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Gedichte 3
 

Die Beleuchtung
Im Dome
Die Beterin
Sieg der Poesie
Das Bekenntnis
Blick in Dichterherzen
Die Blume auf dem Grabe
Das letzte Fest
Der Glaubensheld
Sieg des Kreuzes
Einst und Jetzt
Römische Vorzeit
Die Götterwelt
Die Nacht auf dem St. Peterskirchhofe
Die Maid in der Trauer
Den Landsgenossen
In die Täler
Michael Haydn
Mozart
Des Meisters Ruhm und Macht
Der Baum der Liebe
Schein und Sein
Der Nonne Morgenlied
Das Frauenstift Nonnberg
Die Verschleierte
Dichterglut und Mädchen-Andacht
Das Glasgemälde
Madonna als Kind
Die Himmelsbraut
Madonna als Schülerin

Die Beleuchtung

Siehst du, wie sich dort die Schatten regen,
Riesenhaft, als schritt' es von der Stelle?
Dumpf auf tönt's jetzt von der Glocke Schlägen
Und verloschen ist des Mondes Helle!

Und die Wolken ziehen und bewegen
In dem Grau'n der Nacht, wie Silberwelle
Sich dem Mond mit stillem Gruß entgegen,
Und er winket, und sie weichen schnelle.

Nieder schüttet er auf die Rotunde
Seiner milden Strahlen sanften Schein,
Und enthüllt des Domes hohe Pracht.

Horch, da ruft vom Turm die Geisterstunde!
Zieht der Kaiser mit den Scharen ein,
Und die Orgel tönt um Mitternacht.*

*Nach der Volkssage Friedrich der Rotbart.

Im Dome

Sinnig fromm zog ich in diese Hallen
In der Jugend tiefer Andachtglut,
Durch die düstren Bogen hinzuwallen,
Wo im Schau'n der stille Beter ruht!

Ach, der Jugend Blüten sind gefallen,
Nimmer der Begeist'rung kühner Mut;
Wenn der Orgel Töne mich umschallen,
Woget durch die Pulse rasch das Blut.

Und entrückt in himmlische Gefilde,
Von der Töne Flügeln fortgetragen,
Schwelgt der Geist in seines Lenzes Sonnen.

Seine längst versunkenen Gebilde
Wachen auf, wie in des Jünglings Tagen,
Wo den ersten Flug er hat begonnen!

Die Beterin

Lichter flammten in des Domes Runde,
Und mein trunk'nes Auge suchte sie;
"Morgen, Holder, in der Andachtstunde,
Wenn ich bete in der gold'nen Früh!

Morgen, Lieber, dort in der Rotunde,
Wenn ich an den Marmorstufen knie',
Heil erflehend unserm treuen Bunde,
Wink' ich heimlich Dir, o zweifle nie!"

Und ich teilte scheu die fromme Menge,
Und mich zog's mit himmlischer Gewalt,
Furcht und Sehnsucht in der treuen Brust

Durch das weithin flutende Gedränge,
Und da kniet die liebliche Gestalt
Betend, träumend, meiner nur bewußt!

Sieg der Poesie

Reiner Liebe seelenvolles Ringen,
Und des Dichters erster Lautenklang,
Beide schwebet ihr auf Cherubsschwingen,
Einer Seele voller Hochgesang!

Durch die fernsten Welten hinzudringen,
Treibt den Dichter namenloser Drang,
Und die Liebe will das All umschlingen,
Beide hassen kühn der Regel Zwang.

Und so wandeln sie auf Blumenbahnen!
Ach, der Liebe schöner Traum verfliegt, —
Schwerer Kampf beginnt, ernst wird das Leben.

Nur dem Dichter bleibt ein süßes Ahnen,
Seines Liedes starker Bogen singt,
Bis er alle Pfeile hingegeben!

Das Bekenntnis

Hört, ich sang, ich liebte, hoffte, glaubte,
Wie es südlich-deutschen Dichtern ziemt!
Nicken nimmer Blüten mir vom Haupte,
Wißt, daß mir des Liedes Flamme glimmt!

Wenn der Sturm mir alle Blumen raubte,
Des Gesanges süße Rose nimmt
Mir kein Kritler, weil um die entlaubte
Stirn' ihr zarter Maienpurpur stimmt!

