Der Zwerg 
				
				wurde von Franz Schubert vertont 
				Schubert-Werkverzeichnis D. 771 
				 
				Im trüben Licht verschwinden schon die Berge, 
				  Es schwebt das Schiff auf glatten Meereswogen, 
				  Worin die Königin mit ihrem Zwerge. 
				 
				Sie schaut empor zum hochgewölbten Bogen, 
				  Hinauf zur lichtdurchwirkten blauen Ferne, 
				  Die mit der Milch des Himmels blaß durchzogen. 
				 
				Ihr habt mir nie gelogen noch, ihr Sterne, 
				  So ruft sie aus, bald werd' ich nun entschwinden, 
				  Ihr sagt es mir, doch sterb' ich wahrlich gerne. 
				 
				Da geht der Zwerg zur Königin, mag binden 
				  Um ihren Hals die Schnur von roter Seide, 
				  Und weint, als wollt vor Gram er schnell erblinden 
				 
				Er spricht: Du selbst bist Schuld an diesem Leide, 
				  Weil um den König du mich hast verlassen, 
				  Nun macht dein Sterben einzig mir nur Freude. 
				 
				Mich selber werd' ich ewiglich wohl hassen, 
				  Der dir mit dieser Hand den Tod gegeben, 
				  Doch mußt zum frühen Grab du nun erblassen. 
				 
				Sie legt die Hand aufs Herz voll jungem Leben, 
				  Und aus dem Aug' die schweren Tränen rinnen, 
				  Das sie zum Himmel betend will erheben. 
				 
				O möchtest du nicht Schmerz durch meinen Tod gewinnen! 
				  Sie sagt's, da küßt der Zwerg die bleichen Wangen, 
				  Und alsobold vergehen ihr die Sinnen. 
				 
				Der Zwerg schaut an die Frau vom Tod befangen, 
				  Er senkt sie tief ins Meer mit eignen Handen, 
				  Ihm brennt nach ihr das Herze voll Verlangen. 
				An keiner Küste wird er je mehr landen. 
				 
				Der Raub der 
	Jungfrau 
	 
	Es klagt am Klippen-Ende 
	    In's dumpfe Meergebraus 
	Die Jungfrau, streckt die Hände 
	    Erbebend, weit hinaus. 
	 
	Und er, der sie entführet 
	    In's ferne Inselland, 
	Vor tritt er, und berühret, 
	    Mild fragend, ihre Hand. 
	 
	Du klagst? willst mich nicht lieben, 
	    Weil ich an dich geglaubt? 
	Weil Hoffnung mich getrieben, 
	    Und ich dich kühn geraubt? 
	 
	Doch, was es liebt, umfangen, 
	    Wert halten, Glückbewußt, 
	Will männliches Verlangen 
	    An schuldlos treuer Brust! 
				 
				Ich sah dich, Holde! schlafen, 
	    Im frühlingslichten Hain, 
	Der Liebe Pfeile trafen 
	    Mein Herz, und du wardst mein. 
	 
	Kann dich denn nichts bezwingen? 
	    Kann frommer Liebe Blick 
	Dein Herz mir nicht erringen? 
	    O mein zu trüb Geschick! 
	 
	Sie weint. Ob ihrem Leide 
	    Erbangt er selbst so sehr, — 
	Als ob sein Leben scheide, 
	    Erseufzet tief und schwer. 
	 
	So sehn wir wohl sich neigen 
	    Ob tränenreichem Bach 
	Den Baum mit schwanken Zweigen: 
	    Er lispelt bang ein Ach! 
				 
				Er taut vom feuchten Laube 
	    Hinab der Tränen viel: 
	So er, dem Schmerz zum Raube 
	    Gibt ihn ihr Wehgefühl. 
	 
	Zurück zum Schiffe leitet 
	    Er sie mit düstrem Sinn, 
	Rasch durch die Wasser gleitet 
	    Das Paar nun wieder hin. 
	 
	Und lange Tag' und Nächte 
	    Führt sie der stumme Mann; 
	Einst doch hält seine Rechte 
	    Das Ruder plötzlich an. 
	 
