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Kranz 4
 

Die Erscheinung
Ausblick der Nonnberge
Das Unerreichte
Die Veste Hohensalzburg
Die Allee nach Hellbrunn
Zur Tafel
Das steinerne Theater
Der Geisberg
Der Lenz auf dem Geisberge
Aigen
Der Fürst und der Dichter
Des Sängers Geisterruf
Die Weihe
Das Szepter und die Laute
Das Einzige
Dichterwunsch
Der Pilger
Der letzte Gruß an Aigen
Hohenstauffen
Der Watzmann
Auf dem Königssee
Die Rast auf dem Hügel
Die Säule der Kaiserin
Der Hippograph
Der Sommerpalast
Grabmal
Der Kirchhof in St. Sebastian
Die Salzach
Auf dem Mönchsberge
Salzburg's goldene Ära

Die Erscheinung

Die Jungfrau kniet, die Hände fromm gefaltet,
Unschuld im blauen Aug', das heiter blickt,
So himmlisch mild, so göttlich hold gestaltet,
In stiller Andacht sanft in sich gebückt.

Und weil der Himmel ihr im Busen waltet,
Ist sie dem Erdenleben ganz entrückt!
Sie ahnet nicht, daß Schmerz dereinst ihn spaltet,
Und ist im Schau'n des Ewigen entzückt!

Da schwebt zur Beterin herab ein Engel
Und ruft sie an mit Gruß und froher Kunde,
Die er aus Himmels Höhen ihr gebracht!

Es schwebt der Morgen um den Lilienstengel,
Noch hörst den Gruß du aus des Engels Munde,
Sie aber spricht: "Ich bin des Herren Magd!"

Ausblick der Nonnberge

Wohin soll ich die trunk'nen Blicke wenden?
Da unten prangt in junger Lenzespracht
Die Flur, mir Blumendüfte zuzusenden,
Vom langen Schlummer reizend aufgewacht!

Und fernhin in den blühenden Geländen,
Ertost und rauscht der Salzachstrom mit Macht,
Der Alpensohn, entstürzt den grauen Wänden,
Wälzt rasch die Fluten durch der Wälder Nacht.

Soll ich hinan die grünen Hügel schweifen,
Die Well' an Welle nach dem Osten zieh'n?
Hinflattern auf des Fabelberges Rücken?

Mit einem Zuge möcht' ich dich ergreifen
Du deutsches Tempe, mit dir wieder blüh'n,
Und dich berauscht an diesen Busen drücken!

Das Unerreichte

Reicht Farbenglut, auf, reicht mir die Palette,
Hieher errichtet mir die Staffelei!
Ich male jene dunkle Bergeskette,
Gebt Töne mir, so zaubrisch wie der Mai!

Dem Himmel geb' ich jene Lasurglätte,
So blau, so tief, von jedem Wölkchen frei,
Und grün umhegt des Waldes duft'ge Stätte,
Entwerf' ich dieses Thales Konterfei!

Ach, mir entsinkt der Mut! Wer kann dich fassen
Mit deinen Höh'n und Tiefen, o Natur?
Wer drängt dein Leben in des Malers Bild?

Es muß des Dichters Farbenglut erblassen,
Und wie er dich verfolgt auf deiner Spur;
Sinkt er an deine Brust und ist gestillt.

Die Veste Hohensalzburg

Du alte Felsenburg, du Wächterin,
Du ernstes Denkmal grauer, ferner Zeit!
So finster schaust du nach den Fluren hin
Um dich herum, wie Blumen ausgestreut!

Zu deinen Mauern schlingt sich Immergrün
Hinauf, und breitet seine Arme weit
Um deine Türme, treue Schirmerin,
Und heilt die Narben dir aus altem Streit!

Und wie du mächtig ragst in blaue Lüfte,
So sendest du in's Tal die sanften Töne,*
Erglüht der Morgen, bleicht das Abendrot!

Dein süßer Schall dringt in des Berges Klüfte,
Der Wandrer lauscht, und eine Freudenträne
Weiht er dem Klang, der ihm Erquickung bot!

*Das sogenannte "Horn", eine Orgel an der Fassade der Festung,
die im Frühling und Sommer, Morgens und Abends Lieder spielt,
und mit einem harmonischen Dreiklang präambuliert.