Wie des Südens linde Lüfte weben
Kosend um der Rose zarte Wange,
Läßt des Südens Dichter zum Gesange

Seiner Laute weiche Saiten beben!
Und sie haben tief in's Herz gedrungen,
Und sie glühen, wenn sie längst verklungen.

Blick in Dichterherzen

Dichterherzen kannst Du leicht erkennen,
Offen, wie die heilige Natur,
Lassen sie der Liebe Fackel brennen,
In des Liedes goldner Sternenflur.

Biegsam, wie der Laute weiche Sennen
Tönen sie der Hand der Liebe nur;
Nie vom Dichter wird sich Eros trennen,
Ewig bindet sie der Treue Schwur.

Der Gedanken wundersame Fülle
Schafft des Dichters liebetrunk'ner Geist,
Seine schönen Welten baut nur Liebe

In der Brust geheimnisvoller Stille,
Wo es ewig webt und ewig kreist,
Gleich der Schöpfung flammendem Getriebe!

Die Blume auf dem Grabe

Laßt mich, Freunde, Grabesblumen pflücken,
Dort, wo Rhodbert's stilles Kirchlein* steht,
Der Erinn'rung seliges Entzücken
Von den grünen Hügeln um mich weht!

Eine Blume will an's Herz ich drücken,
Eh' sie mir die scharfe Sichel mäht!
Gruß und Kuß in ihren Tränenblicken,
Winket sie dem Pilger zu und fleht:

"Pflücke mich, ich blüh' auf Freundes Hügel,
Dem Du fern von mir ein Lied geweiht;
Ewig will ich Dir am Busen grünen!

Sanft umrauscht von seines Geistes Flügel
Hab' ich meine Blätter hingestreut,
Eh' Du an dem Grabe bist erschienen!"

*Die Margarethen-Kapelle im St. Peters-Kirchhofe,
von Rhodbert (dem hl. Rupert) erbaut.


Das letzte Fest

Wachet auf vom Grabe, frohe Bilder!
Einmal webet noch den muntern Reihen
Um des Denkmals düsterbange Schilder,
Ihm der Freude letztes Fest zu weihen.

Wo sie waltet, ist das Schicksal milder,
Läßt sich selbst des Lenzes Blumen streuen.
Seine Wolken ziehen finst'rer, wilder,
Willst du zitternd seine Pfeile scheuen.

Nicht auf immer ist der Freund verloren,
Der mit dir am Alpensteige schlief,
Und am Königsstuhl* dir Treu' geschworen.

Wie er dort vom Kaiserberge rief:
"Trauert, ach mir ist der Freund verblichen!"
Ist sein Geist von dir noch nie gewichen!

*Königsstuhl und Kaisersberg, in der Rauris hohe Bergpunkte.

Der Glaubensheld

Folge mir hinauf die Felsenstiege,
In des Berges schauervolle Schlucht,
Wo der Heilige des Glaubens Wiege
Schützte mit den Brüdern auf der Flucht.

Furchtbar wüteten des Hunnen Siege,
Rettung hat der fromme Mann gesucht,
Und Du wähnst, das Haupt des Jüngers liege
Noch im rauhen Bett der Felsenbucht.*

Rings um Dich des Todes düst're Male!
Sicher war hier nicht der Frommen Haupt,
Denn der Hunne stürzt es felsenab!

Doch gebot er nicht des Lichtes Strahle,
Wie die heil'ge Schar gehofft, geglaubt,
Stieg der Kirche Sieg aus ihrem Grab!

*Die Berghöhle in dem Mönchsberg bei St. Peter, wo der
hl. Maximus mit seinen Jüngern enthauptet und mit ihnen hinabgeschleudert wurde.
Man zeigt noch die Lagerstellen aus Stein, wo jeder ruhte.


Sieg des Kreuzes

Römerlaute, seid ihr ganz verklungen?
Keiner eurer Tempel pranget mehr?
Rom ging unter und hat ausgerungen,
Ohne seiner Größe Wiederkehr!

Lieder, bei den Opfern einst gesungen,
Zu den Göttern steigend, hoch und hehr,
Lied und Tempel hat die Nacht verschlungen,
Und kein Siegesbogen grüßt das Heer!

