Verwechslung
Würde das Schicksal nicht ungerecht spielen,
Höb' es nur immer die Braven hinauf;
Mancher, der sitzt, stünde hinter den Stühlen,
Mancher, der hinten steht, säße darauf.
Naivität
Lise
Höre Mutter, was geschah:
Neulich in der Hauptstadt drinnen
Trat ein Herrlein mir ganz nah,
Wollte meine Gunst gewinnen,
Bot mir einen Gulden an,
Wollt' ich ihm ein Küßchen geben.
Mutter
Nun und was hast du getan?
Lise
Nun, da kam er recht mir eben;
Sprach: Er soll sich weiter heben,
Ach! ich sah's ihm ja gleich an,
War nur ein gemeiner Mann;
Ja, wenn's noch ein großer Herr,
Graf — Baron gewesen wär' —
Mutter
Nun — was hättest du getan?
Lise
Dann o Mütterchen, ja dann,
Hätt' er mir, wollt er mich küssen,
's Doppelte erst geben müssen.
Vorzug der Engländer
Brite! du bist zu beneiden,
Kannst dein Weib du nicht mehr leiden,
Führst du auf den Markt es hin,
Wirst es los noch mit Gewinn;
Ach bei uns gäb' mancher Mann
Gern sein Weib umsonst hintan,
Doch es nimmt es Niemand an.
An ihr Hündchen
Warum bleckst du mir die Zähne
Tret' ich der Geliebten nah?
Und wenn ich ihr Händchen fasse,
Warum, Böser, knurrst du da?
Willst dem Zerberus du gleichen?
Unrecht tust du ganz gewiß,
Er bewachet ja die Hölle,
Aber du das Paradies.
Alles und Nichts
Elise hat eine Gestalt zum Entzücken,
Elise hat Feuer in ihren Blicken,
Elise hat Zähne wie Elfenbein,
Elise hat Füße gar zierlich und klein,
Elise hat eine schneeweiße Hand,
Elise hat Anmut und Witz und Verstand,
Elise hat Alles, was schön auf der Welt,
Nur hat Elise — ach leider! — kein Geld.
Wohl jammerschade ist's in der Tat,
Daß die arme Elise so gar nichts hat.
Stoßseufzer
einer empfindsamen Frau
Ach! wie ändert ein Jährchen der Ehe
Alles im Hause, besonders den Mann,
Wie er so kalt wird, daß fast sein lieb Weibchen
Ihn und sich selbst nicht erwärmen mehr kann.
Anfangs hieß es nur immer: Mein Engel!
Später mein Schatz! meine Hälfte sodann,
Jetzt aber, daß es dem Himmel erbarme,
Sieht er mich kaum für sein Achtel mehr an.
In den ersteren Wochen der Ehe
Drückt' er mir, wo er nur konnte, die Hand,
Blickte mich schmachtend stets an und verwahrte
Zärtlich im Busen von mir ein Band,
Lobte mein Mündchen und lobte mein Füßchen,
Raubte mir, gab ich's nicht gutwillig her,
Wo er's nur immer vermochte, ein Küßchen.
Jetzt, ach! raubt er mir gar nichts mehr.
Mißmutig ist er, macht schiefe Gesichter,
Suchet immer nur Hader und Zank,
Und wenn ich eben recht wohl mich befinde,
Sagt der Tyrann, er fühle sich krank;
Wenn es recht schön ist, so bleibt er zu Hause,
Geht aber fort, blasen Nordwinde scharf,
Und wenn mir Unruhe käme gelegen,
Sagt er mir, daß er der Ruhe bedarf.
Was er mir früher nur ansah im Auge,
War seinem emsigsten Streben ein Ziel,
Jetzt, ach! es kostet mich bittere Tränen,
Jetzt begehr' ich ihm gleich zu viel.
Vormittags geht er an seine Geschäfte,
Nachmittags sucht er beim Spiel sein Glück,
Abends trinkt er und Nachts will er schlafen,
Ach! und für mich bleibt kein Augenblick.
Und dabei ist er auch eifersüchtig,
Duldet mir gar keinen Zeitvertreib,
Will Alles tun, aber gar nichts leiden,
Bin ich nicht ein unglückliches Weib?
Gar keine Freuden lachen mir Armen,
Und wenn er nicht gar so großes Geschrei
Und Gepolter im Hause machte,
Könnt' ich wohl denken, daß Witwe ich sei.
Liebeskrankheit
Der Liebhaber:
Willst du mich nicht erhören? — wohl, es sei,
So sterb' ich denn an meinen Liebeswunden.
Die Geliebte:
Wohlan, so stirb! Das ist doch mind'stens neu,
Da Andre meistens leicht davon gesunden.
Hochzeitsbeschickung
Die Nachbarin
Ich werde die Braut zu der Hochzeit frisieren.
Die Schwester der Braut
Ich schmücke sie aus, kleide prächtig sie an.
