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Streckverse
 

Vers und Reim sollen nur gebraucht werden, wenn das, was durch sie ausgedrückt wird,
nicht besser, oder mindestens nicht so gut in Prosa gesagt werden kann.
Was sich eben so gut in Prosa sagen läßt, sage man in ihr, denn der Vers ist nichts
Willkürliches, sondern ein Notwendiges. Darin besteht seine Würde.

 


Was sind Streckverse?  hier

 

Die oft angeratene Maxime: sich das Glück der Zufriedenheit durch den Vergleich mit
Personen, die unglücklicher sind als wir, zu verschaffen, ist eine durchaus egoistische und
selbst eine unmoralische. Wir machen das Unglück Anderer zur Quelle unseres Glückes,
und empfinden dort eine Gattung Lust, wo wir nur die Unlust des Mitleids empfinden sollten.


Die Dinge außer uns gelten uns in der Regel nicht das, was sie sind, sondern nur das,
was sie vom Denken oder Empfinden in uns aufregen.

Es ist nichts bedauernswürdiger als ein Kind ohne Jugend, ein Weib ohne Gefühl, und ein
Mann ohne Verstand.

Gott ist der König dieser Welt, aber der Zufall ist sein erster Minister.

Das gepriesene Glück der Jugend wird selten von ihr in der Gegenwart, meistens nur in
der Erinnerung vom Alter genossen.

Die allein achtbare und nützliche Kritik ist die verständig und ehrlich erläuternde.
Die lobhudelnde ist lächerlich, die parteiisch verwerfende verächtlich.
Nur dann, wenn das Kunstwerk von der Menge nicht gehörig verstanden, oder wenn es
überschätzt wird, hat der Kritiker an sein Amt zu gehen.

Das beste Mittel gegen die Qual der Langenweile ist der Gedanke an den Tod.
Wie würden wir in den Tagen seiner Ankunft glücklich sein, wenn wir sie auch nur so
durchleben könnten, wie in den Stunden jener erträumten Qual.

Die oft aufgeworfene Frage: wie sich der Künstler der Natur gegenüber zu verhalten
habe, und wie er ungeachtet der Pflicht der Nachahmung seine Freiheit behaupten dürfe,
kann wohl dahin entschieden werden: Der Künstler hat das Mögliche nach den Gesetzen
des Wirklichen auszuprägen. In der Erlaubnis, das Mögliche erfinden zu dürfen,
liegt seine Freiheit, — in der Notwendigkeit, bei der Darstellung die Gesetze des
Wirklichen beachten zu müssen, seine Beschränkung. Es darf z. B. dem dramatischen
Dichter vernünftiger Weise nicht vorgeworfen werden, daß Personen, wie er sie
schilderte, nie existiert haben. Sie sind vollkommene Kunstgebilde, wenn sie nach den
uns bekannten Gesetzen der Natur in ihr existieren könnten.


Das peinigende Gefühl der Langenweile entsteht in der gemeinen Natur aus der
Unbefriedigung der sinnlichen Lust, welche durch immer wechselnde Genüsse gereizt
werden will — in der edlen: aus dem drückenden Gefühle des Bleigewichtes der Zeit.

Gesunde Kritik ist das Fegefeuer der Kunst.

Wenn alle Glücksposten im Leben sehr gut sind, ist das Fazit gewöhnlich schlecht.

Jeder Künstler darf während der Erschaffung des Kunstwerkes an den Beifall nicht
denken, den er erhalten wird. Er hat nur darauf Rücksicht zu nehmen, ob er das Werk
vor sich verantworten kann. Ist es aber fertig, und es findet Anerkennung, dann mag er
immer mit Lust ausrufen: "Sieh da, es gefällt auch!"

Das charakteristische Merkmal des Künstlers ist die Kraft, zu erschaffen. Wer nicht
erschafft, nur nachbildet, ist kein eigentlicher Künstler; er hat nur den Vorzug der
Geschicklichkeit. Er kann mehr für sich getan haben, als der Künstler, aber die Natur hat
für diesen mehr getan.

Im Künstler verklärt sich Gott am lebendigsten. Ihm gleich darf nur er das große
Geheimnis der Welt lösen — Entstehen machen aus Nichts!

Wer besser scheinen will als er ist, ist schlechter als er scheint.

