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Laster
Lehre Gelehrte
Leib
Liebe
List Feinheit
Lob Schimpf
Lüge
Lust Freude
Mitleid
Mitte Mittel
Möglich Unmöglich
Müßiggang
Mut



 
Nachbar
Nacht
Nahrung
Narr
Natur
Neid


 
Neu
Neutral
Nichts
Not
Nutzen



 

Laster


Will das Laster bleiben in Ruh',
So deckt es sich mit der Scheintugend zu.

Wollte man jedem Laster einen Teufel schenken,
So war's nötig neue Teufel zu erdenken.

Man zieht oft dem Laster Kleider an,
Daß man's für eine Tugend ansehen kann.


Lehre Gelehrte

Willst du die Weisheit aus Büchern studieren,
So lernst du von gemalten Bildern diskurieren.

Die Meisten studieren nicht, um gelehrt zu werden,
Sondern um den Namen eines Gelehrten.

Wer kann's den Gelehrten wehren,
Sich von den Toten zu ernähren?

Wo von Natur eine Fackel im Gehirn wäre,
Da brauchte man nicht das Wachslicht der Lehre.

Viel Nutzen bringt Lernen und Lesen,
Der Papst ist auch ein Mal in der Schule gewesen.

Blas' mit dem Blasbalg immer auf den Stock hinauf,
Es geht doch kein Licht d'raus auf.

Mancher bringt beim Studieren viel tausend Gulden an,
Der das Studierte nicht um zehn Gulden verkaufen kann.

Der Koch verdient keinen Respekt,
Der nicht kochen kann, daß es Allen schmeckt.


Manche Lehrer sind, wie in der Laterne das Licht,
Sie leuchten Allen, nur sich selber nicht.

Viele lehren
Sich zu ehren
Und zu nähren,
Nicht um And're aufzuklären.

Zünd' immer von deinem Licht einem Ander'n an,
Du verlierst ja nichts daran.

Um jene Meister ist's ein schlimmes Wesen,
Die niemals sind Lehrjungen gewesen.

Gelehrte reden viel Gutes,
Aber nicht Jeder tut es.

Ein Postsattel ist darum viel wert,
Weil er paßt auf ein jedes Pferd.

Gelehrsamkeit zu tragen, erfreut sehr,
Aber aufzuladen ist sie schwer.


Jene sind Poeten zu taufen,
Die auf dem Lebensmarkt Blumen verkaufen.

Gelehrte Leute gehen immer mit den Toten um,
Sie werden selten sehr alt darum.

Wenn du viel weißt,
Wirst du nicht feist.

Die Feder das Schwert regieren tut,
Deswegen steckt man sie auch auf den Hut;
Das Schwert will wen'ger bedeuten,
Drum hängt man es auch an die Seiten.

Kann ein Gelehrter Geld gewinnen,
So tut er nicht immer nach Rechtem sinnen.

Ein Gelehrter kann überall hingeworfen werden,
Er fällt immer wieder mit den Füßen auf die Erden.


Je gelehrter,
Je verkehrter.

Der ist ein geschickter Mann,
Der sich in Alle schicken kann.

Nur ein Gelehrter ist so dünn und so dicke,
Daß er überall ausfüllt seine Lücke.

Wenn ein Esel den andern instruiert,
Schwerlich einer von Beiden Doktor wird.


Leib

Mancher wohnt in einem wurmstichigen Haus,
Und begehrt doch nicht heraus.

Des Leibes Henker und Arzt ist der Mund,
Er bringt ihn um und macht ihn gesund.

Leib und Seele fordern der Ärzte zwei,
Sie wollen ganz verschied'ne Arzenei.

Sei still, Leib, und muckse nicht,
Wenn der Geist spricht.


Liebe

Die Liebe vertreiben wollen, ist dumm getan,
Man schnallt ihr durch Widerstand die Spornen an.

Wenn Einer liebt, und wird nicht wieder geliebt,
So ist er ein Frager dem man keine Antwort gibt.

Würde die Liebe stets wachsen statt zu zerreißen,
So würden die Liebenden einander das Maul abbeißen.

Die Liebe sei vor Allem geehrt,
Weil sie die Welt füllt und den Himmel mehrt.

Alles stiehlt ein Dieb,
Nur nicht die Lieb'.

