging
Und von dem Gott träumte.

Warum denkt sie an Marie?
Die der Gott einst begnadet?
Warum will sie, die Sanfte,
Noch gütiger werden
Und ist sich selbst niemals recht
Und findet sich immer unwert und schlecht . . .

Wenn sie Mariens Gott mit der durchgeistigten Stirne denkt,
Ihm helle Augen und rote Lippen schenkt
Und eine Stimme, die über alle Qualen fegt . . .
Den Frieden in brennende Herzen legt.

Vor dem Spiegel

Meine Brüste, ihr seid so schön!
Und er hat sie noch nie gesehn —
Mein Leib, du bist so weiß! —
Wie ist mir — noch ohne Kleider — so heiß — — —
Mein Mund, du bist so fiebernd geschwellt —
Ach! gab es noch Einen,
Wie ihn auf der Welt!

Leidenschaft

Es weht dein Gruß mich an
Aus fernen Wänden;
Alle feinsten Nervenenden
Horchen auf und stellen sich an
Und mit wildgefalteten Händen
Schrei ich dir fernen Mann:
Süßer, die Welt ist in die Knie gesunken,
Und betet um dich wildinniglich!
Die Welt ist eine irre Magd,
Die halt- und lieblos sich beklagt.
Die Welt ist ja mein heißes Blut
Das dein gedenkend bald fiebert, bald ruht,
Die Welt ist meine heiße Seele,
Die Welt ist nichts ohne dich — was bin ich!
Sieh mich an — du Schöpfer — Gott — Mann!

Ihrem guten Geist

Ein Wort von ihm —
Und ihr Leben fühlt sich geführt —
Ein Blick von ihm —
— Ihr ganzer Leib vibriert.
Sie wird wie eine Harfe
Von seinem Hauch berührt . . .
Ihre Seele tönt dann als Lied,
Das fremde Seelen rührt . . .

Anklage

In dämmerungsblaue Wiesenmatten
Sind trunken
Die großen, weißen Blüten hingesunken,
Die schwarze Falter gierig überschatten
Die Rosen hängen fassungslos übers Gitter —
Die Zweige sind voll gedrängtem Flügelgeflatter.

Die Blumen können vor Wonne den Duft nicht halten
Und werfen ihn jedem Wanderer zu.
Die Tulpen spreizen ihre Blätter
Bis zu den Pollen hinauf — — —
Alles bebt unter süßen Gewalten. —
Alle Ruh ist weg von der fiebernden Welt!
Nur für die Vase der Lust,
Für das Weib,
Habt ihr nur die erfrorene Tugend allein?!
In dieses Girren, Duften, Schrein
Der Lust hinein
In Daseins tiefsten, heißesten Grund hinein
. . . nichts als erfrorene Tugend?
O Pein der Greisenniedertracht,
Die die Sitten formt!
Und Gesetze macht!