Im Leben und in der Kunst kommt es am meisten darauf an, daß man mit sich
abgeschlossen habe, und wisse, wie man mit sich daran ist. Das Selbstgefühl allein kann
uns ruhig und ungetrübt lassen, ob die Welt uns tadelt oder lobt. Der Unterschied
übrigens zwischen dem Manne, der seinen Wert fühlt, und dem Narren, der sich einbildet,
einen zu haben, liegt am Tage. Der ehrliche und verständige Mensch ist sein eigener
strengster Richter.

Für viele Künstler ist die Zeit ihrer Wiedergeburt die wichtigste Periode. Die Zeit nämlich,
in welcher sie zum klaren Bewußtsein der Art und des Umfanges ihrer Kräfte kommen.

Manche schwimmen eine lange Zeit unsicher auf der Lebenswoge. Viele Länder zeigen
sich ihren Blicken, jedes hat Reiz für sie, und indem sie die Lust mit dem Beruf
verwechseln, trauen sie sich die Kraft zu, sich in jedem Hütten bauen zu können.
Glücklich der, den der klar gewordene Beruf in das Land seiner Heimat bringt.


Männer gleichen in ihren Verhältnissen zu den Weibern meistens den Schwalben.
Sie ziehen immer dem Frühlinge nach, und immer wieder fort, wenn der Frühling vorüber ist.

Manches Liebesverhältnis ist ein vergoldeter Rahmen zu einem Gemälde, das man selbst
gemalt hat.

Das Verhältnis des gebornen Dichters zum gemachten, gleicht dem des Blitzes zum
Raketenfeuer, beide sehen in der Entfernung sich ähnlich, aber jenes kommt vom
Himmel, dies von der Erde.

Die Kritik wirkt nur dann auf das Schicksal des Kunstwerkes ein, wenn sie eine ehrliche
ist. Sonst wirkt das Kunstwerk auf sie zurück, und sie erfährt dadurch entweder ihre
Ohnmacht oder ihre Schande.

Die langweiligsten und unerträglichsten Menschen zugleich sind die, welche alles Gute
und Schöne so lange herumdrehen, beschnüffeln und bekritteln, bis sie irgend einen
kleinen Makel daran herausgefunden haben. Solche Leute sind auch in der Regel dummer
Art, denn sie bilden sich ein, bei einer Gelegenheit ihren Verstand zu erweisen,
bei welcher sie nur ihren Dünkel und ihre Geschmacklosigkeit zur Schau tragen.

Wenn man einsehen gelernt hat, daß das Andenken an einen großen Menschen länger
dauert, als das von Millionen Unbedeutenden, daß die Woge der Zeit Reiche und Nationen
zerstört, und der Vergessenheit überliefert, aber die Erinnerungen an die Größe des
Einzelnen nicht verlöschen kann, dann lernt man Menschenwert erkennen und würdigen.

Einer der gefährlichsten Feinde unsers Wohlseins ist der Hohn. Vor seinem kalten Lächeln
verdorren alle Blumen im Paradiese unserer Hoffnungen und unserer Freuden.

Die Natur ist die wirkliche Mutter der Kunst, und doch ist die Kunst nur die Stieftochter der Natur.

Leute, welche bei Andern immer Geist sehen, erfahren das Unglück, daß man bei ihnen keinen sieht.

Man muß das Glück und die Liebe nie aussuchen, aber sich immer von ihnen finden lassen.

Das Dachzimmer ist oft die einzige Höhe, zu welcher die Poeten sich schwingen.

Die Hoffnung ist wie die Weiber, schön, aber untreu.

Bei vielen Weibern gehört die Liebe zur Toilette als Art einer Schminke.

Manche Ehe gleicht dem Janus. Mann und Weib sind ein Leib, aber zwei Köpfe, von denen
ein Gesicht dahin schaut, das andere dorthin.

Eisenbahnen sind die Früchte gegenseitiger friedlicher Verhältnisse und der Samen künftiger.

Das menschliche Leben wird von drei Brettern umschlossen: Der Wiege, dem Bette und dem Sarg.


Manche Künstler sind wie die Sonne im Aufgehen und im Verlöschen am schönsten,
unerquicklich in ihrer Mittagszeit.

Die Neugierde der Frauen hört in der Regel nur dort auf, wo sie den Charakter der
Wißbegierde annehmen könnte.

Manche Poeten vergleichen ihre Geliebten immer nur entweder mit einem Engel, oder mit
einer Rose, und wenn sie dergestalt Erde und Himmel geplündert haben, finden sie
nirgends einen Vergleich mehr.