Und ein neu Geschlecht entblüht' den Mauern;
Sieh, des Kreuzes heil'ge Fahne weht!
Deutscher Sinn und frommer Glaube walten!

Kein Juvavia! Mögt ihr darum trauern?
Wenn die Nacht des Irrwahns untergeht,
Muß der Tag des Lichtes sich entfalten!

Einst und Jetzt

Nirgends mehr ein schöner Lockenknabe,
Und kein Priester, keine Priesterin?
Jauchzt kein Chor mit grünem Thyrsusstabe?
Lächelt keine holde Römerin?

Die Vestalin ruht, die Braut im Grabe,
Und erblaßt ist auch der Myrthe Grün!
Es entquillt der Schale keine Gabe,
Ach, das Römerleben ist dahin!

Aber tief im sinnenden Gemüte
Lodert einer Flamme heil'ger Brand,
Und das Auge schmachtet himmelwärts!

Auf der Myrthe Zweig treibt neue Blüte,
Um die Herzen glüht ein fest'res Band,
Und doch lacht auch uns noch Amor's Scherz!

Römische Vorzeit

Knaben eilt, herbei die Opferschale,
Mädchen hurtig, schlingt den Blumenkranz!
Dieser Tempel wird zum Göttersaale,
Und es prangt das Volk in Festesglanz!

Und gezündet vom geweihten Strahle
Schlägt die Flamm' auf! Sanft schlingt sich der Tanz,
Und das Opfer sinket unter'm Stahle,
Bis es stirbt, und ausgeatmet ganz.

And're Zeit! Statt jener Hymnenchöre
Kniet in tiefer Andacht hingegossen,
Dort der Jüngling, dort die stille Braut!

Herzensflammen glüh'n nur dir zur Ehre,
Heilige, vom Himmelsglanz umflossen,
Und der Festaltar ist dir erbaut!

Die Götterwelt

Heit're Sinnenwelt, dich ruft der Dichter,
Deine Zauber schlingen sich um ihn!
Damals floß der Lebensfaden lichter
Durch die weiche Hand der Spinnerin!

Nicht vertraut noch mit dem ernsten Richter,
Schlummerte des Herzens inn'rer Sinn,
Denn der Täuschung farbenreicher, dichter
Schleier lag auf seinen Tiefen hin.

Scheide, schöne Welt der Phantasien!
Lächle mir und gönn' den letzten Blick
In dein buntbewegtes, reiches Leben!

Ewig darfst du in dem Liede blühen,
Dort ruft dich des Sängers Brust zurück,
Sich mit deinem Zauber zu verweben!

Die Nacht auf dem St. Peterskirchhofe

Seht ihr dort die langen Marmorhallen?
Fackeln leuchten qualmend in die Nacht,
Schwarzverhüllte Mädchen seh' ich wallen,
Und des Todes dumpfes Schweigen wacht;

Lautlos schwankt der Zug, die Tritte fallen
Schwer und hohl, als wie im nächt'gen Schacht;
Nur des Priesters fromme Worte schallen
Weithin durch den Gang mit Geistermacht.

Und der Marmordeckel donnert nieder,
Tränen schimmern durch den Fackelglanz,
Und der Priester singt das letzte Amen.

Tief da unten welken Deine Glieder,
Und kein Morgen küsset Deinen Kranz,
Den die Grüfte neidisch zu sich nahmen!

Die Maid in der Trauer

Der Morgen ist so mild und weht gelinde
Durch Strauch und Busch, durch dunkles Hügelgrün,
Und um die Gräber flattern sanfte Winde,
Und gaukeln lieblich kosend her und hin.

Aus Blumen flicht ein duftiges Gewinde
Mit Schmerz und Lust die junge Städterin,
Und seufzt: "Das ist mein letztes Angebinde!"
Und schmückt die Gruft mit liebetreuem Sinn.

Da kommt ein schöner Jüngling hergegangen,
Er wandelt wie der Lenz so froh vergnügt,
Und grüßt die Maid mit holdem Morgengruß;

Es röten sich der Jungfrau bleiche Wangen,
Es ist der Schmerz, es ist der Gram besiegt!
Der Jüngling war der Hoffnung Genius!