Die Allee nach Hellbrunn

Die schattenreichen Laubengänge winden
Sich dort hinan, es brennt des Mittags Glut,
Ihr trauten Paare flüchtet zu den Linden,
Ihr wandelt dort in Amor's stiller Hut.

Bald werdet Ihr der Quelle Labung finden,
Wo die Najade heimlich flüsternd ruht;
Der Gott geleit' Euch in den Labyrinthen,
Wo Alles sich auf Zweigen gütlich tut!

Horch, sprudeln nahe nicht die hellen Bronnen?
Es rauscht und zischt und steigt in Regenbogen!
Ein jubelndes Gelächter schallt entgegen!

Hinweg den Schirm! Hier glühen keine Sonnen!
Seht, wie die Quellen froh und lustig wogen!
Ihr Damen hütet Euch! Jetzt strömt der Regen!

Zur Tafel

Willkommen Gäste, setzt Euch in die Runde!
Die Marmortafel ladet zum Genuß!
Sie wanket nicht, sie steht auf festem Grunde,
Nichts wird gedeckt, als reiner Born zum Schluß.

Und Herrn und Damen setzen sich im Bunde
Auf Marmorsessel ohne Lehn' und Fuß,
Und keine Speise schmeichelt ihrem Munde,
Im Herzen aber Liebesüberfluß.

Es rauscht, es strudelt auf, es schwillt die Welle,
Die Sitze brausen innerlich belebt,
Die Fluten schlagen über sie zusammen!

Wohin das Auge blickt, entrauscht die Quelle,
Die himmelwärts mit frischem Mute strebt,
Gleich heißer Liebe zügellosen Flammen!

Das steinerne Theater*

Wo sind die Histrionen? Teilt die Rollen!
Die Gäste harren in dem Marmorhaus,
Sie pochen ungeduldig schon, sie wollen,
Man führe endlich die Tragödie aus!

Die Sitze füllen sich, die übervollen,
So ruft die Fechter-Scharen doch heraus!
Zeigt uns im Spiel, wie zwei Geliebte schmollen,
Verschmäht ihr heute tragisch-finstern Graus!

Es regt sich nichts! Ernst blicken Steinesmassen,
Kein Laut ertönt, kein Seufzer und kein Ach,
Es trauert öde das Proszenium!

Längst hat die Muse diesen Sitz verlassen,
Hoch über ihm des Himmels Azurdach,
Lauscht jetzt die Pause, düsterlich und stumm!

*In Hellbrunn

Der Geisberg*

Du blickst mich an mit stillgeheimem Schweigen,
Und ruhst auf dir in hoher Majestät!
Die Blumen schlingen um dich ihren Reigen,
Wenn über dir die goldne Frühe weht!

Auf jener Pfade sanft verschlungnen Steigen,
Dort pilgert's sich's an Freundes Arm, dort geht,
Durch jungen Strauch und unter duft'gen Zweigen
Das traute Paar, von Blüten übersät!

Und rings umhüllt von grünendem Gewande,
Die Scheitel in das heit're Blau gehoben,
Ziehst du den Wandrer an die Blumenbrust!

Da schwelgt das Aug' hinaus in ferne Lande,
Es grüßt entzückt der Sonne Purpurgloben,
Und durch den Busen quillet Himmelslust!

*Nahe bei Salzburg, geformt wie Vesuv.

Der Lenz auf dem Geisberge

Vulkangestaltiger, nicht Lava glühet
In deinem Schoß, wie Sagen mir verkünden,
Kein Qualm entsteigt und keine Flamme sprühet
Aus deines Herzens tief verschloß'nen Gründen!

Des Lenzes duftevolle Tochter blühet,
Denn tiefer Friede wohnt in deinen Schlünden,
Und wenn die Holde wiederum entfliehet,
Sie kehrt, die neuen Kränze dir zu winden!

Ich will dich fürder Blumenvulkan nennen,
Den friedlichen, der mich zum Lied entzückt,
Der mich zum Himmel einst emporgetragen!

Drum Gruß und Kuß dir, und dem treuen Sennen,
Der gastlich mich im Hüttenraum beglückt
Mit süßem Labetrunk, mit Lied und Sagen!

Aigen

Mein Aigen, flüsterst du in meine Laute?
Die Wipfel rauschen gastlich mir entgegen,
Sie wissen, daß der Jüngling dir vertraute,
Der sehnsuchtsvoll an deiner Brust gelegen.