Verstand macht weiser, Gefühl macht glücklicher. Aus einem Herzen, das ganz und gar
für uns schlägt, strömt für uns mehr Seligkeit, als aus den Köpfen von tausend
Erleuchteten. Unter Verständigen sind wir wie unter Großen, unter Fürsten und Herren —
unter Gefühlvollen wie unter Guten, unter Freunden und Kindern.

Alle bedeutenden Unternehmungen der Individuen und der Staaten entstehen entweder
durch den Schutz oder durch den Druck.

Es ist ein eigenes Ding um die gepriesene Zufriedenheit. Es gibt kein Glück ohne sie und
doch gibt es mit Zufriedenheit kein Fortschreiten, denn es gibt keinen Sporn, sich über
die Genüsse der Gegenwart zu erheben. Da nun alles Glück der Welt nur im Fortschreiten
besteht, so hindert oft die Zufriedenheit Einzelner das Glück Aller.

Glück und Unglück sind Schleppkleider.

Der Glaube steht höher als das Wissen. Dieses wirkt nur in den beschränkenden
materiellen Verhältnissen des Raumes und der Zeit. Jener sprengt die Bande und setzt
uns über Raum und Zeit hinaus.

Die Weise mancher Kritiker, ein vorzügliches Werk um seiner Fehler willen zu verwerfen,
ist der gleich, welche die Rose mit Füßen tritt, weil sie Dornen hat.

Es ist in der Musik derselbe Abweg gemacht worden, wie in der bildenden Kunst: der Weg
von der Einfachheit zur Überladung. Früher die einfache schmucklose Herrlichkeit
griechischer Bauwerke, später Giebelschmuck und gehäufter Zierrat — in der Musik
früher einfache, zur Seele sprechende Melodie, später dem Ohr wohlgefällige, materielle
Schwierigkeiten überwindende Anstrengung und Überladung. So hat von jeher jedes Abweichen
von der Natur, jedes Verwechseln des Schönen mit dem Schwierigen zum Übel geführt.


Das wohltätigste Zeitverhältnis ist die Vergangenheit. Haben wir in ihr Leiden
empfunden, so blicken wir darauf, wie vom Hafen auf den Sturm zurück — war sie mit
Freuden erfüllt, so werden sie wiederholt, und oft reiner als zuvor in der Erinnerung
genossen. Die Gegenwart ist flüchtig, und nie ganz ohne Schmerz — die Zukunft drohend
— bleibend und zugleich von Angst befreit ist nur die Vergangenheit allein.

Der Familien-Vater sorgt für Einzelne, der Fürst für Viele, Gott für Alle, und so besteht
durch diese drei Einheiten das Haus, der Staat und die Welt.

Die Betrachtung, daß die Liebe mit der Sinnlichkeit so enge verwandt ist, adelt entweder
die Sinnlichkeit oder entadelt die Liebe.

Gedanken sind die größten Brücken der Welt.

Dem dramatischen Dichter ist nur der ganz gewöhnliche Mensch unbrauchbar;
jeden Andern, schlecht oder dumm, weiß er mit allen seinen Nuancen zu verwenden;
er braucht ihn zu Studien und läßt ihn seine Künste machen in der Komödie und im Trauerspiel.

Die Unruhe in edlen Gemütern bei jedem Genusse, die beständige Sehnsucht nach etwas
Anderem, als dem Vorhandenen, und das drückende Gefühl der Unbefriedigung durch die
Gegenwart entsteht dadurch, weil den Durst nach Befriedigung der Wünsche ihrer Seele
die Beschränkung des Vorhandenen nicht stillen kann. Sie beziehen oft unbewußt Alles
auf ein Ideal, die Ahnung läßt sie hoffen, es zu finden, die Erscheinung im Leben
vernichtet dieselbe. Diese Naturen sind edel und groß, aber das Bewußtsein, daß es
etwas Bedeutenderes gäbe, als das, was sie genießen dürfen, macht sie nicht glücklich.

Die Wiege der einen Lust ist nicht selten der Sarg der andern.

Das glückliche Gedächtnis ist eine Leimrute, an der nur Adlerfedern kleben bleiben.

Viele prahlen mit ihrer Kraft, weil der Stärkere sich manches von ihnen gefallen läßt.
Wenn aber der Löwe die Maus nicht erdrückt, die unter seinen Füßen herumkriecht,
so ist dies wohl ein Beweis von der Gutmütigkeit des Löwen, aber nicht von der Stärke
der Maus.


