Jugendliebe
Dein Auge glüht und funkelt
Wie Morgensonnenlicht,
Und meines, qualenverdunkelt,
Von fressendem Elend spricht.
Was treibt den asketischen Schwärmer
Zu Deines Daseins Pracht?
Er kehrt ja nur schroffer und ärmer
Zurück in die heimische Nacht!
An***
Hoch durch die Wipfel der Bäume
Brauste der Frühlingssturm,
Und rauschende Lieder
Entquollen den Kronen.
Hier unten aber,
In weinblattumschatteter
Traulicher Laube,
War Götterfrieden
Und Götterstille.
Die roten Lichter
Der scheidenden Sonne
Durchtanzten neckend
Das Blättergewirr,
Und brachen sich schimmernd
Im Gold Deiner Haare.
Lichtdurchtränkt und sonnenumwoben
Erschienst Du mir
Wie eine Madonnengestalt
Des alten Venedigs.
Anmuttrunken und schönheitselig
Sah ich hinein
In die meerfluttiefen
Und meerflutblauen,
Leuchtenden Augen
Und sah durch sie
In eine reine, süße Kinderseele,
In die zum ersten Male
Farbenglühend
Die Liebe einzog.
Und zaghaft, wie des Mondes matte Sichel,
Die über jenen abenddunklen Wäldern
Schüchtern aufsteigt,
Zog der Gedanke ein in meine Seele,
Das schattentrübe, elendvolle Dasein
Gleich einer schweren Fessel abzustreifen
Und zu den Ungeborenen zurückzukehren.
Das heitere Sonnenkind,
Das nie den Schmerz gekannt,
Es würde
Den dunklen Träumer schnell vergessen haben;
Er aber stürbe
Im seligen Bewußtsein
Reiner Liebe.
Geliebte, kleine Braut!
Schling' Deines Haares Strähne
Ums Haupt mir, kleine Braut,
Zerküsse die funkelnde Träne,
Die mir von den Wimpern getaut.
Vom Elend hier auf Erden
Hab' ich genug erschaut,
Genügsam will ich werden,
Geliebte, kleine Braut!
Ich will mein Sehnen begraben,
Die Wünsche, so brennend und laut,
Du sollst allein mich haben,
Geliebte, kleine Braut!
Frieden
Weiß Gott, ich hab' Dich lieb, mein zartes Kind,
Und Dein Geplauder – weich wie Frühlingswind –
Es tut so wohl; aufatmet das Gemüt,
Der Wettersturm im Abendrot verglüht. –
Nur fern am Horizont – ein wilder Strahl –
Aufleuchtet manchmal noch die alte Qual.
Vorgefühl
Noch ruht die Macht in Deinen lieben Händen,
Des Herzens wildes Toben einzudämmen,
Des Zweifels Bohren kinderleicht zu hemmen –
Und Sehnsuchtsqualen, dunkle, zu beenden.
Ich aber fühle schon die Stunde kommen,
Wo machtlos wird Dein liebevolles Mühen,
Wo für des Herzens wild und wildres Glühen
Kein sittigsanfter Händedruck will frommen.
Ich würde längst in jener Stunde Ahnen
Für immerdar von Dir die Schritte wenden
Und wieder wandern windumbrauste Bahnen,
Fänd' ich die Kraft zu lösen und zu enden,
Und würde nicht mein Herz beständig mahnen,
Daß Dich verlassen heißt: den Tod Dir senden.
Abwehr
Gewahr' ich Deiner Augen banges Suchen,
Ihr liebevolles Hangen an den meinen,
So steigt in mir empor ein wildes Weinen,
Und mein und Dein Geschick möcht' ich verfluchen.
Ich weiß, Du bist mir grenzenlos ergeben,
Und jede Stunde zeigt es mir aufs neue,
Und doch verbittert diese Liebestreue,
So rührend schön und süß, mein ganzes Leben.
Zu trautem Glück willst Du mein Sein beschränken,
Ein stilles Leben soll ich bei Dir führen –
Und meine tiefste Wollust ist: zu Denken,
Dem Rätsel unsres Daseins nachzuspüren.
Ich kann Dir nicht mein Ich als Mitgift schenken,
Um stillvergnügt im Erdenstaub zu schüren.
Letztes Finden
Verlassene Geliebte, schwergekränkte,
Noch einmal gib mir freundlich Deine Hand,
Die mir Dein großes Herz in Tagen schenkte,
Wo Du noch viel zu wenig mich gekannt.
