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Quelle:

Gedichte
Bauernfeld Eduard

Leipzig 1852
F. A. Brockhaus


Biographie

 


Und als ich war ein Knabe klein,
Da war ich voll Gedanken,
Und Bilder und Gefühle fein
Hegt' ich in Herzens Schranken.

Doch stumm und störrig blieb der Mund,
Die Wonnen auszusprechen,
Im Innern gab sich's gärend kund,
Wollt' nicht in Blüten brechen.

So streift' ich durch den stillen Wald,
Den Busen aufgeschlossen,
Und kam ich in Gesellschaft bald,
Da war ich voller Possen.

Und als der Knabe Jüngling ward,
Verletzt' er oft die Lieben;
Warm war das Herz, doch rau die Art,
So war ich — bin's geblieben.

Das Leben schien ein Doppelbild:
Jetzt liebend zu erfassen,
Jetzt zu verfolgen rasch und wild
Das Schlechte, das wir hassen.



 

Die Unfreiheit, die Heuchelei —
Ich konnt' sie kaum ertragen;
Ich spottet' ihrer, litt dabei —
Da ließe viel sich sagen.

Von grauem Schnee die Masse steht
Mit eisigkalter Miene,
Ein Frühlingslüftchen leise weht —
Und hin stürzt die Lawine.

Im Tale aber grünt's und webt,
Die Blütenknospen springen;
Ein neues Leben ist erlebt —
Und muntre Vöglein singen.

Und als ich noch ein Knabe war,
Da träumt' ich solch ein Leben;
Nun ich ein Mann geworden gar,
Da will sich's mir ergeben.

O Jugendlust, o Jugendmut.
Und kannst du's denn gestalten?
Und magst du noch mit frischer Glut
Dein Lieben jetzt entfalten?

Wien, im Januar 1850