Einst, als ich mich in jene Zweige baute,
Die sich im Morgenhauche flüsternd regen
Und heimlich durch die Labyrinthe schaute,
Umschattet von den duftenden Gehegen:

Da lag das Lied im zarten Knospentraume,
Mein Leben schwamm im goldnen Nebelflor,
Von schönen Feen schaukelnd hingetragen!

Jetzt steh' ich da an deines Haines Saume,
Wohl aus der Knospe drang das Lied hervor;
Doch mengt der Schmerz darein der Wehmut Klagen.

Der Fürst* und der Dichter**

Ich denk' es wohl, der Fürst und Sänger gingen
Durch dieses Schattendunkel Hand in Hand,
Der Sänger durfte vor dem Fürsten singen,
Was seine liederreiche Brust empfand.

Die Glücklichen! Der Fürst und Sänger hingen
Zusammen durch ein edles Geisterband,
Und Beide trugen der Begeist'rung Schwingen
Hinüber in ein schönes Zauberland.

Ach, gingen Fürst und Dichter stets zusammen!
Sie wirkten Herrliches im treuen Bunde,
Melodisch flöße heiterer das Leben!

Sie wahren ja die heil'gen Götterflammen
Des Schönen in der Brust, des Sängers Munde
Sei aber die Verkündung hingegeben!

*Der Fürst und Erzbischof von Schwarzenberg.
**Dr. Al. Weissenbach.


Des Sängers Geisterruf

Der Sänger ist in's Heimatland gegangen;
Es weint der Fürst, es trauert selbst der Hain,
Wo seiner Laute süße Töne klangen,
Saß er am Quell im gold'nen Abendschein.

Er sah den Lenz mit neuen Blüten prangen,
Doch nimmer kehrt der edle Sänger ein.
Da seufzt er oft mit innigem Verlangen,
Und möchte gern' in seiner Nähe sein!

Und wie er wandelt in den Schattengängen,
Hinauf zur Quelle nach dem Blumental,
Da flüstert's schaurig von den dunklen Zweigen!

Es hallt am Fels von süßen Lautenklängen
Und singt im Wehmutton: "Das Letztemal
Umfängt mit Liebreiz Dich Dein schönes Aigen!" *

*Der Fürst, der Eigentümer und Verschönrer des weltberühmten
Parks folgte nach einigen Jahren dem Dichter.


Die Weihe

An diesem Haine nahten sich die Musen
Dem Königssohn mit Kuß und Gruß,
Und hauchten ihm den Genius
In gold'ner Früh' in den geweihten Busen.

"Ein Schreckbild sei fortan Du gleich Medusen,
Wo Deine Kraft beschützen muß!
Es quill' des Liedes Überfluß
Dir immer tief und rein, wie Arethusen.

Wir reichen Dir die heil'ge Priesterbinde,
Drum sei gedenk der ernsten Weihe!
Es blüht des Liedes Zweig um Deine Krone;

Dafür, wo auch Dein Aug' den Dichter finde,
Der still erblühet, den erfreue
Mit Deiner Liebe ungemeß'nem Lohne!"

Das Szepter und die Laute

Es hat der Königssohn der Väter Thron bestiegen,
Er faßt das Zepter an mit Kraft und Macht,
Es leuchtet ihm ein Gott aus heitren Zügen,
Der Herrliches, der Großes hat vollbracht!

Er langet nach der Laute; Deinen Siegen
Gehorchte stets der Zeiten tiefe Nacht.
Auf Deinen Ruf sind Sonnen aufgestiegen,
Und leuchteten in froher Jugendpracht.

Das Zepter tauschend mit der goldnen Laute
Beherrschet er sein Volk, so treu, so gut,
Voll regen Sinn's für alles Große, Schöne!

Und weil er ihm und eigner Kraft vertraute,
Erweckt er seinem Volk die edle Glut
Und ehrt des Dichters seelenvolle Töne!

Das Einzige

Ich bin mit Lieb' und Treue Dir ergeben,
Mein König, laß' mir nur Gesang und Laute,
Du darfst mich nicht zu hohem Amt erheben,
Mein einzig Amt sei immer nur die Laute!

Das Lied allein verschönert nur das Leben,
Und weil ich nie auf Gunst und Zufall baute,
So will ich nur auf Liedes Flügeln schweben,
Und sanft verklingen, wie der Ton der Laute!