Mit einem Faden fängt man die Liebe leicht,
Aber mit hundert Prügeln wird sie nicht verscheucht.


List Feinheit

Füchse muß man nicht mit Stangen,
Sondern wieder mit Füchsen fangen.

Wenn der Fuchs lobt den Raben,
So möcht' er gern seinen Käse haben.

Wenn der Fuchs die Gänse lehrt,
Er den Kragen als Lehrgeld begehrt.


Lob Schimpf

Lobst' gleich den Hasen, als ob er ein Hirsch wär',
Bleibt doch ein Has' und wird nicht mehr.

Schimpft der Kellner seinen Wirt,
So hat er sich selbst schimpfiert.

Lieber laß dich schimpfen von einem Groben,
Als von einem Höflichen mit halbem Munde loben.

Wer Einen lobt in praesentia
Und schimpft in absentia,
Der bekomm' die pestilentia.

Manche wollen mit Lob wieder gut machen,
Was sie mit Schimpf verbrachen.

Lob
Ist der Toren Prob!


Lobe die Berge und beschreib' sie recht schön,
Du selbst aber bleib' auf der Ebene steh'n.

Ist das Lob zu grob,
So ist es Schimpf statt Lob.

Gar oft lobt man den Einen,
Um den Ander'n zu verkleinen.

Also soll man loben Jedermann,
Daß auch ein Fleck bleibt, wo man ihn schelten kann.

Vom Loben wird man eben so wenig besser,
Als vom Schatten größer.

Zu viel Ehr' und Glimpf
Ist oft ein großer Schimpf.

Lob's, wer's hat,
Wenn's weg ist, ist's zu spat.


Lüge

Eine Lüge muß noch sieben Lügen han,
Damit man sie hübsch füttern kann.

Mancher hat mit Lügen
Sich so sehr verstiegen,
Daß er ohne Leiter
Nicht mehr konnte weiter.

Die Lüge hat kurze Flügel,
Sie gelangt nie zum Wahrheitshügel.

Kein schlechterer Prophet, als ein Lügenmann,
Weil er nicht wahrsagen kann.

Wer treu, wie er gefühlt, bericht't,
Wär's auch erlogen, der lüget nicht.

Die mit Eitelkeit schwanger sind,
Gebären meist ein Lügenkind.


Lust Freude

Wer seine Begierden läßt werden laut,
Der setzt sich Spornen in die Haut.

Läß'st du der Wollust freien Lauf,
So ladest Freuden mit goldenen Mistgabeln auf.

Wahre Lust ist ein seltnes Gericht,
D'rum verpfeff're dir's mit Unmut nicht.

Das ist die rechte Lust,
Die du nie bereuen mußt.

Der Lust zu viel,
Hat Unlust zum Ziel.

Freud' wegen Macht und Herrlichkeit,
Ist eine Gras- und Blumenfreud':
Sie duftet nur ganz kurze Zeit.

Wenn Alle auf eine Art fröhlich werden könnten,
So brauchte man nicht so vielerlei Instrumenten.


Wenn die Musen recht wollen fröhlich sein,
So laden sie sich zu Bachus ein.

Wenn sie um dich noch so sehr musizieren und lachen,
Das wird dir das Zahnweh nicht besser machen.

Der Bösen ungebührliche Freud'
Ist der Guten Herzeleid.

Das ist keine Fröhlichkeit zu taufen,
Die man sich muß vom Pfeifer erkaufen.

Mancher stimmt an einen lustigen Ton
Und sein Herz weiß nichts davon.

Ein Gesang voll Frohsinns und Scherzen.
Wischt den Staub von den Herzen.

Fröhlich Gemüt
Macht gesundes Geblüt.

Willst du dich an der Fröhlichkeit letzen,
Mußt die Reputation in den Winkel setzen.

Ist die Freud' im Haus' bei dir,
So wartet das Leid schon hinter der Tür.


Mancher kommt mir mit seiner Lustigkeit vor,
Wie ein Floh, der umspringt in eines Ander'n Ohr.

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M

Mitleid

Mancher trägt so viel Mitleid in seinen Säcken,
Daß er für die Armen nichts mehr hinein kann stecken.

Man kann Viele so mitleidig seh'n,
Daß sie die Gänse beweinen, weil sie barfuß geh'n.

Der gefallene Bruder sei dir nicht fremd,
Hast du doch auch von Menschenfleisch ein Hemd.


