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Gedichte 5
 

Dem einzig Geliebten ins Ohr
Einsame Nächte
Ersehnte Seligkeit
Ein Aufstrahlen!
Triumph des Blutes
Die Stadt der Qual
Der Große und die Karyatide
Der Übermensch
Sinnenglut
Das Oratorium
Mutterschaftsverlangen
Dem Angebeteten
Drei Frauen
Das Zauberschloß
Melancholie
Brief der Menschheit
Spruch
Ein Traumsymbol
Gebet des Sternes
Rasse
Die Muse
Eine Braut an den . .
Abschied vom Leben
Der schöne Übermensch
Die Erscheinung
Aufseufzen
Ausklang


Dem einzig Geliebten ins Ohr

Wie bist du mir angenehm!
Deine Züge sind so schön
Und brennend deine Augen
. . . ich kann nicht widerstehn!

Ich berge ratlos mein erglühendes Gesicht
In Beben
An deinem Hals —
Verurteile die Liebend-Schwache nicht!
So süß ist Liebe — —
— — — — — — — — — — — — — —
Und kurz das Leben
Und ach!
So lange, lange ist man tot . . .

Einsame Nächte

O diese leeren Nächte,
Jenem weggenommen —
— dir bereitet,
Wo alles Sehnen machtlos
Meinem Sein entgleitet —
Und nach dir Fernen überströmt! —

Die Augen funkeln glühend durch die späte Stunde,
Der Brüste straffe Hügel schmerzen,
Des Leibes weiße Blume bebt im Fieber.
Ein Weh steigt tosend aus dem Herzen
Ins wilde Blut . . .
Deines süßen Namens Laute
Auf meiner Lippen hochgeschwellter Runde —
So treib ich willenlos
In meines Sehnens aufgeschäumter Flut . . .

Ersehnte Seligkeit


O wär das Lager uns bereitet,
Von gleitender Seide linnenhaft umspannt . . .
Läg deine blasse, kühle Hand
Mir kosend
Um den Hals gebreitet —
Und wären unsre Lippen
Purpurrosenhaft geeint . . .

Ersehnte Seligkeit, die ich nicht kenne!
O wühlte deiner Sehnsucht Flamme
Meinen Körper aus,
Bis ich verbrenne!
— — — — — — — — —
Süßer, Süßer!
Fach mich an und — lösch mich aus!

Ein Aufstrahlen!

Du bist meines Lebens
Halt und süßer Sinn,
Mann der Sonne!
Wonne
Reißt mich hin . . .

Triumph des Blutes

Der breite Strom ist zugefroren,
Zwischen großen Schollen müht sich müd
Ein leises Wässerlein und kann nicht mehr.
Die Bäume sind kahl und blätterleer,
Der dürren Äste Zwischenräume
Umhüllt das Eis.
Keine Vogelträume
Erfüllen laue Luft!
Gruft
Geworden ist die Welt!
Erschlafft ist jede Kreatur
Die Vögel sind fortgezogen
Mit dem blauen Firmament.
Die Tiere sind tot in der Winterzeit.
Vorbei ist alle blumenhelle Heiterkeit.
Doch ich hochwohlblutgeboren
Habe fließende Flammen in den Aderschächten.
Das Wasser friert zusammen,
Aber Blut glüht auch in Winternächten
Und während Natur verarmt,
— — uns keine Blumen zu geben weiß
Und alles tot vergraben im Wintereis,
Flammt es in mir
Zu brennendem Glühen
In die tote Natur hinein:
Mögen Kinder blühen, mögen Kinder blühen
Einen stolzen Frühling in dies Eis hinein!

Die Stadt der Qual


— — — — — — — — — — — — —
— — — — — — — — — — — — —
dort hängt der Himmel bleischwer
In das Land hinein.
Kein Lächeln blinkt aus einem Haus,
Jedwedes Tun bedrückt so sehr!
Kein Hoffen lindert schwere Pein
Und macht die Arbeit leicht.
Die schwere Luft will nicht
In träge Lungen hinein . . .
— — — — — — — — — — — — —
— — — — — — — — — — — — —
Die Flüsse dünsten Fieber aus,
Und Pech und Schwefel stülpt die Täler heraus,
Verwimmerndes Seufzen füllt die Luft —
Und
Die Berge ruhen auf den Menschen aus! . . .