Die Kranzjungfer
Ich werde sie hin zum Altare führen.
Der Pastor
Ich kopuliere sie selber sodann.
Der Brautvater
Das Heiratsgut zahl' ich, wenn heim wir kehren.
Der Gärtner
Ich schaffe die Blumen zum bräutlichen Kranz.
Die Herrschaftsköchin
Ich koche das Mahl unserm Bräutlein zu Ehren.
Der Schullehrer.
Ich geige die herrlichsten Walzer zum Tanz.
Der Wirt.
Ich gebe den Saal her zu Tanz und zu Schmaus.
Die Gäste.
Wir jubeln und trinken fort bis an den Morgen.
Die Brautmutter.
Ich führe die Tochter um 12 Uhr nach Haus.
Der Bräutigam.
Das Übrige werd' ich schon selber besorgen.
Lilien und Rosen
Wenn Lilien das Antlitz des Weibes zieren,
Wer wäre wohl da nicht zu huld'gen bereit?
Doch werden die Lilien die Frische verlieren,
Blüh'n sie nicht bei Rosen der Schamhaftigkeit.
Definition
Baumeister heißt, wenn recht ich deute
Des Wortes tiefen Sinn, ein Mann,
Der Häuser baut für andre Leute,
Damit er sich eins bauen kann.
Die Vollkommene
Natur gab alles dir, was uns entzückt,
Witz, Anmut, Sanftmut, Schelmerei:
Um aber uns zu machen ganz verrückt,
So fügt ein Dämon den Verstand noch bei.
Geld
Vorstellungszeichen aller Dinge auf der Welt
Ist Geld;
Drum gibt es auch nur Eine Gierde auf der Welt:
Nach Geld.
Der buckelige Poet
Der bucklige Marull ist ein Poet,
Die Leute aber wollen ihn nicht loben,
Man sagt, gestohlen seien seine Proben.
Allein das ist nicht wahr, prüft nur sein Werk und seht,
Wie Alles ganz gewiß aus seiner Feder geht;
Denn seine Verse sind ja so wie er verschoben.
An die Magnetiseurs
Soll Eure Kunst uns etwas nützen,
Und ist sie nicht ein leeres Wort,
So setzt die Dinge, die ich nenne,
Schnell miteinander in Rapport:
Verdienst und Glück, Verstand und Reichtum,
Die Armut und Wohltätigkeit,
Talent und schnelles Höhersteigen,
Viel Wissen und Bescheidenheit.
Kritik und Wahrheit, Macht und Demut,
Hochmütigkeit und Bonhomie,
Gesundheit, Alter — Kunst und Klarheit,
Und Geist und Herz — Geld und Genie.
Der untrügliche Arzt
Mit zwei und dreißig Jahren
Starb gestern Doktor Wahren;
Er war es, der das schöne Buch herausgegeben,
Betitelt: Kunst ein hohes Alter zu erleben.
Eine menschliche Schwäche
Von mannigfachen Menschenschwächen
Läßt die am öftesten sich sehn:
Daß viele Leute nicht zu sprechen,
Und auch zu schweigen nicht verstehn.
Mode
Daß jetzt die Frau'n die Uhr im Busen tragen,
Ist pfiffig angelegt,
Es muß an jenem Ort doch etwas schlagen,
Wo jetzt kein Herz mehr schlägt.
Erziehung
Es fängt Erziehung an,
Wenn wir geboren werden,
Und endigt wohl erst dann,
Wenn man uns deckt mit Erden;
Darum behaupt' ich eben,
Erziehung sei — das Leben.
Unbezahlbar
Es sagte mir neulich der Dichter Rauch
Mit einem ganz kecken Gesichte:
Unzahlbar sei'n seine Gedichte
Dasselbe sagt sein Verleger auch;
Der Mann hat heute nicht wenig geflucht,
Daß Niemand sie noch hat zu zahlen versucht.
Der Poet im Dachstübchen
Daß ich ein kleines und luft'ges Gemach
Ganz oben bewohn' auf des Hauses Dach,
Gereicht mir zu keiner Schande;
Der Künstler muß über's Erdengewimmel
Zu heben sich suchen, je näher dem Himmel,
Je näher dem Vaterlande.
Fragen und Antworten
(Nach dem Englischen des James Montgomery)
Frage: Ihr Blümchen! warum blühet ihr?
Antwort: Zu zieren den Pfad zum Grabe dir.
Frage: Gestirne! warum steigt ihr auf?
Antwort: Zu leuchten dem Geist in den Himmel hinauf.
Frage: Mond! warum nimmst du ab fortan?
Antwort: Damit ich wieder wachsen kann.
Frage: Sonn'! warum strahlt dein Angesicht?
Antwort: Der Schöpfer sprach: "Es werde Licht."
Frage: Warum fliehst du so schnell, o Zeit?
Antwort: Ich eile zu der Ewigkeit.
