zum Index

zurück

Quelle:

nachgelassene Gedichte

Matthäus Edlen von Collin
ausgewählt von Joseph von Hammer

Wien 1827
Gedruckt und im Verlage bey Carl Gerold

Gedichte
 
Der Zwerg
Der Raub der Jungfrau

Meeresfahrt
Erdenfeier
Naturgefühl
Nacht und Träume
Träume
Liebe
Die junge Liebe
Die Unentschlossene
Wünsche
Am Bache
Der Lachende
Vergänglichkeit
Das Unvergängliche
Erzählung
Tod und Leben
Nachtfeier
Nacht im Walde
Amors Besuch
Lob der Frauen
An Shakespeare
Bitte und Gehorsam
Hochzeitsgedicht
Das Schönste
Ins Stammbaum der Perle

 

Der Zwerg

wurde von Franz Schubert vertont
Schubert-Werkverzeichnis D. 771


Im trüben Licht verschwinden schon die Berge,
  Es schwebt das Schiff auf glatten Meereswogen,
  Worin die Königin mit ihrem Zwerge.

Sie schaut empor zum hochgewölbten Bogen,
  Hinauf zur lichtdurchwirkten blauen Ferne,
  Die mit der Milch des Himmels blaß durchzogen.

Ihr habt mir nie gelogen noch, ihr Sterne,
  So ruft sie aus, bald werd' ich nun entschwinden,
  Ihr sagt es mir, doch sterb' ich wahrlich gerne.

Da geht der Zwerg zur Königin, mag binden
  Um ihren Hals die Schnur von roter Seide,
  Und weint, als wollt vor Gram er schnell erblinden

Er spricht: Du selbst bist Schuld an diesem Leide,
  Weil um den König du mich hast verlassen,
  Nun macht dein Sterben einzig mir nur Freude.

Mich selber werd' ich ewiglich wohl hassen,
  Der dir mit dieser Hand den Tod gegeben,
  Doch mußt zum frühen Grab du nun erblassen.

Sie legt die Hand aufs Herz voll jungem Leben,
  Und aus dem Aug' die schweren Tränen rinnen,
  Das sie zum Himmel betend will erheben.

O möchtest du nicht Schmerz durch meinen Tod gewinnen!
  Sie sagt's, da küßt der Zwerg die bleichen Wangen,
  Und alsobold vergehen ihr die Sinnen.

Der Zwerg schaut an die Frau vom Tod befangen,
  Er senkt sie tief ins Meer mit eignen Handen,
  Ihm brennt nach ihr das Herze voll Verlangen.
An keiner Küste wird er je mehr landen.

Der Raub der Jungfrau


Es klagt am Klippen-Ende
    In's dumpfe Meergebraus
Die Jungfrau, streckt die Hände
    Erbebend, weit hinaus.

Und er, der sie entführet
    In's ferne Inselland,
Vor tritt er, und berühret,
    Mild fragend, ihre Hand.

Du klagst? willst mich nicht lieben,
    Weil ich an dich geglaubt?
Weil Hoffnung mich getrieben,
    Und ich dich kühn geraubt?

Doch, was es liebt, umfangen,
    Wert halten, Glückbewußt,
Will männliches Verlangen
    An schuldlos treuer Brust!


Ich sah dich, Holde! schlafen,
    Im frühlingslichten Hain,
Der Liebe Pfeile trafen
    Mein Herz, und du wardst mein.

Kann dich denn nichts bezwingen?
    Kann frommer Liebe Blick
Dein Herz mir nicht erringen?
    O mein zu trüb Geschick!

Sie weint. Ob ihrem Leide
    Erbangt er selbst so sehr, —
Als ob sein Leben scheide,
    Erseufzet tief und schwer.

So sehn wir wohl sich neigen
    Ob tränenreichem Bach
Den Baum mit schwanken Zweigen:
    Er lispelt bang ein Ach!


Er taut vom feuchten Laube
    Hinab der Tränen viel:
So er, dem Schmerz zum Raube
    Gibt ihn ihr Wehgefühl.

Zurück zum Schiffe leitet
    Er sie mit düstrem Sinn,
Rasch durch die Wasser gleitet
    Das Paar nun wieder hin.

