Gratulation
Parodie
des Hamlet'schen Monologs
Ob gratulieren, oder nicht? das ist die Frage. —
Ob's edler im Gemüt den Spruch hersagen,
Als wär' man in der Schule, oder schweigen
Und nichts dergleichen tuen? Gratulieren —
Glück wünschen, weiter nichts! und dann zu wissen,
Daß mit dem Glückwunsch Alles sei getan,
Das wär' ein Ziel auf's Innigste zu wünschen.
Glückwünschen, gratulieren — gratulieren?
Vielleicht Präsente geben? — Ha! da liegt's!
Was für enormes Geld Präsente kosten,
Das zwingt uns still zu stehn, das ist die Rücksicht,
Warum es immer nur beim Wünschen bleibt;
Denn wer ertrüge wohl das Putzen, Schniegeln
Des eignen Leichnams, wer die engen Stiefel,
Das Haarzerzausen eines Kopfverschönrers,
Das Waten auch im Schnee und Kot und Regen,
Das ungeheure Geld, das die Fiaker
Von uns verlangen, wenn man Ruhe sich
Verschaffen könnte bloß mit einer Karte?
Die Freud' auf etwas nach dem Gratulieren,
Ein Tälerchen, das etwa mild uns zufällt,
Ein Mittagsmahl, zu dem man wird gebeten,
Das unentdeckte Land des vollen Sackes,
Von dessen Innern wir was wissen möchten,
Das macht, daß wir doch lieber selber kommen,
Als ein Billet durch den Bedienten schicken;
So macht das Gratulieren aus uns Allen
Nur Bettelnde und Bettler, und dem Geize
Wird nur der Trieb der Freundschaft angekränkelt:
Indessen man an eignes Wohl nur denkt,
Wird für des Freundes Wohl der Wunsch gelenkt.
Hymens
Qualen und Lust
Hymen! erklär' mir warum verkünden die schmähenden Zungen
Deine Qualen nur stets, uneingedenk deiner Lust?
Weil meine Kämpfe und Streite bei hellem Tag' ich vollführe;
Aber den Wiederverein decket der Schleier der Nacht.
Glück und Verdienst
Das Glück traf das Verdienst auf seinem Gange:
Willkommen! rief es, endlich fügt es sich,
Daß ich dich find', ich suche dich schon lange! —
Und ich — sprach das Verdienst, — erwarte dich.
Als
sie starb
Es ist vorbei, mein Leben ist zerschnitten,
Die eine Hälfte ist gelöst von mir,
Erzürnter Gott! so fanden meine Bitten
Und Tränen keine Gnade mehr vor dir?
Der Tod hat mir ihr Leben abgestritten,
Mein elend Leben trennte mich von ihr
Und keine Hilfe war und kein Erbarmen,
Er riß mein Alles mir aus meinen Armen.
Ja, Alles war sie mir auf dieser Erde,
Geliebte, Schwester, Freundin, Pflegerin,
Damit kein Übel mich zu stark gefährde
War sie der größern Hälfte Trägerin.
Und was mein Herz, mein Blick auch nur begehrte,
Das war durch sie mein täglicher Gewinn,
Und diese Einz'ge mußt' ich sterben sehen! —
Darf denn der Tod auch Engel niedermähen?
Wenn dir dein Haus vernichtet ward durch Flammen,
So bist du arm; doch liegt es noch im Lauf
Der Möglichkeit, nimmst du die Kraft zusammen,
Du bauest dir ein neues, schönres auf,
Nimmt Gott die Liebsten, welche dir entstammen,
Zu sich, mit Tränen blickst du dann hinauf,
Doch bleibt dir Jene noch, die sie geboren,
Doch ich hab' nichts mehr, Alles ist verloren.
Ja ich, ich bin der Ärmste von den Armen,
Steh' in der weiten Welt nun ganz allein,
Mein Glauben, Hoffen, Lieben und Erbarmen,
Liegt alles unter einem kalten Stein,
Mein Herz, es kann an keinem mehr erwärmen
Ich gab es ihr, man grub es mit ihr ein,
Ich bin ein Körper nur mehr ohne Herzen,
Der sich nur lebend fühlt durch seine Schmerzen.
