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O
P
R
Offen Öffentlich
Oft
Ordnung
Prahlerei
Rache
Rat
Recht Richter
Reden Worte
Regieren Regent
Reich
Reisen
Reue
Offen Öffentlich
Liegt das Garn ganz offen,
So darfst keinen Vogel zu fangen hoffen.
Laß erst den Schnee vergehn,
Dann wirst, was d'runter liegt, seh'n
Stroh in den Schuhen,
Bratspieß in den Truhen,
Hur' im Haus,
Gucken überall heraus.
Steht dein Haus an der Straßen,
Mußt dich von Vielen hofmeistern lassen.
Oft
Reinigst du den Rock oft mit Bürst und Stab
So geht immer auch Haar mit herab.
Wird auch ein Weg gegangen viel,
Deswegen führt er doch nicht zum Ziel.
Die Geiß geht so lang in's Kraut
Bis sie's bezahlt mit ihrer Haut.
Ordnung
Neue Ordnungen verdrießen die Leut'
Einem sind sie zu eng, dem Andern zu weit.
Wo keine Ordnung ist,
Hängt alles zusammen an einer Kette von Mist.
Ein unordentlicher Menschenhaufen
Gleicht Säuen, die zum Tor herein laufen.
Damit Ordnungen nicht veralten,
Muß man sie stets in frischem Salz verwalten.
Wer ein Land will in Ordnung erhalten,
Soll die Ordnung zuerst selber halten.
Werden Ordnungen nicht gehandhabt an Höchsten und Geringsten,
So dauern sie so lang, als der Schnee zu Pfingsten.
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P
Prahlerei
Ein Strauß legt ein großes Ei,
Und schweigt dabei;
Hühner legen kleine Eier
Und sind dennoch große Schreier.
Prächtige Kleider außer dem Haus
Loschen das Feuer auf dem Herd aus.
Der Mensch prunkt oft mit Pelz und derlei Dingen,
In welchen vorher Vieher einhergingen.
Lieber in einem Rock geh'n, der zerrissen in Stücken,
Als ihn mit der Armen Schweißperlen sticken.
Der ist ein armer Narr in meinem Sinn,
Der Silber auf den Taschen hat, aber keins d'rin.
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R
Rache
Rache für Beleidigung,
Ist die unedelste Verteidigung.
Wer sich rächt für erlittene Gewalt,
Der hat sich selbst bezahlt.
Wer sich rächt, hat nicht Unrecht vertrieben,
Sondern will ein neues Unrecht üben.
Es gibt keine schmerzlichere Rache auf der Welt,
Als wenn man Einen der Rache nicht würdig halt.
Wer rächen wollte jedes unbillige Wort,
Der müßte sich rächen in einem fort.
Wenn dich ein Blinder stoßt,
Und du bist darüber erbost,
Und willst nehmen dafür Rache,
So ist das eine dumme Sache.
Wirft der Eine mit Kot und Ruß,
Der And're mit Äpfel und Nuß,
So ist das eine gemeine Balgerei,
Sie haben Unrecht alle zwei.
Die Rach' ist darum so fürchterlich,
Weil sie immer zieht eine zweite nach sich.
Rach' ist der Gemeinheit Siegel,
Nur ein schäbiges Pferd leidet keinen Striegel.
Rat
Etwas erraten müssen,
Heißt nach der Scheibe schießen;
Man schießt oben, unten und seitwärts viel
Bis man ein Mal trifft das Ziel.
Das Simulieren und Raten bringt wenig Nutzen
Man wird oft darüber das Licht ausputzen.
Was wir eben nicht erraten,
Geht am besten oft von statten.
Das wär' ein ungeschickter Ratsmann,
Der riete, das Feuer zu löschen, daran
Er recht gemächlich sich wärmen kann.
Mancher gibt über den Schwanz eines Dings einen Rat,
Das noch gar keinen Kopf hat.
Jener Rat gehört auf den Mist,
Welcher nicht zu ändern ist.
Ein Rat, gegeben bei'm Wein,
Führt in den Kot hinein.
