| Ein 
				Wahn
 
 Gedanke, dessen Glück in Worte nicht zu fassen:
 Du, du mein Weib, du mein!
 Ich kann ihn denken kaum und nicht zu denken lassen
 Vor Seligkeit und Pein.
 
 Aus einem Meer von Elend sich emporzuringen
 In Licht und Sonnenschein;
 Ein armer Wurm, getragen jetzt von leichten Schwingen,
 Die Engel ihm verleihn.
 
 O Seligkeit, nach der ein Leben lang begehrend
 Ich fruchtlos ring' und wein',
 Und die vielleicht in seinem Abendrot, verklärend
 Jetzt bricht zu mir herein.
 
 Es klirrt ein Kerkertor: kaum denkt, der da gefangen,
 Man komm' ihn zu befrei'n,
 Da naht und ruft das Volk mit jubelndem Verlangen,
 Zieh nun als König ein!
 
 Du mein, mein Weib! — Ein armer Kranker still ergeben,
 Er siecht dahin allein;
 Sein Schicksal ruht in deiner Hand: sprich, soll er leben,
 Um ewig dein zu sein?
 
 Nein!!
 
 Ode
 
 Aufbraust das tiefe Meer
 Mit seinen Wogen,
 Von überall kommen die her
 Zu Scharen gezogen
 In schneller Fröhlichkeit
 Und heller Seligkeit
 Mit perlentragenden Rücken
 Und freudesagenden Blicken.
 
 Und es lauschen die Ufer all, —
 Da rauschen die Fluten,
 Auftauchend wie ein Riesenball
 Hinwälzender Gluten:
 Und in reizender Blüte steigt
 Herauf Aphrodite, neigt
 Sich vom Wellenthrone
 Mit ihrer hellen Krone.
 
 Sie neigt sich nieder ins Land,
 Das Meer verlassend:
 Da reichen sich als Brüder die Hand,
 Die früher hassend
 Einander befehdeten,
 Es überredeten
 Liebeswunder sie zur Freundschaft
 Und verbannten alle Feindschaft.
 
 Und Aphrodite zieht fort,
 Zieht immer weiter,
 Umzaubernd jeglichen Ort
 Und versöhnend die Streiter;
 Loblieder singt man ihr
 Und Opfer bringt man ihr
 Und tausend herrliche Weisen,
 Um ihre Macht zu preisen.
 
 Doch wie sie Feinde weiß
 Vom Streit zu lenken,
 Daß sie im Freundeskreis
 Vertraun sich schenken,
 So hat sie vor Allen doch
 Sich zu Vasallen noch
 Ein Völkchen auserlesen
 Stiller seliger Wesen.
 
 Die liebenden Leute sind's,
 Die sie sich erkiesen,
 Umgibt die Bräute rings
 Mit Lustparadiesen,
 Den Jüngling begeistert sie,
 Den Mann bemeistert sie
 Und bettet auf Lilien und Rosen
 Die Schlummer- und Kummerlosen.
 
 Offen ist ihnen der Himmel ganz
 In Lust und Liebe,
 Sie schweben im seligen Tanz
 Beglückender Triebe:
 Beredt sind Hand und Blick,
 Voll Liebestand und Glück,
 Voll heißem unendlichen Regen
 Und süßem verständlichen Segen.
 
 Ein Seufzer aus tiefer Brust
 Ist ihnen ein Zeichen
 Gefühlter unermeßlicher Lust,
 Der keine zu vergleichen,
 Unermeßlicher Beglückung,
 Unvergeßlicher Entzückung,
 Wo Küsse um Küsse sich jagen
 Und Herzen an Herzen schlagen.
 
 Ein schmachtender Wonneblick
 Aus schwärmerisch glühendem Auge,
 Ein Kuß, der das höchste Glück
 Von schwellenden Lippen sauge,
 Ein sanftgehauchtes Ach,
 Das aus bebendem Busen brach,
 Ein seliges Sehnen und Haben —
 O göttliche Liebesgaben!
 
