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Gedichte 2
 

Leise Liebe
Des Mannes Blicke sprechen
Der neue Heiland
Seine Trunkene
Dem Allvereinten
Zauberhafte Mondnacht
Weibes Gebet an den Einen
Mann am Klavier
Schmerzender Reigen
Sturmesnacht
Königin der Liebe
Die Tänzerin
Schmerz
Ein Mann im Auto fährt vorüber
Hingebung
Hauch der Liebe
Hier, wo die gelben Iris stehen
Es ist nicht zum Gewitter gekommen
Versäumte Stunde
Hedda Gabler denkt an Einen
Ehe-Ende
Stimmungsbild
Mondesnacht
Wunsch
Mannesgröße
Einem Jüngling
Vertrauen und Angst


Leise Liebe

Einstmal, wenn Sehnsucht nimmer schweigen kann,
Schleich ich mich nächtlich an dein Lager heran,
Wenn die Lider
Wie weiße Falter auf blauen Blüten wiegen,
Und die Träume auf deinem Denken liegen,
Wie Steine auf tiefen, tiefen Brunnen
Dann schleich ich mich an dein Lager ein
Und halt dein geliebtes Haupt
In meinen bebenden Händen,
Und wein meine Tränen
In deine Augen hinein.
Dann fühlst du mein Weh als wühlende Pein —
Der Tag trifft dich morgens mit nassen Wangen,
An denen noch meine Tränen hangen
Und du fragst dich versonnen
Mit meinem Bangen
Wofür du geweint! . . . Und weißt es nicht,
Und sehnst dich nun nach jenem Weh . . .
Und kennst es nicht! . . .
Und denkst ein Gesicht! . . .
Und kannst es nicht formen! . . .
Es sieht aus dem Dunkel in Tagesnormen
Herauf . . .
Und sinkt zurück . . .
Und winkt ein Glück . . .
Das nie du gekannt,—
— — — nie geahnt!
Und du horchst so angespannt . . .
Und findest es nicht —
— — — Leise verebbt der Schmerz in deinem Gesicht!

Des Mannes Blicke sprechen

Du bist nicht rein
Du gingst ihn schon,
Den Weg der sengenden Passion
Deine Augen, die nach Liebe schrein,
Deine Brüste die wie Dolche dräun,
Durchs dunkle Kleid
Das Hüftenschwingen, das Liebe spricht,
Der müde Glanz auf deinem Gesicht —
Du bist nicht rein
Du gingst ihn schon,
Den Weg der sengenden Passion,
Du weißt auch, was mein Beben spricht:
Gewähr dich mir und zögre nicht.

Der neue Heiland

Und der Versucher führte den Heiland
Einen sachten Berg heran.
Über Wiesen und Waldland,
Er stieg mit ihm zur Zinne des Schlosses hinan
Da stand im linden Frühlingsgras
Und war aus Gold und Marmel und Glas,
Unten floß breit ins Blau
Der prächtige Strom.
Von drüben erzitterten im Grau
Des Himmels wiegende Birkengipfel,
Alles war reich und schön und voller Duft
Der blumenwürzigen Frühlingsluft.
Und der Versucher sprach zu dem Heiland:
Sieh, all das weite, breite Land
Und Schloß und Ernten schenk ich dir,
Wenn du Gott verachtest und zu mir betest.

Doch der Heiland sprach: Weiche!
Ich bete nicht zu Gott und nicht zu dir,
Ich bete zu mir, jeder ist sein eigener Gott,
Und angekettet an seine eigene Teufelei,
Dein Geschenk brauch ich nicht —
Dem Unermüdlichen ist es nicht schwer,
Viel zu erraffen . . .
Meine Kraft wird mir das alles verschaffen
Und noch viel mehr . . . Weiche!
— — — — — — — — — — — — — — —
Da sank der Dämon hin
Und die Hände
Zum Himmel gewendet
Rief er schaudernd hinauf:
Unser Reich ist zu Ende!

Seine Trunkene

Wie muß sein Blick in die Augen sinken:
Wenn er seine Trunkene in den Armen hält!
Wie muß, — schwer von Glück — ihr Kopf in den Nacken sinken
Und taumelnd ihr Sein in seinem ertrinken,
Wenn er den schönen Mund zu ihr herniederbeugt! —
Sein weicher Bart um Hals und Kinn ihr streicht
— Blitze der Lust durch alle Nerven schiebt
Und jedem Gliede Takt und Spannung gibt.

