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Die Canzone
 

Kanzone (Canzone)

Kanzone, [die; italienisch, "Lied"] (Canzone, französisch Chanson, Kanzonette, Canzonetta) in der Literatur ein kurzes,
mehrstrophiges lyrisches Gedicht.
Die Kanzone entstand im 12. Jahrhundert in der Lyrik der Troubadoure in der Provence und der Trouvères in Nordfrankreich
und verbreitete sich seit dem 13. Jahrhundert auch in Deutschland.


Ein Beispiel:


Raimbaut de Vaqueiras
† nach 1202

war ein südfranzösischer Troubadour aus Vaucluse (Vaqueiras) in der Provence, der hauptsächlich in Italien wirkte.
Seine Lieder sind in der okzitanischen Dichtersprache Südfrankreichs verfasst, die sich zu dieser Zeit als Leitsprache der
höfischen Sangesdichtung an den europäischen Höfen, so auch an den Kulturzentren des deutschen Minnesangs, ausbreitete.


Quelle: ©Reclam 1990/Frauenlieder des Mittelalters/© übersetzt von Ingrid Kasten.
 
Altas undas que venez suz la mar
 
Ihr hohen Wellen, die ihr über das Meer kommt
 
Altas undas que venez suz la mar,
que fay lo vent çay e lay demenar,
de mun amic sabez novas comtar,
qui lay passet? No lo vei retornar!
Et oy Deu, d’amor!
Ad hora.m dona joi et ad hora dolor!

Oy, aura dulza, qui vens dever lai
un mun amic dorm e sejorn’ e jai,
del dolz aleyn un beure m’aporta.y!
La bocha obre, per gran desir qu’en ai.
Et oy Deu, d’amor!
Ad hora.m dona joi e ad hora dolor!

Mal amar fai vassal d’estran païs,
car en plor tornan e sos jocs e sos ris.
Ja nun cudey mun amic me trays,
qu’eu li doney ço que d’amor me quis.
Et oy Deu, d’amor!
Ad hora.m dona joi e ad hora dolor!
 
Ihr hohen Wellen, die ihr über das Meer kommt,
die der Wind bald hierhin, bald dorthin treibt,
habt ihr Neues von meinem Freund zu erzählen,
der dort hinüberzog? Ich sehe ihn nicht zurückkehren!
Ach, Gott! Die Liebe,
bald schenkt sie mir Freude und bald Leid.

O du sanfter Wind, der du von dorther kommst,
wo mein Freund schläft und lebt und ruht,
bring mir einen Zug von seinem süßen Atem!
Ich öffne den Mund, so große Sehnsucht habe ich danach.
Ach, Gott! Die Liebe,
bald schenkt sie mir Freude und bald Leid.

Es tut weh, einen Ritter aus fremdem Land zu lieben,
denn seine Scherze und sein Lächeln werden zu Tränen.
Niemals glaubte ich, daß mein Freund mich verraten werde,
denn ich schenkte ihm das, worum er mich aus Liebe bat.
Ach, Gott! Die Liebe,
bald schenkt sie mir Freude und bald Leid.