Der Große und die Karyatide

I.

Der Große:
Kreuze die Hände über der zarten Brust
Damit sie nicht Schaden nimmt!
Und beug dich ein wenig,
Und dann legen wir dir
Die Last des Lebens auf
Und der ganzen Welt!
Nur dir allein!
Was unmöglich ist
Vollbringe!
Bezwinge,
Was unerträglich erscheint!
Lerne tragen, o Weib!
Aber darunter verbrenne
Im dunklen Prunk deiner Seele,
Wie das Sterneninnre im Feuer verglüht.

II.

Die Karyatide
O Großer
Sieh doch das helle Frühlingslicht,
Befreie mich von der schweren Last
Sieh, wie ich zu deiner Kraft bettle!
Ich trage lange, bange Jahre,
Nimm meine Last mir ab!
Die Steine drücken,
Wirf sie mit harter Hand der Kraft
Herab — —
Und ich bin götterfrei,
Nichts weiter bitt ich dich!
— — — nur dies —
Denn meine Arme sind zum Umfangen geschaffen
Ich weiß sie süß um geliebten Hals zu legen
Ich kann gar sprühend müde Sinne wecken,
Daß sie sich aller Lust des Lebens recken.
Ich kann singen und zärtlich sein,
Bald ernst — dann wieder voller Schelmerei.
Bald kann ich schwatzen —
Dann wieder versonnen sein
Und Zorn besänftigen
Und Nerven glätten.
Und mit tausend Blumenketten
Gedanken umranken,
Sieh, ich bin hier
Lasttragend angekettet
An unwürdig Los.
O Großer
Tu mir den Mühlstein
Vom Nacken herunter
Und ich will frei, stolz und allein
Mein Leben aufrecht tragen,
Und selber mein Schicksal sein! . . .

Der Übermensch

Seht ihn an, dies Bild edler Kraft!
Schaut, wie das Leben ihn schön gemacht!
Er hat selbst das graue Elend gekannt
Und hat es bezwungen.
Er ist Sieger über Unglück und Menschenseelen,
Er richtet sich nach niemand,
Denn er ist ja Vorbild!
Eine Kraft geht von ihm aus,
Ein Glanz liegt in seinen Augen,
Er hat sich den Sieg der Welt errungen,
Und nützt ihn für die ganze Menschheit aus.
— — — — — — — — — — — — — — — — — —
Der zum Selbstmord geht und ihn sah,
Will wieder leben
Und stärkender Hoffnung
Aufatmende Lust
Zieht wieder
In müde Menschenbrust!
— — — — — — — — — — — — — — — — — —
Schaut den Übermenschen an,
Dann ist euer Leid klein geworden.
Sein Weg ist strahlend über die Erde zu gehen!
Neuer Zeit den Weg zu bereiten,
Wirre Menschheit im Schutze der Gesetze
Klug zu geleiten
Und im Wiederfinden von eignem Vertrauen
Auf Erden irdisch euren Himmel zu bauen.

Sinnenglut

Nachtgebet aller reifen, einsamen Frauen:
O Schande dieser leeren Nächte,
Aus denen niemals Kinder blühn!
— — — — — — — — — — — — — — —
— — — — — — — — — — — — — — —

Der unsterbliche Geist:
Feuer, Vorrecht leuchtender Sternenwelten
Gab ich der Erde nicht,
Nur das Wasser der Meere,
Und das Meer der Tränen.
Doch weil der Glanz der Frauen so herrlich ist,
Daß ihn die Sterne neiden,
Legt ich der Menschen Ineinandersprühn
Himmlisches Feuerglühn,
Doch der Mensch, — unwert des Glückes, —
Hat es gemein gemacht.

Chor der Ehefrauen:
Heuchler, Mucker,
Krebsgeschwür der Welt,
Alles Schöne wird uns nur
Durch euch vergällt!
Ihr seid die ekle, dunkle Fliegenspur,
Am weißen Hochzeitskleide der Natur!
Euer unsaubrer Geist hat Reines unselig gemacht
Wie soll das süße Umfangen unrein sein,
Aus dem uns schon
Das Gotteslächeln des Kindes lacht!

Das Oratorium

Ich saß verloren in der alten Kirche —
Und hübsch verborgen,
Denn ich bin scheu.

