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Quelle:
Ignaz Franz Castelli's
Ausgewählte Werke
Tausend Sprüche
Wien 1848
Verlag von Mayer & Compagnie
A
B
Aber
Adel
Alter
Amt BeamteAndere
Arm
Art und Weise
Arzt ArzneiBauen
Bauer
Behandlungsart
BeharrlichkeitBetrug
Blind
Borgen
Aber
Wenn die Wenn's und Aber's nicht wären,
So würde sich so leicht niemand beschweren.
Hätte mancher das Aber vorher bedacht,
So hätt' es ihm hintennach keinen Strich gemacht.
Es gibt Leute, die söffen das ganze Meer,
Wenn das Aber nicht wär'.
Das Aber ist ein Zaun,
Über den sich Wenige trau'n.
Adel
Adel, Tugend, Kunst
Sollen sein umsunst.
An Ahnen wird's keinem Lebenden fehlen,
Aber nicht Alle wissen sie her zu zählen.
Des Adels Mutter ist die Ehre,
Des Adels Tochter ist die Wehre.
Die ihr durch Verdienste den Adel erwerbt,
Ihr seid von der Arbeit schön rot gefärbt.
Der echte Adel nicht aus Blut,
Sondern aus Tugend entspringen tut.
Alter
Der Alten Rat,
Der Jungen Tat,
Macht Krummes g'rad!
Wird der Kuckuck auch noch so alt,
Er schreit immer dasselbe Lied im Wald.
Die Flammen in alten Häusern dräuen
Oft mehr Gefahr, als die in neuen.
Nimmt ein Alter eine junge Frau,
So ladet er den Tod zur Trau.
Guten Rat und guten Wein
Hole dir vom Alter ein.
Altes Holz ist besser zu hauen und zu drehen,
Mit dem grünen wird's nicht so leicht gehen.
Alte Leute, alte Ränke,
Junge Füchse, neue Schwänke.
Wenn es will Abend sein,
So verliert die Sonn' ihr Hitz' und Schein.
Amt Beamte
Amtleute geben dem Herrn ein Ei
Und nehmen von Untertanen zwei.
Neue Amtleute sind wie neue Karren,
Sie knarren.
Das Amt zeigt nicht immer an,
Was der Mann kann.
Es ist schön, in's Amt kommen zu rechter Zeit,
Aber was nützt's, wenn man nichts als Federn schneid't?
Ein Beamter auf dem Land
Hat das Geld der Bauern in der Hand.
Ämter, wobei jene darben, die sie verwalten,
Sind Diebsanstalten.
Wer sich beim Amt um Etwas will verwenden,
Muß kommen mit goldenen Händen.
Wer bei dem Amtmann eine Gans will essen,
Dem werden die Federn teuer zugemessen.
Andere
Willst du einen Andern hin und wieder jagen
Mußt auch selbst Müdigkeit vertragen.
Kannst du selbst ein Loch nicht leiden,
Mußt auch Andern das Wams nicht zerschneiden.
Es ist besser, den Esel schlagen,
Als selbst Säcke tragen.
Siehst du mit Augen von andern Leuten,
So werden sie dich zur Blindheit leiten.
Ein Esel bist du, ladest du einen Gast,
Wenn du selbst aufissest, was du hast.
Wenn Einer den Andern wüsch' auf Erden,
So würden Alle sauber werden.
Einer hat Arbeit und Fleiß,
Der Andere Nutzen und Preis.
Wer sich mit Anderer Untat will schön machen
Der wäscht sich in einer Mistlachen.
Hat der Peter einen Schaden im Fuß,
Der Paul darum nicht hinken muß.
Arm
Das ist schon eine arme Maus,
Die nur ein einziges Loch weiß im Haus.
Es ist Keiner so reich,
Der Arme kommt ihm mit Danken gleich.
Jagen zu armer Menschen Leid,
Darüber hat der Teufel eine Freud'!
Wer viel Handwerke kann,
Wird zuletzt ein armer Mann.
Muß erst um's Brot arbeiten, der Mann,
Bevor er zum Fleisch kommen kann.
Wenn ein Bettler einem Bettler etwas schenkt,
Ein Engel darüber lacht und Beider gedenkt.
Der arme Gute bleibt hinter der Tür,
Und den reichen Schlechten zieht man herfür.
An Armen wird nichts Unschickliches gelitten,
Darum ist Armut Zuchtmeisterin der Sitten.
Der Arme ist geborgen,
Hat nichts, wofür er darf sorgen.
So arm ist kein Mann,
Daß er sich nicht Tugend erwerben kann.
Leibesarmut ist beschwerlich;
Aber Geistesarmut ist gefährlich.
Wer sein Ohr den Armen verstopft,
Den hört auch Petrus nicht, wenn er klopft.
Wer wenig Bedürfnis kennt und keinen Neid,
Kommt auch mit einem Gulden weit.
Art und Weise
Mancher recht gut kochen kann,
Richtets aber ekelig an.
Deinen Braten kannst du nach deiner Art schneiden;
Aber nach Anderer Art sollst du dich kleiden.