Und lange Tag' und Nächte
    Führt sie der stumme Mann;
Einst doch hält seine Rechte
    Das Ruder plötzlich an.

Es graut der Tag — vom Schlummer,
    Im wohlbekannten Port,
Erwacht sie — all ihr Kummer,
    Er floh wie Nebel fort.

Froh grüßt sie Baum und Quelle
    Im heimatlichen Tal,
Vom Schiff eilt sie so schnelle
    Ihr blieb da keine Wahl.


Doch er, der sie geleitet,
    Die heiß sein Herz begehrt,
Als sie ans Ufer schreitet,
    Erblaßt er, Schmerzverheert.

Wohl durch den grünen Anger
    Eilt sie mit heitrem Sinn,
Er selbst doch, bang und banger,
    Starrt glutlos nach ihr hin.

Nun im Gebüsch entschwindet
    Sie plötzlich seinem Blick,
Da bricht sein Aug' erblindet,
    Und tot sinkt er zurück.


Meeresfahrt

    Sieh! der Mond hat ausgegossen
Allen Reichtum seiner Strahlen!
Hüpfend tanzen nun die fahlen
Schimmer auf der regen Welle;
Und das Schiff, rasch, unverdrossen,
Flieget durch die Meereshelle,
Wie ein Pfeilwurf, grad' und schnelle.

    Steig' und sink', und liebend schwelle
Wieder an, geliebtes Meer!
Mächt'ge Wogen, zieht einher!
Flieht und suchet die Vereine.
Ja! so wechselt seine Stelle
Freud' und Leid; im bunten Tanz
Flechten sie des Lebens Kranz.
Leid ist schon der Freude Schwelle,
Murmelnd sagt mir's jede Welle.


Erdenfeier

Hochheil'ge Mutter Erde! Nährerin
Glückseliger Kinder, wie so herrlich blühst
Du ringsum auf! Es küssen dich die Lüfte,
Es blickt der Tag mit hellem Aug' dich an,
Errötend immerdar mit holder Freude,
Wenn er zuerst dich grüßt, und wenn er dich
Beim Scheiden herrlich schaut in deiner Schöne.
Die Nacht auch breitet ihre Ruheschleier
Sanft über dich: da segnen dich die Sterne,
Und senden Kühlung, Tau, und liebe Träume
Herab auf mildem Flügel süßen Schlummers.
So laß mich dann, hochheil'ge hehre Mutter,
Dich lieben, preisen, ehren, sinnend schaun,
Um deine Tode trauern, und mich freun
Mit all dem Leben, das aus dir entquillt.


Naturgefühl

     Wenn ich auf hohem Berge steh,
Es wird mir dann so wohl und weh
In tiefer, stiller Brust.
So wohl, so weh, wenn ich die Au
In ihrer Schönheit Fülle schau',
Und all die grüne Lust.

     Denn was im Winde tönend weht,
Was aufgetürmt zum Himmel steht,
Und auch der Mensch, so eng vertraut
Mit all der Schönheit, die er schaut,
Entschwindet, und vergeht.


Nacht und Träume

wurde von Franz Schubert vertont
Schubert-Werkverzeichnis D. 827


Nacht! verschwiegne, sankst du nieder?
Nieder durch die dunklen Räume
Wallen heimlich jetzt die
Träume In der Menschen stille Brust,
Die belauschen sie mit Lust;
Rufen, wenn der Tag erwacht:
Kehre wieder heil'ge Nacht!
Holde Träume, kehret wieder.


Träume

In der heil'gen, stillen Nacht,
Was läßt seligers sich träumen,
Als, von Sternen treu bewacht,
In des Mädchens Arm zu säumen
Bis der Morgen wieder lacht?

Und was schöners läßt sich träumen,
Als in stiller kühler Nacht,
In des Zimmers dunkeln Räumen,
Bei der sanften Lüfte Rauschen
Die Geliebte zu belauschen,
Die sich glaubet unbewacht.