Frage: Was bist du denn, o Ewigkeit?
Antwort: Ich bin, war, werde sein wie heut.
Frage: Natur, wie kamst du wunderbar?
Antwort: Mein Meister rief mich und ich war.
Frage: O Winde, warum blaset ihr?
Antwort: Für alle Wesen atmen wir.
Frage: O Meer, woher dein Schwall und Fall?
Antwort: Frag Jenen, der regiert das All.
Frage: Wer zeigt Planeten Euch die Bahn?
Antwort: Ein Finger, der nicht irren kann.
Frage: Welch' Kraft, o Leben! dich durchweht?
Antwort: Ein Hauch, der mit dem Tod vergeht.
Frage: O Tod, wohin wirst du uns bringen?
Antwort: Zur Ruh vom Streben und vom Ringen.
Frage: O Grab! wo zeiget sich dein Sieg?
Antwort: Frag Jenen, der aus mir entstieg.
Gesellschafts-Lied
Eine Stimme:
Sang erfreut des Menschen Herz,
Schaffet hohe, reine Lust,
Töne steigen himmelwärts,
Klingen wieder in der Brust.
Haucht sich Leiden aus in Klängen,
Schnell das Mitgefühl erglüht,
Jubelt Freude in Gesängen,
Zittern selbst die Lüfte mit;
Heil dem Sange! — Melodei
Ist des Herzens Malerei!
Darum laßt den Meister leben,
Der Gefühl in Töne zwingt,
Und der Sänger soll auch leben,
Der den Ton in's Leben bringt,
Hoch soll jeder Andre leben,
Den's erfreuet, wenn man singt.
Chor:
Hoch der Sang, der Freude bringt,
Stoßt das Glas an, daß es klingt.
Eine Stimme:
Wein erfreut des Menschen Herz,
Rebensaft ist nasses Gut,
Wenn man trinket, schweigt der Schmerz,
Und die Wange rötet Mut;
Wasser überlaßt den Schwänen,
Weines Perlen nur allein
Sie bedeuten keine Tränen,
Und kein Wermut ist im Wein;
Heil dem Weine! —Traubenblut
Ist für Leib und Seele gut.
Drum laßt Vater Noah leben,
Der gepflanzt den ersten Wein!
Und den braven Wirt laßt leben,
Der ihn unverfälscht schenkt ein,
Hoch soll auch ein Jeder leben,
Der die Becher trinket rein!
Chor:
Hoch der Wein, schenkt alle ein,
Trinkt den Wein auf's Wohl vom Wein.
Eine Stimme:
Lieb' erfreut des Menschen Herz,
Kalt ist ohne sie die Brust.
Lieb' ist gar ein lust'ger Schmerz,
Eine schmerzerfüllte Lust;
Wer die holde Liebe mißte,
Wer auf dieser Lebensreis'
Eine Schöne niemals küßte,
Packe sich aus unserm Kreis!
Hoch die Liebe! — Harmonie
Dieses Lebens ist nur sie!
Darum laßt den Braven leben,
Der nichts hasset, Alles liebt,
Und den Vater lasset leben,
Der ein Paar zusammen gibt,
Auch der Heide selbst soll leben,
Wenn er Liebespflichten übt.
Chor:
Liebe hoch! die Wonne bringt,
Und die ganze Welt umschlingt!
Eine Stimme:
Scherz erfreut des Menschen Herz,
Aus des Lebens Dunkel bricht
Gleich dem Sonnenstrahl der Scherz
Mit dem rosenfarb'nen Licht;
Was der große Maler malet,
Lächelt dir im bunten Glanz,
Wenn der Holde mit dir dahlet,
Ist dein Dasein nur ein Tanz.
Hoch der Scherz! — Die Würze streut
Er auf unsre Pilgerzeit;
Darum laßt den Komus leben,
Der erhellt die dunkle Nacht,
Laßt auch jeden Frohen leben,
Der da Scherze liebt und macht.
Jeder Lachende soll leben,
Weil der Böse niemals lacht.
Chor:
Hoch der Scherz! schenkt ein, stoßt an!
Heit'rer Mann, ein guter Mann!
Eine Stimme:
Freundschaft doch beglückt das Herz
Mehr als jeder andre Trieb,
Mehr als Sang und mehr als Scherz
Mehr als Wein und mehr als Lieb'.
Jede andre Lebensrose,
Die der Mensch sich pflücket, sticht,
Sie ist nur die dornenlose
Und des Daseins Sonnenlicht;
Heil der Freundschaft! Fester Stab
Ist nur sie uns bis zum Grab!
Darum laßt die Freundschaft leben,
Die allein nie sterben kann,
Hoch soll jeder Biedre leben,
Der ihr Opfer bringen kann,
Hoch soll unser Kreis hier leben,
Den sie lange schon umspann.
Chor:
Hoch die Freundschaft! hoch der Wein!
Lieb' und Scherz und Melodei'n.
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