Die selige Stimme der Jungfrau Maria sang —
Die Harfen waren klingende Zauberschleier,
Die Violinen zitterten zur Gottesfeier,
Als brausend die Orgel erklang.
Ich dachte an dich, du Führender —
War's Wahrheit oder Traum?
Ich wandte den Kopf
Zur Orgel empor,
Du tratest mit leisem Schritt hervor
Und stiegst heran,
Und standest hinter mir.
Du sahst mit glänzend tiefen Heilandaugen
Herab auf die Welt, auf mich.

Dein Mund der roten Liebe war's
Und deine steilen blassen Wangen,
Der Weg der Lider streng und hart,
Doch voller Zärtlichkeit die Augenecken,
Als könnten sie alle Güte wecken.
Es war dein voller, weicher Bart,
Der sich so kosend um die Lippen schwingt,
Als wollt er an der Stimme lauschend hangen —
Es war die Art, wie du den Mund herunterziehst,
Die all dein seltnes Lächeln uns so lieblich macht
So standest du in Pracht,
Mit all den vergeistigten Zügen,
Die gar zu oft mein Inneres sah.

Ich wagte nicht, mich nur zu rühren
Und nicht den Blick zu dir zu führen,
Doch all mein Sehnen rief dir zu:
O Großer, spiele du, o spiele du!
Spiel uns dein Lied vom lichten Leben
Von Kraft, Vollkommenheit und Macht
Und wie man Großes mit eigenen starken Händen schafft!
Spiele das rauschende Lied der neuen Zeit
Und Auferstehen der Menschen
Und von der Rasse stolzer Sieger
Du Promethide!
Die Welt war nur ein weites Grab.
Spiel uns das Licht vom Himmel herab,
Als neuer Erlöser in Arbeit und Kraft!

Die Stimme der Jungfrau Maria sang,
Allen Frauen und Mädchen wurde bang,
Als hätte man ihr Herz verführt
Und an ihr Innerstes gerührt.
Deine verklärten Augen sehen lang
In den bunten Wirbel der Menschen hinein.
Als des Schlußchors grandiose Macht verklang,
Da verschwandest du aus dem Raum
Durch eine Tür, die noch niemand ging,
Hinaus in die Welt, in Arbeit und Leben — —

Mutterschaftsverlangen

Ach wäre es doch!
Wenn ich so durch lange Straßen ginge
Still und ganz verträumt in mich —
Alles lose um mich hinge —
Unter Rock und Mantelfalten
Noch dem Blick entfernt gehalten —
Was ich Süßes ahnend weiß:
Daß ich eins nun mit den Sternen bin,
Die aus dunklen Glutgewalten
Neues Leben uns gestalten!

Niemand wüßte, was ich trage,
Niemand ahnte den geheimen Sinn,
Was meine Röcke wie ein Tempelvorhang heilig halten:
Daß ich die tragende Monstranz für neues Leben bin!

Dem Angebeteten

Wie eine indische Gattin lieb ich ihn
Und ist doch alles schleierweiß und leicht
Nur zwischen uns . . .
Des Tages denkt er meiner oft —
Und alle Stunden meiner Träume ziehen hin
Zu dem geliebten Mann.
Meine Seele huschelt immer seinem Herzen an —
Er weiß es!
Und wenn sein edles Herz einst nicht mehr schlägt,
Dann sterb ich,
Wie eine indische Gattin mit ihm hin — —

Drei Frauen

Die erste trug ein Krönlein am Haupt,
Sie war so schön und licht.
Sie wollte stolz mit ihm durchs Leben gehen
Und der Erbe war ihre Pflicht.

Die zweite war so zart und wild,
Und wollte tollen und lachen,
Champagner, Brillanten und Seidenzeug
Und der Erbe kam wider Erwarten;
Und war ihr eigenes Ebenbild.

Die dritte ging aus sichrem Haus
Ins Ungewisse und Schande hinaus
Für langersehnte Stunde des Glücks — — —
Doch trug sie das Haupt hoch auf,
Als säß eine Krone darauf
Und alle Sterne waren mit ihr . . .

Ein Leuchten war ihr Angesicht,
Als läge darin das Himmelslicht
Versenkt.
Sie ging in heller Heiterkeit
Und fühlte sich verklärt . . geweiht . . .
Und sprach:
Von dem ich liebe
Trag ich nun ein Kind.
O Glück der Erde,
Du bist nicht groß —
Ich halt es ganz
In meinem Schoß!
Gibt es ein Glück
Dem meinen gleich?!

