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Sonette
 

An Österreichs Adler
Neujahrstag
Abschied von Berlin
Schicksals-Tragödie
Kunsthöhe
Trauerspiel
Lustspiel
Kleopatra
Schweiz
Mit einem weißen Bande
Einer Freundin mit Liedern
Die sieben Reize der Herrin
An Oehlenschläger
An die Rezensenten

 

An Österreichs Adler

1813

Fleug, Aar, fleug auf zum sonnenhellen Lande,
     Dein Schwert gestählt in heil'gen Rechtes Flammen
     Bricht mit Gewalt des Feindes Trotz zusammen;
Fleug, Aar, fleug auf, entbunden jeder Bande.

Fleug mutig hin, dich lähme kein Ermatten,
     In freier Luft streck' aus die Kraft der Flügel,
     Daß deiner treu Gefallnen Totenhügel
Ruh' unentweihet unter ihrem Schatten.

Am lichten Ziel, wo dich die Brüder grüßen,
     Bekränzt der Ruhm dich mit des Lorbeers Lohne,
     Weil du mit Macht den hehren Flug begonnen.

Und schaust du kühn ihm in des Auges Sonnen,
     Erglänzt, wie klar die Strahlen sich ergießen,
     In ew'ger Pracht der Szepter und die Krone.

Neujahrstag
Am 1sten Jänner 1814

Welch ein Gedräng' bewegt sich in den Gassen,
     Es rennt das Volk und die Karossen fliegen,
     Ein feines Grüßen lacht aus allen Zügen,
Und Feinde seh' ich lächelnd sich umfassen.

Wie freundlich hier, und dort wie ausgelassen,
     Wo blutig rot die vielen Leichen liegen,
     Glückwünschen hier, dort ein verheerend Kriegen,
Hier Freundschaft nur, dort nur ein grimmig Hassen.

Die Sonne steigt ob dieser Kapitale
     Und leuchtet hier, und leuchtet ob den Leichen
     Mit gleicher Glut zu so verschied'nem Treiben.

Wird sie wohl nie mit ihrem mächt'gen Strahle
     Der rauhen Krieger harten Sinn erweichen,
     Und muß so weich der süße Städter bleiben?

Abschied von Berlin

Wer durfte jemals all die Pracht gewahren,
     Die Zauber alle, welche dich erheben,
     Dem sie das Herz nicht wie das Aug' umschweben,
Du Herrschersitz borussischer Cäsaren.

Denk' ich, wie viel ich Liebes hier erfahren,
     Und wie so wenig nur ich konnte geben,
     So muß ich dankbar für mein ganzes Leben
Die treueste Erinnerung bewahren.

Das schöne Band, das die entfernten Zonen
     Vereinigend umschlingt, wo Menschen wohnen,
     Bestimmend wirkt, das Höchste zu vollenden,

Das Band der Kunst, der heiligen, der klaren,
     Der mild versöhnenden, der ewig wahren,
     Hält die Victoria an seinen Enden.

Schicksals-Tragödie

Die Schuld des Willens rächt sich an den Sündern,
     Doch auch die Schuld der Taten wird sich rächen,
     Verbrechen keimen auf aus dem Verbrechen,
Daß keine Macht kann ihren Andrang hindern.

Und nichts vermag die Nemesis zu schwächen,
     Nichts ihres Waltens sichern Gang zu hindern,
     Die Schuld der Eltern straft sich an den Kindern,
Der Zweig muß büßen seines Stamms Gebrechen.

Den Plan in dieser Ordnung zu ergründen,
     Das Nächste mit dem Letzten zu verbinden
     Und zu erklären mit der Kraft der Rede,

Zu zeigen in bedeutungsvollen Bildern,
     In ird'scher Ohnmacht ew'ge Macht zu schildern,
     Ob's ihm gelingt, versucht es der Tragöde.

Kunsthöhe

                             Die Menge.
Uns nehmt ins Aug' damit wir euch verstehen,
Wir sind gewiß nicht dumm, allein wir meinen,
Macht's nicht zu hoch.

                             Dichter.
Ihr Herrn, zu hoch wird scheinen
Der Fußweg selbst, wenn wir im Graben stehen.

