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Liebe
 

Der Liebe Siegel ist ein Kuß,
Es ist das Weh'n des Genius,
Wenn Geist und Herz zusammenfließen:
Wie kann man himmlischer genießen?
                                        Schirin VI.
 

Liebe 1
 

Erwachen
Die reine Liebe
Der Tanz
Mädchenzauber
Arabella
Die Kranke
Der Vogel

 
Ein Jahr
Phantasien
Der Bach

 

Erwachen


Es war der Frühling längst herangekommen,
Ich aber lag im Winterschlafe tief,
Und hatte nicht den Jubelruf vernommen,
Der Jeden auferweckte, der da schlief.

Auf schlugen Blumen ihre Farbenaugen,
Die Wiesen taten sich gar prächtig an,
Und neue Frühlingsstrahlen einzusaugen,
War jedes Herz und Auge aufgetan.

Die Fluten rauschten lispelnd in die Lüfte,
Die Vöglein schlugen hell im Blätterhaus,
Der Himmel sandte seine milden Düfte
Und Nachts die stille Silberherde aus.

Da freuten rings sich Alle, die da wallten,
Ein Jeder jauchzte, jubelte und sang:
Es war, als ob ein Blühen und Entfalten
Aus Menschenherzen wie aus Knospen drang.

Doch all die holden Zauber, ach, sie trafen
Mich nicht, und ich verstand ihr Wesen kaum,
Mußt' ich doch stets im Winterschlummer schlafen,
Und sah das Schöne alles nur im Traum.

Der Frühling zog als milder Segenüber,
Der süßen Blütenbalsam niedergießt,
An meinem inneren Gesicht vorüber,
Und hat mich nur im holden Traum begrüßt.

Ich aber schlief; er ging und kehrte wieder,
Und neu begann des Spieles heitre Pracht,
Und sank als schönes Traumbild auf mich nieder,
Doch riß mich's nicht aus meiner Winternacht.

Da kam die Liebe mit den Himmelsklängen,
Worin ein Meer von stiller Wonne fließt,
Und hat mit paradiesischen Gesängen
Mich aus den tiefen Träumen aufgeküßt.

Sie hat den Schlaf vom Auge mir gesungen,
Sie hat den Schmerz vom Herzen mir gekost,
Sie hat mit Seligkeiten mich durchdrungen,
Mit Hoffnung und mit wunderbarem Trost.

Sie hat mich Alles, Alles kennen lehren:
Den Himmel, der ein Abbild ist von ihr;
Die tiefe Harmonie dort in den Sphären,
Die schöne Wirklichkeit im Lenze hier.

In ihrem Auge, wie in einem Spiegel,
Da sah ich Alles wundervoll und rein,
Die Seele mit dem mächt'gen Himmelsflügel,
Die Welt, das Leben, Schaffen und Gedeihn.

Eh' ich noch durch der Liebe Ruf erwachte,
Da war mein Leben nur ein ew'ger Gram,
Weil ich's im trüben Winterschlaf verbrachte,
Selbst wenn der Frühling in die Fluren kam.

Nun sich die Liebe meiner angenommen,
Ist aufgegangen mir ein Stern der Lust:
Der Frühling mag nun gehen oder kommen,
Für ewig ist es Lenz in meiner Brust.

Die reine Liebe

Der reinen Liebe ist das ganze Leben
Rings aufgetan gleich einem offnen Buche,
Sie weiß mit ihrem frommen Zauberspruche
Sich über Welt und Zeit hinwegzuheben.

Sie schmückt die Kinder, die ihr sind gegeben,
Die Wünsche, mit der Hoffnung grünem Tuche,
Und späht, als ob sie ew'gen Frühling suche,
In der Natur geheimnisvolles Weben.

Sie sucht die Seele, die mit ihr sich gatte,
Und prüft sie mit den Strahlen ihres Blickes;
Sie wandelt, ohne daß sie je ermatte,

Ein Pilger nach dem Orient des Glückes;
Sie schwimmt auf einem blanken Lilienblatte
Rein durch das Meer des irdischen Geschickes.

Der Tanz

Doppelt reizend sind die Frauen,
Wiegt der Tanz sie hin und her,
Wunderlieblich anzuschauen,
Wie ein buntes Blumenheer.

