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Quelle:
Still und bewegt
Beck Karl Isidor
Gedichtband
Berlin 1870
Verlag von Heinrich Schindler
Myrthen und Cypressen
1847 - 1854
Wenn ich dich liebe, was geht's dich an?
O horch!
Nicht hoch und herrlich
Halte, was du fühlst, geheim!
Wo Tauben sind
Du bist ein Kind
Sei still!Zwei Worte
Das wisse!
Sieh mich an!
Vermählt!
Schlummerlied
Im Leide schwelgend
Korn und Wolken
Du aber —
Ein kurzer Traum
Der Rosenstock
Der Segen ein Fluch
Tröstende Stimmen
Wenn ich dich liebe, was geht's dich an?
Ich hab dich erspäht im Gewühle der Massen,
Und folge beschwingt, ein seliger Mann,
Du zürnst, — und mußt es geschehen lassen,
Denn, wenn ich dich liebe, was geht's dich an?
Ich starre hinauf nach deinen Scheiben,
Wann zeigt sich die Heißersehnte, wann?
Du kannst nicht wehren dem losen Treiben,
Denn, wenn ich dich liebe, was geht's dich an?
Ich sitze bei dir in stummer Wonne,
Und segne den Zauber, der mich umspann,
Du mußt es dulden, daß ich mich sonne,
Denn, wenn ich dich liebe, was geht's dich an?
Ich bete für dich aus tiefstem Herzen,
Und träume von dir, bis der Tag begann.
Die hundert Küsse, du mußt sie verschmerzen.
Denn, wenn ich dich liebe, was geht's dich an?
Ich sende dir Lieder, süß und seiden,
Die schönsten, so meine Kunst ersann,
Du wirst gefeiert, und mußt es leiden,
Denn, wenn ich dich liebe, was geht's dich an?
O horch!
Ich singe dir ein Lied,
Besonnt von deinem Blick, zu deinen Füßen:
Vom Osten zogen aus mit heißem Drang
Der Fürsten drei, die Harfe klang,
Sie zogen aus, ein Gotteskind zu grüßen.
Mir ward ein gleiches Los!
Das wisse nur auch Dichter sind gefürstet,
Ein Harfenbraus gehorcht auch dieser Hand,
Auch ich entsproß dem Morgenland,
Auch meine Seele hat nach Heil gedürstet.
Das Kind bezwang den Mann!
Bot deinen Wundern stand ich lang betreten,
Dann trieb es mich dir stammelnd zu gestehn:
Ich habe deinen Stern gesehn,
Und bin gekommen, um dich anzubeten.
Nicht hoch und herrlich
Nicht hoch und herrlich bist du zu schauen,
Kein staunendes Auge fliegt dir zu:
Wie Blumen, die schlicht im Kornfeld blauen,
Bist, Liebling meiner Seele, du!
Man feiert sie nicht mit Schmeichelgrüßen,
Gleich Rosen und Lilien am stolzen Fest,
Doch bauen am liebsten zu ihren Füßen
Die Lerchen ihr heiliges Sängernest.
Mein Leben ist auch ein Lerchenleben,
Ein Sehnen, ein Steuern ins All hinaus,
Doch abendlich ruht mit wonnigem Beben
Mein Flügel zu deinen Füßen aus,
Da säum ich, da träum ich, da reim ich leise,
Du horchst, du lächelst, du glühest still.
Vernimmst schon heute vor Allen die Weise,
So morgen der Freund verkünden will!
Halte, was du fühlst, geheim!
Eingetaucht in holdes Sinnen
Wendet sich mein Geist nach Innen,
Was er vor der Welt geborgen,
Schaut er an mit süßer Pein;
Dann, als ob er Schritte hörte,
Plötzlich ihn ein Späher störte,
Schreckt er auf und gräbt die Sorgen
Tiefer nur, die teuern, ein.
Soll ein Traum sich dir erfüllen,
Glänzend sich ein Glück enthüllen,
Daß es nicht in Luft zerrinne,
Schweige, singt ein alter Reim;
Daß der Markt es nicht entweihe,
Nicht ein Neider dir's beschreie.
Ach, im Rausch der jungen Minne
Halte, was du fühlst, geheim!