Klar sei die Kunst, ich will's euch zugestehen,
     Doch klar wie Demant, klar wie Sonnenscheinen;
     Ihr aber glaubt, das sei nicht zu vereinen
Und Wasser fließe von des Pindus Höhen.

Nicht fragen dürfen wir: wird's auch gefallen
     Was ich mir da in meinem Innern spinne,
     Und ist's dem Vetter recht und auch der Muhme?

Wie's in uns klingt, so lassen wir's erschallen.
     Den Samen streu'n wir aus mit gläub'gem Sinne,
     Und ist er gut, kommt wohl von selbst die Blume.

Trauerspiel

           Die Gutmütigen an den Dichter.

Was Leben hat, soll man nicht sterben lassen,
     Hübsch ist der Leute friedliches hantieren,
     Im Leben darf uns wohl der Tod genieren,
Doch auf der Bühne kann mit ihm man spaßen.

Dort soll man keck die Lust beim Schopfe fassen —
     Dir ist das leicht, kannst du die Zügel führen,
     Am schönsten ist's, wirst du sie so regieren,
Daß Alles glücklich werde Übermaßen.

Laß nicht verführen dich der Griechen Weisen,
     Am Schluß der Tafel kommen süße Speisen,
     Nur das bedenk', so sparst du uns das Grauen.

Im Schauspielhaus da will man Spiele schauen,
     Versöhnet reich' dort Alles sich die Hände,
     Und es ist Alles gut, ist gut das Ende.

Lustspiel

                       Kunstrichter.
Ihr, die beim Lustspiel uns zu Gast müßt laden,
     Schreibt nur zu lustig nicht, damit sich's schicke,
     Ein wenig Leiden und ein wenig Glücke,
Gewähltes Wort, Rührung in kleinen Graden.

Ein bißchen Witz kann allenfalls nicht schaden,
     Doch fein, nur fein, er eben ist die Klippe,
     So sprechen wir Wächter der Aganippe,
Und Richter auch zugleich von Gottes Gnaden.

                       Publikum.
Hör', Dichter, nicht auf all die tollen Sachen,
     Wir fliehn zu dir in diesem traur'gen Leben,
     In deiner lust'gen Welt uns zu ergehen.

Drum laß uns nur ihr buntes Treiben sehen,
     Wir sind so frei, wenn's uns gefällt, zu lachen,
     Und fragen nicht: Wird man es auch vergeben?

Kleopatra

Des Abends letzter Gruß umspielt die Wangen,
     Ob schon um's Aug' sich seine Schleier legen,
     Scheint Sehnsucht noch die Lippen zu bewegen
Nach einer schönen Zeit, die nun vergangen.

Beiseite leget sie die gold'nen Spangen
     Und hält den Busen, von lebend'gem Regen
     So übervoll, dem kalten Tod entgegen,
Als wie vertraut mit dem Geschäft der Schlangen.

Von Sturmeswut daher, dorthin gewendet,
     Mußt, schöne Blume, du so traurig enden,
     Und all dein Duft, dein Blüh'n war all vergebens!

Dies Meisterstück, so wunderbar vollendet,
     Zerstückst du reuvoll mit den eig'nen Händen,
     Ein ernstes Denkmal des verlornen Lebens.

Schweiz

Im Land', wo Keiner was er sagt empfunden,
     Da stehn die Herzen im geringen Preise,
     Da handelt Keiner nach der Väter Weise,
Im Wahn, daß er den bessern Weg gefunden.

Dort treibt sich Alles in der Selbstsucht Kreise,
     An List und Trug und Dunkelheit gebunden,
     Wie selig, der aus ihm herausgewunden
Beginnen darf die luft'ge Alpen-Reise.

Welch and're Welt lebt, Schweiz, auf deinen Bergen,
     Als dieses schüchterne Geschlecht von Zwergen,
     Der Aar, die Gemse wissen nichts vom Beben;

Von Fels zu Fels treibt sie ihr mut'ges Streben,
     Und ob ein Sturz sie auch zerschmettert habe,
     Dünkt ihnen Tiefe doch nur gut zum Grabe.

Mit einem weißen Bande

Dies weiße Band erklärt dir mein Verlangen,
     Ein Zeuge war's in meines Kummers Stunden,
     Doch darf dir's sagen, was ich da empfunden,
Ist ihm und mir die Sonne aufgegangen.