	Es graut der Tag — vom Schlummer, 
	    Im wohlbekannten Port, 
	Erwacht sie — all ihr Kummer, 
	    Er floh wie Nebel fort. 
	 
	Froh grüßt sie Baum und Quelle 
	    Im heimatlichen Tal, 
	Vom Schiff eilt sie so schnelle 
	    Ihr blieb da keine Wahl. 
				 
				Doch er, der sie geleitet, 
	    Die heiß sein Herz begehrt, 
	Als sie ans Ufer schreitet, 
	    Erblaßt er, Schmerzverheert. 
	 
	Wohl durch den grünen Anger 
	    Eilt sie mit heitrem Sinn, 
	Er selbst doch, bang und banger, 
	    Starrt glutlos nach ihr hin. 
	 
	Nun im Gebüsch entschwindet 
	    Sie plötzlich seinem Blick, 
	Da bricht sein Aug' erblindet, 
	    Und tot sinkt er zurück. 
				 
				
	Meeresfahrt 
	 
    Sieh! der Mond hat ausgegossen 
	Allen Reichtum seiner Strahlen! 
	Hüpfend tanzen nun die fahlen 
	Schimmer auf der regen Welle; 
	Und das Schiff, rasch, unverdrossen, 
	Flieget durch die Meereshelle, 
	Wie ein Pfeilwurf, grad' und schnelle. 
	 
    Steig' und sink', und liebend schwelle 
	Wieder an, geliebtes Meer! 
	Mächt'ge Wogen, zieht einher! 
	Flieht und suchet die Vereine. 
	Ja! so wechselt seine Stelle 
	Freud' und Leid; im bunten Tanz 
	Flechten sie des Lebens Kranz. 
	Leid ist schon der Freude Schwelle, 
	Murmelnd sagt mir's jede Welle. 
				 
				
				Erdenfeier 
	 
	Hochheil'ge Mutter Erde! Nährerin 
	Glückseliger Kinder, wie so herrlich blühst 
	Du ringsum auf! Es küssen dich die Lüfte, 
	Es blickt der Tag mit hellem Aug' dich an, 
	Errötend immerdar mit holder Freude, 
	Wenn er zuerst dich grüßt, und wenn er dich 
	Beim Scheiden herrlich schaut in deiner Schöne. 
	Die Nacht auch breitet ihre Ruheschleier 
	Sanft über dich: da segnen dich die Sterne, 
	Und senden Kühlung, Tau, und liebe Träume 
	Herab auf mildem Flügel süßen Schlummers. 
	So laß mich dann, hochheil'ge hehre Mutter, 
	Dich lieben, preisen, ehren, sinnend schaun, 
	Um deine Tode trauern, und mich freun 
	Mit all dem Leben, das aus dir entquillt. 
				 
				
	Naturgefühl 
	 
	     Wenn ich auf hohem Berge steh, 
	Es wird mir dann so wohl und weh 
	In tiefer, stiller Brust. 
	So wohl, so weh, wenn ich die Au 
	In ihrer Schönheit Fülle schau', 
	Und all die grüne Lust. 
	 
	     Denn was im Winde tönend weht, 
	Was aufgetürmt zum Himmel steht, 
	Und auch der Mensch, so eng vertraut 
	Mit all der Schönheit, die er schaut, 
	Entschwindet, und vergeht. 
				 
				
	Nacht und Träume 
	 
	wurde von Franz Schubert vertont 
	Schubert-Werkverzeichnis D. 827 
	 
	Nacht! verschwiegne, sankst du nieder? 
	Nieder durch die dunklen Räume 
	Wallen heimlich jetzt die 
	Träume In der Menschen stille Brust, 
	Die belauschen sie mit Lust; 
	Rufen, wenn der Tag erwacht: 
	Kehre wieder heil'ge Nacht! 
	Holde Träume, kehret wieder. 
				 
