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Aus der Jugend  4
 

Die Liebliche
Die törichten Lippen
Ihr Kuß
Doppelte Liebe
Die Tränen
Im Sommer
Der beste Zustand

Traum
Hindernis
Mittelalterliche Forschung
Neuer Roman
Nach der ersten Trennung
Tagebuch
Ein Zwist
Eifersucht

 
Die Freunde mahnen
Zwiespalt
Ihr Vorwurf
Stillstand
Vorsatz
Die Liebespfänder
Rückblick

 

Die Liebliche
 
 Wie hold ihr Lächeln!
 Zephyre fächeln
 Duftiger nimmer
 Als ihres Mundes Hauch;
 Und der Mund  r e d e t  auch
 Das ist doch immer
 Mehr als ein Zephyr kann;
 Lobe mir Jedermann
 Dies Frauenzimmer!
 
 Die törichten Lippen
 
 Lippen, Lippen, nicht geplaudert!
 Denn nur Torheit plaudert ihr.
 Hemmt die Worte! Nicht gezaudert!
 Trefflich  s c h w e i g t  ihr, glaubt es mir.
 Töricht Plaudern mag verdrießen —
 Toren, schweigt, und laßt euch schließen!
 
 Ihr Kuß
 
 Sie küßte so sanft, sie küßte so süß
 Mit ihren weichen Lippen,
 Wie Zephyrsweh'n im Paradies,
 Wie kleine Vöglein nippen.
 
 Sie zweifelt, ob sie küssen darf —
 Lauscht niemand an der Tür?
 Ich bitte dich, so küß' doch scharf,
 Das ich es besser spür'!
 
 Doppelte Liebe
 
 Ich liebe die, die mich nicht wieder liebt,
 Ich liebe die, die Liebe mir gewährt;
 Die Grausamkeit, die jene mich gelehrt,
 Hab' ich sogleich an dieser ausgeübt;
 So trieb und treib' ich's immerfort —
 Ein Lehrer hier, ein Lehrling dort.
 
 Die Tränen
 
 Wie ihre lieben Augen
 Heut so verweinet sind!
 Wer konnte dich betrüben,
 Du liebes, süßes Kind?
 
 Magst lachen oder weinen,
 Wie immer hold du bist!
 Der Himmel bleibt der Himmel
 Wenn er auch wolkig ist.
 
 Im Sommer
 
 Ich ging mit meinem Mädchen
 Auf einsamen Pfade;
 Spätsommer zog silberne Fädchen,
 Es zirpte die Zikade.
 
 Ich tät' das liebe herzige Kind
 In meine Arme schließen —
 Es wehte die Luft so mild, so lind!
 Das nennt man den Sommer genießen.
 
 Der beste Zustand
 
 Nicht verliebt zu sein ist herrlich!
 Alle Tagesstunden sind
 Nun mein köstlicher Gewinn;
 Muß jetzt nicht zu halben Tagen
 Vor gewissen Fenstern lauschen,
 Bin zu Allem aufgelegt,
 Habe Schlaf und Appetit.
 Die Lektüre darf nicht ruh'n,
 Und der Menschen buntes Leben
 Steigt in klaren frischen Bildern
 Vor der freien Seele auf —
 Und das freie Herz erstarkt.
 Harrt in Ruhe seiner nächsten,
 Seiner süßen Sklaverei!

 
 
Traum
 
 Mir träumte neulich, ich wäre
 Vermählt mit der Liebsten mein
 Da bangte mir auf Ehre,
 Ich sah betroffen d'rein.
 
 Sie saß im Morgenhäubchen
 Mit mir auf dem Kanapee;
 Ich sagte: "Mein liebes Täubchen,
 Sehr schwach ist der Kaffee."
 
 Sie aber rümpft das Näschen,
 Wie sie den Tadel hört;
 Da macht' ich gleich ein Späßchen
 Hausfriede blieb ungestört.
 
 D'rauf kamen die Verwandten,
 Und schauten nach im Haus,
 Die Onkeln und die Tanten,
 Sah'n recht ehrwürdig aus.
 
 Familiengeschichten
 Besprachen sie allerlei;
 Ich glaubt', ich müßte flüchten,
 Mir ward so weh' dabei.
 
 Sie aber blieb gelassen
 Und sprach von Wirtschaft gut;
 Da rannt' ich auf die Gassen
 Im Schlafrock, ohne Hut.
 