Mag nicht mehr sehn der Sonne feurig Prangen
Möcht lieber ruh'n bei ihr in ew'ger Nacht,
Mich ekeln an die frischen Rosenwangen
Denn ihre hat der Tod ja blaß gemacht,
Mich faßt es an, als ob mit glühnden Zangen
Man mich verwundete, wenn Jemand lacht,
Denn Andrer Freuden bringen mir nur Leiden.
Und meine Leiden sind nur meine Freuden.
Sie sagen zwar: "Ich soll ihr Glück ihr gönnen,
Sie sei nun aller Erdenbürden los,"
Ich kann mein Glück nicht von dem ihren trennen,
Und wüßte sie mein Unglück sei so groß,
Gewiß, sie wollte selbst ein Glück nicht kennen,
Das ohne mich der Himmel ihr erschloß,
Ich hörte nie sie über Bürden klagen,
Die sie mit mir vereinet hier getragen.
Dann meinen sie: ich werde schon gesunden,
Heilsame Kräfte schlummern in der Zeit,
Nein, sag ich nein, es gibt so tiefe Wunden,
Die nie vernarben, nicht in Ewigkeit,
Und hat ein dünnes Häutlein sich gefunden,
Das von der äußern Wirkung sie befreit,
So fressen desto tiefer sie nach Innen,
Und nimmer ist Genesung zu gewinnen.
Drum keinen Trost ihr lieben guten Leute,
Nicht faß ich, was ein Freund teilnehmend spricht,
Ihr gebt mich nur noch mehr dem Schmerz zur Beute,
Der dann hervor noch fürchterlicher bricht,
Ehrt, wenn ich düster Euch entgegen schreite,
Ehrt meinen Gram und stört darin mich nicht,
Und wollt ihr mich nicht unbegrüßet lassen,
So mögt ihr meine Hand, sie drückend, fassen.
Solch einen Druck will ich mir selber deuten,
Er saget mir: Dein Schmerz ist mir bewußt,
Er drückt mir aus all die Vortrefflichkeiten
Die ich besaß und mißt mir den Verlust,
Er wünschet mir, Gott wolle mich geleiten,
Hin, wo ich wieder ruh' an ihrer Brust;
Ihr Freunde solch ein Druck ist hier am Orte,
Doch keine Worte, — ach! — nur keine Worte!
So will ich still die Pilgerfahrt vollenden,
Bis mir die Stunde der Erlösung schlägt,
Will meine letzte Kraft noch Jenen spenden,
Die sie im Tode mir an's Herz gelegt,
Dann mag mir Gott den Todesengel senden,
Der aus dem Tal der Qual zu ihr mich trägt,
Dann werd' ich endlich ausgelitten haben,
Mein Grab ist neben ihrem schon gegraben.
Wien
(Ein Scherz)
Wenn sie mir zu Hause Beschreibungen machten
Von Wien und all seiner Herrlichkeit,
Da ging dahin all mein Dichten und Trachten,
Von nun an war ich voll Traurigkeit.
Mich reizte nichts mehr in dem kleinen Städtchen,
Nicht einmal der Wein, nicht einmal die Mädchen,
Sah immer fort nur nach der Donau hin
Und sehnte mich nur nach Wien — nach Wien.
Und als ich magerer wurde fast täglich,
Da sprach die Mutter ein gutes Wort
Beim Vater, beschrieb meine Sehnsucht ihm kläglich,
Und sagte: Laß doch den Jungen fort!
Der Alte — er sah', es half nichts mehr dagegen,
Gab endlich Erlaubnis und seinen Segen
Und sprach: Geh in's Himmelsnamen denn hin!
Wirst aber schon sehen, es tut's nicht in Wien!
Entzückt packt' ich meine Sachen zusammen,
Und setzte auf einen Stellwagen mich,
Und als wir endlich zur Wienerstadt kamen
Da nahte ein Herr unsrem Wagen sich
Der fragte mich aus, es war zum Erstaunen,
Auch hatt ich viel Not mit zwei fetten Kapaunen,
Die ich zur Muhme sollt' tragen hin,
Ich sah wohl, man kommt nicht so leicht nach Wien.