Den Landsgenossen

Juvavia, mir immer lieb und traut,
Du schmückst die tiefe Gruft durch Künstlerhände,
Das Denkmal prangt, von Marmor dort erbaut,
Hier glühen Farben um die stummen Wände!

Drum, wenn dein Auge nach den Bildern schaut,
Verklärst du sinnig dir des Lebens Ende!
Der Künstler mildert jeden Schmerzeslaut,
Damit der Schmerz sich mit der Kunst vollende!

Hinab, hinauf die bunten Grüftereihen!
Du wandelst durch ein stilles Pantheon,
Das immerfort die treue Liebe schmückt!

Denn Liebe will's zur Friedenshalle weihen,
Im Marmor spricht der Treue letzter Lohn,
Die an die Urne ihre Wange drückt!

In die Täler

Hinaus von diesem Raum, wo Tod und Leben
Im Wechselkampfe miteinander ringen!
Hinauf tragt mich, der Freude leichte Schwingen,
Dort, wo im Hain die Maienlüfte weben!

Der Taube gleich, will ich mein Tal umschweben,
Hinan zu jenen Wolkenhöhen dringen,
Worüber einstens Meeresfluten hingen,
Und in die fernsten Fernen freudig streben!

Sonette, breitet wieder eure Flügel
Zum Flug und zu herzinnigem Gesang,
Wie immer euch der große Meister tadle!

Weich ist der Liebe bunter Blumenzügel,
Mich hind're nie des Maßes süßer Zwang,
Daß ich im Liede meine Heimat adle!

Michael Haydn*

Wo weilt mein Fuß! Vernehm' ich süße Lieder?
Ist hier das Reich der Töne aufgetan?
Da führt der Steig mich himmelwärts hinan,
Und Harmonien flüstern sanft hernieder!

Hier webt und wirkt geheim der Geist der Brüder,
Oft stieg der Eine diese steile Bahn,
Und wenn der Töne Macht sein Herz gewann,
Erklangen sie aus seinen Tiefen wieder!

Ihm glänzte nicht des Ruhmes gold'ne Krone,
Die seines Bruders Schöpferhaupt umschlungen,
Ihm quollen nicht so reich die Harmonien!

Zufrieden mit des Lied's bescheid'nem Lohne
Hat sich sein Geist im Tempel aufgeschwungen,
Und sieht der Andacht heilige Flamme glühen!

*Michael Haydn, Bruder des gefeierten Joseph Haydn.

Mozart

Mozart! Du Meister wundervoller Töne!
Ich denke Dein an dieses Berges Hang,
Es weht um mich, wie Philomelenklang,
Wie Zauberlaut der flötenden Kamöne!

Den Ihren nennen Dich Igonta's Söhne!
Als Dich noch Deiner Mutter Arm umschlang,
Erwachte Dir des Schöpfers Glutendrang,
Und schnell erschuf Dein Geist das ewig Schöne!

Ein junger Zaub'rer riefst Du aus der Fülle
Des Genius, was noch kein Ohr vernahm,
Was mächtig aufgeregt im Sturm die Geister.

Da liegt die Welt vor Dir in Andachtstille,
Und ruft: "Aus unbekannten Fernen kam
Zu uns herab der wundervolle Meister!"

Des Meisters Ruhm und Macht

Die Rose welkt, und stirbt; die Nachtigall
Beweinet ihren Tod in weichen Tönen,
Bald schweigt auch ihres Liedes Zauberschall,
Nach Lenz und Liebe folgen Schmerz und Tränen.

Der Meister durch der Töne süßen Fall
Erweckend Dir ein unnennbares Sehnen,
Er ging dahin, und lebt am Göttermal,
Mit ew'gem Rosendufte sich zu krönen!

Und welkt die Rose, stirbt Dir Philomele,
Ein neuer Lenz bringt Sängerin und Rosen,
Und immerfort erneu'n sich Lied und Duft!

Und ewig lebt und wirkt des Meisters Seele;
Den Himmel öffnet er den Freudelosen,
Den Glücklichen, wenn Anahitis ruft!"