Liebe

Schönres gäb' es, als die Liebe?
Wie sich Blüt' mit Blüte einet,
Lebt das Herz auch gern vereinet
Unter duft'gem Kranz der Liebe.
Alle Stern' ihn treu bewachen,
Und es flattert Kuß und Lachen,
Leiser Scherz und süßes Weinen
Sanft ums Herz glücksel'ger Jugend.
Was auch groß uns mög' erscheinen:
Liebe ist die schönste Tugend.


Die junge Liebe

Was ist es, was im Herzen bebt?
Was zart, in zarter Brust verborgen,
Das Mädchen leis errötend hegt?
O sprich! sind's Freuden, sind es Sorgen
Die zierlich sie zu bergen strebt?

Nicht Freude, nein, und auch nicht Sorgen
Sind in des Mädchens Brust verborgen,
Die bang, in lieber Wallung bebt.
Ein neues Leben will beginnen:
Die Lieb' ist's, die die jungen Schwingen
In ihrem Busen schüchtern regt.


Die Unentschlossene

In dem blumenvollen Haine
Warum muß er mir begegnen!
Soll ich fliehen den Verwegnen?
Soll ich bleiben? — Ach alleine
In der Abendröte Scheine
Warum muß er mir begegnen?

Doch er spricht. — O süße Liebe
Nicht entfliehen kann ich dir.
Daß er ewig bei mir bliebe,
Ewig, ewig! süße Liebe
Nicht entfliehen kann ich dir!


Wünsche

Von allem Schönen dieser Erde
Zwei Dinge wünsch' ich mir beschieden,
Dann leb' ich immer wohl im Frieden
Auf friedlicher und schöner Erde.

Es ist des Freundes heil'ge Liebe,
Und daß aus heitrer Frauen Mitte
Mir strahl' ein liebendes Gemüte
Das ewig hold mir bliebe.


Am Bache

Wie die Wellen lieblich rauschen!
Furchtsam eilend schnell entfliehen:
Alle Blumen die da blühen
Wollen ihren Tönen lauschen.
Wie sie schön in Farben glühen,
Alle seh ich hier sich neigen,
Möchten sehn die frohen Reigen,
Die die Wellen unten ziehen.
Und die Bäum' in ihren Zweigen
Rühren sich um froh zu tönen,
Wollen so dein Lied verschönen,
Kleiner Bach, mit ihren Tönen.

Der Lachende

     Eines, sprach ich, ist auf Erden,
Was ich über alles schätze,
Zarter Mädchen froh Geschwätze
Und erheiternde Gebärden.
Dann, nach diesem, muß ich sagen,
Lieb' ich kleine, kühle Quellen,
Die im Wald mit ihren Wellen
So verstohlen lieblich klagen.

     Denn nichts schöners läßt sich sehen,
Als Gewässer einsam gehen
Zwischen Gräsern und Gebüschen,
Wenn die kühlen Lüfte wehen,
Die Gerüche fröhlich tragen
Alle Wesen zu erfrischen.

     Wenn ich nun am klaren Bache
Niedlich wo ein Mädchen finde,
Schlägt mir gleich das Herz geschwinde
Zu dem Bach, und zu dem Kinde.
Hold und lieblich zu erscheinen
Will ich alles dann vereinen
An dem kleinen hellen Bache.
Da geschieht's wohl daß ich lache,
Weil ich lieber möchte weinen.


Vergänglichkeit

     O nicht zu sehr erfreue dich der Morgen,
Und nicht der Abendröte holdem Lichte
Eröffne du die sorgenlose Brust.
Denn auf den Morgen folgen heiße Gluten,
Und die versengen dir die süße Freude,
Die im Gemüte jung erst aufgesproßt.

     So, wenn der Abend kaum sich niederläßt,
Die leisen Lüfte wehn ihn zu begrüßen,
Und aus den Zweigen und den blauen Räumen
Der kleinen Vögel helle Chöre schallen,
Wird schnell er Überraschten dich verlassen,
Die Finsternis hält Armer dich umfangen,
Und es verstummen alle frohen Lieder.

     D'rum Lieber, nicht berühre du die Güter
Der bunten Erde mit zu heißem Wunsch.
Dem ewig festen, dauernden Verlangen
Der treuen Brust will dauernd nichts begegnen:
Nicht dieser Erde Bürger scheinen wir.