Lerne du von Feld und Garten
Totenstill den Lenz erwarten!
Unter Schnee und starren Rinden
Ziehen sie die Keime groß;
Tröste dich! Die Sprudelquelle,
Wunderkraft in heißer Welle,
Mußte sich wie lange winden
Unentdeckt im dunkeln Schoß.
Daß sich dir das Glück enthülle.
Dauernd sich der Traum erfülle,
Mahne dein berauschtes Herze:
Wisse, daß du schweigen mußt!
Wie das reizt und preßt und lodert,
Ungestüm die Beichte fodert —
Schwerer als im größten Schmerze
Schweigt der Mensch in seiner Lust.
Wo Tauben sind
Laß mich mit meinem Weh,
Laß mich mit meiner düstern Glut:
Ich wäre nur der Tropfen Blut
Auf reinem Schnee.
Dich sucht, was fromm und lind,
Was fromm und lind, das suche du
Denn sieh, es fliegen Tauben zu,
Wo Tauben sind.
Du bist ein Kind
Dein Fühlen, Denken, Tun und Reden,
Mit Zaubermacht bezwingt es Jeden,
Du leitest uns, wir folgen blind;
Du ahnest zum verlornen Eden
Den sichern Weg — du bist ein Kind!
Du bist die Sanfte, bist die Reine,
Verhärtet ist die Welt! Verneine
Nur immer, daß wir schuldig sind;
Du sagst: zu Broten würden Steine
In guter Hand — du bist ein Kind!
Du glaubst der Bibel, daß die Erde
Dereinst den Frieden schauen werde,
Die Herrn verbrüdert dem Gesind;
Ein Hirt sodann und eine Herde!
O glaube nur — du bist ein Kind!
Gen diesen Namen willst du rüsten
Mit Lippen, die soeben küßten,
Du grämst dich, schämst dich, weinst gelind;
Mit sechzehn Sommern dich zu brüsten
Beginnst du stolz — du bist ein Kind!
Ein höchstes Lob hat dich gekrönet.
Du aber wähntest dich verhöhnet —
Dein Auge trockne nur geschwind;
Versöhnet blickst du, blickst verschönet
Nun wieder auf — du bist ein Kind!
O, spräche man von mir das Gleiche,
Wenn ich des Todes einst verbleiche:
Hinging er wo die Kinder sind,
Ihm wurden all die Himmelreiche,
Er blieb sein Leben lang ein Kind!
Sei still!
Sei, Liebchen still! Der Kampf ist aus,
Ob auch die Tränen immer noch sich zeigen:
Es stürzt nach jähem Wetterbraus
Noch lang der Tropfen von erfrischten Zweigen.
Noch wallt mir leise das Gemüt,
Sei, Liebchen still! Mich freuen diese Schmerzen
Sieh, auf zerrissnen Wolken blüht
Der Regenbogen schon in meinem Herzen.
Zwei Worte
Zwei der Worte: Gute Nacht
Spricht zu mir ein Honigmund,
Ach, sie bringen Bann und Acht.
Ach, sie machen welk und wund!
Muß ich gehen? Schritt für Schritt
Geh ich, schaue bang zurück,
Trenne mich bei jedem Tritt
Mehr und mehr von meinem Glück.
Da versinkt das Geisterschloß,
Drin ich unbeschränkt befahl,
Das erlauchte Flügelroß
Knickt erschöpft mit einemmal.
Guten Tag! Der Worte zwei
Spricht zu mir derselbe Mund:
Wieder wird die Seele frei,
Und das Herze wird gesund!
Wieder lugt das Zauberschloß
Lockend aus dem Busch herfür,
Harrt erquickt das Musenroß
Seines Reiters vor der Tür.
Täglich in derselben Brust
Welche Not und welche Pracht,
Welches Leid und welche Lust —
Guten Tag, o gute Nacht!
Das wisse!
Verschneide nur immer die wallende Locke,
Sie wächst, das wisse, geschwinder bloß;
Verwunde den Zweig am Blumenstocke,
Er läßt nur eher die Blüten los;
Es wird im sehnenden Herzen
Inmitten von Sorgen und Schmerzen
Nur schneller die Liebe, die Liebe groß.