				
	Träume 
	 
	In der heil'gen, stillen Nacht, 
	Was läßt seligers sich träumen, 
	Als, von Sternen treu bewacht, 
	In des Mädchens Arm zu säumen 
	Bis der Morgen wieder lacht? 
	 
	Und was schöners läßt sich träumen, 
	Als in stiller kühler Nacht, 
	In des Zimmers dunkeln Räumen, 
	Bei der sanften Lüfte Rauschen 
	Die Geliebte zu belauschen, 
	Die sich glaubet unbewacht. 
				 
				
	Liebe 
	 
	Schönres gäb' es, als die Liebe? 
	Wie sich Blüt' mit Blüte einet, 
	Lebt das Herz auch gern vereinet 
	Unter duft'gem Kranz der Liebe. 
	Alle Stern' ihn treu bewachen, 
	Und es flattert Kuß und Lachen, 
	Leiser Scherz und süßes Weinen 
	Sanft ums Herz glücksel'ger Jugend. 
	Was auch groß uns mög' erscheinen: 
	Liebe ist die schönste Tugend. 
				 
				
				Die junge Liebe 
	 
	Was ist es, was im Herzen bebt? 
	Was zart, in zarter Brust verborgen, 
	Das Mädchen leis errötend hegt? 
	O sprich! sind's Freuden, sind es Sorgen 
	Die zierlich sie zu bergen strebt? 
	 
	Nicht Freude, nein, und auch nicht Sorgen 
	Sind in des Mädchens Brust verborgen, 
	Die bang, in lieber Wallung bebt. 
	Ein neues Leben will beginnen: 
	Die Lieb' ist's, die die jungen Schwingen 
	In ihrem Busen schüchtern regt. 
				 
				
	Die Unentschlossene 
	 
	In dem blumenvollen Haine 
	Warum muß er mir begegnen! 
	Soll ich fliehen den Verwegnen? 
	Soll ich bleiben? — Ach alleine 
	In der Abendröte Scheine 
	Warum muß er mir begegnen? 
	 
	Doch er spricht. — O süße Liebe 
	Nicht entfliehen kann ich dir. 
	Daß er ewig bei mir bliebe, 
	Ewig, ewig! süße Liebe 
	Nicht entfliehen kann ich dir! 
				 
				
				Wünsche 
				 
				Von allem Schönen dieser Erde 
				Zwei Dinge wünsch' ich mir beschieden, 
				Dann leb' ich immer wohl im Frieden 
				Auf friedlicher und schöner Erde. 
				 
				Es ist des Freundes heil'ge Liebe, 
				Und daß aus heitrer Frauen Mitte 
				Mir strahl' ein liebendes Gemüte 
				Das ewig hold mir bliebe. 
				 
				
				Am Bache 
				 
				Wie die Wellen lieblich rauschen! 
				Furchtsam eilend schnell entfliehen: 
				Alle Blumen die da blühen 
				Wollen ihren Tönen lauschen. 
				Wie sie schön in Farben glühen, 
				Alle seh ich hier sich neigen, 
				Möchten sehn die frohen Reigen, 
				Die die Wellen unten ziehen. 
				Und die Bäum' in ihren Zweigen 
				Rühren sich um froh zu tönen, 
				Wollen so dein Lied verschönen, 
				Kleiner Bach, mit ihren Tönen. 
				 
				Der Lachende 
				 
				     Eines, sprach ich, ist auf Erden, 
				Was ich über alles schätze, 
				Zarter Mädchen froh Geschwätze 
				Und erheiternde Gebärden. 
				Dann, nach diesem, muß ich sagen, 
				Lieb' ich kleine, kühle Quellen, 
				Die im Wald mit ihren Wellen 
				So verstohlen lieblich klagen. 
				 
				     Denn nichts schöners läßt sich sehen, 
				Als Gewässer einsam gehen 
				Zwischen Gräsern und Gebüschen, 
				Wenn die kühlen Lüfte wehen, 
				Die Gerüche fröhlich tragen 
				Alle Wesen zu erfrischen. 
				 