 Und blickte nach dem Hause
 Und sah mir's an genau:
 "O wär' ich ein stiller Klause!
 
Da droben wohnt — m e i n e  F r a u!!"
 
 
Sie winkte mir vom Fenster
 Im weißen Neglige;
 Ich dachte an Gespenster
 Und an den schlechten Kaffee.
 
 Da lief ich in die Weite
 Wie man nur laufen kann;
 Die Leute lachten zur Seite:
 "Dort rennt ein Ehemann!"
 
 Da fühlt' ich heißes Bangen,
 Sie jagten hinter mir her;
 Ich dacht', sie wollten mich fangen,
 Ich stöhnt' und schwitzte sehr.
 
 Das Ding war nicht ergötzlich,
 Ich stolperte her und hin,
 Und stolpernd lag ich plötzlich
 Mitten in der Gosse drin.
 
 Und hörte der Verwandten
 Und meiner Frauen Stimm',
 Die Onkeln und die Tanten
 Schalten mit bitt'rem Grimm.
 
 Was schierte mich Frau und Base,
 Ich lag wie in der Gruft; —
 Es kitzelte mir die Nase
 So was wie Mokkaduft.
 
 Und plötzlich überkam mich
 Eine Wärme, lieblich und süß,
 Ein fernes Läuten vernahm ich —
 Ich blinzelte ungewiß.
 
 Da stand Johann am Bette:
 Die Glocke schlüge schon zehn;
 Wie lang' ich geschlafen hätte!
 Ich sollte zum Frühstück gehn.
 
 Die Sonne schien so golden
 Mir auf das Angesicht;
 Ein Briefchen meiner Holden
 Lag mir vor den Augen dicht.
 
 Es war ein freundlich Grüßen,
 Sie lud mich in ihr Haus;
 Da sprang ich mit gleichen Füßen
 Und  f r e i  aus dem Bette heraus!
 
 Hindernis
 
1831
 
 Um Mitternacht am Gittertor —
 So hatten wir's beschlossen;
 Sie harrte d'rinnen, ich stand davor —
 Wir fanden das Gitter verschlossen.
 
 Da lachten die Augen, der Mund so süß
 Ich konnt' sie nicht erlangen!
 Es trennten mich von dem Paradies
 Die dummen Eisenstangen.
 
 Mittelalterliche Forschung
 
 Zum Ritterschloß mit Turm und Knauf
 Da stiegen viel Herren und Damen;
 Sie schwankten über die Trepp' hinauf —
 Wir ließen's in Gottes Namen.
 
 Ich aber mit dem Mädchen süß
 Wir blieben die Allerletzten,
 Und krochen hinab in's Burgverlies,
 Es tat' uns gar nicht entsetzen.
 
 Und wo sonst die eiserne Jungfrau war
 Mit ihren schneidigen Armen,
 Da durft' ich glücklicher Antiquar
 In weichen und linden erwarmen.
 
 Neuer Roman
 
 "Die schlanke Braune möcht' ich kennen
 Wie ihre dunkeln Augen brennen!
 Wie sicher und wie stolz sie blickt!
 Wer sie besitzt, der ist beglückt."
 
 Da trafen wir im Laubengang
 Das erste mal zusammen;
 Wir sprachen viel, wir sprachen lang.
 Doch setzt' es keine Flammen.
 
 Sie schien mir ruhig, schien mir klug,
 Wir scherzten wie Bekannte;
 Wir fanden uns in manchem Zug
 Wie Freunde, wie Verwandte.
 
 Nach der ersten Trennung
 
 Die Tage strichen, die Wochen hin,
 Ich lebte recht nach meinem Sinn;
 Mir war so behaglich, so wohl dabei —
 Jetzt aber merk' ich's: ich war nicht frei!
 Ich fühl's an diesem Leersein eben:
 Sie gehört schon jetzt zu meinem Leben.
 Kommt Zeit, kommt Rat! - Wenn ich nur wüßt',
 Wie's ihr mit mir ergangen ist!
 
 Tagebuch
 
 Diese losen Blätter hier
 Sind so leer geblieben!
 Alles Schönste fühlen wir —
 Drum bleibt's ungeschrieben.
 
 An jedem neuen frischen Tag
 Fühl' ich mein Glück stets voller reifen
 Und wie man anders leben mag,
 Ich kann es nimmermehr begreifen!
 
 Was der Himmel Gutes gibt,
 Gibt er mir durch sie —
 Nein, so ward ich nie geliebt,
 Und so liebt' ich nie!
 