 So steht in der Liebe Buch
 Manch süßes Geheimnis,
 Von Liebenden Zug für Zug
 Erkannt ohne Säumnis,
 Ein Rätsel für Liebelose,
 So wie der Duft der Rose
 Dem Frühling nur verwandt ist,
 Dem Winter unbekannt ist.
 
 Liebenden aber wird die Nacht
 Zum glänzenden Tage,
 In ihrer Mondenpracht
 Endet alle Plage,
 In ihrem Sternenglanz
 Wollen sie lernen, ganz
 Glücklich sein und machen
 Und in Lust und Wonne lachen.
 
 Seele und Leib in Eins
 Verschlungen zusammen,
 Daß als Zeichen des Lustvereins
 Helleuchtende Flammen
 Aufzucken aus Mund und Blick,
 Verkündend Liebesbund und Glück, —
 Ein stilles Wonn'-Ermessen
 Und seliges Weltvergessen;
 
 So ist geschlossen der schöne Bund
 Auf schnellen Liebesschwingen,
 Und Leib und Geist und Herz und Mund
 Müssen sich ihm verdingen,
 Und Aphrodite weiht
 Die selige Blütezeit
 Als einen Freudenbronnen
 Ein mit vieltausend Wonnen.
 
 Das sangen im Altertum
 Des Liedes hohe Meister
 Als Liebesevangelium
 Für liebelodernde Geister;
 Das singen begeistert die Neuen,
 Die Herzen dadurch zu erfreuen,
 Damit es allewig ertöne,
 Daß Liebe die Sterblichen kröne.
 
 Mondnacht
 
 Mild leuchten Mond und Sterne
 Den Liebenden im Kahn,
 Die Ufer rücken ferne,
 Es dringt kein Laut heran.
 O zauberhaftes Leben
 Der Mondnacht auf dem See,
 Und ach, zwei Herzen beben
 In süßem Liebesweh.
 
 Es geht im Schilf ein Säuseln
 Es nickt dem Kahne nach,
 Des Ruders sanftes Kräuseln
 Schlägt jetzt die Fischlein wach;
 Die meinen — holdes Wunder! —
 Von Rosen sich umbaut,
 Weil in den See hinunter
 Ein Wangenpaar geschaut.
 
 Wie Lispel holden Reimes
 Erklingt es fort und fort:
 Hat Mond und See Geheimes?
 Ist's Lippenkuß und Wort?
 Sind's Lüfte, die sich küßten?
 Gekos' von Well' und Licht?
 Die Glücklichen, die's wüßten,
 Die Beiden sagen's nicht!
 
 Von Ihr
 
 O du die Lied und Reim
 So lange, lange nicht begrüßten,
 Und die doch insgeheim
 Die Lippen meiner Seele küßten,
 Horch, Lerchenwirbel klingt
 Im Lenze der Erinnerung,
 Und ein Entzückter singt,
 Von deinem Liebreiz ewig jung.
 
 Nie hab ich dir's bekannt,
 Wie ich dich innig angebetet,
 Doch wenn ich vor dir stand,
 Bin ich, bist du alsbald errötet;
 Nie hat mein Wort, mein Blick
 Getrübt den Frieden deiner Brust,
 Und doch, o süßes Glück,
 Hast du um mein Gefühl gewußt.
 
 Das macht, die Liebe ist
 Wie Balsamhauch der Rosendüfte,
 Ob ihr den Garten schließt,
 Durchwürzet doch er rings die Lüfte.
 Nun ich dich wiedersah
 Nach langer qualenvoller Zeit,
 Ist auch ein Lied schon da,
 Ein Rosenduft von Seligkeit.
 
 O dieses Augenlicht,
 Das hold und forschend auf mir ruhte,
 Nein, ich vergess' es nicht
 Und nie die selige Minute;
 Es frug und sprach sein Schein:
 "Wie hast du Armer denn gelebt?
 Gedachtest du auch mein?
 Ich weiß es, was dein Herz begräbt."
 
 Ob deiner ich gedacht?
 Ach und mit welcher Seelenwonne,
 Du Stern in meiner Nacht,
 Du meiner Tage Licht und Sonne:
 So unerreichbar mir,
 Der ich so ganz von dir erfüllt,
 Und doch mein Herzpanier,
 Mein Augentrost und Kummerschild.
 