Es gibt ein Mutieren geistiger Eigenschaften, wie es ein Mutieren der Stimme gibt.

Wenn Künstler aus Furcht vor dem Tadel der Kritik keine Werke liefern, gleichen sie
reiselustigen Leuten, die deshalb nicht nach Italien gehen, weil sie sich vor dem
Ungeziefer fürchten.

Der geistreiche Mann kann in einer ruhigen Stunde der Gegenwart ein künftiges
Jahrtausend in Bewegung setzen.

Ein schwacher Mensch wird immer vor einer geballten Faust niederknieen,
und mit einem martialischen Gesicht eine Fliege zerdrücken.

Wo beim Schauspiele der Komödiant anfangt, hört der Künstler auf.

Das Publikum springt bei Beurteilungen von Kunstwerken meist über einen Balken und
fällt über einen Strohhalm.

Viele Künstler gleichen, wenn sie mit der Verschmähung des Effekts prahlen, dem Fuchs
mit der Traube. Man verschmäht den Effekt nur dann, wenn man ihn nicht erreichen
kann, und es hat noch keinen Künstler gegeben, der nicht gerne so Vielen gefallen hätte,
als möglich. Jene Traubenfüchse aber sind in der Regel sehr verständige Kunstkenner,
nur keine gebornen Künstler, und können nicht begreifen, daß in der Kunst das Talent
über dem Verstande steht. Sie sind sich ihrer richtigen Erkenntnis, ihres reinen Willens
und ihrer Anstrengung bewußt, und glauben daher, der Effekt sei mit gutem Fuge
durchaus nicht zu beachten, da er selbst von ihnen nicht erreicht wurde.

Die Ehe ist ein Zahlen-Verein: der Mann ist die Einheit, das Weib die Null. Die Frau
entscheidet, allein stehend, nichts — aber in Verbindung mit dem Manne gibt sie den
Ausschlag. Stellt sie sich vor den Mann, so wird die Ehe zur Niete — wenn sie ihm
nachsteht, erhält er zehnfachen Wert.


Laster sind oft Auswüchse gesunder Stämme.

Der Sanguiniker lebt in der Zukunft, der Melancholiker in der Vergangenheit,
der Phlegmatiker in der Gegenwart, der Choleriker in keiner Zeit glücklich.

Viele Herzen werden erst dann erkannt, wenn sie aufgehört haben zu schlagen.

In edlen Naturen verkehrt Beleidigung vom Geliebten die Liebe in Trauer, in unedlen, in Haß.

Kunst ist die Camera obscura der Natur.

Die Frauen haben das mit der Gottheit gemein, daß das Herrlichste an ihnen die Liebe ist.

Die Ehe ist das Grab der unechten Liebe, und die Wiege der echten.

Nur wenn der Mann ein guter Essig ist, und die Frau ein gutes Öl, ist der Salat der Ehe genießbar.

Der Hauptfehler der meisten Erziehungen besteht darin, daß man dieselben zu
ausschließend nach allgemeinen Grundsätzen und Regeln behandelt, und auf die
Individualität des zu Erziehenden zu wenig Rücksicht nimmt. Jede Erziehung aber ist nur
dann eine zweckmäßige, wenn sie die natürlichen Anlagen des Menschen zur möglichst
vollkommenen Entwicklung bringt. Die wahre Bildung muß, wie die Sonne aus der Erde,
die Wärme aus dem Menschen entwickeln, hineinlegen kann sie dieselbe nicht.
Jede Erziehung, die hineinlegen will, ist eine verkehrte, weil sie etwas unternimmt,
was sie nicht im Stande ist, zu vollführen. Der verständige Gärtner sucht das Samenkorn
einer Nelke so zu behandeln, wie es die Natur desselben begehrt. Er will daraus die
vollkommenste Nelke entwickeln, und handelt so richtig, weil er naturgemäß handelt;
wenn er damit nicht zufrieden, aus dem Nelkenkorn eine Rose entwickeln will, so bringt
er dadurch keine Rose zur Vollkommenheit, er bringt nur die Nelke um dieselbe. —
Man muß aus jedem Wesen nichts anderes machen wollen, als die Natur damit gewollt
hat. Auf diese einfache Wahrheit wird aber bei den meisten Erziehungen wenig Rücksicht
genommen, und darin liegt einer der Hauptgründe der Stümperhaftigkeit unserer Zeit.


Fruchtbare Dichter sind in der Regel furchtbare Dichter.