*Die Muse des Orients, welche die Harmonien des Weltalls anspielt.

Der Baum der Liebe*

Es flattert und rauscht in den blühenden Zweigen,
Und schaukelt und schwirret her und hin!
Was regt sich, was höhnet mein sinnendes Schweigen?
Wer lispelt geheim durch der Blätter Grün?

Einst saß ich da, mich hinunter zu neigen
Von deines Schattens kühlem Baldachin,
Die Liebste am Arm, dein Bild ihr zu zeigen,
Als ich selbst noch ein Blütenbaum mir schien!

Du holdes Tal, und du duft'ger Baum,
Du breitest sehnend die Äste herab,
Und die Wipfel beseelen dir Lieder!

Jetzt denk' ich an meiner Liebe Traum!
Du blühst! Mein Lieben liegt im Grab,
Und dein Sänger erweckt es nie wieder!

*Am Aufgang zur Festung, wo sich eine reizende Aussicht
auf das malerische Salzachtal darbietet.


Schein und Sein

Ach, daß Leben und Liebe vergehen!
Das foltert so tief, das quälet das Herz!
Kosende Lüfte kommen und verwehen,
Und der grämliche Ernst verscheucht den Scherz!

Darf im Lieben und Leben nichts dauernd bestehen?
Alles wandelt gräber- und himmelwärts;
Nichts vermag das Verlorne zu erstehen,
Selbst die Freude begräbst du mit dem Schmerz!

Der Liebe seliges Glück wird neu erblühen,
Wie es die flüsternde Ahnung verheißt;
Nur der Schmerz flieht wie trügrischer Schein!

In die ewige Heimat wird die Liebe ziehen,
Wo sie entsproß und der schaffende Geist,
Und die Liebe wird frei von Qualen sein!

Der Nonne Morgenlied

Sind es Klagelaute, die ich höre?
Einer Silberstimme weicher Klang
Weint herab, und rufet: "Miserere!"
Sanft hintönend durch den dunklen Gang!

Jetzt begleiten sie die ernsten Chöre,
Feierlich und voll wird der Gesang!
Und der Orgel hundertfält'ge Röhre
Schwellen von der Töne Wogendrang!

Morgenhymnen beten keusche Nonnen,
Die nicht mehr der Erde Lenz erquickt;
Nimmermehr sein frischer Odem grüßt,

Die nur fremder Welten fremde Wonnen,
Nur des Himmels Vorgefühl entzückt,
Bis er sich der Betenden erschließt!

Das Frauenstift Nonnberg

Der Römer thronte hier in fernen Tagen,
Bis der Vandale seinen Sitz zerstört,
Und Alles rings mit wilder Faust verheert,
Aus Ostens Land mit Sturmeseil getragen.

Erkennst Du mich an meinen Sarkophagen?
So fragt es leis', die Urnen sind geleert;
Auf meinen Trümmern hatte Rhodobert
Der Himmelsbräute Wohnsitz aufgeschlagen;

Gertrudis tat dem Bruder das Gelübde,
Vor Sinnenlust die Seele zu bewahren,
Und sich als Braut dem Himmel zu verpfänden.

Seit jener Zeiten frommer Gründung* übte
Die Heilige mit frommer Mägdlein Scharen
Den Dienst, das Herz dem Himmel zuzuwenden!

*Der Orden der Benediktinerinnen auf dem Nonnberg,
wo nur adelige Töchter aufgenommen werden.


Die Verschleierte

Die Orgel singt, die Himmelsbräute wallen
In langem Zug durch's hohe Gittertor;
Da blickt die liebliche Gestalt hervor,
Mir lieb seit ihrer Kindheit erstem Lallen.

Auch Du, auch Du dem Himmel zugefallen?
Um Deine Stirne schwebt der Trauerflor!
Zum Engel schaut mein nasses Aug' empor
Aus diesen schauervollen Andachtshallen!

Gern reicht' ich Dir ein junges Blumenreis,
Ich möchte Dir's in Deine Locken flechten,
Und huldigen der schönen Himmelsbraut!

Dein Herz ist kalt für Erdenlieb' wie Eis,
Warm schlägt es nur des Himmels heil'gen Mächten,
Seit himmelwärts die keusche Träne schaut!