				     Wenn ich nun am klaren Bache 
				Niedlich wo ein Mädchen finde, 
				Schlägt mir gleich das Herz geschwinde 
				Zu dem Bach, und zu dem Kinde. 
				Hold und lieblich zu erscheinen 
				Will ich alles dann vereinen 
				An dem kleinen hellen Bache. 
				Da geschieht's wohl daß ich lache, 
				Weil ich lieber möchte weinen. 
				 
				
				Vergänglichkeit 
				 
				     O nicht zu sehr erfreue dich der Morgen, 
				Und nicht der Abendröte holdem Lichte 
				Eröffne du die sorgenlose Brust. 
				Denn auf den Morgen folgen heiße Gluten, 
				Und die versengen dir die süße Freude, 
				Die im Gemüte jung erst aufgesproßt. 
				 
				     So, wenn der Abend kaum sich niederläßt, 
				Die leisen Lüfte wehn ihn zu begrüßen, 
				Und aus den Zweigen und den blauen Räumen 
				Der kleinen Vögel helle Chöre schallen, 
				Wird schnell er Überraschten dich verlassen, 
				Die Finsternis hält Armer dich umfangen, 
				Und es verstummen alle frohen Lieder. 
				 
				     D'rum Lieber, nicht berühre du die Güter 
				Der bunten Erde mit zu heißem Wunsch. 
				Dem ewig festen, dauernden Verlangen 
				Der treuen Brust will dauernd nichts begegnen: 
				Nicht dieser Erde Bürger scheinen wir. 
				 
				Das Unvergängliche 
				 
				Muß ich es sehn, wie oft so plötzlich schwindet 
				   Wonach gestrebt der Seele heiß Verlangen, 
				   Fühl' ich so ganz in Wehmut mich erbangen, 
				   Daß Tröstung kaum das wunde Herz mehr findet. 
				 
				Wir alle gehn durchs Leben hin erblindet, 
				   Weil uns des Schicksals Mächte streng bezwangen. 
				   Woran mit treuer Freude wir gehangen, 
				   Wir wissen nicht wer es uns kalt entwindet. 
				 
				Doch dies bedenke wohl dir im Gemüte; 
				   Wie auch ein bös Verhängnis möge walten, 
				   Niemals vergeht der Liebe reine Blüte. 
				 
				Will dir ein treuer Freund von hinnen scheiden, 
				   Nie wird zu ihm die Liebe dir erkalten: 
				   Denn ewig, glaub' es, währen diese Freuden. 
				 
				Erzählung 
				 
				Ich stand auf einem Berge ganz allein, 
				Hernieder sank die Nacht, 
				Und über mir in süßer Pracht 
				Sah ich des Mondes holden Schein 
				Erhellen den Beginn der Nacht. 
				Am Himmel er, wie ich am Berge ganz allein. 
				 
				Und ausgebreitet unter mir 
				Sah ich des Tales grüne Tiefen: 
				So heilig stille war es hier, 
				Daß in den Büschen und den Auen 
				Nicht eines Zweiges Regen war zu schauen, 
				Und alle Töne schliefen. 
				 
				Da ich so schon hier alles sah 
				Ward ich bewegt, 
				Wie wenn man innig Lieb' im Herzen trägt, 
				Und auch das Weinen war mir nah. 
				 
				Durchs Leben, sprach ich, werden wir getrieben 
				Wie ein entmastet Schiff durch wilde Fluten: 
				Wir wallen auf in unrein heiße Gluten, 
				Verkennend uns im Haß, so wie im Lieben. 
				Du einzig heilig bist geblieben, 
				Die wir dich ohne Leben wähnen, 
				Unendliche Natur, und wardst im Leben, 
				Daß wir uns ewig nicht verkennen, 
				Als feste Stütz', und Muster uns gegeben. 
				 
				Und da ich dieses sprach, hört' ich von weiten 
				Der Herde Heimkehr, und ihr frohes Läuten, 
				Und durch das sanft geschwungne Tal 
				Ging sacht' ein Mädchen allzumal. 
				Und da sie sah die stille Pracht 
				Der Erde in so heil'ger Nacht, 
				Da mußt' ein liebes Singen 
				Ihr plötzlich schön gelingen; 
				Zu mir herüber aus dem Tal 
				So wie Gebete drang der Schall. 
				 