Mitte Mittel

Die in der Mitte logieren müssen,
Wird man von oben beräuchern, von unten begießen.

Setzt man das Licht zu hoch, so löscht's der Wind,
Setzt man's zu nieder, so löscht's das Kind.

Strenge Mittel kommen teuer,
Sind der Blasbalg zu großem Feuer.

Möglich Unmöglich

Was uns nicht kann werden,
Ist uns oft das Liebst' auf Erden.

Unmöglichkeit muß man sich lassen gefallen,
Sie entschuldigt bei Allen.

Wenn sich auch zehn Diebe fänden,
Sie könnten einem Nackten kein Hemd entwenden.

Die Möglichkeit hat eine große Leiter,
Aber der Glaube steigt noch weiter.

Es gibt gar viele Sachen,
Die man weder länger noch kürzer kann machen.


Müßiggang

Lieber mit Kindern auf Stecken reiten,
Als ganz müßig einher schreiten.

Weil Einer nichts tun und sich gar nicht plagen,
So mag er auch von Gras einen grünen Rock tragen.

Der Weisheit und Kunst gerne hätte,
Der suche sie nicht im weichen Bette.

Lieber die Absätze vertreten an den Schuh'n,
Als gar nichts tun.

Arbeit't Einer auch wie ein Ackergaul,
Für die Zuseher ist er immer noch zu faul.

Wer sich auf Müßiggang will legen,
Geht einer traurigen Arbeit entgegen.


Rühr' dich vom Morgen bis die Sonne sinkt,
Ein stehend' Wasser wird faul und stinkt.

Mut

Der ist eines Dinges nicht wert,
Der nicht das Herz hat, daß er's begehrt.

Zum Wehren hat nicht Jeder Freude,
Mancher trägt lieber ein Messer im Busen als in der Scheide.

Herzhafte Hand
Erhält Leut' und Land.

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N

Nachbar

Mancher wärmt sich lieber an des Nachbars Brand,
Als daß er böte zum Löschen die Hand.

Die Schnecke trägt darum ihr Haus mit sich,
Weil ihr ein böser Nachbar ist fürchterlich.

Besser Nachbar an der Wand,
Als Bruder über Land.

Wirfst du Feuer in des Nachbars Haus,
So räum' gleich auch deine Wohnung aus.


Nacht

Wenn dir bei Nacht auch die Augen aufgeh'n,
Wirst doch nichts seh'n.

Die Nacht ist des Menschen Feind
Und des Studenten Freund.

Vollbring' in keiner irdischen Nacht,
Was dich vor der ewigen zittern macht.

Nahrung

Einer gewinnt seine Nahrung mit Sitzen,
Der And're mit Laufen und Schwitzen.

Die Nahrung ist nicht viel wert,
Die von der Hand gleich in's Maul begehrt.

Gott läßt jedem Vogel sein Körnlein liegen,
Aber er muß darnach fliegen.

Das Mehl ist noch nicht gemessen,
Davon Mancher Brot soll essen.

Wer will Rosen brechen,
Muß nicht fürchten das Dornenstechen.

Es ist doch töricht in der Tat,
Sein Geld in einen Beutel zu legen, der ein Loch hat.


Narr

Den für einen Weisen achte,
Der zur rechten Zeit einen Narren machte.

Wenn wir uns Alle gescheit wollten stellen,
So verkauften die Krämer keine Schellen.

Der nicht will ein Narr mit sein,
Der bleib einer allein.

Die Natur verbannte die Weisheit in's Hirn,
Damit die Narrheit den ganzen Leib kann regier'n.

Der ist kein Narr, der was Närrisches getan;
Aber der ist einer, der's nicht verschweigen kann.


Natur

Wenn zusammen halten Natur und Kunst,
Dann geht es vorwärts zu Ehr' und Gunst.

Die Natur konnte Einem nicht Vieles schenken,
Sie mußte ja auf Alle denken.

Hat dir die Natur keine Hörner gegeben,
So mußt du dich auch nicht zu stoßen bestreben.

Schicke deine Katze auch auf die Reise,
Sie fängt in England auch die Mäuse.

Auf der Natur wächst weder Roß noch Schimmel,
Wer als Knab' unhöflich war, der wird als Mann ein Lümmel.