 Im Sturm ein junges Blut
 Hat sich in Gottes Hand gegeben,
 Es stürzt sich in die Flut
 Und schwimmend rettet es sein Leben;
 Und so ich armer Mann,
 Wenn meiner Leiden Sturm erwacht,
 Nur dein gedenk' ich dann
 Und schreite mutig durch die Nacht.
 
 Geheimnis
 
 Du wunderholde Frau,
 Die mich so ganz begeistert,
 Daß mich, wenn ich dich schau,
 Entzücken übermeistert:
 Vernimm die süßen Töne
 Die dir zum Preis, o Schöne,
 Voll Sehnsucht und voll Lust
 Entströmen meiner Brust.
 
 Du weißt es, was mein Blick,
 Dir feuertrunken sagte,
 Wenn ich zu dir, mein Glück,
 Ihn aufzuschlagen wagte,
 Du kennst, unausgesprochen,
 Des Herzens stilles Pochen,
 Darin als schönstes Gut
 Dein liebes Bildnis ruht.
 
 Du weißt, ob auch kein Wort
 Zu dir um Liebe flehte,
 Daß du mein Gnadenhort,
 Den ich geheim anbete,
 Daß du mir Schwung und Flügel,
 Befriedigung und Zügel,
 Daß du zu jeder Frist
 Mein Ideal mir bist.
 
 So wie die Luft den Strauch,
 Der Wind die Welle reget,
 So ists dein Zauberhauch,
 Der mich zu tiefst beweget;
 Mein Singen und mein Schweigen,
 Dein Abglanz ists und Eigen,
 Das schwärmend dein begehrt
 Und stummberedt dich ehrt.
 
 Geheimnis und Kontrast,
 Gesucht und doch gemieden,
 Mit aller Glut umfaßt
 Und niemals doch beschieden:
 Wie soll das Rätsel enden?
 O hilf, in deinen Händen
 Ist Liebe, Glück und Ruh:
 Mein Herz lauscht — winke du!
 
 Unaussprechlich
 
 Wie ich dich liebe dir zu sagen
 Vermag ich nicht, du süßes Weib,
 Die Seele denkt es nur mit Zagen
 Und süß durchzittert es den Leib.
 
 Es ist kein Wort, das aus es drückte,
 Ein Schauen nur und Fühlen dann,
 Ein Herz, das sich an dir entzückte
 Und still in sich nun jubeln kann.
 
 Kein Laut, der andern Welt verständlich,
 Kein Mienenzug, der es verrät,
 Und ein Gefühl doch so unendlich,
 Wie's je die Menschenbrust durchweht.
 
 Ein Stern durchleuchtest du mein Leben,
 Es hängt an deinem Glanz und Licht,
 Und schaut mit Lust und süßem Beben
 In dein liebreizendes Gesicht.
 
 Es nährt sich nur von deinem Blicke,
 Der es begeistert und verklärt,
 Und läutert still sich in dem Glücke,
 Das deine milde Huld gewährt.
 
 O dieses Leben, ein verfehltes,
 Erfüllt von Gram, bedeckt mit Nacht,
 Es ist ein frisches, neubeseeltes,
 Seit ihm dein klares Auge lacht.
 
 Vergessen hab' ich was vergangen,
 Und an die Zukunft denk' ich kaum,
 Glückseligkeit hält mich umfangen
 Und mich berauscht der Wonnetraum.
 
 Ein Weib wie du, so lieb und innig,
 An allen süßen Gnaden reich,
 Das Herz so tief, der Geist so sinnig,
 Das Aug so klar, der Mund so weich —
 
 Ich ahnte nichts von solchen Wesen,
 Da zuckt der Blitz, ich sehe dich,
 Und fromm wird, der ein Saul gewesen,
 Und fleht zu dir: O liebe mich!
 
 Du Inbegriff des Lieb- und Guten,
 Mein All, mein Gott, mein Himmel du,
 Laß mich zu Füßen dir verbluten,
 Doch lächle mir nur liebend zu!
 
 Traum
 
 Das war ein sonderbarer Traum:
 Ich stand in einem weiten Raum
 Und um mich viele, viele Leute,
 Neugierig lauerte die Meute.
 