Das Unvergängliche

Muß ich es sehn, wie oft so plötzlich schwindet
   Wonach gestrebt der Seele heiß Verlangen,
   Fühl' ich so ganz in Wehmut mich erbangen,
   Daß Tröstung kaum das wunde Herz mehr findet.

Wir alle gehn durchs Leben hin erblindet,
   Weil uns des Schicksals Mächte streng bezwangen.
   Woran mit treuer Freude wir gehangen,
   Wir wissen nicht wer es uns kalt entwindet.

Doch dies bedenke wohl dir im Gemüte;
   Wie auch ein bös Verhängnis möge walten,
   Niemals vergeht der Liebe reine Blüte.

Will dir ein treuer Freund von hinnen scheiden,
   Nie wird zu ihm die Liebe dir erkalten:
   Denn ewig, glaub' es, währen diese Freuden.

Erzählung

Ich stand auf einem Berge ganz allein,
Hernieder sank die Nacht,
Und über mir in süßer Pracht
Sah ich des Mondes holden Schein
Erhellen den Beginn der Nacht.
Am Himmel er, wie ich am Berge ganz allein.

Und ausgebreitet unter mir
Sah ich des Tales grüne Tiefen:
So heilig stille war es hier,
Daß in den Büschen und den Auen
Nicht eines Zweiges Regen war zu schauen,
Und alle Töne schliefen.

Da ich so schon hier alles sah
Ward ich bewegt,
Wie wenn man innig Lieb' im Herzen trägt,
Und auch das Weinen war mir nah.

Durchs Leben, sprach ich, werden wir getrieben
Wie ein entmastet Schiff durch wilde Fluten:
Wir wallen auf in unrein heiße Gluten,
Verkennend uns im Haß, so wie im Lieben.
Du einzig heilig bist geblieben,
Die wir dich ohne Leben wähnen,
Unendliche Natur, und wardst im Leben,
Daß wir uns ewig nicht verkennen,
Als feste Stütz', und Muster uns gegeben.

Und da ich dieses sprach, hört' ich von weiten
Der Herde Heimkehr, und ihr frohes Läuten,
Und durch das sanft geschwungne Tal
Ging sacht' ein Mädchen allzumal.
Und da sie sah die stille Pracht
Der Erde in so heil'ger Nacht,
Da mußt' ein liebes Singen
Ihr plötzlich schön gelingen;
Zu mir herüber aus dem Tal
So wie Gebete drang der Schall.

Da ward ich tiefer noch bewegt,
Ein heilig Trauern war erregt.
Es strömten süße Tränen.
O nimmer selig werden wir,
So rief ich aus,
Und nicht gestillt das Sehnen
Des Menschen auf der Erde hier!
Doch jene dort, sie hat sich nie geschieden
Von dir, Natur!
Drum kennt sie holden Frieden.

Tod und Leben

Sag' liebst du mich? — so fragt' mich meine Liebe,
    Und beuget sich mit Lächeln leicht zurücke,
    Damit der Kuß auf ihren Mund nicht glücke,
    Den ich versucht. Darob ich mich betrübe.

Und sprechend: wie? du fragst ob ich dich liebe?
    Schau' ich mit Trotz der Augen helle Blicke.
    Die ich mit leichter Lippe rächend drücke,
    Damit in Nacht ihr helles Licht sich trübe.

Doch weh! Die Blicke brennen nun mir innen,
    Die aus den Augen glutversendend drangen,
    Und schon zu sterben glaub' ich zu beginnen.

Da spricht die Gute: Ach, was soll dein Bangen?
    Von ihren Armen fühl' ich mich umfangen,
    Ein neues Leben küssend zu gewinnen.

Nachtfeier

Heil'ge Nacht, du sinkest nieder;
Nieder wallen auch die Träume,
Wie dein Licht durch diese Bäume,
Lieblich durch der Menschen Brust;
Die belauschen sie mit Lust,
Rufen, wenn der Tag erwacht:
Kehre wieder heil'ge Nacht,
Holde Träume kehret wieder.