				Da ward ich tiefer noch bewegt, 
				Ein heilig Trauern war erregt. 
				Es strömten süße Tränen. 
				O nimmer selig werden wir, 
				So rief ich aus, 
				Und nicht gestillt das Sehnen 
				Des Menschen auf der Erde hier! 
				Doch jene dort, sie hat sich nie geschieden 
				Von dir, Natur! 
				Drum kennt sie holden Frieden. 
				 
				
				Tod und Leben 
				 
				Sag' liebst du mich? — so fragt' mich meine Liebe, 
				    Und beuget sich mit Lächeln leicht zurücke, 
				    Damit der Kuß auf ihren Mund nicht glücke, 
				    Den ich versucht. Darob ich mich betrübe. 
				 
				Und sprechend: wie? du fragst ob ich dich liebe? 
				    Schau' ich mit Trotz der Augen helle Blicke. 
				    Die ich mit leichter Lippe rächend drücke, 
				    Damit in Nacht ihr helles Licht sich trübe. 
				 
				Doch weh! Die Blicke brennen nun mir innen, 
				    Die aus den Augen glutversendend drangen, 
				    Und schon zu sterben glaub' ich zu beginnen. 
				 
				Da spricht die Gute: Ach, was soll dein Bangen? 
				    Von ihren Armen fühl' ich mich umfangen, 
				    Ein neues Leben küssend zu gewinnen. 
				 
				Nachtfeier 
				 
				Heil'ge Nacht, du sinkest nieder; 
				Nieder wallen auch die Träume, 
				Wie dein Licht durch diese Bäume, 
				Lieblich durch der Menschen Brust; 
				Die belauschen sie mit Lust, 
				Rufen, wenn der Tag erwacht: 
				Kehre wieder heil'ge Nacht, 
				Holde Träume kehret wieder. 
				 
				Nacht im Walde 
				 
				Sieh! wie hoch in stiller Feier 
				Droben helle Sterne funkeln, 
				Sieh die Erde sich verdunkeln, 
				Die sich hüllt in schwarze Schleier: 
				 
				Bäume regen sich, es tönet 
				In dem Hain der Fall der Quelle, 
				Doch kein Lichtstrahl macht sie helle, 
				Der sie liebend erst verschönet. — 
				 
				Wehe dir, und wie so trübe 
				Sänger fühlst du dein Gemüte, 
				Das in Freuden sonst erblühte, 
				Nun vereinsamt ohne Liebe! 
				 
				Amors Besuch 
				 
				Im Walde saß ich, von Gebüsch umfangen, 
				Und von der Luft Gesäusel froh umgeben, 
				Da hör' ich ferner Töne himmlisch Beben: 
				Ein kleiner Knab' kam zu mir hergegangen. 
				 
				Da ich ihn sah, fühlt' ich ein süß Verlangen 
				Im Busen sich mit junger Kraft erheben; 
				Ein Lächeln schien um seinen Mund zu schweben, 
				Und lieblich Licht entstrahlte seinen Wangen. 
				 
				Gegrüßet seist du, sprach er, und mit Freude 
				Rief ich, sei mir gegrüßet kleiner Knabe! 
				Dich kenn' ich wohl, den Spender süßer Triebe. 
				 
				Und sieh, es kam der Gott mir nicht zum Leide, 
				Er brachte mit sich eine holde Gabe: 
				Der einzig mir Geliebten teure Liebe. 
				 
				Lob der Frauen 
				 
				O liebliches Geschlecht holdsel'ger Frauen! 
				    Verehren muß ich euch, und muß euch preisen: 
				    Ihr wandelt hin in den gewohnten Kreisen, 
				    Und wollt, unschuldig, gern dem Schicksal trauen. 
				 
				So lieb aus lieben Augen mögt ihr schauen, 
				    Und, tanzend, spielend, singen zarte Weisen; 
				    Indes uns, irrgeführt in wüsten Gleisen, 
				    Oft ob der Welt ereilt geheimes Grauen. 
				 