 Wahnsinnig war ich, und das Wort
 Es irrte von der Lippe fort;
 Des ich im Leben noch gewärtig,
 Im Traume war's geschehn und fertig.
 
 Da tratest du zu mir heran,
 Ein Blitz durchzuckte meinen Wahn,
 Ich küßte deine Stirn errötend
 Und sprach zum Himmel also betend:
 
 "Blieb dir ein kleiner Tropfen Glück
 Noch für mein armes Haupt zurück,
 So träufle ihn auf diese Schläfe,
 Damit sie nie ein Unheil träfe.
 
 Und hast du schwere Kummernot,
 Die dieser lieben Stirne droht,
 So gieße sie in meine Seele,
 Damit sie sich für ihre quäle."
 
 Das war vernünftig doch gemeint,
 Du hast darüber auch geweint,
 Die Andern alle aber lachten,
 Weil immer sie verrückt mich dachten.
 
 Dir hat's im Herzen weh getan,
 Du sahst so lieb und gut mich an
 Und seufztest schreitend von der Stätte:
 "O daß ich ihn genommen hätte!"
 
 Das war ein sonderbarer Traum!
 Entschlagen kann ich sein mich kaum,
 Und weh ist mir das Herz noch eben,
 Als wäre jener Traum mein Leben.
 
 Wunsch
 
 Ach, nur ein wenig zaubern können!
 — Du kannst es liebes, süßes Weib —
 Es gäbe dann für uns kein Trennen,
 Wir wüchsen fest wie Seel' und Leib.
 
 Es müßten dir's die Blumen sagen,
 Wie Sehnsucht mich nach dir verzehrt;
 Es sollten dir's die Lüfte klagen,
 Wie heiß mein Herz nach dir begehrt.
 
 Der Tau, der dich am Morgen feuchtet,
 Der flüstert dir: er weint um dich!
 Die Kerze, die dir Abends leuchtet,
 Sie knistert dir: er brennt für dich!
 
 Die Lieb' in unsern Herzen beiden,
 Sie wär' der Telegraphendraht,
 An dem mein Wünschen und mein Leiden
 Blitzschnell sich deiner Seele naht.
 
 Es tönte dir von hundert Zungen —
 Und jeder Pulsschlag zuckte dir
 In zärtlichen Erinnerungen
 Das Wort: O komm, o komm zu mir!
 
 Brief
 
 Kunde von dir, o Seligkeit,
 Sie trifft mein Herz wie Zauberschlag!
 So wie die Schwalbe Frühlingszeit,
 Wie Morgenrot den neuen Tag,
 So kündet was du mir geschrieben,
 Dein treu unwandelbares Lieben.
 
 Ein Blatt von dir, o süßes Glück,
 Es zaubert wie ein holder Bann
 In meine Arme dich zurück,
 Die Heißgeliebte seh ich dann,
 In diesen Zügen ihre Züge,
 Mir aller Seligkeit Genüge.
 
 Ich lese dich und sehe dich,
 Dein süßer Odem weht mich an,
 Ich fühle plötzlich glücklich mich,
 Weil ich nur Liebe denken kann,
 Und weil mit ihren Engelschwingen
 Deine Gedanken mich umfingen.
 
 Ja Liebe, die so treu und heiß
 Und innig Herz am Herzen hängt,
 Sie steht im eignen Zauberkreis,
 Aus dem sie keine Macht verdrängt,
 Und selbst in Trennung und in Ferne
 Erglänzen ihr der Hoffnung Sterne.
 
 Ihr Bildnis
 
 Was Heilige verehren
 Und Bilder an Altären —
 Jetzt ist es mir enthüllt,
 Seit, Wonne meinen Blicken,
 Mit trunkenem Entzücken
 Dein Bildnis mich erfüllt.
 
 Es lächelt mir entgegen,
 Es ist mein Glück und Segen,
 Mein Stern, mein Talisman;
 Es mildert meine Leiden,
 Es tröstet: daß das Scheiden
 Nicht ewig dauern kann.
 