Warum begehrt man immer Erwiderung unserer Gefühle, um glücklich zu sein?
Lieben wir nicht die Natur, macht sie uns nicht glücklich, und erwidert der Baum,
der Berg, die Blume unsere Empfindungen?

Nur die Autoren solcher Werke erwerben sich einen großen Namen, welche Viele lesen,
und jener, welche Niemand lies't. Der Name der Letzteren wird noch weniger
angefochten. Man sorge nur für gute Trompeter, und halte durch die Furcht der
Langeweile, welche man durch den Umfang des Werkes erregt, das Publikum von der
näheren Bekanntschaft des Werkes ab.

Viele mangelhafte und unrichtige Hervorbringungen der Kunst, besonders der bildenden,
haben ihren Grund in den unrichtigen Begriffen des Künstlers von Naturwahrheit.
Die Natur nachzumachen ist die höchste und eigentlichste Aufgabe jeder Kunst.
Der Künstler darf nicht darüber hinaus, er soll aber auch nicht darunter bleiben.
Naturwahr ist aber nicht das, was in der Natur besteht, sondern das, was nach ihren uns
bekannt gewordenen Gesetzen, nach unbeschränkter Entwicklung derselben bestehen
könnte. So ist der, durch zufällige Einwirkungen verkrüppelte Baum, wenn er wirklich in
der Natur gefunden wird, kein naturwahrer Baum, und jener, der vollkommen makellos,
ohne irgendwo zu existieren, der Hand des Künstlers sein Dasein verdankt, ist naturwahr.
Der Künstler hat demnach nicht allein die Naturerscheinungen, sondern auch die Gesetze
derselben zu studieren und anschaulich zu machen.

Der Anerkennung des Klassischen bringt es empfindlichen Nachteil, daß viele Kenner,
denen der Geschmack fehlt, das Langweilige mit dem Würdevollen verwechseln,
und daher die Leute fürchten machen, daß sie gähnen müssen, wenn sie etwas für wertvoll
erkennen sollen. Das Langweilige ist nie wertvoll, aber eben so wenig ist es das Unbedeutende.

Der wahre Patriotismus besteht nicht in der Lobhudelei der Einrichtungen und
Verhältnisse unseres Vaterlandes, sondern in dem Wunsche, daß dieselben die besten
seien, und in dem Bestreben, Alles, was wir vermögen, dazu beizutragen, daß sie es
werden. Börne war bei allem Tadel, den er seine Landsleute finden ließ, obgleich er oft
darin zu weit ging, ein entschiedener Patriot. Von ihm kann man wie von Juvenal sagen:
Fecit indignatio versum. Beide haben ihre geliebten Kinder mit der Rute für ihre Unarten
und Torheiten bestraft.


Das Verdienst verteilt die Lose zu unsern Verhältnissen im Leben, aber damit erhalten
wir nur die Anwartschaft. Das Glück zieht die Treffer.

Was dem Poeten notwendig ist, ist zugleich eine Quelle seiner Qualen; die ungewöhnliche
Reizbarkeit seines Innern. Seine Brust gleicht einem tiefen See, klar in der Ruhe,
aber vom geringsten Sturme zum fürchterlichen Wellenschlage gebracht. Zu seinem
Glücke heißt es in der Schrift: "Gottes Geist schwebt über den Wassern."

Ohne vollkommene innere Ruhe gibt es kein vollkommenes äußeres Glück.
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Jede Liebe ist egoistisch, die erlischt, weil sie keine Erwiderung findet, so wie jede,
die aus der Reflexion hervorgeht. Die Liebe kennt kein w e i l  und kein w a r u m?

Der Dichter ist der Spiegel, der die Eindrücke zurückgibt, die er von Außen empfängt.
Je reiner der Spiegel, um so vollkommener ist das Bild.

Die Erinnerung ist ein diamantener Anker, um das schnellsegelnde Schiff unseres Glückes
festzuhalten.

Lasse dich durch das Mißlingen vernünftig eingeleiteter Pläne nicht abschrecken,
sie beharrlich zu verfolgen, so wenig sich der Sämann abschrecken lassen darf,
immer wieder fortzubauen, wenn Sturm auf Sturm seine Saaten zerschlägt.
Die Welt besteht nach der Regel, und nicht nach den Ausnahmen.

Die höchste Regel jeder Kunst ist die Einfachheit. In ihr liegt die Wahrheit und die Klarheit.