Wenn zwischen Daumen und Fingern er
Ihr zitterndes Köpfchen stille hält!
Bis ihr Pulsschlag lockt — bis ihr Herz nur tockt;
Welt — o Welt! —:
Die Stunde des Glücks ist nah! — — —!

Dem Allvereinten

Einmal komm ich zu dir
Und geh die Treppen stolz hinauf,
Als hätten alle Türen,
Die zu den Räumen führen
Mich längst ersehnt
Und stünden meinem Kommen angelweit . . .
Als wäre der Lakaien goldbetreßte Schar
Nur immer hier mir harrend zum Geleit gegeben
Und trete
Für eine stille Stunde in dein Leben ein.

Die leeren Worte sag ich nicht,
Mit denen Fremde sich den ersten Gruß verbrämen —
Den großen Stunden fern ist alles Schämen,
Du weißt mich ja — ich kenne deine große Seele.
So leg ich Hand in deine Hände
Für eine karge Stunde.
Und du wirst stehen
In deiner schlanken Kraft,
In der noch Geist
An jedem Muskel mitgeschafft,
Und mich erwarten,
Als müßt es längst so sein . . .

Und aus dem Fenster in die Nacht gelehnt
Ist es,
Als wären wir des Hauses Sinn und Schicksal,
Eng aneinander
Wang an Wange: Einsamkeit an Einsamkeit! . . .
Wortlos wissend
Blicken wirr pupillenweit
Ins Dunkel — uns allein erhellt —
Und uns entrollt sich,
Wie die Blütenblätter dunkler Riesenblume
Inhalt, Anbeginn und Sinn
Der rätselhaften Welt.
Weit zittert scheuer Blick hinaus
Im stolzen Götter-Schöpfer-Drange, —
Ein leises Lächeln — das wir ungesehen uns
An wehen Lippen wissen —
Verklärt zwei Munde.
Geweihte Stunde
Ist um uns: —
Begrüßt vom Glanz der Ewigkeit
Schaun wir hinüber über Raum und Zeit . . .

Zauberhafte Mondnacht

Ich steh an den Balkon gelehnt,
Es ist so tiefe, tiefe Nacht — — —
Ich kann nicht ruhn — — —
So hab ich dich noch nie gesehnt! —
War ich das Mondlicht doch,
Das über deinem Körper spielt,
Und sich an deinem Mund verfängt,
— In deinem Barte zitternd wühlt,
Und zart an deinen Händen hängt.
Es leuchtet Liebe die lichte Welt!
Alle Blätter haben sich aufgestellt
Und sehen träumend die blaue Nacht —
Die Amsel ist nach bangem Sinnen stumm —
— Alle Blumen lächeln und fürchten sich
Und wissen doch nicht warum, — — —
O fühlst du nichts?
Die Sehnsucht steht an deiner Tür
Und reckt die Brüste
Und spannt die Arme weit
Und glüht nach deiner Seligkeit — — —
O wärst du hier!


Weibes Gebet an den Einen

Meine Lippen formen deinen Namen,
Als den Samen aller Glut,
In dem alles brennende Leben ruht.
Mein Sehnen formt deine Eigenart —
(Wie bist du kraftvoll und doch so zart!)
Mein Blut — will deinen köstlichen Leib
Nachformen: —
Denn ich bin ein Weib!!

Mann am Klavier

Weite, tongelöste Stunde,
Die du dir ein Meer entbreitest,
Alle Klänge dem Erschauern weitest,
Zieh auch meine liebeswunde,
Flügellahme Seele mit.
Laß verwirrte Zärtlichkeiten
Banger Wellensänge
Ineinandergleiten
Brausen — rauschen — —
Seine Hände fluten Meere aus. —
— — — — — — — — — — — —
Ton verblutet strömt sein heißes Wesen aus:
Alles ist so süß und schwer —
Sehnsucht flattert uferlos darüber her — —

Schmerzender Reigen

Sie hat in dem Haar einen Rosenkranz,
Die Füße gleiten im wiegenden Tanz,
Sie hat sieben Dolche im Herzen
Und ist nicht Mutter Marie,
Sie hat den Liebsten gefragt:
Hast du kein Glück für mich?
Da hat er lachend gesagt:
Sieben Dolche hab ich für dich!
Und ist auf Reisen gegangen.