Jedem gefällt seine Weise wohl,
Drum ist das Land der Narren voll.
Das Was gilt selten,
Aber das Wie wird immer gelten.
Wie du dir die Suppe eingemessen,
So mußt du sie auch essen.
Arzt Arznei
Bitter im Mund'
Ist dem Herzen gesund.
Des Patienten Gunst
Stärkt des Arztes Kunst.
Pillen mußt verschlucken,
Nicht im Maul zerdrucken.
Machen die Ärzte den Körper rein
So tun sie's bei dem Säckel noch obend'rein.
Alle Ärzte, die ihren Vorteil verstanden,
Machten aus einer Mücke einen Elephanten.
Ärzte wollen den Menschen flicken,
Reißen ihn aber oft in Stücken.
Ärzte schlagen oben darein,
Eine Krankheit geht heraus, die and're hinein.
Die Ärzte haben viel zu viel Kredit,
Kratzt man einen Tintenfleck aus, so geht's Papier mit.
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B
Bauen
Mancher hat gebaut ein Haus
Und muß der erste selbst hinaus.
Wer sein Haus baut mit Anderer Habe,
Sammelt sich Steine zu seinem Grabe.
Willst du gut bauen,
Mußt' dich um ein gut Gerüst' umschauen.
Es ist schlimm mit der Baumeisterzunft,
Sie schonen nicht das Geld, aber die Vernunft.
Willst über deinen Bau nicht weinen,
So bau mit den eigenen Steinen.
Bau'st du ein Haus,
So fang's gar nicht an, oder mach's aus.
Bauer
Die da leben mit den Herden,
Können leicht selbst Vieher werden.
Man soll im Dorf die Hunde nicht wecken,
Hat man nicht einen tüchtigen Stecken.
Weidenbäume und Leute, die das Feld bauen,
Muß man alle drei Jahre behauen.
Hast du einen Bauer nicht gern,
So mach' einen Bauer zu seinem Herrn.
Ein Bauer ist stolzer auf seinem Mist,
Als es ein Edelmann auf seinem Schlosse ist.
Für aller Gelehrten Kunst und Ehr'
Gab' der Bauer seine Wurst nicht her.
Durch die Gemeinheit ist noch nicht Alles verloren,
Bauernkinder geben auch Doktoren.
Fängt ein Bauer einen Hasen im Kraut,
Muß er's oft büßen mit seiner Haut.
Wenn der Herr sagt: Hühner seien Tauben,
So ist's für den Bauer das Beste, es zu glauben.
Behandlungsart
Dem Pferd darf der Reiter den Willen nicht lesen,
Sonst ist er am längsten oben gewesen.
Einen Groben soll man in die Stockfischmühl' tragen
Und dort weich schlagen.
Jeden nimm, so wie er ist,
Nicht wie dein Gedunken ihn mißt.
Auf Eiern mußt behutsam gehn,
Brichst' eins, so wird es übel stehn.
Beharrlichkeit
Viele Streich'
Machen auch den Stockfisch weich.
Zieh' nur Haar für Haar heraus,
Du reißest doch dem Esel den Schweif aus.
Festigkeit in allen Dingen
Wird gewiß zum Ziele bringen.
Schau nur ein Mal den Tropfen an,
Wie er den Stein aushöhlen kann!
Betrug
Wo man sich hinkehre und wende
Da sind falsche Herzen und untreue Hände.
Wer dich zum ersten Mal betrügt,
Der tat an dir gar schlecht.
Wer dich aber zum zweiten Mal betrügt,
Der tut an dir schon recht.
Wer ein Mal gab falsche Zeugenschaft,
Dessen Kredit verlor die Jungferschaft.
Zween Schelme verlangt ein ungerechtes Gut,
Einen, der's gewinnt und Einen, der's vertut.
Ein gut vollbrachtes Bubenstück
Nennt die Welt ein Tugendstück.
Blind
Was frommt's, wenn ein Blinder Ekel vor Fliegen hat
Er ißt sie deshalb doch im Spinat.
Es scheint darum doch das Licht,
Sieht es gleich der Blinde nicht.
Wer sieht und nicht sieht, daß er sehen kann,
Der ist ein ganz stockblinder Mann.
Wenn ein Blinder dem andern das Licht expliziert,
Schwerlich der And're gescheiter wird.
Bis ein Blinder verstopft ein Faß,
Ist schon der ganze Boden naß.
Borgen
Wer borgt ohne Pfand,
Der hat einen Wurm im Verstand.
Willst du durch Borgen eines Menschen ledig sein,
So ladest du ihn gerade zu dir ein.
Leih'st du Einem nichts, so hast du Zorn,
Leihst du ihm etwas, so ist es verlor'n.
Wenn du Gold ausborgst, so gut es auch sei,
Wenn du's zurückforderst, wird's Blei.
Mit tausend geborgten Gulden bist ein ärmerer Schweizer,
Als wenn du ungeborgt besitzest gar keinen Kreuzer.
Geborgtes Geld bringt nicht Glück,
Es will immer zu seinem Herrn zurück.