Mein König, warm und innig schlägt das Herz!
Oft weint' ich schon der Freude stille Tränen,
Oft hab' ich bitt'ren Hohn und Schmach getragen.

Du nimmst die Laute, linderst Dir den Schmerz,
Dir, König, und erquickst Dein heißes Sehnen,
Auch mich laß singen und die Laute schlagen!

Dichterwunsch

Wer die Laute schlägt, will glücklich leben,
Haßt des Tages arbeitvolle Mühen,
Sucht dem lauten Markte zu entfliehen,
Um nach höhern Gütern aufzustreben.

Drum ein friedlich Amt mir nur zu geben,
Hör' des Liedes tiefe Melodien,
Die seit Jahren mir im Busen glühen,
Und der Laute sanften Ton's entschweben.

Nicht des Amtes Glanz verlangt der Dichter,
Zu der Freiheit wünscht er sich die Fülle,
Zu der Fülle heit'rer Tage Sonnenblick.

Keines, weder Rechner sein noch Richter,
Kräftig wirken möcht' er in der Stille,
Und besingen Deinen Ruhm und unser Glück!

Der Pilger*

Du, der an Niagara's Ufern schlief,
Du Hochbegeisterter, Du edler Franke,
Das Herz voll Dichterglut, den Sinn so tief,
Sei meines Liedes leitender Gedanke!

Dich Vielgewanderten, Dich Pilger rief
Des Schicksals Trotz in seine finstre Schranke,
Vom Zedron bis zum Niagara lief
Der Pilger, labend sich mit Quellentranke.

Vom fernsten Ost bis in das Wäldergrau'n
Kolumbia's zogst Du am Wanderstab,
Du trankest Morgenduft am Libanus!

Da ziehst Du auch in diese Blumenau'n,
Und schaust entzückt in dieses Tal hinab,
Und schick'st nach Westen hin den Heimatgruß!

*Chateaubriand.

Der letzte Gruß an Aigen

Ich trenne mich mit Schmerz von dir, mein Aigen!
Leb' wohl, du blütenreicher Götterhain!
Noch einmal kühle mich mit deinen Zweigen,
Und flöte mich in süßen Schlummer ein.

Des Dichters Geist wird deine Höh'n besteigen,
Ergießt sich über dir des Mondes Schein.
Da web' ich dann mit ihm den lichten Reigen
Mit Lautenklang um dunkles Moos und Stein.

Dann schau'n wir in die lieben Heimatlande,
Wo blut'ger Kampf durch Tal und Höhen zog,
Und greifen singend in die goldnen Saiten!

Es lebte sich so schön am Salzachstrande!
Ach Lieb und Lust und Liederklang entflog,
Die Tage froh und sonnig auszubreiten!

Hohenstauffen

Wer raget hoch hinaus mit seinen Zinken
Nach Südensland, die Brust vom Wald umschattet?
Des Hohenstauffen kühne Felsen winken,
Das Haupt in Meeres - Stürmen abgeplattet!

Du magst der Sonne letzte Strahlen trinken,
Dem sich der hochberühmte Name gattet!
Du wirst besteh'n, es mußte untersinken
Das herrliche Geschlecht, im Kampf ermattet!

Dein denk' ich nah und fern! Des Kaisers Bild
Umschwebet mich! Es ziehen Deine Mannen
Herauf, Du führst sie an in Zornesglut,*

Die Rosse stampfen wiehernd das Gefild,
Das Schwert gesättigt, ziehest Du von dannen,
Du hast gestraft des Gegners Übermut!

*Friedrich Barbarossa lagerte mit seinem Heer in der Gegend
des Hohenstauffen.


Der Watzmann

Du, der die Scheitel in die Wolken trägt,
Erhab'ner Riese, blickest himmelan!
Jahrtausende bemissest unbewegt
Der wandelnden Gestirne goldne Bahn!

Wenn unter dir der Sturm die Welle schlägt,
Und auf und nieder schwebt des Schiffers Kahn:
Nie hat er deine Tiefen aufgeregt,
Du stehest fest und wankest nicht, Titan!

Drum weilt er gern in deiner Riesennähe,
Der mild der Schyren goldnes Zepter führt,
Das Große sucht sein königlicher Geist!

Er strebt mit dir hinan zur Sternenhöhe,
Von keiner Erdenplage mehr berührt,
Von seligen Dämonen dort umkreist!