Wir fuhren in eine großmächtige Schenke,
Und dorten blieb ich die erste Nacht,
Doch muß ich sagen, daß keine ich denke,
Die ich so jämmerlich zugebracht;
Denn wie es nur anfing am Himmel zu dämmern,
So fingen die Schlosser schon an zu hämmern,
Und Wagen rollten stets her und hin,
Ich sah, man schläft miserabel in Wien.
Am nächsten Tag wollt ich zur Muhme gehen,
Und schritt durch Gassen und Gäßchen viel,
Da gab es gar Manches zu hören, zu sehen,
Und überall war ein entsetzlich Gewühl,
Ich konnte durch alle die gaffenden Mengen
Mit großer Mühe nur durch mich drängen,
Man stieß mich bald her und stieß mich bald hin,
Man kriegt viele Rippenstoße in Wien.
Ich wollte mir nun auch mein Brot verdienen,
Und klopfte an allen Türen an,
Allein mir wollte das Glück nicht grünen
Und nirgend wurde mir aufgetan,
Bald fand ich nichts mehr in den leeren Säcken,
Und teuer war Alles, ach teuer zum Schrecken;
Ich sah, kommt man nicht mit viel Gelde dahin
So kann man gar nicht leben in Wien.
Ich hatte ein herrliches Mädchen gesehen,
Das hingab sich ganz meiner Zärtlichkeit,
Doch bald sollt' mit ihr ich zum Tanze gehen
Und bald ihr kaufen ein neues Kleid,
Und da mir nun dieses zu hoch war gekommen,
So hat sie sich einen Andern genommen,
So, daß ich jetzt ganz überzeuget bin
Man darf auch gar nicht verliebt sein in Wien.
So ging es denn täglich mir schlimmer und schlimmer,
Und weil der Himmel nicht heiterte sich,
Und mir nicht mehr strahlte ein Hoffnungsschimmer,
So packte denn endlich Verzweiflung mich
Ich stürzte mich über die Donaubrücke
Da faßte ein Schiffer mich schnell beim Genicke
Und zog mich gerettet an's Ufer hin'—
Man kann also nicht einmal sterben in Wien.
Als
X. eine Köchin heiratete
X hat eine Köchin zur Frau sich genommen
Um gute Speisen durch sie zu bekommen
Da kann man behaupten wohl in der Tat,
Daß er sie gerne zum Fressen hat.
Frauenblätter
I.
Frauenmacht
Wenn wir uns noch wie Kinder gebärden,
So machen die Frau'n, daß wir Männer werden
Und wenn wir Männer geworden sind
So machen die Frauen uns wieder zum Kind.
II.
An Illa
Als ich zum ersten Mal dich sah,
Warst du mein erstes Vergnügen mir,
Als ich zum letzten Mal dich sah,
Trugst du mein letztes Vergnügen mit dir.
III.
Als ich sie öfters vergebens besuchte
Schon viermal kam ich; —deine Diener sprachen
Du seist nicht da, man ließ mich nicht hinein,
Mein Kind, um eine Göttin mir zu sein,
Brauchst du dich ja nicht unsichtbar zu machen.
IV.
An eine schöne Müllerstochter
Du brauchst zu deiner Mühle keinen Wind,
Du bist ja gar so schön, mein liebes Kind,
Daß Seufzer, welche deine Reiz' erregen,
Hinreichen deine Mühle zu bewegen.
V.
An die flatterhafte Alma
Daß du mich liebst, o säume nicht
An jedem Tage neu es mir zu schwören,
Zwar glaub' ich deinen Schwüren nicht,
Doch tut es mir so wohl sie anzuhören.
VI.
Verschlimmerung durch Heilung
Es pflegte, da ich krank jüngst war
Sorgfältig mich ein schönes Frauenzimmer,
So bin ich jetzt genesen zwar,
Doch fühl' ich mich bei weitem schlimmer.
VII.
Theodore
Ein Jeder, der sich nahet Theodoren,
Empfindet alsogleich, er hab' ein Herz,
Doch Jeder, der von ihr geht, fühlt auch Schmerz
Darüber, daß er dieses Herz verloren.
VIII.
Exaltation
Gott ließ die Sonne nur darum entstehen,
Damit deine Schönheit beleuchtet sei,
Und wenn wir andere Sachen noch sehen,
So ist das ein Zufall so nebenbei.