Ein heißes Lieben und ein heißes Leiden
Hat unser beider Herzen durchgewühlt,
Sekundenlanges Finden, bittres Scheiden,
Und Reue dann, von Starrsinn unterkühlt.
Erschienen bist Du mir in stillen Stunden,
Wo klar und ruhig floß mein wildes Blut;
Ich wähnte damals, daß ich heimgefunden,
Und Alles, Alles sei nun endlich gut.
Dir aber ist ein böses Wort entglitten,
Ein ungewolltes, doch ein böses Wort;
Umsonst war Deiner Augen scheues Bitten,
Es peitschte mich aus Deinem Bannkreis fort.
Zerschmettert fallen traulich enge Schranken,
In trunknem Toben geht es abgrundwärts;
Wie tolle Rosse rasen die Gedanken
Und sie zerstampfen Dir und mir das Herz ...
Du hast bereut in Trauer und in Tränen,
Ich weiß es nun, daß Du es gut gemeint;
Noch einmal laß an Deine Brust mich lehnen,
Auch ich hab' die Vergangenheit beweint.
Totenliebe
1.
Und leise trat ich an Dein Sterbelager,
Du kaum erschlossne, schnell verwelkte Blüte.
– – Mir war ja heimlich zugeflüstert worden,
Du hättest ganz im Stillen mich geliebt. – –
Noch einmal hoben sich die schweren Lider
Und aus den todesmatten Augen brach
Ein letzter – langer – tiefer Blick der Liebe,
Und Deine abgezehrte, kleine Hand,
Noch einmal legte sie sich fest in meine,
Und dann war Alles, Alles, Alles aus.
2.
Halb unbewußt war ich hinausgegangen ...
Zu einer stillen, grünen Ruhestätte,
Zu einem schattenkühlen Schlummerbette,
In dem ein Herz vergißt sein Glutverlangen.
Und wieder faßte mich das alte Bangen,
Das ich so gerne längst begraben hätte,
Und wieder hörte ich Dein dumpfes: "Rette!"
Das mich verfolgt in Nächten, qualvoll langen.
Und meiner Brust, der heißen, sehnsuchtstollen,
Erstickte Liebeslaute sich entrangen,
Und schwere Reuetränen niederquollen.
Da lebenswarm noch glühten Deine Wangen,
War ich zu kalt, um Freundschaft nur zu zollen,
Und jetzt, nach Deinem Tod, dies Glutverlangen?
Kleine, mit den
großen Nixenaugen
Kleine, mit den großen Nixenaugen,
Mit dem bleichen, somnambulen Antlitz,
Mit der schweren, goldnen Flechtenkrone,
Schmiege Deine Wange an die meine,
Sag' mir noch einmal die trauten Worte:
"Dein für immer, Dein für immer!"
Sieh, so seltsam, so erstaunlich dünkt's mir,
Daß gerade Du, das vielgeliebte,
Wohlgehegte, sorgenlose Schoßkind
Für den unruhvollen, rätselhaften,
Hirngepeitschten Schwärmer Liebe fühlt.
Presse Deinen Mund, den kleinen, heißen,
Innig an mein Ohr, und leise, leise,
Daß es niemand hört auf dieser Erde,
Auf der kühlen, spöttisch klugen Erde,
Sag' mir noch einmal die trauten Worte:
"Dein für immer, Dein für immer!"
Stumme Liebe
Selig, willenlos dahingegeben,
Ruht der schlanke Leib in meinen Armen,
Und die feuchten, vollen Lippen suchen
Leise die meinen.
Aber keine Liebesworte schauern
Aus bedrängtem Busen weich ans Ohr mir;
Nur die dunklen, angstvoll großen Augen
Leuchten vor Liebe.
Schweigend pressen sich die heißen Hände,
Sprechen sich die Geister und die Herzen,
Und geheimnisvoll beschleicht die Seele
Ahnung des Glückes.
O sieh mich
nicht so schmerzlich an
O sieh mich nicht so schmerzlich an,
Mein totenblasses Lieb,
Und hab' ich Dir auch wehgetan,
Vergib, vergib!
Der Schatten der Vergangenheit
Das kranke Herz umspannt,
Und ihn vertreibt in Ewigkeit
Auch nicht der Liebe Hand.
