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I.
Sensationen

 

Groteske
Mit blutigen Rosen
Auferstehung
Groteske 1
Mein Herz ist tot
 
Was ich liebe
Sensationen

 

Groteske


Das waren die grauen Gespenster,
Die glitten in schweigender Nacht
Durch leise klirrende Fenster
Und haben getobt und gelacht.

Sie wogten auf und nieder
Auf grünlichem Mondenglast,
Sie dehnten die farblosen Glieder
Und tanzten in fiebernder Hast.

Mit eisigen Fingern durchkrallten
Mein Fleisch sie bis auf's Bein,
Und seltsame Worte lallten
Sie grölend und kichernd darein.

Mein Leib in wilden Schauern
Zu winden sich begann,
Die grauen Gespenster sie lauern –
Und kreischend flüchten sie dann.


Mit blutigen Rosen

Mit blutigen Rosen
Und wachsbleichen Nelken
Durchwinde dein Haar.
Und löse die Flechten...
Düfte veratmende,
Wirre Strähne
Mögen über deine
Üppig-starren,
Bronze-braunen Brüste
Niederhangen, Schleifen
Schwarzblau,
Düster,
Wie blitzgesättigte
Wetterwolken.
Und deine Lippen,
Deine blumenkühlen,
Mögen in ewigen,
Zärtlichen,


Halbgehauchten Küssen
Mein Antlitz streifen.
Dann, nur dann
Wird sie entweichen,
Jene herzumschnürende,
Tödliche Lebensangst,
Und fern und ferner wird
Mit schlurfenden Schritten
Der Wahnsinn schleichen...
Komm' zu mir,
Bleibe bei mir,
Immer,
Immer...


Auferstehung

Wenn sich Deine starren Züge
Zerren in der Seele Qual,
Wenn Dir Deines Daseins Lüge
Aufersteht mit einem Mal,

Wenn sich Deine Glieder bäumen,
Trotzig, in verbiss'ner Wut,
Aufgeschreckt aus Wonneträumen,
Knirscht und tobt der Nerven Brut,

Wenn die Tränenschleier fließen
Über Deine dunkle Haut,
Und die wilden Worte schießen
Gellend, wie der Zinken Laut:

Dann durchrieseln Wonneschauer
Meinen Leib; – ein Dankgebet
Schwillt zu Dir – aus deren Trauer
Meines Glückes Odem weht.

Klafft und blutet, dürre Wunden:
Wonnen, die nur ich empfand
Leben wieder – für Sekunden
Meine Seele auferstand.

 
Groteske 1

Ich weiß, ich weiß, – sie harren mein und lauern,
Der fahle Stumpfsinn und die rote Wut; –
Verzerrte Fratzen – kichernd sie umkauern
Mein Lager jede Nacht und trinken Blut.

Mit dürren Fingern ritzen sie die Venen –
Bis gurgelnd sich der dunkle Quell entlud –
Sie würzen sich den Trank mit meinen Tränen
Und meines Todesschweißes bitt'rer Flut.

Und wonnevoll die feuchten Fratzen schauern
Und küssen mir in heißer Dankbarkeit
Des wüsten Schädels mürbe Knochenmauern
Und jubeln, jubeln, dass der Morgen weit.

Mein Herz ist tot

Wenn meiner Lieder düsterrote Feuer
In wilden Flackertänzen Dich umsprüh'n,
O glaube nicht, daß Du mir lieb und teuer,
Daß diese Flammen aus dem Herzen glüh'n.

Mein Herz ist tot, wenn jemals ich besessen
Ein solches Ding in meiner kalten Brust,
Vielleicht auch, daß ich's irgendwo vergessen
Bei blassen Frauen nach verschwieg'ner Lust.

Was ich liebe

Ich liebe die hektischen, schlanken
Narzissen mit blutrotem Mund;
Ich liebe die Qualengedanken,
Die Herzen zerstochen und wund;

Ich liebe die Fahlen und Bleichen,
Die Frauen mit müdem Gesicht,
Aus welchen in flammenden Zeichen,
Verzehrende Sinnenglut spricht;

Ich liebe die schillernden Schlangen,
So schmiegsam und biegsam und kühl:
Ich liebe die klagenden, bangen,
Die Lieder von Todesgefühl;

Ich liebe die herzlosen, grünen
Smaragde vor jedem Gestein;
Ich liebe die gelblichen Dünen
Im bläulichen Mondenschein;

Ich liebe die glutendurchtränkten,
Die Düfte, berauschend und schwer;
Die Wolken, die blitzedurchsengten,
Das graue wutschäumende Meer;

Ich liebe, was niemand erlesen,
Was keinem zu lieben gelang:
Mein eigenes, urinnerstes Wesen
Und alles, was seltsam und krank.

Sensationen

1.
Ihr weichen Düfte und Ihr kühlen Farben,
Euch dank' ich meine letzte Seligkeit,
In Eurem wonneschwülen Bannkreis starben
Die roten Qualen, die mich wild umwarben,
Der graue Jammer und das bleiche Leid.

Ein Bettler war ich - martervolles Darben
War meines Lebens traurig-ödes Los.
Nun sprüht mit eins in üppig-reichen Garben,
In weichen Düften und in kühlen Farben
Das große Glück in meiner Seele Schoß.

2.
O Tuberosen, süße, wächsernbleiche,
O heißgeliebte, regungslose Schar!
Daß Euer Anblick nimmer mir entweiche!
Und Euer Hauch, der feuchte, zärtlich-reiche,
Süß-duftig wie die Haarflut einer Leiche,
Er möge mich umzittern immerdar.

O Tuberosen, süße, wächsernbleiche,
O heißgeliebte, regungslose Schar!

3.
In grauer Flut ist mir die Welt versunken,
Ein nebeltrübes, ödes Traumgebild,
Und farbenjauchzend, schwerer Düfte trunken
Die neue Welt aus meiner Seele quillt. -

O Silberlila, Deine weichen Wellen,
Wie Kinderseelen lilienkeusch und klar,
In meine flammenmüde Seele quellen,
Und meine Seele wird zum Hochaltar,

Wo Jubelhymnen Deiner Süße schwellen.

4.
O laßt mich, laßt mich ruh'n auf grünem Rasen,
In seinen Farbenzauber mich versenken,
Entfliehen allem qualvoll-heißen Denken
Zu meiner Seele schweigenden Ekstasen.

O lichtes Grün, wie Du die Seele weitest,
Um jede Nervenfaser zärtlich kost,
In's Unermess'ne das Gefühl verbreitest,
O lichtes Wiesengrün - mein treuer Trost.

Wenn meine Seele sich vor Grausen sträubet,
Wenn alles öd und ekel ist geworden,

Wenn Qual und Sehnsucht jedes Glück ermorden,
Dein sanfter Schleier einzig sie betäubet.