Dichterglut und Mädchen-Andacht

Dort prangen dir der Mädchen bunte Zeilen,
Das sind des Lebens Bräute, froh und jung!
Laßt mich, den Dichter, unter ihnen weilen
Mit irdisch-himmlischer Begeisterung!

Ich möchte gern das Herz von Schwermut heilen,
Es stärkt sich in des Schönen Huldigung,
Und zwischen Erd' und Himmel sich zu teilen,
Darin besteht des Dichters Liederschwung!

Was schmückt mit Blumen, Holde! ihr das Mieder,
Zu bergen etwa stiller Liebe Glut?
Was faltet ihr die Händchen so bescheiden?

Ich bitte, schlagt mir nicht die Augen nieder,
Und wenn hier eine sanfte Laura ruht,
Wird Doppelsehnsucht sie nicht gerne leiden?

Das Glasgemälde*

Am Fensterbogen glitzern helle Farben,
Sie blitzen, wie wenn Flora's Frühlingshand,
Aufrollt ihr blühend duftiges Gewand,
Und schlingen sich herum in bunten Garben!

Du staunst, daß diese Blumen noch nicht starben,
Die Menschenfleiß zu einem Kranze band;
Des Künstlers Hauch hat sie in's Glas gebrannt,
Darum sie ew'ges Leben sich erwarben.

Was bergt ihr diese Bilder unsrem Blicke?
Hinweg mit der verräterischen Blende,
Die unserm Blick das Herrliche verhüllt!

Gebt uns der Farben frischen Schmelz zurücke,
Des frommen Künstlers sinnige Legende,
Und seines Geistes holdes Zauberbild!

*Ein Glasgemälde hinter dem Hochaltar in der Klosterkirche
auf dem Nonnberge, Generationen lang verdeckt,
Madonna's Geburt und Leben darstellend.


Madonna als Kind

Wie schlummert dir so himmlisch süß das Kind,
Von Liedern eingelullt in tiefer Wiegen!
Wie sie geschäftig um die Schläfrin sind,
Wie Lieb' und Sorge sich zusammenschmiegen!

Es atmet ja so ruhig und gelind,
Der Himmel strahlt aus seinen holden Zügen!
Geht, weckt mir nicht das Mägdlein, geht geschwind,
Der Schlaf gedeiht, drum laßt mir's lange liegen!

Und überselig ist das Elternpaar,
Und an die Wiege fesseln Lieb und Sorgen;
Der Mutter Blick weilt auf der Schläferin,

Ihr warmer Hauch bewegt das gold'ne Haar,
Es strahlet, wie ein heit'rer Maienmorgen,
Und immer schwankt die Wiege her und hin!

Die Himmelsbraut

Unter Blumen spielt das Mägdlein stille,
Mit dem Rosenfinger taucht es weich
In die ausgegoß'ne Blütenfülle,
Selig in dem bunten Farbenreich!

Und sein Wink ist auch der Blumen Wille!
Spricht das Auge: Blumen schmieget euch
Um mich her und seid mir Schutz und Hülle;
Sieh, dem Kinde folgen sie sogleich!

Wie in Purpur zart die Rosen glühen,
Von des Mägdleins süßem Hauch belebt,
Wie der Himmel wonnig niederschaut!

Meister läßt die zarte Lilie blühen,
Und der frommen Mutter Busen bebt
Ahnend in dem Kind des Himmels Braut!

Madonna als Schülerin

Da liegt das Buch im pergamentnen Kleide,
Die heil'ge Mutter übt das Lesen ein,
Und still bescheiden neben ihr zur Seite
Erträgt das fromme Kind des Lernens Pein.

Das Mägdlein aber überstrahlt von Freude,
So emsig heiter, wie der Morgenschein,
Bedarf nicht lang, daß es die Mutter leite,
Und lernt mit Kindeseifer ganz allein.

Du siehst, es öffnet seinen Rosenmund,
Die Silben quellen leicht, mit süßem Ton,
Und Engel lauschen dem geliebten Kinde!

Und Blumen streu'n sie duftig, frisch und bunt
Herunter von der Wolken Silberthron,
Damit ihr Kranz dem Himmel Dich verbinde!