Nacht im Walde

Sieh! wie hoch in stiller Feier
Droben helle Sterne funkeln,
Sieh die Erde sich verdunkeln,
Die sich hüllt in schwarze Schleier:

Bäume regen sich, es tönet
In dem Hain der Fall der Quelle,
Doch kein Lichtstrahl macht sie helle,
Der sie liebend erst verschönet. —

Wehe dir, und wie so trübe
Sänger fühlst du dein Gemüte,
Das in Freuden sonst erblühte,
Nun vereinsamt ohne Liebe!

Amors Besuch

Im Walde saß ich, von Gebüsch umfangen,
Und von der Luft Gesäusel froh umgeben,
Da hör' ich ferner Töne himmlisch Beben:
Ein kleiner Knab' kam zu mir hergegangen.

Da ich ihn sah, fühlt' ich ein süß Verlangen
Im Busen sich mit junger Kraft erheben;
Ein Lächeln schien um seinen Mund zu schweben,
Und lieblich Licht entstrahlte seinen Wangen.

Gegrüßet seist du, sprach er, und mit Freude
Rief ich, sei mir gegrüßet kleiner Knabe!
Dich kenn' ich wohl, den Spender süßer Triebe.

Und sieh, es kam der Gott mir nicht zum Leide,
Er brachte mit sich eine holde Gabe:
Der einzig mir Geliebten teure Liebe.

Lob der Frauen

O liebliches Geschlecht holdsel'ger Frauen!
    Verehren muß ich euch, und muß euch preisen:
    Ihr wandelt hin in den gewohnten Kreisen,
    Und wollt, unschuldig, gern dem Schicksal trauen.

So lieb aus lieben Augen mögt ihr schauen,
    Und, tanzend, spielend, singen zarte Weisen;
    Indes uns, irrgeführt in wüsten Gleisen,
    Oft ob der Welt ereilt geheimes Grauen.

Was wir mit treuem Eifer schwer erringen,
    Hat froh beglückend euch Natur gegeben:
    Das Schön' und Gute will euch schön gelingen.

O selig, wem ihr euch in Lieb' ergeben,
    Um den ihr wollt die Arme traulich schlingen!
    Ihm blüht ein ewig junges, süßes Leben.

An Shakespeare

Erhabner Geist! vermöchtest Du zu schauen
  Das Elend, die Erbärmlichkeit der Bühnen,
  Wie sie an nicht'gen Werken emsig bauen,
Mit kleiner Sorge kleinem Beifall dienen;
  Sich Dichter wähnen, — die kein Gott beglückt! —
  Du flöhst erzürnten Angesichts von hinnen
Was Kunst sei, was zum Himmel uns entrückt,
  Wie Göttliches aus Irdischem entblüht —
  Sie wissen's nicht; von eitlem Tand berückt.
Um eines nur sind sie mit Angst bemüht,
  Es ist das Gleißende, wertloser Flitter,
  Der, trügend, im erborgten Schimmer glüht;
Und, wie des Himmels drohende Gewitter,
  So fürchten sie das Nah'n des Geists, der Kraft,
  Und engten gern sie ein durch Schloß und Gitter.—
Der Genius, der Welten dichtend schafft,
  Verschmäht so engen Lebens niedre Schranken,
  Und bricht hindurch mit angeborner Kraft.
Im kühnen Flug aufstrebender Gedanken
  Wird er nicht aus der hohen Bahne weichen;
  Er wird in dem, was er gewollt, nicht wanken.
So hast Du Dich bewährt. Wer mag Dir gleichen,
  Erhabner Schöpfer einzig schönen Lebens,
  Zu uns gesendet aus den ew'gen Reichen?