Am wonnigsten duftet, das wisse, der Flieder,
Wenn er vom Regen der Wolke satt;
Am zärtlichsten hallen, das wisse, die Lieder
Nach Sommergewittern, vom tropfenden Blatt;
Es lockt mit Namen und Grüßen,
Mit den süßesten der süßen,
Die Liebe, die ausgeweint sich hat.
Sieh mich an!
Dein Blick ist unerschöpflicher Segen!
Und bin ich dereinst ein sterbender Mann,
Laß mich in diese Sonne legen;
Ich stammle sodann
Mit zitternden Lippen dir entgegen:
Mein gutes Gestirn auf allen Wegen,
Ein einzigesmal noch sieh mich an!
Vermählt!
Sie schwinden dahin
Die lieblichen Tage,
Ich lebe sie rasch
An deiner Seite,
Und jeglicher läßt ein goldenes Leuchten
In meinem bezauberten Geist zurück;
Da paart sich behend
Der Funke dem Funken,
Dem Strahle der Strahl,
Dem Flämmchen die Flamme:
Mir ist's, als gingen ob meinem Haupte
Viel glückliche Sterne verbrüdert auf.
Du zeigst mir Tag für Tag
Ein neues Blümlein deines Gemütes,
Das letzte scheint das schönste mir,
Ich sammle fort und aber fort,
Schon band ich einen vollen Strauß,
Und schmücke mein verjüngtes Herz —
Hab ich vergessen ganz und gar,
Daß es dem Bienenkorbe gleicht?
Und nun ist heller Aufruhr drinnen!
Ich preise diesen Aufruhr,
Hallelujah, Hallelujah!
Er hat mich erlöst von falschen Bedrängern,
Hat über und über die Seele gehüllt mir
In brennenden Purpur,
Hat siegend ihr wieder gegeben
Die alte, verlorene Majestät!
O, liehe mir der Sturmwind
Langatmige, läuternde Brauselust,
Und seiner Wipfel erhabene Leidenschaft
Der Eichenwald,
Und seinen ungebändigten Taumel
Der Bergquell,
Und ihre rührende Wehmut
Die Nachtigall —
Ich säng nicht aus, nicht aus
Den schönen, den himmelgefälligen!
Gekettet war ich jahrelang
Vom starren Trotz,
Von mürrischer Einsamkeit,
Vom schadenfrohen Gelüst
Der Selbstvernichtung —
Da kam die Liebe,
Die Liebe kam,
Und gab mir die Freiheit,
Und gab mir das Leben!
Da rief ich mir zu mit quellenden Augen:
Ergib dich, ergib dich
Du trutziges, tapferes Herz du!
Schön stehn dir die Wunden,
Geschlagen vom Schicksal
Mit mähender Schneide
Im atemlosen, im täglichen Kampf;
Nun aber ergib dich mit inniger Demut,
Dein Rüsten und Brüsten
Kann dir nicht frommen,
Ein Wunder ist über dich gekommen!
O senke nur alle, die stolzen Fahnen,
Weit öffne dich, weiter, bezwungenes Herz!
Einzieht nun die Liebe mit Rosen bekrönet,
Von Palmen umfächelt, von Psalmen umtönet
Erkennst du nicht in ihrem Geleit
Die Jugend mit der Unsterblichkeit?
Gesunde
In dieser von Göttern gesegneten Stunde!
Der Mann dem Kinde fronbar?
Dies, aller Fesseln spottende Herz,
Es täuschte sich, wehrte sich, wollte dich leugnen;
Doch, hab ich nicht in verschwiegenen Nächten
Für dich gebetet mit wachsender Inbrunst?
Doch, ging mir nicht in meine Traumwelt
Dein blühendes Auge nach?
Doch, schmiegte sich nicht an meine Wange
Die langentbehrte, plötzliche Träne?
Am Krankenbette des Freundes saß ich,
Ich sah ihn leiden,
Ich sah ihn dulden,
Und konnte dennoch dein gedenken?