Sie hat sieben Dolche im Herzen,
Die hat ihr der Liebste hineingeworfen,
Und muß tanzen damit und lächeln dazu
Mit dem Herzen
Voll Weh und ohne Ruh,
In dem die sieben Dolche des Liebsten
So schmerzen . . .

Sturmesnacht

Vom Sturm die Locken zerzaust,
Unbefreundet und unbehaust
Vom Wind die Kleider wie dunkle Fahne an
So wie des Dämons Fluchgebet
Allein in tiefste Nacht gestellt!
Welt
Um mich und Einsamkeit
— — — — — — — — — —
Und seit ich geboren
— Keine Hand, die die meine ist
— kein Sinn, der nach meinem ist
— kein Tun, das mir gefällt
— kein Plan, — kein Weg
— — — aus mir in die Welt.

Königin der Liebe

Mein wildes Blut hat nun geboten:
Die Nacht ist groß —
Hoch vor Gesetz und Sitte steht mein Thron
Zur Freude mir, den Menschen Hohn.
Komm her! Du Erdberauschter Sohn,
Dein Frühling ist mein Schoß!
Sei namenlos —
Komm her! Die Nacht ist groß — — — — —

Die Tänzerin

Die Tänzerin tanzt nackt vor versammelter Schar —
Die Glieder blinken blank und klar,
Sein Wohlgefallen küsse den Rhythmus ihrer Glieder,
Die durch den Blick
Den betörenden Augen wieder
Göttlich schön werden . . .
Und ihr Lächeln fällt lose auf ihn nieder,
Wie ein entblättertes Blumenblatt
Das kein Ziel in der Welt mehr hat . . .

Aber draußen, auf zagen Füßen —
Ausgelöscht im Grau der Nacht
Geht eine,
Der Könige die Hände küssen,
Erglühend und demütig-bang
Und erwartet unentwegt,
Wenn frostiger Wind durch die Straßen fegt,
Bis irgendwo, den Weg entlang —
Spät — spät — — —
Sein Auto ihn vorüberträgt
Und dann wird ihre Seele Gesang! . . .

Schmerz

Vorbei, vorbei
Des Frühlings frühste Amsel-Schelmerei
Nun singt die Nachtigall ihr schwüles Lied
Und alle Blumen sind erblüht
Und die sich lieben, liegen Arm in Arm.
Der Frühling ist so kurz!
Ich stoß die Hände weg, die nach mir langen —
Die Augen sind von Tränen warm —
Mein ganzes Blut ist traumumfangen
Und sehnet Einen, der nicht meiner denkt.
Bald fällt der letzte Blütenschnee,
Und nimmt samt meiner Seele Weh
Mich weg von dieser lichten Welt.

Ein Mann im Auto fährt vorüber . . .

Geht eine Dirne vorüber
Geschminkt und mit rohem Mund
Denkt:
Wär nicht das Hundeleben
Der könnte mir vor allen gefallen
                      "Wie süß muß der Blasse sein!"

Geht eine Frau vorüber —
Mit dem Schmerzenszug um den Mund —
Sieht nach dem Manne hinüber
Und macht ein ernstes Gesicht
Und tut, als säh sie ihn nicht
Doch wird sie bleich in ihrer Pein
Und denkt
                      "Wie süß muß der Blasse sein!"

Leicht wie der Frühlingswind
Kommt ein Backfisch vom Zuckerladen,
Schlagsahne um den Mund,
Und wird so rot wie ein ertapptes Kind
Denn sie denkt:
                      "Wie süß muß der Blasse sein!"

Hingebung

Du,
Der allen Glanz meiner Seele gibt,
Laß mich nur manchmal wie ein kleines Kind —
Meine Hand in deiner gehen, —
— — — Gläubig dir lauschend!
Demütig in deine Augen sehen
Und tun, wie du mich heißt! . . .

Doch, wenn sie dir weh tun wollen,
Tückischer Feind sich naht,
Werd ich wie zehntausend Engel
Mit flammenden Schwertern
Schützend um dich stehen
Und gegen deine Feinde gehen! . . .

Hauch der Liebe

Einziger Mann!
Ich erbettle so wenig:
Laß mich in deinem Leben Geringstes —
Das Kleinste sein! —
Laß mich dir
Wie der Hauch einer Blume sein: —
Aber nur dein! . . . —
Dein . . .