In Dir erblüht die Fülle jedes Strebens,
  Mit Riesenarm hältst Du die Erd' umwunden,
  Der Himmel selbst entzieht sich Dir vergebens.
Was groß, was heiter ist, und schön; die Wunden
  Der lieberregten Brust; der Hoheit Fall;
  Des Sünders angstvoll bang gedehnte Stunden;
Und was im weiten unermeßnen All
  Der Neigung wert ist: läßt Du kühn ertönen,
  Im schönen Kreislauf, gleich der Sphären Hall.
Selbst das Gemeine weißt Du zu versöhnen
  Mit edlerer Natur, und lockst die Blüte
  Der Schönheit aus des Staubes niedern Söhnen;
Und wie der Elfen Lieder in die Hütte
  Des Menschen freudig schauerlich erklingen,
  Füllst Du mit freud'gem Fürchten das Gemüte;
Mit süßer Fantasie endlosen Schlingen
  Fängst Du das Herz; in Deine Zauberkreise
  Weißt Du's mit liebender Gewalt zu zwingen.
Doch Pöbel richtet nach gemeiner Weise:
  Den Lenker hoher Sonne würd' er schmähen,
  Weil er nicht fährt im niedern tiefen Gleise;
Und naht ihm Deines Geistes selig Wehen,
  So ruft er töricht zürnend auf: von hinnen!
  Welch Ungetüm will hier sich formlos blähen?
Entschwinde! nichts mag ich mit Dir beginnen!

Bitte und Gehorsam

Nacht war's, und aller Sterne sanfter Schimmer
   Floß, selig leuchtend, zu der Erde nieder,
   Da lockten mich Erstaunten ferne Lieder
   Vom Lager auf, im einsam dunklen Zimmer.
Hinaus schnell eilend durch der Nacht Geflimmer
   Kam ich zum Quell bald, wo die zarten Glieder
   Du singend tauchtest in die Fluten nieder:
   O wohl seh ich solch heitres Schauspiel nimmer.
Doch, ob ich ewig auch dort wollte weilen,
   So süß war deines Munds verweigernd Flehen,
   Daß es das tiefste Herz mir überwunden.
Und heimwärts wieder mußt' ich Armer eilen;
   Denn, dir Holdseligste zu widerstehen,
   Hatt' ich nicht Kraft in frommer Brust gefunden.

Hochzeitsgedicht

Sieben! eine heil'ge Zahl!
Sieben heißt das Bild der Sterne,
Das den Schiffer durch die Ferne
Lenkt zum Hafen allzumal.

Sieben zählt' man einst Planeten,
Und, wenn andre eingedrungen,
Glaub' ich es geschah gezwungen,
Und nicht Einer ward gebeten.

Sieben doch sind Sakramente,
Heilige, von Gott geschenkt!
Wer dahin die Wünsche lenkt,
Tilgt wohl, was vom Glück ihn trennte.

Nicht gebührt mir's, aufzuzählen
Ihrer Segnung Siebenzahl,
Auch bleibt Jedem nicht die Wahl,
Alle Sieben sich zu wählen.

Eines doch hat sich erkoren
Einer heute, der erfahren
Jetzt nach sechsmal sieben Jahren
Daß, wer es nicht sucht, verloren.

Daß ich von der Ehe spreche,
Zweifelt Keiner, der erfuhr
Daß der Treu zu später Schwur
An dem Säumenden sich räche.

Sag' ich, daß ich's selbst erfahren,
Glaubt ihr mir vielleicht auf's Wort:
Wißt, nach Sieben Freier-Jahren
Fand ich erst der Ehe Port.

Jener aber, den ich preise,
Wird so schneller Art gefunden,
Daß ich glaub', nach sieben Stunden
Schon entschloß er sich zur Reise.

Er tat wohl! denn treues Lieben
Säumt nicht gerne; und wer eilen
Kann und darf, wär' durch Verweilen
Töricht nur zurück geblieben.

Sei denn frohes Glück beschieden
Siebenfach dir, teurer Freund!
Blüh' um dich, im Kranz vereint,
All der Erde heitrer Frieden.

Gottgeliebt hast du verbunden
Dir die Braut in holder Jugend,
Sie an ernstem Schmuck der Tugend
Wie an Schönheit reich gefunden.

Und sie strebt im stillen Kreise
In der Stunden schönem Reigen
Bald dem Liebenden zu zeigen
Ihres Daseins edle Weise:

Wie sie nicht ihr Glück gebunden
An der Erde eitlen Tand,
Nie sie Liebe an dich band,
Und hierin sie Glück gefunden.