 Ein Zwist
 
 Neulich grollten, schmollten wir,
 Natürlich wieder um ein Nichts —
 Versöhnung keines wollten wir
 Gar ernsten Angesichts!
 
 Sie saß in ihrer Ecke da,
 Ich in der andern ebenfalls —
 Und eh' ich's eben mich versah,
 Flog das liebe Närrchen an meinen Hals!
 
 Eifersucht
 
 Daß er noch lebt, den du geliebt,
 Ist's was das Leben mir vergällt —
 Daß er noch lebt, der dich betrübt,
 Und der das Leben dir vergällt!
 
 Könnt' ich ihn töten mit dem Kuß,
 Den ich jetzt drück' auf deinen Mund
 So aber find' ich seinen Kuß
 Auf deinem bösen — lieben Mund!
 
 Die Freunde mahnen
 
 "Ei, wie kannst du deine Zeit
 So verzetteln im Getändel?
 Denk' des Ruhms, der Wirksamkeit,
 Denk' der Welt und ihrer Händel!
 
 Fasse dich und sei ein Mann —
 Hast es lang' genug getrieben!
 Weiber denken nicht daran —
 Weiber wollen nichts als lieben!"
 
 "Lieben Freunde, habt Geduld,
 Denn ich sammle Stoff in Massen!
 Ihre Liebe, ihre Huld
 Lehrt mich erst, ihn neu erfassen".
 
 Zwiespalt
 
 Ich fühl's in meiner tiefsten Brust:
 Ich bin nicht für Beständigkeit —
 So bin ich's deutlich mir bewußt:
 Das Scheiden ist Notwendigkeit.
 
 Die Seele seufzt im tiefsten Weh!
 Ich schleppe schwer den matten Leib —
 Es ist ein Schmerz, d'ran ich vergeh' —
 Leichtsinnig ist das beste Weib!
 
 Ihr Vorwurf
 
 "Du bist nicht wie du warst — gesteh' es ein!
 Ich aber bin mir treu geblieben;
 Ich weiß, sie wollten uns entzwei'n —
 Sie dulden's nicht, daß wir uns lieben.
 
 Was mag die eitle Klage nützen?
 Wie du erkaltest, kann ich spüren
 Ich kenn' kein Glück, als dich besitzen,
 Und keinen Schmerz, als dich verlieren!
 
 Und doch — ich will dir nichts verübeln,
 Ich will dein Leben nicht verderben;
 Du zehrst dich ab in bitterm Grübeln —
 So scheide denn und laß mich sterben!"
 
 Stillstand
 
 Es wehen kalte Flocken
 Mir in das Angesicht —
 Die Lebenspulse stocken,
 Es ist wie vormals nicht!
 
 Verweht die holden Maienglocken,
 Die Friedensglöcklein sind verhallt —
 Das warme Herz geriet in's Stocken,
 Und Schnee bedeckt den dürren Wald.
 
 Vorsatz
 
 Reinen frischen Mund will ich berühren,
 Keine weiche Locke mehr erfassen,
 Selbst den ersten Händedruck vermeiden
 Und das trauliche Gespräch, den Faden,
 Der sich später leicht zum Netze schlingt!
 Bringt kein schönes Weib in meine Nähe
 Oder ich betrachte sie als Kunstwerk,
 Und ich will sie kritisch euch beleuchten!
 Ihre Reize kenn' ich, ihre Fehler,
 Denn wer Eine kennt, der kennt sie alle!
 
 Die Liebespfänder
 
 Über meine Liebespfänder
 Hielt ich jüngst die Musterung,
 Schleifen lagen da und Bänder
 O, wie war ich doch so jung!
 
 Briefchen fand ich mancher Art,
 An Gefühl ganz sapphisch;
 Ernst und heiter, tief und zart,
 Auch unorthographisch.
 
 Süße Blicke, holde Mienen
 Tauchten bei den Zeichen auf —
 Ach, da liegen die Ruinen!
 Das ist unser Lebenslauf.
 
 Rückblick
 
 Und so sind sie hingeschwunden,
 Jahre, voll von Leid und Glück,
 Tief im Innersten empfunden —
 Lächelnd schau' ich jetzt zurück.
 
 Diese Perlen sind die Früchte
 Mancher kühnen Taucherfahrt;
 Sie zu reihen gleich und dichte,
 Ist dem Künstler aufbewahrt.