Hier, wo die gelben Iris stehen

Hier, wo die gelben Iris stehn,
Da muß er alltäglich vorübergehn.
Hier unter seinem Arbeitsraum
Da blüht noch der alte Hollunderbaum.
Wenn die Sonne kommt, muß er da oben stehn
Und alles wird
Nach seinem Wollen gehen.
Müde erlischt der matte Laternenschein,
Erbleichend weicht die schlaftrunkne Nacht,
Der blaue Tag glänzt froh heran.
Eine Nachtigall ist aus dem Schlaf erwacht
Und singt — — und singt ganz leise
Für sich allein,
Der andern in den Traum hinein.
Jetzt sind die Träume noch blau und wahr,
Bevor die Sonne mit grellem Gefunkel
Über die Erde strahlt.
Warum?
Warum sind meine Augen von Tränen dunkel?

Es ist nicht zum Gewitter gekommen

Es ist nicht zum Gewitter gekommen
Das köstlich erschüttert und befreit.
Nun sind die Seelen bang beklommen . . .
Der Flieder hat sich matt geduftet,
Die Blätter hängen schlaff und dunkel —
Es ist nicht zum Gewitter gekommen.
Die Vögel haben sich müd gesungen,
Die Tulpen spreizen matt die Kelche auf,
Wie Munde, die ein banger Schrei erstickt.
Zwei Seelen haben sich matt gerungen
Und sind nun siech und fieberbeklommen — — —
Es ist nicht zum Gewitter gekommen.

Versäumte Stunde

— — — Und wolltest Herrin meiner wachen Nächte sein —
Verstandest nicht den Ruf,
Der dir, — des Wortes Grelle ungemein, —
Aus Blutes Dunkel sehnend Mahnung schuf
— versprechend — sprach:
Versteh es bloß!
So Leib und Seele will sich heilig öffnen deinem Schoß.

Und ließt ein Meer verebben!
Törin, geh hin!
Verlier dich an die Lieder! —
Der Gnade Zeit ist um —
Und Stund und Welle kehrt nicht wieder. — — —

Hedda Gabler denkt an Einen

Tauben flattern auf, rote Rosen schwanken,
Er kommt!
Seine Wangen sind von heißen Nächten bleich,
Seine Lippen sind von wilden Küssen rot,
Seiner Augen Weißglut brennt in fremdes Blut hinein,
Mädchen drücken erschreckt die Knie ein,
Wenn sie ihn sehen — — —
Im Gehen biegt er wiegend seine schlanken Lenden
Und lächelt
Als wär das Leben aller Freuden reich —
Er denkt ihrer nicht!
Geküßt und vergessen!
Wie glücklich müssen die Dirnen sein!

Und Frauen!
Frauen bringt er wohl immer den Tod,
Die ihn erblickt — schämt sich des Gatten
Und fühlt die treueste Liebe ermatten,
Nonnen denken an Kindersegen
Und suchen scheu nach dunklen Gartenwegen.

Seine Wangen sind von heißen Nächten bleich,
Seine Lippen sind von wilden Küssen rot,
Seiner Augen Weißglut brennt in fremdes Blut hinein,
Und bringt den Frauen wilde Pein — — —
— — — — — — — — — — — —
Wie glücklich müssen die Dirnen sein! . . .

Ehe-Ende

Mit blinden Händen
Angetastet
Und nicht erkannt.
Mit leeren Augen,
Die nicht fassen,
Die weder heiß lieben,
Noch glühend hassen —
Mit kaltem Atem angehaucht,
Mit Küssen, die wie Würmer
Überschleichen — gepeinigt . . .
Mit lauen Sinnen
Ohne Bränden
Des Leibes Geheimnis durchwühlt
Und nur erkältet und nie gekühlt . . .