Raten zu Dingen,
Heißt nicht dazu zwingen.
Manche einen Rat begehr'n,
Wie Petrus bei Christo dem Herrn:
Kaum, daß sie fragen,
Sie auch schon mit dem Schwert d'rein schlagen.
Einer rät: warum, der Andre: wo,
Und man weiß noch nicht, wie so.
Die da zu Rat sitzen müssen,
Sollen Gott nicht davon ausschließen.
Was oft gut ist im Rat,
Ist schlecht in der Tat;
Anders kocht der Mann
Und anders richtet er an.
Anderes ist raten,
Und Anderes geraten.
Gegen Wenige kann man mit einem Rat auslangen,
Aber gegen Viele muß man Krieg anfangen.
Schlecht raten und gut meinen,
Machte schon sehr Viele weinen.
Wirst du dem Rat unerfahr'ner Leute glauben,
So trink'st du Wein aus unreifen Trauben.
Eigennützige Leut' im Rate
Machen viel Unglück im Staate.
Die schlechtesten Ratschläge sind jene, die also anfangen:
"Hättest du's so gemacht, so wär's besser gegangen."
Nach der Tat
Kommt der Rat
Viel zu spat.
Wer sich nicht will lassen raten,
Sitzt am Tisch und verschläft den Braten.
Sollst nicht auf den Rat Anderer warten;
Schau, daß er wächst in deinem eignen Garten.
Oftmals pflegt für zehn Dukaten
Einer etwas dir zu raten,
Darum er wohl selber eben
Keinen Heller würde geben.
Ist ein Rat ohne Folge geblieben,
So pflegt man Alles auf's Unglück zu schieben.
Wenn vier Narren beisammen sein,
So raten sie besser als ein Weiser allein.
Im Raten soll man auf allen Wegen herum spazieren,
Die von der Hauptstraße aus führen.
Frag'st um Rat an bei einem gelehrten Bunde,
So wirfst ein Bein unter die Hunde.
Mancher lieber Hals und Kragen bricht,
Als daß er sich vortragen ließ ein Licht.
Der wirft ein Mal und zieht alles Geld,
Jener zehn Mal und ist immer gefehlt.
Wie der Kopf, so der Rat,
Er schmeckt immer nach der Herberg', die er hat.
Einige raten klug,
Aber nicht glücklich genug;
And're raten glücklich,
Aber nicht schicklich.
Wenn Narren in den Rat schreiten,
Soll man mit hölzernen Glocken dazu läuten.
Recht Richter
Das Recht kann nur sehr selten
Als echtes Kind der Gerechtigkeit gelten.
Wenn die Juristen das Recht sollen finden,
Muß man ihnen goldene Lichter anzünden.
Die Rechte halten nicht still,
Lassen sich drehen, wie man will.
Ein Lot Gold ist besser,
Als voller Recht tausend Fässer.
Wer Recht hat, zu nehmen,
Darf sich auch des Behaltens nicht schämen.
Der Teufel verwirrt am Rocken das Recht;
Wo ist der Jurist, der es abspinnen möcht'?
Schwörst du: nicht eh' in die Schüssel zu langen,
Bis du zu deinem Recht wirst gelangen,
Mag dir vor dem Verhungern bangen.
Tuch mißt man nach der Elle, nicht Elle nach dem Tuch,
So auch Spruch nach dem Rechte, nicht Recht nach dem Spruch.
Wer schon ein Recht hat, will meist noch eins dazu,
Und gibt bald gar keine Ruh'.
Die Zeit ist zu schlecht,
Man kommt nur mit Unrecht zum Recht.
Wo man nicht nach Rechten kann rechten,
Muß man nach der Billigkeit fechten.
Bei'm Recht sprechen irrt man sich alle Tage,
Man legt leicht ein falsch Gewicht in die Waage.
Wenn man Einem tut, wie er uns getan,
So tut man ihm nie ein Unrecht an.
Wo ist ein Recht, so klar und fest,
Daß es kein Disputieren zuläßt?