				Was wir mit treuem Eifer schwer erringen, 
				    Hat froh beglückend euch Natur gegeben: 
				    Das Schön' und Gute will euch schön gelingen. 
				 
				O selig, wem ihr euch in Lieb' ergeben, 
				    Um den ihr wollt die Arme traulich schlingen! 
				    Ihm blüht ein ewig junges, süßes Leben. 
				 
				An Shakespeare 
				 
				Erhabner Geist! vermöchtest Du zu schauen 
				  Das Elend, die Erbärmlichkeit der Bühnen, 
				  Wie sie an nicht'gen Werken emsig bauen, 
				Mit kleiner Sorge kleinem Beifall dienen; 
				  Sich Dichter wähnen, — die kein Gott beglückt! — 
				  Du flöhst erzürnten Angesichts von hinnen 
				Was Kunst sei, was zum Himmel uns entrückt, 
				  Wie Göttliches aus Irdischem entblüht — 
				  Sie wissen's nicht; von eitlem Tand berückt. 
				Um eines nur sind sie mit Angst bemüht, 
				  Es ist das Gleißende, wertloser Flitter, 
				  Der, trügend, im erborgten Schimmer glüht; 
				Und, wie des Himmels drohende Gewitter, 
				  So fürchten sie das Nah'n des Geists, der Kraft, 
				  Und engten gern sie ein durch Schloß und Gitter.— 
				Der Genius, der Welten dichtend schafft, 
				  Verschmäht so engen Lebens niedre Schranken, 
				  Und bricht hindurch mit angeborner Kraft. 
				Im kühnen Flug aufstrebender Gedanken 
				  Wird er nicht aus der hohen Bahne weichen; 
				  Er wird in dem, was er gewollt, nicht wanken. 
				So hast Du Dich bewährt. Wer mag Dir gleichen, 
				  Erhabner Schöpfer einzig schönen Lebens, 
				  Zu uns gesendet aus den ew'gen Reichen? 
				 
				In Dir erblüht die Fülle jedes Strebens, 
				  Mit Riesenarm hältst Du die Erd' umwunden, 
				  Der Himmel selbst entzieht sich Dir vergebens. 
				Was groß, was heiter ist, und schön; die Wunden 
				  Der lieberregten Brust; der Hoheit Fall; 
				  Des Sünders angstvoll bang gedehnte Stunden; 
				Und was im weiten unermeßnen All 
				  Der Neigung wert ist: läßt Du kühn ertönen, 
				  Im schönen Kreislauf, gleich der Sphären Hall. 
				Selbst das Gemeine weißt Du zu versöhnen 
				  Mit edlerer Natur, und lockst die Blüte 
				  Der Schönheit aus des Staubes niedern Söhnen; 
				Und wie der Elfen Lieder in die Hütte 
				  Des Menschen freudig schauerlich erklingen, 
				  Füllst Du mit freud'gem Fürchten das Gemüte; 
				Mit süßer Fantasie endlosen Schlingen 
				  Fängst Du das Herz; in Deine Zauberkreise 
				  Weißt Du's mit liebender Gewalt zu zwingen. 
				Doch Pöbel richtet nach gemeiner Weise:  
				  Den Lenker hoher Sonne würd' er schmähen, 
				  Weil er nicht fährt im niedern tiefen Gleise; 
				Und naht ihm Deines Geistes selig Wehen, 
				  So ruft er töricht zürnend auf: von hinnen! 
				  Welch Ungetüm will hier sich formlos blähen? 
				Entschwinde! nichts mag ich mit Dir beginnen! 
				 