IX.
Galanterie
Eine schöne Frau:
Ich habe immer gelebt in dem Wahn
Daß mich ein Mann nicht gehörig achtet
Der keck mich sieht mit dem Fernglas an.
Ein galanter Mann:
Ich habe die Sterne nie anders betrachtet.
X.
Bitte
Verargt den Frauen doch nicht jeden kleinen Scherz,
Sie haben gegen sich Natur und Lieb' und Herz.
XI.
An ein schönes Mädchen, das in einem Korbe Blumen trug.
Wenn ich eine Biene wär'
Hätt' ich nach Blumen groß Verlangen,
Doch würde mir die Wahl wohl schwer
Setz ich mich auf die Blumen her.
Die da in deinem Körbchen prangen
Oder auf jene auf deinen Wangen?
XII.
An zwei Schwestern
Für Euch muß wohl Jeder in Liebe entbrennen,
Doch ist Eure Anzahl zu groß und zu klein,
Um Eine mehr würde man Grazien Euch nennen,
Um Eine wen'ger würd's Venus sein.
XIII.
Aufschrift auf ein Badhaus
Hier zündet die Sehnsucht mehr Feuer an
Als all dieses Wasser löschen kann.
XIV.
An einen Maler, der eine sehr schöne Frau malte
Dem Standpunkt Maler ist nicht leicht,
Du darfst nichts geben und nichts rauben
Und doch je mehr dein Bild dem Urbild gleicht,
Je mehr wird man's geschmeichelt glauben.
XV.
An einen Ehemann
Kann deiner Gattin Schönheit, Jugend
Auch viele Männer eifersüchtig machen;
Du Glücklicher kannst drüber lachen,
Nicht deine Ruhe kann's gefährden,
Denn überzeugt von ihrer Tugend
Kannst du es niemals selber werden.
XVI.
Der galante Trunkenbold
Die Frau:
Schon wieder betrunken? Mann glaube mir
Du wirst mich zwingen von dir zu gehen.
Der Mann
Ich betrinke mich bloß aus Liebe zu dir,
Weil ich im Rausch dich kann doppelt sehen.
XVII.
Bitte
Eine schöne Frau:
Um einen Platz für meinen Mann
Bitt ich Sie, edler Freund! sich zu verwenden.
Ein galanter Herr:
Tun will ich, was ich nicht verweigern kann,
Fleht man uns mit so vielen Reizen an,
So bittet man mit Waffen in den Händen.
XVIII.
Das:
Je ne sais quoi
Ein junges Mädchen besitzt eine Macht
An die sie bisher noch gar nicht gedacht,
Und die sich doch von ihr entfernet
Sobald sie selbe kennen lernet.
XIX.
Als ich bei einer schönen Frau speiste
Du willst mich immer zum Essen zwingen,
Ich weiß nicht, wie ich's zu Stande bringe,
Wie soll ich denn noch was Andres verschlingen
Wenn ich immer dich mit den Augen verschlinge?
XX.
Stelle aus einem Liebesbriefe
Geliebte ich schreibe dir
Mit Federn aus Amors Flügeln,
Den Schmetterling wußt' ich zu zügeln,
Er kann nicht mehr fliehen von mir.
XXI.
Männerliebe und Frauenliebe
Im Mannesleben
Wird Liebe nur Episoden geben,
Im Frauenleben
Wird Liebe sich zur Geschichte erheben.
XXII.
Klagen einer Frau
Die Männer sind sehr ungerecht
Gen unser schwächliches Geschlecht,
Sie machen uns die Tugend zum Verbrechen,
Und doch verzeihn sie uns nicht unsre Schwächen.
XXIII.
Einäugige Mutter und einäugiger Sohn
Gib, wunderschöner Knabe klein
Dein eines Auge der Mutter dein,
So wird sie Venus, du Amor sein.
XXIV.
Warnung für junge Mädchen
Vergeudet im Frühling Ihr all Eure Blüten
So mag vor dem Herbst Euch der Himmel behüten.
XXV.
Damengeschenk
Die Börse hat Camilla mir gestickt
Und mir erlaubt sie öffentlich zu zeigen,
Doch hätte das Gebot mich mehr beglückt:
Die Börse zu verbergen und zu schweigen.