Wenn die Natur in den Haaren wäre,
So wär's möglich, daß man sie abschere;
Sie ist aber in der Haut,
Die sich Niemand abzuzieh'n getraut.

Predige durch einen Mohren ein Loch,
Seine Schwärze behält er doch.

Mängel, die im Blute sitzen,
Sind wohl niemals auszuschwitzen.

Ein Hase verändert das Haar,
Aber furchtsam bleibt er immerdar.


Art läßt nicht von Art,
Der Speck nicht von der Schwart',
Der Bock nicht von dem Bart.

Die Leute essen viel Hähne, gesotten und gebraten,
Können doch nicht, wie ein Hahn das Wetter erraten.

Neid

Neid
Ist Leid
Und Freud
Zu gleicher Zeit.

Neben Glück und Ehr'
Geht der Neid einher.

Es steht kein Licht so hoch,
Der Neidische will's ausblasen doch.

Wie Rost ist der, der And're beneidet,
Er hindert das Schwert, daß es nicht schneidet.


Neu

Alles dreht sich, und wir Menschen dabei,
Wenn das Alte herum kommt, wird's wieder neu.

Mußt vorsichtig den alten Zaun umreißen,
Die Schlange, die d'runter liegt, kann beißen.

Neue Komödianten spielen für und für
Alte Komödien auf eine neue Manier.

Schau zu, daß dir die alten Löcher passen,
So darfst du dir keine neuen machen lassen.

Narren und Affen
Wollen alles Neue begaffen.


Neutral

Die vom Neutralbleiben sprechen,
Wollen auf Eiern geh'n und keines brechen.

Ich versteh' unter neutralen Leuten
Jene, die auf zwei Sätteln reiten.

Wenn man weiß, auf einer Seite sei das Recht,
So ist das Neutralbleiben schlecht.


Nichts

Nichts ist gut in den Augen,
Aber im Maul wirds wenig taugen.

Nichts reden zu manchen Zeiten,
Hat oft etwas zu bedeuten.

Aus Nichts konnte nur eines werden:
Die Erden.

Unter Dreien ist wohl niemals mehr Ruh',
Als wenn zwei nichts reden und der Dritte hört zu.

Man kann mit Nichts anfangen
Und doch zu Vielem gelangen.

Böses ist gewiß für Etwas zu schelten,
Und doch sollst du es mit Nichts vergelten.

Nichts zu tun wird dir nicht frommen;
Du mußt Etwas tun, um in 'n Himmel zu kommen.


Not

Zerreißt die Not auch zu Tüten eine Bibel,
Ein weiser Mann nimmt ihr's nicht übel.

Wer nicht selbst im Notstall gestanden ist,
Die Not Anderer immer geringer mißt.

Not ist für jede Handlung Ursach' genug,
Nur nicht für den Betrug.

Not ist ein geschickter Mann,
Der sich weiß zu stellen an,
Als biß' er gern' in eine Nuß,
Da er doch darein beißen muß.

Den Willen gibt Gott,
Den Zwang die Not.


Ein hungriger Hund fragt nicht nach dem Stecken
Wo er was findet, da läßt er sich's schmecken.

Es nehmen Viele in den Nöten
Vom Galgen ab den schlechtsten Mann,
Und han sie ihn nicht mehr vonnöten,
So hängen sie ihn wieder d'ran.

Wer einem Andern hilft in der Not,
Der treibt Wucher mit Gott.


Nutzen

Der ist ein sehr weiser Mann,
Der seinen Nutzen verschweigen kann;
Denn blökt das Schaf und wiehert der Gaul
So fällt ihnen das Futter aus dem Maul.

Willst du nicht die Eier meiden,
Mußt der Hühner Gackern leiden.

Hast du Lust zum Süßen,
Laß dich's Bitt're nicht verdrießen.

Vor solchem Nutzen will ich warnen:
Vögel zu fangen mit goldenen Garnen.

Willst du mit genießen,
Mußt auch dein Geld zuschießen.

Damit die Reichen Wärme spüren,
Müssen die Armen oft frieren.

Mancher sieht mit einem Auge seine Gaben,
Und mit sieben, was er dagegen will haben.

Vom gemeinen Nutzen hört man viel,
Und sieht davon nicht Stumpf noch Stiel.

Eigener Nutzen und eigene Not
Sind des gemeinen Nutzens Tod.