Das Himmelreich sank
Tief in mich hinab . . .
O wüßte ich's zu sagen,
Wie lieb ich ihn hab!
Sein Weg ist weit in die Welt hinein
Er muß noch viel den Menschen sein . . .
Ich aber, ich bin nicht allein . . .
Sein Blut wird immer um mich sein,
O Liebes, das mir im Blute ruht,
Dir will ich singen, singen von ihm,
Bring mir nur ja seine Augen mit.
Vergiss nicht seinen leichten Schritt
Und hab nur seinen Mund,
Der rot ist, als wär er
Vom Küssen wund.
Wart, von seinem süßen Denken
Will ich dir ganze Lieder schenken.

Und soll ich unter Schmerzen sterben
Wenn du ans Licht kommst —
— Er hat den Erben —
Und soll ihn Jubel nennen
Und ich bereue es nicht!
Und — ich bereu es nicht!

Das Zauberschloß

Im Laubgehänge — im Lichtgedränge,
Im Nebelschloß — im Zauberschloß,
Da sitzt der stolze Bürgersproß —

Im hohen Schloßturm
Hat er Gott eingesperrt.
Wenn der Wind so saust
Wenn der Sturm so braust,
Verrät ihm der fluchende Gott sein Geheimnis! . . .

Im Kellergelass, im Kellergelass
Da hat er den Teufel eingesperrt,
Wenn die Sonne so scheint . . .
Wenn die Sonne so scheint . . .
Dann sitzt der Teufel
Und betet und weint
Und verrät ihm dann sein Geheimnis! . . .

Im Rittersaal, im Rittersaal
Da sitzt an der Orgel der Bürgersproß
Und hält die Hände in den Schoß —
Sein Wille hebt die Tasten bloß —
In dem blassen, bleichen Gesicht
Und sein Mund glüht rot —
Und sein Mund glüht rot —
Als wenn er küssen möchte!
Die Orgelpfeifen sind nicht von Metall
Ihr Sang ist viel zu weich dazu! —
Hast du sie gesehn,
So hast du nie Ruh:
Die Orgelpfeifen sind Frauenkehlen
Der Weiber, die er wild betört
Und dann niemals erhört.
Wenn leise die Nacht durch die Berge weht,
Und der Wind die Vorhänge bläht,
Dann klingt aus der Erde dem Himmel zu
Ein Lied ohne Glück —
Ein Lied ohne Ruh
Aus seufzenden Frauenkehlen . . .

Melancholie

Auch unter Schleppe und Bänderchen
Ist ein Leib.
Auch in allen Takt und Tugenden
Steckt noch ein Weib.
Auch hinter Opferwillen
Rollt noch das Blut —
Auch — wenn du verzichten willst —
Bleibst du ihm gut . . . . .

Brief der Menschheit an einen Reformator

Du, schon groß genug im Vorbild uns,
Wie du das Leben ertragen, gemeistert,
Mit Inhalt erfüllt und gemessen,
Du schenkest uns nun, was wir noch nie besessen,
Solange es Menschen gibt:
"Die langersehnte Freiheit."
Nicht Irrtümer mehr, mit grotesken Gebärden
Flüchen und zerstörten Städten,
Sondern die Freiheit aus geistiger Reife,
Die jedes Gehirnes Besitz sein kann,
Das fern dem Aberwitz sich rein hält.
Du willst uns zur vollen Freiheit erlösen,
Innerhalb der Gesetze ehernen Bahnen
Können wir von der Seele Übel genesen,
Und wieder werden: heiliger Leib;

Und nicht mehr Narrenspiel und Narrenzeitvertreib.
Sondern selbst bestimmt nach unseres Gehirnes Art.
Und wirst die Frauen lehren
Sich ihres Verlangens nicht schamhaft zu wehren,
Sondern in Freude und Ehren
Der Welt den Erben gebären.
Und wirst den Männern ergründen,
Ohne Zorn als Besseres sich wiederzufinden
Im Kinde,
Wenn Eigenes ihnen verwehrt blieb,
Und versagt sich zu vergeuden
In großen Taten an die Pracht der Welt!
Wirst aber die Größten lehren
Sich zu "sich selbst" zu bekehren,
Nicht an Erbe und Weib zu denken,
Sondern sich ganz der Welt zu verschenken,
Als des Lebens "letzthöchste Erfüllung."
Weist ihnen auch als höchstes Adelszeichen
Gesunden Leib —
Zeigst Kranksein als die einzige Sünde
Am Menschentum,
Damit sich jeder wiederfinde
Schon in sich-selbst — . . .
Oder erst im Kinde. — — —
— — — — — — — — — — — — — — —
So bist du uns, — an Worten karg.
Da tausend andern Worte nur geraten.
So schenkt dein Wille sich in edlen Taten!
Wir danken dir! Es fehlt die Unterschrift —
Sie heißt in diesem Falle: Wir Menschen alle!