Ich begreife nicht, wie es ein Recht noch gibt,
Da ein Jeder davon abschneidet, so viel ihm beliebt.
Hat Einer das Recht schon in der Hand,
So stehlen ihm die Juristen davon das Band.
Hast' einen Prozeß wegen einem Huhn,
So nimm davon ein Ei und laß das And're ruh'n.
Das Recht wird so breit ausgespannt,
Daß davon gar kein End' ist bekannt.
Wo sie das Recht nach Ellen ausschneiden,
Muß man das Unrecht geduldig leiden.
Ein Richter soll Keinem auf's Wort trauen,
Sondern Beiden in's Maul schauen.
Weil der Richter hören muß zwei Parteien,
Soll er auch alle zwei Ohren herleihen.
Vom Verflossenen kannst wohl Gegenwärtiges richten,
Aber nicht zukünftige Geschichten.
Gerechtigkeit ist wie ein Gewebe von Spinnen,
Große Tiere fallen durch, kleine bleiben d'rinnen.
Wer nicht kann fechten,
Gewinnt nichts mit Rechten.
Wenn die Gewaltigen Jemand beleidigen,
So lassen sie sich von den Rechtsgelehrten verteidigen.
Wenn alle Glocken das Recht täten läuten,
So brauchte man nicht darum zum Bürgermeister zu reiten.
Advokaten leben nicht von Prozessen,
Sondern von der Elle, womit sie sie ausmessen.
Das Verdrehen ist oft die Sache eines Winkes,
Es gibt ein rechtes Recht und ein linkes.
Reden, Worte
Werden süße Worte gestellt,
Kosten sie oft saures Geld.
Könnten wir gute Worte nach Gebühr schätzen,
So würde uns Keiner von der Bank wegschwätzen.
Wären etwas wert die guten Wort',
Man behielte sie für sich und gäbe sie nicht fort.
Waren die Worte Brücken,
So wäre unsicher darüber zu rücken.
Willst haben, daß sie sich um böse Ware raufen,
Mußt du sie mit guten Worten verkaufen.
Wer bezahlet gute Wort,
Der geht mit einem schlimmen Handel fort.
Ein Wort dringt so tief
Als sieben Brief'.
Der redet, rede so klar und haarscharf,
Daß man zur Auslegung keines Zigeuners bedarf.
Wer das Beste redet zu allen Sachen,
Der wird sich Gunst und Freunde machen.
Wer mit And'rer Laster
Auf offnem Markte steht,
Der ist oft verhaßter,
Als der sie selbst begeht.
Ein kluger Mann
Mißt seine Reden Jedem so an
Wie ein geschickter Schneider
Die Kleider.
Zu kurze Red' ist wie des Blitzes Licht,
Sie blendet, aber leuchtet nicht.
Wer viel redet, redet selten gut dabei;
Nicht immer, wenn die Henne gackert, legt sie ein Ei.
Ein Dummer verbringt oft einen klugen Sang;
Aus leeren Fässern kommt auch ein heller Klang.
Klappern gefällt dem Storch,
Mensch! Du schweig' und horch'.
Reden kann man ein ganzes Pfund,
Und erredet sich doch kein Lot in den Mund.
Mancher redet leicht ein Wort heraus,
Wär's ein Gulden, so ließ er's nicht so leicht aus.
Wenn der Mund redet nach des Herzens Gefallen,
Das ist die schönste Harmonie von allen.
Ist Einer aus Sachsen,
So ist ihm auch der Schnabel darnach gewachsen.
Wohlreden ist einem Seil zu vergleichen,
Damit kann man den Grund jedes Herzens erreichen.
Alles Reden ist verloren,
Findet man nicht günstige Ohren.
Manche haben gute Worte zu Haufen,
Um damit schlechte Ware zu verkaufen.
Für einen Erzähler der beste Mann
Ist der, der Alles glauben kann.
Wer Dunkles und Verschraubtes tut kund,
Der strickt verwirrtes Garn im Mund.