O sieh mich nicht so schmerzlich an,
Mein totenblasses Lieb,
Und hab' ich Dir auch wehgetan,
Vergib, vergib!
Niemals
Mit ehernem Griffel grub ich
Tief in Dein weiches Herz
Für immer mein Bild.
Und wenn auch Vorsicht,
Klugwaltende, sichergehende
Dich behütet
Vor des Dichters
Flammenzehrender Liebe,
Niemals wirst Du mich vergessen.
Deines Mundes erste Küsse
Ich hab' sie getrunken,
In meinen Armen
Lernte Dein herrlicher Leib
Ahnungsvolle,
Bebende Liebe.
All die süßen ersten Schwüre
Deines jungen,
Verlangenden Herzens
Galten mir.
In Deiner Seele leben
Ewig jung
und ewig reizvoll
Ungenossene und unermessene
Scheugeahnte Wonnen,
Unzertrennbar gebunden
An meinen Namen.
Verfluchen wirst Du mich vielleicht,
Vergessen aber niemals!
Zu Ende
Mein Herz ist viel zu müde, um zu toben,
In Haß und Groll, weil Du von mir geschieden
Und mit Dir nahmst das bißchen Glück und Frieden,
Ins trübe Dasein mühsam nur gewoben.
Noch kann zu lächeln ich die Lippen zwingen
Und kann auch noch für Andre warm empfinden,
Und sie ermutigen zu überwinden,
Nur will's mir selber nicht mehr gut gelingen.
Denn insgeheim die Ketten niederklirren
Die mich ans Dasein bisher festgebunden,
Nur Tropfen sickern noch aus meinen Wunden,
Und halb erlöst schon hör' ich Psyche schwirren.
Namenlos
1.
Ich habe nur ihr großes Herz gekannt
Und ihres teuren Leibes Paradies. -
Nicht weiß ich, wer sie war und wie sie hieß,
Denn ihren Namen hat sie nie genannt.
Doch auch den meinen wies sie stolz zurück:
"Ich brauch' ihn nicht! – In meiner Seele lebt
Für alle Zeit das namenlose Glück,
Mit der Erinnerung an Dich verwebt." -
Du bist ihr gleich, Du bräunlich blasses Kind. -
Dein tiefgelegenes, dunkles Auge rief
Vergangnes jach empor. – Ein Wirbelwind
Wühlt Alles auf, was tränenmüde schlief.
Und wieder flutet um das teure Bild
Der süßesten Erinnerungen Meer,
Und aus der Seele, stoßend, dumpf und schwer,
Ein fassungsloses Schluchzen bricht und quillt.
2.
Manches Mal, in stillen Nächten,
Steigt mir noch Dein Bild empor
Und ich kann's nicht, kann's nicht fassen,
Daß ich Dich so ganz verlor.
Deine großen, braunen Augen,
Mit den Wimpern lang und schwer,
Blicken ganz noch wie vor Zeiten
Warm und innig zu mir her.
Als in jener dunklen Stunde
In das fremde Land Du gingst
Und zum allerletzten Male
Weinend mir am Halse hingst,
Damals hast Du mir versprochen:
"Hören wirst Du bald von mir"
Aber niemals kam ein Zeichen,
Niemals nur ein Gruß von Dir.
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Wilder Schmerzen wüstes Toben
Hat in Wehmut sich gewandt,
Und im raschen Lauf der Tage
Selbst Dein Bild dem Geist entschwand. -
Manchmal nur in stillen Nächten
Steigt es mir noch heiß empor -
Und ich kann's nicht, kann's nicht fassen,
Daß ich Dich so ganz verlor.
Wiedersehen
– – Und ich sah Dich wieder,
Sah Dein Haar ergraut
In schwerer Pflichterfüllung,
Und sah die Linien,
Die herber Trotz
Und bittre Menschenverachtung
Um Deine schmalen,
Blutlosen Lippen gezogen.
Mit halbverschleierter
Müder Stimme,
In der nur selten
Ein lichter Ton der Freude
Schüchtern emporklang,
Erzähltest Du mir
Von Deines Lebens
Dornigen Wanderzügen
Und qualvollen Kämpfen.
Ich und Du,
Wir hätten gerne
Von gemeinsam verlebten
Seligen Stunden gesprochen,
Von unvergessenen,
Liebesschwülen Tagen, –
Aber keines von uns Beiden
Fand das heißersehnte,
Das richtige Wort.
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