Mein
Vornehmen
Ich zählte kaum noch ganz achtzehn Jahr'
So gefielen mir schon alle Mädchen,
Mich reizte ein schwarzes, ein blondes Haar,
Gleich lief mir das Herzensrädchen,
Da dacht ich denn so mir in meinem Sinn
Der Liebe will Jugend sich freuen,
Und wenn ich einmal zwanzig Jahr' alt bin
Dann will der Vernunft ich mich weihen.
Nicht lange währt' es, so stand ich auch schon
Im Galopp am zwanzigsten Jahre,
Doch konnt ich nicht sprechen der Liebe Hohn
Noch reizten mich Blicke und Haare,
Ei, dacht ich, es ist ja wohl immer noch Zeit
Verständiger sich zu gebärden,
Dem dreißigsten Jahre halt' ich's bereit
Gesetzt und vernünftig zu werden.
Auch dreißig schlug meine Lebensuhr,
Doch ist es beim Alten geblieben,
Mir schien, früher hätt' ich geliebelt nur
Und jetzt erst könn' ich recht lieben,
Ich liebte also recht fleißig drauf
Die Anne, die Rose, die Klare
Und hob die Vernunft für den Schnalzer auf
Den hört man im vierzigsten Jahre.
Das vierzigste kam; doch der Himmel weiß,
Den Schnalzer hab' ich überhöret,
Mein Herz schlug immer noch siedend heiß,
Leicht ward ich durch Liebe betöret,
Nun wurd' ich erst störrisch und enretiert,
Und wollte doch kommen in's Klare,
Wie lange das Ding denn noch dauern wird,
Vielleicht bis zum fünfzigsten Jahre.
Jetzt bin ich denn endlich auch fünfzig vorbei,
Die Klugheit, erbost, sagt mir täglich:
"Laß endlich doch einmal die Narretei,
Verliebt und ein Fünfz'ger ist kläglich!"
Ich schäme mich, aber ich antworte dann:
Ob alt, — bin ich jung doch geblieben,
Und da ich's nun einmal nicht lassen kann,
Will auch bis zum Tode ich lieben!
In mein Fremdenbuch zu
Lilienfeld
Ich hab mir ein Haus auf dem Berg gebaut,
Weil man dort viel näher den Himmel schaut.
Ich hab es auf einen Felsen gesetzt,
Weil ich immer den guten Grund hab geschätzt.
Ich hab' es vorne mit Säulen geziert,
Daß Schönes mit Gutem vereinet wird.
Hab Glashäuser gebaut mir auf jeder Seit,
Daß der Sommer mir lacht auch zur Winterszeit.
Hab der Zimmer mehr als mir nötig sind,
Daß ein guter Freund bei mir Obdach find'!
Dies Haus hab gebaut ich zu Lilienfeld,
Weil ich's halte für's schönste Tal in der Welt.
Mein Haus und mein Garten stehn offen und frei,
Wer Beide besehn will, der komme herbei.
Und hat ers gesehen und will er mir wohl,
Und will er mir bringen des Dankes Zoll,
So sprech' er im Gehn still den Wunsch für mich aus:
"O mög' er genießen noch lange dies Haus!"
Der
Gefangene
Der Vogel:
O sei barmherzig Mensch! brich meinen Käfig
Und laß mich wieder zieh'n in freier Luft!
Der Brüder Stimmen hör' ich draußen schallen
Und meine liebevolle Gattin ruft;
Ich kann nicht bleiben zwischen diesen Stäben
Die du hast übertüncht mit goldner Zier,
O sei ganz grausam, raube mir das Leben,
Wo nicht, sei gnädig, gib die Freiheit mir!
Der Mensch:
Ha Törichter! wie kannst du dich beklagen?
Dein Haus ist luftig, rein gefegt und weit,
Du bist vor Geiern und vor Jägern sicher,
Das beste Futter steht für dich bereit;
Fliegst du hinaus zu deiner Brüder Scharen
So trifft vielleicht noch heute dich der Tod,
Ich will nur klug vor Übeln dich bewahren,
Womit dir die ersehnte Freiheit droht.