Daß sie Dir sich nicht verhehle,
Sanft bewegt von heil'gem Drang,
Kündet schwellend Dir Gesang
Froh die Melodie der Seele.

Und er schwebt und wogt um dich,
Und von Wohllaut sanft getragen,
Wirst du Freude leuchtend fragen,
Wer ist glücklicher als ich?

Da ich, was dich ziert, verkündet,
Holde Braut, will ich es wagen
Dir in Wahrheit treu zu sagen,
Wie der sei, der Dir verbündet.

Und ich nenn' ihn, nicht geehret
Nur vom treuen Freund allein,
Der ihn gut erfand und rein,
Nur dem Edlen zugelehret:

Ehrend nennen ihn mit Wonne
Würd'ge Männer, hoch vom Norden,
Bis hinab, wo Glut geworden
Ist der Strahl uns milder Sonne.

Und begeisternde Gefühle
Walten ihm im reichen Busen,
Und es krönten ihn die Musen
Oft und schön im heil'gen Spiele.

Und des Orients Paradiese
Pflanzt er gern in unsre Auen,
Daß in fremdem Glanz wir schauen
Baum und Fels, und Quell und Wiese.

Daß uns dünkt, es sei geworden
Blütentempel holder Liebe,
Wohnsitz nur beglückter Triebe,
Dieser nebelvolle Norden.

Wie er treuer Freund zu nennen,
Unerschütterlich, ein Mann!
Denk ich auch, o Braut! es kann
Nichts mehr nun von Dir ihn trennen.

Und war's bei ihm hergebracht,
Überall in Allem Sieben,
Heil'ge Zahl zwar, nur zu lieben,
Ist jetzt neuer Sinn erwacht.

Denn nicht Sieben, sondern Eine
Schwöret er allein zu lieben,
Und in's Herz ward's ihm geschrieben:
Diese Eine, oder Keine!

Heute schon wich er von Sieben,
Muse! Dir sich zu vermählen;
Weil wir Neun der Musen zählen,
Zu dem Neunten Tag getrieben.

Glück! — der frevelnd wollte schauen
Sieben stets mit allen Trieben,
Fand nicht eine böse Sieben,
Nein! die holdeste der Frauen.

Mögest Du ihn denn beglücken!
Sei es Beiden denn gegeben,
Hier, im wechselvollen Leben
Frohsinn nur allein zu pflücken.

Und die Sorge meide sie.
Rühmen soll die Welt mit Freude:
Glücklicher als diese Beide
Sah ich Liebende noch nie.

Das Schönste

Du meines Mädchens sanftes Licht der Augen,
   Und ihr des dunkeln Haares Seidenwellen,
   Die, wo des Busens heitre Reihe schwellen,
   Hernieder sinken, süße Lust zu sangen.

Vielliebliche Gesäng', die einzusaugen
   Das Ohr nie müde wird, wenn sie in hellen
   Akkorden solchem Lippenpaar entquellen,
   Wohl mögt ihr Liebe einzuflößen taugen.

Doch, seh' ich all des Herzens heil'ge Blüte,
   In holder Red' zu frohem Kranz verschlungen,
   Mit Blick und Lächeln sich vor mir entfalten;

Dann wähn' ich, eines Engels rein Gemüte
   Sei mild zur hochbeglückten Erd' gedrungen.
   Uns zu besel'gen durch so liebes Walten.

Ins Stammbuch der Perle

Vergangner Tage heitre Freuden,
Geselliger Stunden reines Glück,
Ruf dieses Bild dir oft zurück,
Nun mich mein Schicksal drängt zu scheiden.

Vorüber an der Waldkapelle,
An jener Felsburg stolzem Bau,
Führt' uns der Pfad zur stillen Au'
Fort an des Bach's geschwätz'ger Welle.

Und Stunden, Tage, Wochen zogen,
Ein Kranz der Wonne, mir dahin!
Sie fest zu halten dacht' mein Sinn,
Die, ach, zu schnell vorüberflogen.

Hinauf' gebannt zum fernen Norden
Sag' ich dies Wort des Trostes mir:
Glück, Ruhe, Frohsinn weilt mit ihr,
Der solch ein Gatte ist geworden.