Spruch

Demütig ist das Schicksal starkem Willen:
Was du ersehnst, wird es dir wollen,
Was du begehrst, wird es erfüllen! . . .

Ein Traumsymbol

Der blaue Strom rauschte sein Rätsellied
Die Menschen schliefen kraftlos und müd,
Sie hatte der Frauen schönstes Gewand:
Das helle Vollmondlicht, das Leiber zart und überirdisch macht,
Lag mit magischer Pracht ihr eng um warme Glieder,
Sie sank auf den Rücken
Ins weiche schwellende Gras hernieder,
Die Hände hohl unter dem Haupt als Kissen,
Der Brüste Spitzen neugierig in milde Abendluft gestellt
Und umher die weite, weite Welt . . .

Er lag zwischen ihren Knien
Und hielt die Hände am Rasen aufgestemmt,
Krampfhaft waren seine Arme gereckt,
Er sah mit ernstem, forschendem Blick in ihr Gesicht,
Das ohne Licht im Dämmer lag und sprach:
Wer bist du? Peinigerin?
Ich hasse dich — oder — lieb ich dich?
Ich verachte dich — oder versteh ich dich?
Ich kenne dich nicht — oder kennst du mich? nur du mich!?

Sie sah ihn nicht an
— Über seine Schulter weg
Floh ihr blauer Blick scheu
In unverrückbar-weite Ferne,
Wo der Sterne fremdes Licht verflimmert,
Als wär sie selbst aus jenem weißglühenden Stoff, der schimmert,
Geformt,
Herniedergesunken zu der kühleren Erde
— — — Er aber sprach weiter:
Oder bist du die, die ich sehnte und niemals fand,
Die Ferne, Süße aus dem hellen Zauberland?
Nein, die bist du nicht!
Wo hast du dein Vaterland?

Du! ich hasse dich!
— — verachte dich!
Mich ekelt vor dir!
Du allergeilster Lüste Tier! Nein — du! mit dem zartesten Geist
Wer bist du!
Du mit dem lustzuckendem Schoß — nein — du
Mit den schmetterlingsflügelflatternden Gedanken,
Die um Ranken lichter Träume wehn —
Wer bist du!?
Veracht ich — hass ich — lieb ich dich?
Ich weiß es nicht . . .
Du peinigst mich . . .
Wer bist du?

Da lösten sich die Arme von dem Lockenkopf
Die linke Hand versank ins linde Gras
Und hielt sich leise.
Eine kleine Blüte verkroch sich kosenderweise
In das Grübchen ihres Ellenbogens
Und sachte hob sich Schulter und Leib
— Die Rechte schob sich um den Männerleib,
Der Hals war trunken hinüber gesunken,
Als hielt er schlecht das traumschwere Haupt
Die hellen Augen blitzten wie lichtes Edelgestein
Und sahen tief, tief in seine hinein,
Und krallten sich in sein Wesen ein.
Es blinkten zwischen den Lippen der Zähne Reihn
Und näher zog sie den Mann an sich —
Daß ihm die roten Spitzen der Brüste ins Fleisch blühten
Er stöhnte auf:
Während seine Augen anglühten:
Wer bist du?
Da zog sie sich hinauf an seinen Leib
Und hauchte lustvoll-leise:
"Ich bin das Weib!"

Gebet des Sternes an den Nachthimmel

Mondlichter Himmel!
Verlaß mich nicht!
Laß mich nicht
Aus deinem Traum fallen!
Nebel wallen
Zu dir
Und wollen mich dir verhüllen . . .
Mondlichter Himmel!
Vergiss mich nicht,
Du machst mich strahlend
Und gut und licht!