 Es weiß, wie ich mich sehne,
 Es sieht die scheue Träne,
 Es höret mein Gebet;
 Es weiß, daß all mein Streben,
 Mein Dichten und mein Leben
 Zu dir, der Einen, geht.
 
 Und wie ich an es sehe,
 So fühlt es meine Nähe,
 Es zittert die Contour,
 Die Augen sie bewegen,
 Die holden Lippen regen
 Sich jetzt — das ist Natur!
 
 Du bist es selbst, du Süße,
 Ich fühle deine Küsse,
 Ich höre deinen Ton;
 All Elend ist versunken,
 Ich juble wonnetrunken,
 Wie einst Pygmalion.
 
 Der schöne Wahn verschwindet,
 Die Wirklichkeit sie findet
 Mit ihrer Qual sich ein;
 Doch Etwas ist geblieben,
 Ich darf es sehn und lieben:
 Dein holdes Bild ist mein!
 
 Sympathie
 
 Es ist nicht anders möglich:
 Wenn so aus vollem Herzen
 Mit brennenden Gedanken
 Der Liebende der fernen
 Geliebten denkt, —
 Daß nicht zur selben Stunde
 Sein Sinnen und Verlangen
 Sich wie ein magisch Licht
 Auf ihre Seele senkt.
 
 Das sind die Zauberdrähte
 Tiefinniger Empfindung,
 An denen durch die Räume
 Der Blitz: Gedanke springt
 Und in der stillen Ferne
 Ein Herz, erfüllt vom Segen
 Der heiligen Sympathie,
 Mit seinem Strahl durchdringt.
 
 Du denkst an Sie und Ihrer
 So voll ist deine Seele,
 An Wünschen und Gedanken
 Für Sie so voll,
 Nach Mitteilung begehrend
 Und schmerzlich sie entbehrend,
 Weil nichts die fremde Welt
 Davon gewahren soll: —
 
 Da zuckt es wie erleichternd,
 Als ob dein Blut entströme,
 Du fühlst, daß dein Gedanke
 Die Liebste jetzt umschwebt
 Und daß vor seinen Schwingen,
 Die wunderbar ihr nahen,
 Das gleichgestimmte Herz
 Beseligt lauscht und bebt.
 
 Du fühlst's, und Sie dem Rätsel,
 Dem Zauber hingegeben,
 Sie fühlt nur, daß sie eben
 An dich gedenken muß,
 Daß Liebe und Begehren
 Mit Sehnsucht sie verzehren,
 Und daß mit dir zu sein
 Ihr Leben und Genuß.
 
 So fließen trotz der Ferne
 Zwei Seelen ineinander,
 Die heilige Sympathie
 Zusammen bringt;
 Das sind die Zauberdrähte
 Tiefinniger Empfindung,
 An denen durch die Räume
 Der Blitz: Gedanke springt.
 
 Sehnsucht
 
 Wie der Weinstock im Herbste
 Voll Trauben hängt,
 So ist meine Seele
 Voll Gedanken an dich.
 
 Wie die Mutter jammert
 Um ihr verlornes Kind,
 So seufzt und sehnt sich und klaget
 Mein Herz um dich.
 
 Als ich dich hatte,
 Dir liebend gesellt,
 Dein Freund, dein Gatte,
 War ein Himmel die Welt.
 
 Verwitwet jetzt wir Beide,
 Nur Sehnsucht im Sinn —
 O Liebe, Glück und Freude,
 Wo seid ihr hin!
 
 Schluß
 
 Unvergeßlich, ohnegleichen,
 Schön und leuchtend wie das Glück,
 Doch dem Wunsch nicht zu erreichen
 Und entzogen selbst dem Blick!
 
 Erst die Sonne meiner Tage,
 Die an ihr sich neu belebt;
 Jetzt die niegestillte Klage,
 Die das wunde Herz durchbebt.
 
 Ach, wer noch als Jüngling schwärmte,
 Leicht getröstet von der Zeit!
 Doch um was der Mann sich härmte,
 Bleibt sein tiefes Seelenleid.
 
 Sie, die mich zum Gott entzückte
 Und zum Tode mich betrübt,
 Sei, bis dieses Herz erstickte,
 Angebetet und geliebt.
 
 
 
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