Der Vogel:
Vergebens preisest du mir meine Kette,
Ich fühle nur zu sehr, was ich verlor
Und gerne zieh' ich frei im Freien sterben
Der sichern Ruh' in deinem Kerker vor,
Des Geiers Kralle macht mich minder beben,
Als deine Güte, kluger Menschensohn,
Es hat mir Flügel die Natur gegeben,
Und fliegen muß ich! —
Und er flog davon.
An die neuen Poeten
Ich bitt' Euch seid doch nicht so mystisch
Befleißigt fein der Klarheit Euch,
Bedenket nur, der Gott der Dichtkunst
Ist auch der Sonnengott zugleich.
Beständigkeit
Elise schrieb an ihren Geliebten,
Den Zweifel an ihrer Treue betrübten:
"Nicht sei dir um meine Beständigkeit bang
Und reisest du auch zwei Monate lang."
Der
Biblioman
Herr von I.
Ich brauchte den "Wilhelm Tell" soeben,
Doch eine der schönsten Auflagen, Lieber.
Buchhändler
Ich werd' Ihnen jenen von Cotta geben.
Herr von I.
Nein, der von Schiller wär mir doch lieber.
Der neue Frack
(Anekdote)
Herr Putz, dem nur mehr wenig Haare,
Den Kopf bedeckten, grau und dünn,
Kam in dem Winter seiner Jahre
Zur wunderschönen Witwe Clare
In einem neuen Fracke hin:
"Was seh' ich?" rief sie — "Freund, Sie sind der Zeit,
Der Alles feindlich Ändernden, Bezwinger,
Versichern muß ich Sie, dies neue Kleid
Macht mind'stens Sie um 20 Jahre jünger."
Der Alte küßt die Hand verbindlich ihr,
Und ruft (vor Freude kann er kaum sich fassen)
Ich werde morgen gleich beim Schneider mir
Auch gleiche West' und Hosen machen lassen.
Der Fresser
Es nahm bei einem Mittagsmahle
Der Streit gewaltig überhand,
So daß man in dem großen Saale
Sein eignes Wort nicht mehr verstand,
Da rief ein Mann mit vollem Munde:
"Kramt aus wo anders was Ihr wißt,
Denn schon seit einer ganzen Stunde
Weiß man vor Lärm nicht, was man ißt!"
Der artige Schuldner
Frau von A.
Mein Lieber! Sie sind hundert Gulden mir schuldig,
Ich habe lange gewartet geduldig,
Doch jetzt vergessen, wie leider ich sehe,
Sie gänzlich darauf, Sie zerstreuter Mann!
Herr von P.
O nein, ich erinnre mich öfters daran,
Doch denkt man an Sie nur in Ihrer Nähe
Und Alles Andre vergißt man sodann.
Männer und Frauen
Die Männer machen aus Frauen
Manches, was sie nicht sollen,
Die Frauen machen aus Männern
Alles, was sie wollen.
Die
Deklamation, welche keine ist
(Zur Deklamation)
Man hat mich ersucht, ich soll deklamieren,
Doch trau' ich's nicht zu mir, ich bin nicht so keck,
Ich würd' es mein Seel auch gar nicht riskieren,
Wär's nicht für einen vortrefflichen Zweck,
So sei es, ich tu' eben was ich vermag
Doch was deklamier' ich? das ist jetzt die Frag'.
Ich möchte gern recht was Pompöses sagen,
Von einem Helden in unserer Zeit,
Der Hunderttausende totgeschlagen
Und einen ganzen Weltteil befreit,
Doch Dank sei dem Himmel, kein Krieg ist im Land
Und so ist mir auch solch ein Held nicht bekannt.
Wie wär's, wenn ich was von der Liebe sagte?
Das spricht zum Herzen, klingt sentimental,
Wie Damon sein Leid seiner Chloe vorklagte
Und wie er beschreibt seines Herzens Qual,
Doch müßt' ich erst fragen, wie so was man gibt,
Denn ich, dürfens glauben, war nie noch verliebt.
Vielleicht wenn ich spräche vom Ehestandsglücke,
Das wäre recht lustig hab' ich gemeint,
Ich fragte bei Frauen, man wies mich zurücke,
Statt mich zu belehren, hat Manche geweint.
Dies ganze Glück, sagt man, sei nur ein Gedicht
Und eigne zum Deklamieren sich nicht.