Rasse

Meine Ahnen führten die Reiterscharen
In den Krieg voran
Meine Ahnen waren stolze Bojaren.
Sie saßen im Sattel schenkelgepresst
Auf wild galoppierenden Hengsten,
Und was sie taten, das hießen sie Recht
Und recht mußten die andern es nennen!
Ihre Losung war:
Oder Sieg oder Tod
Und der Feind floh
In Not und Ängsten . . . . .
Mein Vater war ein Bürgersproß,
Der brachte den Geist in das herrische Blut
Ich tu, was ich will
Und ich kann, was ich will
Und was ich will, ist gut! . . .

Die Muse

Ich will dir nur die Muse höchster Stunde sein
Wenn du gipfelumrauscht,
Den Menschen ein Fernstes bist.
Auf das in Lächeln oder Wut
Mein Bild in deiner Seele ruht,
Wie die Sonne im Weltenraum —
Schwebend und allein —
Und dennoch in dir und dein —
In Feuer und Glut
Und sich in Gaben verschenkend
Der großen Welt! . . . . . . . . . .

Eine Braut an den aufwühlend Schönen

Heiße Liebe wird nur durch den Kuß erlöst,
Laß mich nicht so glückentblößt
Durch den Frühlingsjubel gehn.
Eine Amsel singt schon leise
Aller Frauen heimlichen Traum,
Gras durchsticht die Erde,
Blüten entsteigen der Zweige engem Raum.
Alle Äste hat das Glück geschwellt,
Welt, o Welt, wie bist du schön!

Weißt du, was die geschwätzige Amsel singt? —
Frauen sind nicht Mädchen,
Sie wissen der heimlichen Wonnen so viel,
Ganz Spiel
Ist ihr Wesen . . .
Laß mich von meiner Liebe genesen,
Laß mich mit dir das erwachte Leben sehn
Einer Mann der Welt
Oder gibt es noch andere?
Ich habe keinen sonst gesehn.

Abschied vom Leben

O mein Geliebter
Die Sterne sind mir so nah —
Du bist so weit — so weit! —
Braune Erde, was stierst du mich an?
Wasser, was lockst du heran? . . .
O sinkt zusammen, ihr Berg und Tal
Rette mich an dein Herz,
Sonst sterb ich vor Qual!
Ferner ade!
Ich grüß dich vieltausendmal . . .

Der schöne Übermensch

Frauen, laßt mich!
Meine Feinnervigkeit fühlt euch zu sehr.
Lastend liegt ihr meinem Erinnern —
Ich glühe an eurem Blick
Und euer Sehnen macht das Blut mir schwer!

O die Sonne einmal schauen!
Die Wiesen . . . die Bäume —
Euch — ihr Frauen; —
Doch ohne Brände!
— — — — — — — — — — —
Kenn ich die Welt
Mit ihrer ruhigen Freude?
Ich habe Schicksale ins Leben gestellt
Und forme Taten für künftige Jahrhunderte — —
— — — — — — — — — — — — — — — — — — —
Aber kenn ich die Welt
Mit ihrer atmenden Ruhe?
Ich schaute sie nie im Sonnenglanz,
Froh-gleichmütig, mit Wiesengrün, mit Wasserblauen
Denn ihr seid da, ihr Frauen!
Ihr werft die Fieberraketen mir ins ahnungslose Blut
Und ich
Entzünde mich der eignen Schönheit einer Jeden! . . . . .
Nur einmal Frieden sehnend weit und breit
Flieh ich dahin in reinigende Einsamkeit!
Laßt mich! geht!

Chor der Frauen: Du heißt uns sterben, schönster Geist!

Die Erscheinung

An aller Schönheit aufgestrafft,
Geht er dahin in die gleitende Nacht,
Die Sterne funkeln, als müßten sie gleich singen vor Lust.
Jedes Weh ertrank in seliger Menschenbrust
Alles Leise ist von den Dingen gegangen —
Sie haben ein Jubeln umgehängt.
Der Menschen Wünsche sind gedrängt
— Wie in zu enge Lungen gezwängt
Und wollen Atem einsaugen aus dem All,
Um nicht an süßem Weh zu ersticken.

In langen, schlangengleitenden Wogen
Kommt sanft sich aufbäumend das Meer gezogen
Und will den Sprung an die Küste tun
Und endlich geborgen an seinem Felsen ruhn
Und kann doch nimmer, nimmer hinauf,
Kreischt auf, rollt zurück, springt, von neuem auf,
Erneut das wehe Spiel, solange es sich nicht müd gemacht.