Auf dem Königssee

Walle nicht, woge nicht, schaukle den Nachen!
Nur wiegen darf die Welle sanft und gut!
Die Tiefen lauschen und flüstern und wachen,
Und rufen: "Ihr Wogen bezähmet den Mut!"

Und wenn am Felsen die Wellen sich brachen —
Ihr Blick gebietet ihrer raschen Wut;
Sie sahen ihr Bild holdselig lachen,
Und kosende Wellen treibet die ruhige Flut.

Sie naht, sie segelt daher, das Kind im Arm,
So leise lispeln Weste mit den Wellen,
Und von den Höhen lauschet süße Stille!

Es weht des Abends Hauch so mild, so warm,
Des Schiffes blaue Segel sanft zu schwellen,
Denn See und Berg beherrscht der Holden Wille!

Die Rast auf dem Hügel*

Ich bin erschöpft von Ritt' und langen Fahrten,
Gönnt, daß ich raste auf dem Blumenhügel
Im duftigen Gesträuch, im Urnengarten!
Es sinken meines Hippogryphen Flügel.

Dort will ich sein und mein recht gütlich warten,
Er pflege sich mit freigelass'nem Zügel
Und labe sich an allen Kräuterarten,
Die Laute über'n Rücken, und die Bügel.

Da ruht des Römer's Asche, schläft sein Leben.
In Blumenbeeten wühlt der Gärtner um,
Und zeigt dem Wandrer manches Heiligtum.

Ich denk' des Römer's froh beim Gold der Reben,
Den Toten sei des Dichters Trank geweiht,
Der sich der holden Gegenwart erfreut!

*Bürgelstein (Rosenegger Garten),
die Grabstätte der vornehmen Römer.


Die Säule der Kaiserin*

Die Welle zieht vorbei mit leiser Klage,
Und flüstert früh und spät ein tiefes Ach.
Sie suchet ja Dein Bild seit jenem Tage,
Und stürzt Dir sehnsuchtsvoll und liebend nach.

Am Hügelrande singt noch heut die Sage,
Früh würden schon im Lenz die Blumen wach,
Und von den Blüten wehe sanft die Frage:
Ob Deine Hand die letzte Blume brach?

Seit Jahren ragt Dein hohes Bild als Säule,
Es schaut hinab und grüßt die flücht'ge Welle,
Und mächtig seufzet stiller Wehmutlaut.

Ach, zähme, teurer Strom, der Wogen Eile,
Und opfere Rosen an der heil'gen Stelle,
Von deiner Alpen süßem Duft betaut!

*Die Säule bezeichnet die Stelle am Rosenegger Hügel,
wo die Kaiserin Maria Theresia stand.


Der Hippograph*

Zum Ritte sind die Flügel ausgebreitet,
Dem Felsen will der Pegasus entschweben,
Seit Jahren schon ist er zum Flug' bereitet,
Und Keiner wagt es, sich hinaufzuheben!

Wo ist der Kühne, der es wagt und reitet?
Seht, wie die Flügel auf zum Fluge streben!
Ach, Keiner nahet, der ihn zähmt und leitet,
Weil Keinem noch der Mut zum Flug' gegeben!

Du edles Tier, du schönes Götterpferd,
Wie lange hältst die Schwingen du gespannt
Und richtest deine Blicke himmelwärts?

Der dich erschuf, er sei mir hochverehrt!
Er lös'te dir der Zügel hemmend Band,
Und feurig, göttlich schwebst du noch im Erz!

*Das Flügelpferd vor dem Sommerschlosse Mirabell.

Der Sommerpalast*

Mira Bella! Sinnig mag der Dichter deuten
Deinen holden Namen; denn das Schöne
Läßt sich Tempel und Palast bereiten,
Daß es festlich sich der Gründer kröne!

Teuer bist du mir aus jenen Zeiten,
Als der Holden süße Muttertöne
Durften den Gemächern sanft entgleiten,
Und den Hohen grüßte die Kamöne!

Dort begannen Dir die Mutterwonnen,
Und Dich grüßten Salzburg's Blumenauen
Und die Berge nickten aus der Ferne.

Sprich, da glühten schöne Maiensonnen,
Freude scholl in den beglückten Gauen,
Denn es leuchteten der Liebe Sterne!

*Die Sommerresidenz Mirabella, im Jahre 1810-1811
von Ihrer Majestät der Königin Therese von Bayern bewohnt.


