Kleine Beamten
Nur wer die kleinen Beamten kennt,
Weiß, was sie leiden,
Und wie sie mehr der Hunger brennt
Als Sehnsucht in den Eingeweiden!
Sie leben von der Hand in den Mund,
Wie arme Teufel eben;
Ich wundere mich nur im Grund,
Daß sie überhaupt noch leben.
Hat keiner sich erschossen noch,
Trotz Agio, Silber-Währung!
Sie seufzen in ihrem harten Joch
Und sterben an der Auszehrung.
Sie zeugen Kinder hohl und bleich,
Die zum Bureau Verdammten;
Zitt're, du großes Österreich,
Vor deinen kleinen Beamten!
Sie sind eine Macht, sie sind ein Heer,
Sie trotzen allen Gewalten,
Und unzufrieden sind sie sehr
Mit ihren kleinen Gehalten.
Im Stillen untergräbt den Staat,
Wird gegen ihn sich rüsten
Das neue Proletariat:
Verheiratete Kopisten.
Stadt-Vergrößerung
Wien konnte sich vergrößern
Vor fünfzig Jahren schon,
Zur Zeit als uns beschossen
Der große Napoleon.
Schutt war's. Und wenn Ihr bautet
Paläste und Häuser hin,
So hättet Ihr längst ein großes
Und ein bequemes Wien.
Doch diese Mauern und Türme
Sind eine halbe Tat;
So wird's keine rechte Festung
Und keine rechte Stadt.
Veränderte Bestimmung
Längst gereinigt ist die Aula,
Gleich dem Stalle des Augias,
Von kroat'scher Martissöhne
Mist und kriegerischen Keulen;
Nisten werden dort Minervas
Vierzig weise, blinde Eulen.
Hypothese
Die Akademie verhandelt'
Unlängst über "Stock - im - Eisen";
Es zerbrachen sich die Köpfe
Die Gelehrten und die Weisen.
Ob das wirklich denn ein Baum war,
Wenn er's wär', von welchem Holze;
Ob sich Eiche oder Tanne
Da erhoben einst mit Stolze.
Ob's noch wurzle in der Erde,
Ob's ein Stock sei, abgeschnitten;
Fielen manche Hypothesen,
Wurde hin und her gestritten.
Fest steht meine Hypothese,
Dafür breche eine Lanz' ich:
S'war ein Haslinger — Ur-Vater
Der berühmten fünf und zwanzig.
Briefwechsel
Gentz
Urteilen und scharfes Denken,
Das ist mein Element;
Mir fehlt das Organ des Glaubens:
Fromm sein ist ein Talent.
Adam Müller
Sie haben die Gnade Gottes,
Mein Freund, so hoch geehrt;
Sie sind, ohn' es zu wissen,
Längst gläubig und bekehrt.
Gentz
Die Herden, die Untertanen,
Die weide man insgesamt;
Die Presse nieder zu halten
Ist unser wichtiges Amt.
Adam Müller
Nur Gottes, nicht des Kaisers,
Sei Herrschaft und Herrlichkeit;
Doch stimm' ich zu Gottes Ehre
Auch gegen die Preßfreiheit.
Jesuiten
Ob der neuen Jesuiten,
Sagt, was soll nur das Erbosen!
Lernten einst in ihren Schulen
Alle Männer, alle großen.
Fürsten und Gelehrte hatten
Diesem Orden viel zu danken,
Denn durch seine weisen Lehren
Hielten sie die Welt in Schranken.
Doch die alten klugen Leute,
Scheint es, haben abgenommen,
Darum ist es nötig, daß die
Neuen Klugheitslehrer kommen.
Bildet Euch und lernt von ihnen;
So nur werden sie Euch nützen
Künftig, wenn in allen Ämtern
Jesuiten-Schüler sitzen.
Dann seid Ihr die neuen klugen
Weltbeherrscher — und damit ist
Jener Orden überwunden,
Wenn ein Jeder Jesuit ist!
Der fromme Dichter
"Und wer von Gottes Gnaden,
Ihr Leute, ein Sänger ist,
Was wollen Menschen ihm schaden?
Gelobt sei Jesus Christ!" —
Mein Freund, die Dichterstärke
Liegt nicht im großen Maul,
Und ohne gute Werke
Bleibt aller Glaube faul.
Als österreich'scher Professor
Da wurdest du ausgepocht,
Als Kreuz- und Christus-Sänger
Da hast du abgekocht.
Im Namen Gott des Vaters
Und Gott des Sohnes dreist
Hast du dein Lied gesungen —
Doch ohne heiligen Geist.
"Siglinde" und "Thomas Morus"
Das sind recht schlechte "Stuck'"!
Jesus, Maria und Joseph,
Was gabst du sie in Druck?
Ex-Freund
Bester, ei du bist verändert —
Doch das liegt im Lauf der Zeit!
Schlägst ein Kreuz und gehst bebändert,
Gehst uns aus dem Wege weit.
Lächeln muß ich solchem Wesen!
Täusche du die Welt — nicht mich!
Bist du nicht mein Freund gewesen,
Liberaler fast als ich?
Devise
Staatsschuld wächst mit jedem Jahre,
Auch Private haben Schulden;
Nur Verwaltungsräte sacken
Ein die dreißig tausend Gulden.
Was Babeuf und Pierre-Lerour!
Das ist purer Idealismus!
Sinekuren für die Reichen
Schafft der Wiener-Kommunismus.
Sie beteilen sich mit Renten,
Ohne Mühe zu verzehren,
Nicht nach "Fähigkeit und Arbeit,"
Wie die Tugendschwärmer lehren.
Mit Statuten und Gesetzen
Wahren sie sich um und um,
Schreiben auf die neue Fahne:
"Heilig ist das Eigentum!"
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