				
				Bitte und Gehorsam 
				 
				Nacht war's, und aller Sterne sanfter Schimmer 
				   Floß, selig leuchtend, zu der Erde nieder, 
				   Da lockten mich Erstaunten ferne Lieder 
				   Vom Lager auf, im einsam dunklen Zimmer. 
				Hinaus schnell eilend durch der Nacht Geflimmer 
				   Kam ich zum Quell bald, wo die zarten Glieder 
				   Du singend tauchtest in die Fluten nieder: 
				   O wohl seh ich solch heitres Schauspiel nimmer. 
				Doch, ob ich ewig auch dort wollte weilen, 
				   So süß war deines Munds verweigernd Flehen, 
				   Daß es das tiefste Herz mir überwunden. 
				Und heimwärts wieder mußt' ich Armer eilen; 
				   Denn, dir Holdseligste zu widerstehen, 
				   Hatt' ich nicht Kraft in frommer Brust gefunden. 
				 
				Hochzeitsgedicht 
				 
				Sieben! eine heil'ge Zahl! 
				Sieben heißt das Bild der Sterne, 
				Das den Schiffer durch die Ferne 
				Lenkt zum Hafen allzumal. 
				 
				Sieben zählt' man einst Planeten, 
				Und, wenn andre eingedrungen, 
				Glaub' ich es geschah gezwungen, 
				Und nicht Einer ward gebeten. 
				 
				Sieben doch sind Sakramente, 
				Heilige, von Gott geschenkt! 
				Wer dahin die Wünsche lenkt, 
				Tilgt wohl, was vom Glück ihn trennte. 
				 
				Nicht gebührt mir's, aufzuzählen 
				Ihrer Segnung Siebenzahl, 
				Auch bleibt Jedem nicht die Wahl, 
				Alle Sieben sich zu wählen. 
				 
				Eines doch hat sich erkoren 
				Einer heute, der erfahren 
				Jetzt nach sechsmal sieben Jahren 
				Daß, wer es nicht sucht, verloren. 
				 
				Daß ich von der Ehe spreche, 
				Zweifelt Keiner, der erfuhr 
				Daß der Treu zu später Schwur 
				An dem Säumenden sich räche. 
				 
				Sag' ich, daß ich's selbst erfahren, 
				Glaubt ihr mir vielleicht auf's Wort: 
				Wißt, nach Sieben Freier-Jahren 
				Fand ich erst der Ehe Port. 
				 
				Jener aber, den ich preise, 
				Wird so schneller Art gefunden, 
				Daß ich glaub', nach sieben Stunden 
				Schon entschloß er sich zur Reise. 
				 
				Er tat wohl! denn treues Lieben 
				Säumt nicht gerne; und wer eilen 
				Kann und darf, wär' durch Verweilen 
				Töricht nur zurück geblieben. 
				 
				Sei denn frohes Glück beschieden 
				Siebenfach dir, teurer Freund! 
				Blüh' um dich, im Kranz vereint, 
				All der Erde heitrer Frieden. 
				 
				Gottgeliebt hast du verbunden 
				Dir die Braut in holder Jugend, 
				Sie an ernstem Schmuck der Tugend 
				Wie an Schönheit reich gefunden. 
				 
				Und sie strebt im stillen Kreise 
				In der Stunden schönem Reigen 
				Bald dem Liebenden zu zeigen 
				Ihres Daseins edle Weise: 
				 
				Wie sie nicht ihr Glück gebunden 
				An der Erde eitlen Tand, 
				Nie sie Liebe an dich band, 
				Und hierin sie Glück gefunden. 
				 
				Daß sie Dir sich nicht verhehle, 
				Sanft bewegt von heil'gem Drang, 
				Kündet schwellend Dir Gesang 
				Froh die Melodie der Seele. 
				 
				Und er schwebt und wogt um dich, 
				Und von Wohllaut sanft getragen, 
				Wirst du Freude leuchtend fragen, 
				Wer ist glücklicher als ich? 
				 
				Da ich, was dich ziert, verkündet, 
				Holde Braut, will ich es wagen 
				Dir in Wahrheit treu zu sagen, 
				Wie der sei, der Dir verbündet. 
				 
				Und ich nenn' ihn, nicht geehret 
				Nur vom treuen Freund allein, 
				Der ihn gut erfand und rein, 
				Nur dem Edlen zugelehret: 
				 
				Ehrend nennen ihn mit Wonne 
				Würd'ge Männer, hoch vom Norden, 
				Bis hinab, wo Glut geworden 
				Ist der Strahl uns milder Sonne. 
				 