Beschämet von den Lilien deiner Wangen,
     Der Hände weißen Rosen überwunden,
     Hat es in dir die Siegerin gefunden
Und will dir dienen ohne Schmuck und Prangen.

Was für ein Los kann dieses Band erringen,
     Wenn es dir darf den zarten Leib umschlingen,
     Ein Los — ein Los, das ich zu denken scheue.

So nimm es hin, begehrt's doch nicht zu glänzen,
     Die Engel schmückt man ja mit weißen Kränzen,
     Weiß ist das Band der Unschuld und der Treue.

Einer Freundin mit Liedern

Empfange du den Kranz im Frühlingswehen,
     Von mir in Lust und Wehmut dir gewunden,
     Es sind die Blumen meiner bessern Stunden,
Die du mit Liebe noch im Keim gesehen.

Weil einzeln sie durch dich das Licht gefunden,
     So wollen sie vereint auch vor dir stehen,
     Du weißt, daß Blumen kommen und vergehen,
Und hast im Blüh'n des Blühens Sinn empfunden.

Ein gleiches glaube von den flücht'gen Scherzen,
     Ob sie der Beifall freud'ger auch belebet,
     Du weißt, daß nie ich viel darnach gestrebet;

Denn was der Dichter trägt im tiefsten Herzen,
     Das soll er sagen, was die Welt auch meine,
     Und mehr als Alle gilt ihm oft der Eine.

Die sieben Reize der Herrin

                          Haar.
Deine Locken, Herrin, gleichen Schlingen,
     Darin ein Jeder eilt sich zu verflechten,
     Ob sie Leben, ob sie Tod ihm brächten,
Will ein Jeder sich zum Opfer bringen.

Aber selig der, den sie umschlingen!
     Wenn er zagend naht den dunklen Mächten,
     Und besiegt sie in ihr Netz ihn flechten,
Keinen schönern Sieg könnt' er erringen.

Dürft' ich einmal aus dem Weltgewühle
     Fliehen nach dem seidenen Asyle,
     Bergen mich in seine Zauberschatten!

Dort, wo Nacht sich und der Morgen gatten,
     Würde Lebenslust dem Lebensmatten
     Und die Sehnsucht war' an ihrem Ziele.

                          Augen
Deine Augen gleichen Feuerbronnen —
     Wie die Strahlen wärmend sich ergießen,
     Eilt von Wunderquelle zu genießen
Alles, was das Leben sich gewonnen.

Bei dem Schimmer dieser Zaubersonnen
     Müssen alle Blumen sich erschließen,
     Alle sinken huld'gend dir zu Füßen,
Süß berauscht von unnennbaren Wonnen.

Wenn die Lichter in mein Leben scheinen,
     Die die Liebe mit der Lust vereinen,
     Frag' ich wenig mehr nach Mond und Sternen.

Aber wie sie sich von mir entfernen,
     Wird mir's immer dunkler im Gemüte
     Und in Nacht verwelkt des Lebens Blüte.

                          Zähne.
Deine Zähne gleichen Perlenschnüren,
     Keine schönern kann das Meer noch spenden,
     Allen Reichtum mußt' es hier verschwenden
Deiner Reize Diadem zu zieren.

Nicht das Aug' nur wissen sie zu blenden,
     Wer sie sah, wird es im Herzen spüren,
     Und im Anschaun wird er sich verlieren,
Wie sich Alles muß zur Sonne wenden.

Oft auch schauten meine trunknen Blicke
     Nach der klaren Diamantenbrücke,
     Sich in stiller Wehmut zu ergehen.

Doch das Auge mußt' im Schau'n vergehen,
     Ungewohnt so hellen Glanz zu sehen,
     Und geschlossen träumt es nur vom Glücke.

                          Lippen.
Deine Lippen sind purpurne Kissen —
     Selig, wer d'rauf darf die seinen legen
     Seines Lebens frische Heilung pflegen,
Wenn die Brust ihm Qual und Schmerz zerrissen.

Selig der, den sie in Liebe grüßen!
     Kommen einmal meines Sehnens Regen
     Sie mit solchem holden Gruß entgegen,
Alles And're will ich gerne missen.

Öffnen sie sich mir zu holden Worten,
     Strömt das Leben aus den roten Pforten
     Gleich Rubinen, die vom Himmel sinken.