Grabmal

Laßt mich wandern nach dem stillen Mal,
Nach des Friedens ruhumfloßnem Ort!
Heiter wandelt sich's beim Mondenstrahl
In des Lebens sturmbefreiten Port!

Quitt der Sorgen und der müden Qual
Lebst Du kräftig unter Geistern fort,
Du, der forschend sich erschwang durch's All,
Fesselnd Deinen Geist in Bild und Wort!

Bombastus, kühnen Mut und tiefes Sinnen
Erschlossen Dir der Urkraft stilles Weben
Und weihten Dich zu ihrem Priester ein;*

Des Ruhmes Palme wieder zu gewinnen,
Erweckt vergeßnes Wirken Dich in's Leben,
Beschwört der Wandrer Dich am Marmorstein!

*Theophrastus Bombastus von Hochheim,
Philosph, der letzten Ära des Mittelalters angehörig.


Der Kirchhof in St. Sebastian

Still, Wandrer, wandle sachte durch die Hügel!
Sie decken manches treue, leidgequälte Herz,
Und mancher Hoffnung unverletztes Siegel
So fest, so stark wie Demant und wie Erz.

Lenk' zur Kapelle,* wo des Engels Flügel
Den Hirten schirmen, der sich himmelwärts
Erhob, und unter seines Sarges Riegel
Nichts birgt, als seines Lebens finstern Schmerz!

Er tat dem Volke wohl! Sein Name leuchtet,
Ein freundliches Gestirn in stiller Halle
Und ruft sein väterliches Bild zurücke.

Von Tränen ist das Auge dir befeuchtet!
Die Träne quelle nach dem Gräberwalle,
Die Sehnsucht richte sternenauf die Blicke!

*Die Gabriel's-Kapelle im malerischen Kirchhofe zu St. Sebastian.

Die Salzach

Du teurer Strom, du Pilger aus dem Tale,
Wie drängst und treibst du hastig deine Wellen!
Herüber aus der Firner* Smaragdsaale,
Lockst du durch Felsenrinnen deine Quellen!

Und bräutlich jung, geschmückt zum Hochzeitmahle,
Eilst du zum Oenus,** dich ihm zu gesellen.
Ihm blitzt wie dir, das Haupt im Demantstrahle,
Den Tag des trauten Bundes zu erhellen.

Und in des Ister's*** Arme flieh'n die Bräute,
Froh trägt er euch zu blühenden Gestaden,
Und Vindobona jubelt euch entgegen.

"Seht, Sohn und Tochter, rührt die gold'ne Saite!
Zum Pontus trag' ich sie, zum treuen Paten,
Gebt zu der Brautfahrt euren frommen Segen!"

*Firner — Gletscher. **Oenus — Inn. ***) Ister — Donau.

Auf dem Mönchsberge

Ihr ragt heran zu mir, ihr Turmesspitzen,
Ihr lauscht dem stillen Lied, dem Lautenklang;
Ich blicke sehnend durch der Wolke Ritzen
Und folge der Gestirne Silbergang.

Siehst du des Domes gold'ne Kuppel glitzen?
Umschwebt sie nicht der Geister Hochgesang?
Des Mondes schauervolle Strahlen blitzen,
Tief unten braust der Salzach Wogendrang.

Es flüstert auf zu mir, es schwirrt und heulet!
Ich atme hingegeben heit'ren Träumen,
Bedenkend, wie des Lebens Glück verschwindet,

Und zwischen Lust und tiefem Schmerz geteilet,
Das Leben mir mit Rosen zu umsäumen,
Wünscht' ich auf diesen Höh'n mein Haus gegründet!

Salzburg's goldene Ära

Und weit und weiter schweifen meine Blicke!
Da liegst du friedlich vor mir ausgebreitet,
Du heit're Stadt, im wechselnden Geschicke,
Von deutscher Sitte frommem Hort geleitet.

Bescheiden in der Fülle selt'nem Glücke,
Hast du dir nie der Waffen Ruhm erbeutet,
Drum jene Zeiten ruf' ich dir zurücke,
Als du des Geistes Schätze ausgebreitet.

Ein emsig stilles Schaffen edler Geister,
Geräuschlos wirkend, greifet tief in's Leben,
Und fördert mehr, als wildbewegtes Treiben.

Gebilde blühen nur dem stillen Meister!
Wie ihm das Herz erglüht, er mißt sein Streben,
Und läßt sich nicht vom lauten Markt betäuben.