Dunkles Reden für einen Hermaphroditen gelten kann,
Man weiß nicht, ist's ein Weib oder ein Mann.
Ist deine Rede nicht ganz reif:
So pfeif!
Offen geredet und wahr
Bringt oft die meiste Gefahr.
Ist Feuer im Haus,
So speit es Flammen aus.
Wer die Leute mit Reden kann wenden,
Der hat das Spiel in seinen Händen.
Der viel schläft, den werden viel Träume plagen;
Der viel redet, der wird viel Lügen sagen.
Zu viel reden und zu viel schweigen,
Das ist allen Narren eigen.
Kein Redner überredet den Bauch,
Daß er keine Speisen brauch'.
Regieren Regent
Ein ungeschickter Regent regiert,
Wie Phaeton kutschiert.
Ein Regent soll rechtmäßig sein im Konsulieren,
Geduldig im Negozieren,
Fürsichtig im Regieren
Und schleunig im Expedieren.
Ein Regent, ein Rat und eine Wacht
Sollen nicht schlafen die ganze Nacht.
Dem Schiffmann muß man keine Schuld geben,
Wenn sich widrige Winde erheben.
Ein Regent soll die Musik studieren,
Damit er weiß, wie die Leute harmonieren.
Wißt Ihr, warum Regenten höher steh'n?
Damit sie Alles besser überseh'n.
Ein Regent soll nicht immer mit Donner schrecken
Mit Milde ist oft mehr zu erzwecken.
Ein Regent soll überall Blumen ausspüren,
Einen Kranz machen und damit sein Land zieren.
Es kann Einer bös' sein und doch gut kutschieren;
So kann Einer schlimm sein und doch gut regieren.
Der Untertanen Schweiß,
Macht dem Regenten heiß.
Hat ein Schäfer wenig Schäfchen nur
So müssen sie desto öfter zur Schur.
Wo Frauen haben das Regiment,
Ist meistens ein Anfang ohne End'.
Reich
Einem reichen Mann
Steht auch ein Kürbis gut an.
Überall durch kommen die Reichen,
Recht und Wahrheit muß ihnen weichen.
Die stets nach Reichtum, gaffen,
Pflegt Gott oft mit Blindheit zu strafen.
Eine reiche goldene Ader
Ist der Same zu allem Hader.
Der Reichtum bringt am meisten Heil,
Daran die Armen haben Teil.
Nicht Jeder, der dafür gilt, ist ein reicher Mann;
Man sieht oft eine Geschwulst für Fett an.
Hättest du auch hundert Säcke Gold wohlgemessen,
Konntest doch nur für einen Menschen essen.
Wer in den Kisten hat seinen Gott,
Treibt meist mit dem wahren seinen Spott.
Hast auch noch so viel Geld und Gut, mein Schatz,
Zuletzt hat doch Alles zwischen vier Brettern Platz.
Ein feistes Schwein
Wird auch vor dem Metzger nicht sicher sein.
Der Reichtum sei wie des Bäckers Schurz:
Nicht zu lang und nicht zu kurz.
Reisen
Wer reiset durch viel Leut' und Land,
Sieht Unbekanntes und wird bekannt.
Wer reist, verändert das Gestirn,
Und oftmals auch das Hirn.
Wer reiset nach Italien hinaus,
Der sucht einen Schelm und findet ihn d'raus,
Und bringt ihn meist auch mit sich nach Haus.
Das Wiederkommen macht,
Daß man das Scheiden nicht acht't.
Viel reisen nur um das Vergnügen:
Daß sie nachher derb können lügen.
Mancher hat viel Salz in der Fremde eingenommen,
Und ist doch ungesalzen wieder gekommen.
Reue
Der Mensch tut mehr, was ihn reu't,
Als was ihn erfreu't.
Die Reu'
Ist Sünde- und Laster-Scheu!
Das ist die beste Reu'
Die nicht mehr tut, was reuen kann auf's Neu!
Reu'
Ist des Herzens Arzenei.
Die Reu' über das Böse ist gut;
Aber besser ist, wenn man's gar nicht tut.