Dort steht ein lächelnder Mann mit schönem Gesicht
Und sieht ins Meer hinein,
Da ist's, als wären die Wogen gespalten,
Gedrängt von inneren Gewalten
Wächst ein Weib aus dem Meere heraus.
Aus dunklen Schleierfalten ahnt man den Leib,
Der Vollmond gießt hoch von oben
Seines blinkenden Lichtes Gewalt
Um die seltsam ernste Gestalt.
Die rechte Brust und der rechte Arm sind frei
Und leuchten weiß wie Märzenschnee
Ein Weh glänzt ihr um traurige Wangen
Mit einer Stimme voll weichem Bangen
Ruft sie den Mann.
So wie das Klingen weicher Violinen
Aus feierlichen Fernen fließt
Und Schmerz und Qual in bange Seelen gießt,
So hebt ihrer Stimmen leise Gewalt
Vergessene Träume aus dunklen Tiefen
Zu lebendiger Gestalt:
Ihr bleicher Arm winkt in die Nacht hinaus,
Wo jähe Felsen tückisch sich verketten,
Und seufzt, so herb und mitleidsreich:
Allwo nur die Dornenhecken stehen,
Die erst in Jahrhunderten einen Frühling tragen,
Ist dein Weg! —
Allwo es finster und sorgenvoll ist
Du — selber dir eigenes Licht nur bist
Und eigenen, einsamen Pfad erhellst,
Ist dein Weg! —
Wo alle Schönheit von den Dingen gegangen
Und Sturm geworden,
Ist dein Weg! —
Wie ein Held heißt er stehen,
Denn die Angst einer Welt
Wird dich dunkel umwehen.
Allwo nicht Weib und Kind
Die Träne, die aus dem Auge rinnt,
Dir stillt —
Nur wilder Wind
Sie von den heißen Wangen bläst —
Ist dein Weg —
Da geht sein scheuer Mannesblick
Noch einmal nach all dem heitren Glanz zurück,
Nach Girren und Schmeicheln aus Seide gewoben,
Nach dem feuchten Leuchten träumender Augen,
Nach all dem seligen Wonnesaugen,
Nach Winken von weichen Frauenhänden
Auf farbigen Wänden — nach Myrten und Kinderstimmen.

Dann löst er das schaukelnde Boot
Und steigt allein mit seiner Seele Not
Hinein
Und fährt einsam hinaus
Zu Sturm und Ruhm — — —

Aufseufzen

Allüberall ist Fremde
Und nirgends ist es gut . . .
Nur wenn dein Blick
In meinem ruht,
Dann bin ich ganz zu Haus.
Wenn deine kühle Hand
Die meine hält,
Bin ich die Reichste der ganzen Welt! . . .
Und bis in tiefe Himmel hinein
Ist alles mein Vaterland! . . .

Ausklang

Die Entzündete spricht

Flammend-Geliebter!
Ich will mit der Welt
Kämpfen um dich!
Ich will mich vergeuden, du Angebeteter
In guten Werken und Tun!
Meine Hände sollen schaffend
Für sie Alle keine, keine Stunde ruhn
Doch meine Seele, die Nachtigall,
Singt mir dazu heimlich von dir,
Und schluchzt, wenn ich schon müde bin:
Nur weiter, bald ist er hier!
— — — — — — — — — — — — — — — —
Du wirst ihnen sagen:
Sie war tot wie die versunkene Nacht!
Erst seit mein Blut in ihrem rauscht
Weiß sie des Lebens heilige Melodie!
Sie ist der Ton
Ich der Bogenstrich,
Der sie singen macht.
Süßer du!
Und die Schönste wird dir nur
Ein blinder Spiegel sein,
Der nichts von deiner Hoheit widerstrahlt.
Und du wirst in mich schauen und berauscht
Nur deine eigne Schönheit sehen! . . .
Die Schwüre, die du gabst und nahmst,
Werden wie geschmolzene Ketten
Von deinem strahlenden Leibe fallen —
Und
Menschen, Menschen und immer wieder Menschen
Werden zu uns wallen
Und sagen: Seid euer! und ja!
Der stolze Tag
Der neue Tag ist da!!!