Sie allein erschau' ich aller Orten,
     Wie dem Wand'rer, was für Lichter blinken,
     Nur die Sterne seiner Heimat winken.

                          Busen.
Deinem Busen gleichen Marmorwogen —
     Sinnberauschend steigt er auf und nieder,
     Birgt sich scheu und wölbt sich schöner wieder
Zu der Liebe vollem Siegesbogen.

Käm' ein Schwan auf solcher Flut gezogen,
     Schwarz wie Nacht erschiene sein Gefieder,
     Scham und Sehnsucht zögen bald ihn nieder
In das Grab der zauberhellen Wogen.

Alle Perlen, alle Diamanten
     Müssen bald vor ihr zu Schanden werden,
     Reiner, Herrin! ist selbst nicht dein Leben.

Sel'ger Schleier, der ihn darf umweben!
     Glücklicher als meins, des Lustentbrannten,
     Ist dein still beglücktes Los auf Erden.

                          Hand.
Wie die Lilie winkt am zarten Stengel,
     Winkt die Hand von Frühlingsglanz umwoben;
     Niemand ist, der sie genug kann loben,
Nichts blüht mehr, so sonder alle Mängel.

Sehnsuchtsvoll erstaunten selbst die Engel,
     Als du jüngst zum Himmel sie gehoben —
     Sehnsuchtsvoll, so schaut' auch ich nach oben,
Doch nur dich, sonst sah ich keinen Engel.

Wem die Lilien blüh'n im Lebensgarten,
     Hat den Führer durch das Leid gefunden
     Und das Licht selbst in den trübsten Stunden.

Seh' ich einmal sie für mich ersprießen,
     Mit dem Auge will ich sie begießen,
     Mit dem Herzen will ich ihrer warten.

                          Fuß.
Der Vergleich von deines Himmels Zeichen
     Mit dem Schönsten, was das Aug' gesehen,
     Sei er kühn, er möchte noch geschehen —
Doch dem Fuß ist gar nichts zu vergleichen.

Alles naht, die Elfenzier zu sehen,
     Und beschämt muß Alles wieder weichen;
     Der wird leicht das kühnste Ziel erreichen,
Der mit ihm darf durch das Leben gehen.

Was dem Sinn, dem Herzen mag gefallen,
     Was an Schmuck uns Erd' und Himmel geben,
     Diesem Schmucke ist es untertänig.

Denn ihm ward das schönste Los von Allen,
     Daß er ist all and'rer Reize König
     Und ihr Diener alle zu erheben.

An Oehlenschläger
nach seiner Übersetzung meiner dramatischen Dichtungen

Du hoher Meister, der des Nordlands Sagen
     Kraftvoll, wie seine Tannen sich erheben,
     Von Liebestreue und voll Heldenleben
Zum Süden trug, um Wurzel dort zu schlagen.

Du hoher Meister, der zum Nord getragen
     Des Südens Blüten, reich ihn zu beleben,
     Der sie mit tausend Flammen hat umgeben,
Wie sie aus deiner Wunderlampe schlagen.

Wie dank' ich dir, daß, was in bessern Stunden
     Ich durch der Musen gute Gunst gefunden,
     Durch dich sich nun darf dauernder erheben.

Du hast, mild heilend manche Schicksals-Wunden,
     Auf's neu die Überzeugung mir gegeben:
     Nie ein verlor'nes sei ein ehrlich Streben.

An die Rezensenten

Wenn euch des heil'gen Zornes Glut entflammte,
     Den Kampf zu kämpfen gegen jedes Schlechte,
     Wenn ihr der Wahrheit und der Schönheit Rechte
Und Alles schirmet, was vom Himmel stammte,

Wenn ihr erhebt, was Torheit frech verdammte,
     Die Geißel schwinget über feile Knechte,
     Wenn ihr erhellet des Verkannten Nächte,
Wie glänzt ihr da in eurem Priesteramte!

Doch wie ist klein, wie niedrig euer Treiben,
     Wenn ihr von Vorteil oder Haß geblendet,
     Gemeines schützet, oder Hohes schändet.

Was wollt ihr treu nicht eurem Amte bleiben
     Und selbst entweihen seinen reinen Adel,
     Durch schales Lob und ungerechten Tadel.