| Es tut wohl weh . . .
 
 Wohl tut es weh, ein Kind gestorben wissen,
 Doch größer Leiden ist es sterben seh'n;
 Ernsthaft doch still, das Herz von Gram zerrissen,
 An seinem Krankenbettchen tröstend steh'n.
 
 Und lächeln müssen, bis das Sein geschwunden,
 Und Todesfrieden sein Gesicht verklärt —
 Begreifst Du, was ich kummervoll empfunden,
 Da Deine Seele mir sich abgekehrt?
 
 Werbung
 
 Ja Liebesgrüßen, Liebesleid,
 Die hast Du mir gelehret
 Du süße, stolze, schöne Maid,
 Nach der mein Herz begehret;
 Und ist mein Werben ungelenk,
 Und mag Dir's nicht behagen:
 Herzliebe, Traute, dann bedenk',
 Ich lernt' es erst vor Tagen!
 
 Ich bin ein Weih, der einsam zog
 In Wolken seine Kreise;
 Ein wilder Falk, der sich verflog,
 Nun bin ich müd der Reise;
 Nun dauert mich mein wirrer Flug,
 Gern möcht' ich Heimstatt grüßen:
 Der kleinste Platz wär' mir genug,
 Geliebte, Dir zu Füßen!
 
 Liebfrauentag
 
 Liebfrauentag! Als ob sie sängen,
 So rufen Glocken himmelan;
 Und aus der Stadt, der weiten, drängen
 Die Menschen festlich angetan.
 So komm doch! unter grünen Hecken
 Im Waldesschatten, süßes Kind.
 Laß' uns ein junges Glück verstecken
 Vor Menschen, die uns neidig sind.
 
 Zu kurzer Ruhe laß' Dich nieder —
 Was ist der weite Wald so hold!
 Sieh! — jener Amsel schwarz Gefieder,
 Die Sonne übergießt's mit Gold,
 Wie anmutsvoll ist jene Helle,
 Die jäh durch Buchenkronen dringt!
 Sieh, wie behende die Libelle
 Den stahlgefärbten Fittig schwingt!
 
 Sprich: kennst Du auch die holde Sage,
 Des Tages Deutung, ganz genau?
 Du weißt, es stieg an diesem Tage
 Gen Himmel uns're liebe Frau;
 Schon war bereitet sie zum Fluge,
 Schon klang der Englein Festgesang:
 Da kam herzu in wirrem Zuge
 Viel armes Volk, das Leid bezwang.
 
 Denn aus geborst'ner Bäume Stumpfe
 Kroch manche Natter scheu hervor;
 Die Kröte kam aus ihrem Sumpfe,
 Der feuchte Molch verließ sein Moor.
 Die Eidechs ist herzu gelaufen,
 Die Blindschleich' nahte sich bedacht;
 Es haben vor dem hellen Haufen
 Die Unken Marsch-Musik gemacht.
 
 Die Mücke flog herzu, die kecke,
 Saß schlau auf Engelein und stach,
 Indes die brave, stille Schnecke
 Als Sprecherin zur Herrin sprach:
 "Maria! immerdar verschlossen
 Muß uns der lichte Himmel sein,
 Führst Du, als Deiner Fahrt Genossen,
 Uns heute nicht mit Dir hinein.
 
 Ach, frage nicht, was uns die Erde,
 Du meine Güte! jemals bot.
 Ach, eitel Leiden uns Beschwerde,
 Nichts als Verfolgung und als Not.
 Du trugst das Heil auf Deinen Armen,
 Der Welterlöser ist Dein Kind —
 So trage mild mit uns Erbarmen,
 Die wir vom Heil verstoßen sind!"
 
 Maria neigte sich dem Volke
 Und sprach: "Heut' ist mein Ehrentag.
 D'rum nehme Platz auf meiner Wolke,
 Was Platz zu finden nur vermag.
 Heut' öffnen sich des Himmels Luke
 Und offen liegt das höchste Glück —
 Das dürft Ihr schauen und begucken,
 Dann senkt zur Erde Euch zurück.
 
 Und zum Erinnern jenem Heile,
 Das Euch zu dieser Frist ergötzt,
 Sei meines Tages kurze Weile
 Zu steten Frieden Euch gesetzt;
 Da werdet frei von allen Nöten,
 Da sei die Freude Euch zur Pflicht,
 Kein Mensch soll Euch bedrängen, töten
 Nur quält mir meine Menschen nicht!"
 
 Nun weißt Du, warum Heimchen schrillen
 So holdes Licht durch Zweige dringt;
 Warum der Wald, den mittagstillen,
 Ein Finkenruf so laut durchklingt. —
 Es schwärmen jubelvoll die Mücken,
 Es glänzt so hell der weite Hag —
 Komm! laß Dich an das Herze drücken:
 Süß Lieb: heut' ist Liebfrauentag!
 
 Fortgegangen bist Du
 
 Fortgegangen bist Du
 Ohne Abschiedsgruß.
 Ahnest nicht, wie Deiner
 Stets ich denken muß.
 
 Daß mein Herz vor Sehnsucht
 Nach der Fernen schwillt,
 Daß vor meiner Seele
 Allstund steht Dein Bild.
 
 Und in stillen Nächten
 Hielt, wie oft! mich wach,
 Jenes Wort von Liebe
 Das Dein Mund nicht sprach.
 
 Wenn dann später Schlummer
 Mir aufs Auge sank,
 Stand vor mir Dein liebes
 Antlitz blaß und krank.
 
 Und aus meinen Träumen
 Hört' man mich erschrei'n:
 Fortgegangen bist Du
 Und ich bin allein!
 
 
 
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