Stimmungsbild

Des offenen Schlafrockes Schleppe
Auf den Stufen aufgebauscht
Geht sie die Treppe
Hinab — — —
Herab . . .
Ein Pfauenrad von Seide hinter sich —
Die nackten Füße
In den Stöckelschuhen,
Deren Stöckel, wie klirre Kastagnetten
Auf steile Stufen klippe-klappen
— Verachtung im pupillenarmen Blick.
Wie hungrige Wölfin die Mundwinkel
An den Eckzähnen hinaufgezogen
Steigt sie herab
Und unten — ganz unten —
An der Treppe Ende
Kniet und faltet zitternde Hände
Roheit und Gewalt,
In eines Mannes Leib zurückgesunken,
Der trunken harrend
Gewähren bettelnd fleht . . .
Sie aber hebt die Schleppe
Und schreitet mit gleitendem Sprung
Über ihn hinweg —
Weiter, weiter
In ihren fernen Traum hinein . . .
Und ihre Augen
Werden wieder weit und groß — — —

Mondesnacht

Die lange Nacht,
Die bange Nacht,
Wachend und allein!
Und draußen blüht der Mondenschein
In lächelndem Frieden über die Welt.

Du bist noch wach,
Aus der Ferne
Strömt leises Glück
Zu mir . . . . .

O wärst du hier!
So hab ich mich noch nie gesehnt,
Flammend-Geliebter
Nach dir!


Wunsch

Nur einmal wie ein kleines Kind verwöhnt
Zu deinen Füßen sitzen;
Die Ellenbogen an deine Knie gelehnt,
Mit frohen Augen dich anblitzen,
Und glücklich deiner Weisheit lauschen!
Nur einmal wie ein kleines Kind verwöhnt
Zu deinen Füßen sitzen!

Nur einmal
Unter purpurnen Rosenhecken
Dich mit dem stolzen Gang
Hier durchschreiten sehn —
Mich sachte vor dir verstecken
Und dich schalkhaft necken!

Nur einmal
Unter diesen roten Rosenbränden
Mit leisen Händen Dich haschen,
Und dann Großer,
Lachend in die Hände paschen,
Wenn du — der Menschen bändigst —
Erschrickst — und um dich blickst, —
Und unter der purpurnen Rosenpracht
Die Lippen nicht findest,
Die schelmisch dir gelacht . . .

Mannesgröße

Wie seid ihr frei und groß ihr Männer
In eurem Menschlichsten!
Euer Leib ist nicht gebunden
An eurer Seele zarte Wunden.
Eines vom andern frei,
Könnt ihr die Gaben spenden, verwalten
Oder vergeuden.
Auch noch aus sehnsuchtsleeren Stunden
Glühen Freuden
Für euch!

Das Leben ist euch reich,
Es wehrt euch nicht
Es sagt euch noch: nehmt, nehmt
Mit vollen Händen!
Wir aber, unselig ans Gefühl Gefesselte,
Wir können nicht die Liebe
Von dem Leibe trennen.

Nur wo des Sehnens weiße Zärtlichkeiten
Ihre hüllenden Schleier
Über heiße Wünsche legen,
Die uns so schamrot und selig machen,
Dort können wir uns geben,
— Ungeteilt und ganz —
Und auch der Glühendsten ist jenes heitre Spiel versagt,
Das sie von Blutes dunkler Qual befreien könnte,
Wenn nicht der Liebe zarte Täuschung es verklärt.
So welken unsre Besten blumengleich dahin,
Versengt an eigner Glut und leer an Liebe.
So wehrt die Gattin oft dem Gatten
Papierverbrieftest Recht als Schmach!
Nur wo der Seele zarte Träume
Rosa Schatten warfen,
Da folgt der Leib
Der Seele willig nach — — —

Einem Jüngling

Ihr Priester meiner zarten Gebärden,
Verlangt nicht mehr, es bringt euch Leid!
In heller Träume lichtem Werden
Gibt meine Seele euch Geleit.
Ihr sollt die Priesterhände heben,
Die segnend meinem Leben sind.
Und nicht in wirrer Lust erbeben:
Euch will ich bleiben reines Kind!
Die wilde Pracht verborgner Zärtlichkeiten
Sollt ihr nicht ahnen meinem Leib.
Die Hand in eurer Hand, den Blick in Weiten —
Nur keusches Kind euch — niemals Weib!

Vertrauen und Angst

Du lieber Großer!
Nimm meine Hände ganz in deine hinein
Und hülle sie in deine schützende Wärme ein.
Sieh mir gut in die Augen hinein,
Dann werd ich gehorsames Kind
Und alles Leid wird vergessen sein.
Nein! Nein!
Komm mit deinen Fingern nicht
An den meinen vorüber
Funken springen hinüber — herüber
Nein!
Sieh mir nie — nimmer
In meine Augen hinein —
Denn dann würd ich dir blind
Verfallen sein! . . .