Da gab ich sie völlig hin
Die widerspenstige Männerseele
An das enträtselte, holde Geheimnis;
Dir strömten sie hastig zu
Die Wellen alle meines Wesens;
Ich konnte sie nimmer bezwingen
Des stummen Glücks gotttrunkene Schauer,
Und ich gestand es dir
Mit fiebernden Pulsen,
Und du, du flüstertest leise!
Ich liebe dich!
Wir schlossen nicht zur Maienzeit
Den ewigen Bund am Traualtare;
Kein Röselein steckte die Fackel an
Zu leuchten in unseres Auges Unschuld;
Es sang zu unserem Preise nicht
Die Nachtigall, die liederkundige;
Eisblümelein trieben,
Und duftiges Tannengezweig
Mit goldener Frucht, mit farbigen Lichtlein
Beschmückte den Festtisch —
In seliger Christnacht ward
Geboren unseres Lebens Heiland!
Schlummerlied
Schwört so mancher Knabe hohe Schwüre
Vor der Türe,
Ach, sie schließt der Liebsten Haus
Lockend tönt die Mandoline
In die Sommernacht hinaus:
Nahe bin ich dir,
Träume hold von mir!
Ich, ich lalle nicht die süßen Worte
Vor der Pforte,
Ich, ich darf dich schlummern sehn,
Sehn auf deiner Kindesmiene
Frieden und Verklärung stehn;
Keine Zither klingt,
Doch mein Herze singt.
Ob ich bleibe? Ob von dannen eile?
Wenn ich weile.
Weckt dich meines Auges Glut;
Geh ich, schließ ich die Gardine,
Weiß ich bald wie Reue tut;
O, du sprichst im Traum,
Und ich atme kaum!
Wachen will ich, schön sind meine Sorgen,
Bis zum Morgen
Wachen fromm und ritterlich;
Horch, an deinem Paladine
Freut bereits ein Barde sich:
Mich belobt der Schall
Deiner Nachtigall.
Nur den Sonnenaufgang deiner Augen
Will ich saugen,
Will durch ihn geläutert sein:
Also harret ein Bramine
Stumm im Tempel und allein —
Naht das große Licht,
Rauscht zu Harfenklängen sein Gedicht.
Im Leide schwelgend
Ach, ich sah es, daß der Tauber,
Dem die Taube früh verstirbt,
Schadenfroh im Leide schwelgend,
Jede Lust sich selbst verdirbt.
Einst, wie flog er unermüdlich,
Jetzt bedarf er langer Rast;
Aber stets mit kranker Seele
Wählt er sich den dürren Ast.
Sterben will er! Spät und spärlich
Nascht er vom gestreuten Korn;
Muß er schon ein Tröpfchen nippen,
Trübt er sich den klaren Born.
Korn und Wolken
Die Tracht der Wolken ist meine Tracht,
O, wärs mir auch gegeben
Mich auszuweinen bei Tag und Nacht!
O wär ich das Korn! Es ist Erntezeit!
Man ginge mir ans Leben,
Ich bin, ich bin zum Sterben bereit.
Du aber —
Von Tisch und Bett der Erde war
Der heißgeliebte Lenz geschieden,
Sie grollten sich ein ganzes Jahr,
Nun standen sie wieder am Traualtar,
Und reichten sich die Hände dar
Zum Frieden, zum Frieden!
"Du Lieber, du Loser, und sprich geschwinde.
Was soll ich erwarten zum Angebinde?" —
"Ich brachte vom Guten das Allerbeste,
Den Gruß von Oben zum Hochzeitsfeste,
Lust und Pracht.
Märchen aus Tausend und Einer Nacht,
Farbige Vögel, singende Bäume,
Lachende Blumen, tanzende Schäume —
O freue dich, schmücke dich, banne die Sorgen,
Es folgt ja dem Heute der schönere Morgen!"
Die Sonne barg den Trauerflor,
Fahr hin, du witwenhaftes Brüten!
Die Mütter, sie öffneten Tür und Tor,
Da stürzten mit weithin schallendem Chor
Die lang gefesselten Kleinen hervor.
Und blühten, und glühten!
Die Menschen vergaßen erbittert zu hadern,
Hinquoll es wie Honig, wie Milch in den Adern;
Da schloß sich die Wüste mit ihrem Grauen,
Da lagen die teuern, gelobten Auen,
Lust und Pracht.