Mit tragischem Stoff kann ich nicht mich befassen,
Das klebt mir im Munde, ich bring's nicht heraus,
Wenn Zwei sich lieben, Zwei Andre sie hassen
Und's geht dann mit Mord und Totschlagen aus,
Wenn ich nur dran denke, so wird mir nicht gut,
Ich bin kein Freund von Leichen und Blut.
Das Liebste wär' mir so Etwas zum Lachen,
Wenn's Einer mir hätt' in Verslein gesetzt,
Allein es gibt gar wenig lustige Sachen
Und noch wen'ger lust'ge Skribenten jetzt,
Sie sagen, was Jeder versteht wenn man's spricht,
Das sei zu gemein für ein schönes Gedicht.
Sie müssen, Verehrte, mir also vergeben,
Daß ich Ihnen nichts deklamieren kann,
Sie sehen, ich wollte mich eifrig bestreben,
Allein es geht leider gar nicht an,
O nehmen Sie — daß ich die Ursach beschrieb,
Damit, statt des Deklamierens vorlieb.
Das Kunststück
Das Haus war gefüllet mit Menschen
Und Keiner hatt' Augen genug
Um mit Bewundrung zu folgen
Des Künstlers gewandtem Betrug.
Und hier ließ er Dieses verschwinden
Und Jenes changiert' er dort
Und gleich befand Dieses und Jenes
Sich wieder am alten Ort.
Ein alternder Mann mit der Tochter
In einer der Logen saß,
Das Kind rotbackig und munter,
Der Mann trübsinnig und blaß.
Die Kleine schaute und konnte
Sich gar nicht verwundern genug,
So daß sie die Hand' überm Köpfchen
Zum öftern zusammen schlug.
Und als er nun vollends ein Ührchen
Zum Fenster schleudert hinaus,
Und, da man es wähnte verloren,
Nahm aus einem Brotlaib heraus;
Da schaute das Kind ganz verdattert,
Der Vorhang fiel aber geschwind,
Es fragte der Vater die Kleine:
Wie hat dir's gefallen mein Kind?
Es fand die Tochter nicht Worte
Zu sagen, was sie empfand,
Sie schrie mit den Andern nur Bravo
Und klatschte, wie sie, in die Hand.
Und als der Vater so ruhig
Und teilnahmlos sitzen blieb,
Da sagte das Kind: Alles freut sich,
Nur du bist so kalt und so trüb.
Mein Kind! erwidert der Vater,
Es fällt heut der Jahrestag ein
Daß deine Mutter gestorben,
Da kann ich wohl fröhlich nicht sein.
Und starr blickt das Kind auf die Bühne
Erst sinnend, dann hört man es schrei'n,
Mit freudetrunkenen Blicken:
Da fällt mir was Köstliches ein.
O Vater bitte den Künstler,
Dem Alles, Alles gelingt,
Daß er die verlorene Mutter
Auch wieder zurück uns bringt.
Der Vater lächelt durch Tränen
Und meint, nicht vermöge er dies,
Das Kind aber schüttelt das Köpfchen
Behauptend, es gehe gewiß.
Macht der Frauen
Alles hat das weibliche Geschlecht
Gegen sich: Gewalt, Gesetz und Recht,
Dennoch können wir die Frauen
Stets als Herrscherinnen schauen,
Ein Beweis für jene Macht,
Womit sie die Natur bedacht.
Die Flucht
Scheu und ängstlich sah ich ein Mädchen
Aus einem Dorf über Wiesen fliehn,
Und ich frug sie: Was ängstet dich Kleine?
Und wo willst du so eilig hin?
Sie gab zur Antwort: Ach Herr der Michel
Ist gar so sauber, er tat es mir an
Daß mir das Herz immer klopft, und da will ich
Sehn wie dem Unglück entfliehen ich kann.
Törin! sprach ich, welch eitles Bemühen,
Kannst du dein Herz zurücklassen hier?
Nie kannst du seinem Klopfen entfliehen
Und dein Feind reiset immer mit dir.
Drum kehre zurück, denn der Gott mit den Flügeln
Holt dich, wohin du entrinnen magst, ein.
Ihm mit Mute entgegen gehen
Wird, glaube mir, das Vernünftigste sein.
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