				Und begeisternde Gefühle 
				Walten ihm im reichen Busen, 
				Und es krönten ihn die Musen 
				Oft und schön im heil'gen Spiele. 
				 
				Und des Orients Paradiese 
				Pflanzt er gern in unsre Auen, 
				Daß in fremdem Glanz wir schauen 
				Baum und Fels, und Quell und Wiese. 
				 
				Daß uns dünkt, es sei geworden 
				Blütentempel holder Liebe, 
				Wohnsitz nur beglückter Triebe, 
				Dieser nebelvolle Norden. 
				 
				Wie er treuer Freund zu nennen, 
				Unerschütterlich, ein Mann! 
				Denk ich auch, o Braut! es kann 
				Nichts mehr nun von Dir ihn trennen. 
				 
				Und war's bei ihm hergebracht, 
				Überall in Allem Sieben, 
				Heil'ge Zahl zwar, nur zu lieben, 
				Ist jetzt neuer Sinn erwacht. 
				 
				Denn nicht Sieben, sondern Eine 
				Schwöret er allein zu lieben, 
				Und in's Herz ward's ihm geschrieben: 
				Diese Eine, oder Keine! 
				 
				Heute schon wich er von Sieben, 
				Muse! Dir sich zu vermählen; 
				Weil wir Neun der Musen zählen, 
				Zu dem Neunten Tag getrieben. 
				 
				Glück! — der frevelnd wollte schauen 
				Sieben stets mit allen Trieben, 
				Fand nicht eine böse Sieben, 
				Nein! die holdeste der Frauen. 
				 
				Mögest Du ihn denn beglücken! 
				Sei es Beiden denn gegeben, 
				Hier, im wechselvollen Leben 
				Frohsinn nur allein zu pflücken. 
				 
				Und die Sorge meide sie. 
				Rühmen soll die Welt mit Freude: 
				Glücklicher als diese Beide 
				Sah ich Liebende noch nie. 
				 
				Das Schönste 
				 
				Du meines Mädchens sanftes Licht der Augen, 
				   Und ihr des dunkeln Haares Seidenwellen, 
				   Die, wo des Busens heitre Reihe schwellen, 
				   Hernieder sinken, süße Lust zu sangen. 
				 
				Vielliebliche Gesäng', die einzusaugen 
				   Das Ohr nie müde wird, wenn sie in hellen 
				   Akkorden solchem Lippenpaar entquellen, 
				   Wohl mögt ihr Liebe einzuflößen taugen. 
				 
				Doch, seh' ich all des Herzens heil'ge Blüte, 
				   In holder Red' zu frohem Kranz verschlungen, 
				   Mit Blick und Lächeln sich vor mir entfalten; 
				 
				Dann wähn' ich, eines Engels rein Gemüte 
				   Sei mild zur hochbeglückten Erd' gedrungen. 
				   Uns zu besel'gen durch so liebes Walten. 
				 
				Ins Stammbuch der Perle 
				 
				Vergangner Tage heitre Freuden, 
				Geselliger Stunden reines Glück, 
				Ruf dieses Bild dir oft zurück, 
				Nun mich mein Schicksal drängt zu scheiden. 
				 
				Vorüber an der Waldkapelle, 
				An jener Felsburg stolzem Bau, 
				Führt' uns der Pfad zur stillen Au' 
				Fort an des Bach's geschwätz'ger Welle. 
				 
				Und Stunden, Tage, Wochen zogen, 
				Ein Kranz der Wonne, mir dahin! 
				Sie fest zu halten dacht' mein Sinn, 
				Die, ach, zu schnell vorüberflogen. 
				 
				Hinauf' gebannt zum fernen Norden 
				Sag' ich dies Wort des Trostes mir: 
				Glück, Ruhe, Frohsinn weilt mit ihr, 
				Der solch ein Gatte ist geworden. 
				 
				 
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