Märchen aus Tausend und Einer Nacht.
Farbige Vögel, singende Bäume,
Lachende Blumen, tanzende Schäume —
Das war ein herrliches Auferstehen!
Du aber, du mußtest zu Grabe gehen!
Ein kurzer Traum
Wenn mild im Winter die Sonne blinkt,
Der lüsterne Baum, er saugt und trinkt,
Nun endlich, träumt er, soll es Frühling bleiben!
Er sammelt das Mark in jäher Hast.
Das gärt und wirft sich in jedem Ast.
Schon morgen will er Blätter treiben.
Da ziehen die Strahlen sich schnell zurück,
Ein sonniger Blick — vergängliches Glück!
Die Windsbraut faßt von neuem nun den armen:
Er kämpft mit der wilden und widersteht,
Im Herzen befehden sich Groll und Gebet,
Ein Bild, o traurig zum Erbarmen!
Du glühtest mich an mit deinem Licht,
Es glänzte verjüngt mein Angesicht,
Ich jauchzte laut: das Leben hat mich wieder!
Und seliger war ich als der Baum,
Ihm fehlte der Vogel im Wonnetraum,
Mir aber quollen reich die Lieder.
Du warest mein, Geliebte, mein,
Im Winter ein kurzer Sonnenschein,
Dahin! Und wieder muß mein Herz erkalten!
Das Dunkel rings ist so lang, so bang —
Es war ein Sonnenuntergang,
Was ich für Morgenrot gehalten.
Der Rosenstock
Er hat des Guten viel erfahren
Der Rosenstock auf deinem Tisch,
Du pflegtest ihn, den undankbaren,
Des Morgens und des Abends frisch.
Er labte sich an deinen Bronnen
Mit unersättlicher Begier,
Er labte sich am Licht der Sonnen,
Doch keine Knospe trug er dir.
Nun plötzlich, als du heimgegangen,
Im Sarge lagest starr und bleich,
Da stand er mit entflammten Wangen,
Und übersah ein blühend Reich.
Ich war so arm, so gottverlassen,
Mich kränkte jedes Heil der Welt,
Es drängte mich ihn rauh zu fassen,
Am Boden hab ich ihn zerschellt!
Der Segen ein Fluch
Es drang zu mir ein Sagen und ein Singen:
"Gib, Vater unser, uns ein täglich Brot!"
Ich wandte mich und sah die Hände ringen
Am Kirchhofstor ein rührend Kind der Not.
Es wünschte mir den längsten Weg zum Grabe,
Auf Schritt und Tritt von Freuden aufgesucht;
Den längsten? Segnen wollte mich der Knabe,
Und wußte nicht, wie herb er mir geflucht.
Tröstende Stimmen
"Man hat das Liebste dir begraben,
Es liegt so jung im kühlen Grunde,
Kein Sehnen kannst du fürder haben
Als nach der allerletzten Stunde."
"Auf deine Knie sinkst du nieder,
Und schwörst in Worten und Gedanken:
Dein Herz, es könne nimmer wieder
Sich zärtlich um ein zweites ranken."
"Wenn wir ein Lächeln dir entlocken,
Wie freut sich unsre Seele dessen;
Du aber bist darob erschrocken,
Und wähnst dich falsch und treuvergessen."
"O laß die schwüle Trauerzelle!
O, wolle hin zum Strome wandern!
Sieh, ewig treibt die Mutterquelle,
Und eine Woge folgt der andern;"
"Der Strom hat keinen letzten Tropfen,
Das Herz hat keine letzte Liebe,
Kein Herz, das bis zum letzten Klopfen
Der Liebe nicht bedürftig bliebe!"
"Und wenn die Sterne dir verböten
In zweiter Minne warm zu werden,
Dann suchst du bald in süßen Nöten
Dir sonst ein Teures auf der Erden,"
"Dann freust du dich am bunten Falter,
Am Lichtgefunkel seltner Steine,
Du wirst dem Vöglein zum Erhalter,
Und gern umflattert dich das kleine;"
"Dann wirst du an des Gartens Blüten
Mit aller Macht die Seele hängen,
Die neue Liebe zart behüten,
Und rührend feiern mit Gesängen."