Dort die edlen Rosenarten,
Tulpen findet hier der Blick,
Zwischendurch der grüne Garten
Voll Entzücken und Musik.

Kronen reicherblüht und offen,
Knospen voller Blütenmut,
Augen reich an süßem Hoffen,
Herzen fähig tiefer Glut.

All die Blätter rauschen leise,
Und die schönen Kelche glüh'n,
Wiegt des Tanzes Zephirweise
Sie auf ihren Melodie'n.

Bis daß, müde des Entschwebens,
Jedes Blättchen niedersinkt,
Und der heiße Tau des Lebens
Auf der schönen Blume blinkt.

Mädchenzauber

Lose Rose an dem Stocke,
Rings von Düften reich umringt,
Gleicht sie nicht der Purpurglocke,
Die von stiller Lust erklingt?
Ist die Rebe am Geranke,
Das um Stäbe dicht sich schwingt,
Nicht ein fröhlicher Gedanke,
Uns bedeutend: Menschen trinkt?

Doch gepflückt vom grünen Stengel
Und vom Mädchen zugesandt,
Gleicht die Rose einem Engel,
Der den Weg zum Herzen fand;
Und der Wein, im Becher schäumend
Und kredenzt von Mädchenhand,
Wird zur Liebesglut, die träumend
Herzen an einander band.

Mädchenhände, Zauberwaffen,
Die ihr Schönes nur erschließt,
Deren wunderbarem Schaffen
Süßgeheime Lust entsprießt,
Die zu Liebesparadiesen
Alles ihr zu wandeln wißt:
Seid zu tausendmal gepriesen,
Seid zu tausendmal geküßt!

Arabella

Unter Allen, die da seufzten
Auf dem Schloß von Compostella,
War die schmerzvollste der Bräute
Wohl die schöne Arabella.

Allen Jungfrau'n in dem Schlosse
Auf dem Felsen Compostella
Waren ihre Ritter kommen,
Nicht der armen Arabella.

Und von süßen Küssen rauschte
Saal und Schloß von Compostella,
Aber einsam weinend lauschte
Fensterauswärts Arabella.

Lauschte, ob kein Ritter walle
Zu der Burg von Compostella
Hoch zu Roß, im Schild die Farbe
Von der sanften Arabella.

Ob aus jenem Land kein Pilger
Nah' dem Tor von Compostella,
Und vom Liebsten Kunde bringe,
Dessen harret Arabella. —

Sarg und Fackeln sah man gestern
Auf dem Schlosse Compostella,
Und vom hohen Turmesfenster
Blickt wohl nimmer Arabella.

Gott belohne solche Treue,
Wie die war auf Compostella
Gott geb' Jedem solch ein Liebchen,
Wie die schöne Arabella!

Die Kranke

Ein Jüngling noch, an welchem Lust und Leid
Die Zauberkraft mit stetem Wechsel übte,
Geschah es mir, daß ich zur Frühlingszeit
Mich in ein blasses Mädchen ganz verliebte;
Von ihrem Blicke lebt' ich nur, ich hing
Mit sehnsuchtvollem Aug' an ihrem Munde,
Und meiner Wünsche und Gedanken Ring
Umschlang ihr süßes Bild zu jeder Stunde.

Da ward sie krank; — ein trüber Schleier sank,
Aus Schwermut und aus Leiden dicht gewoben,
Auf jene Glieder, die einst schön und schlank,
Bewußtsein ihrer Herrlichkeit gehoben;
Sie siechte hin, das Auge matt und fahl,
Versank allmählig in der Wimper Höhlung,
Woraus sich manche schwere Träne stahl,
Gleich eines Herzens eigner letzter Ölung.

O sie war schön! Der Leiden Marterqual
Verdünnte gleichsam nur des Körpers Grenze,
Damit die Seele mit dem vollen Strahl
Der Geisterschönheit leichter ihn durchglänze;
Sie sprach nicht: und doch lag so wunderbar
In ihrem Wesen und in ihrer Demut
Ein Meer von Worten, jedem Herzen klar,
Ein stilles Evangelium der Wehmut.

O was ich da empfand, und wie mir ward,
Erschien nun der Berater ihrer Schmerzen!
Wie war der Mann so ernst und kalt und hart,
Als läge blutig Eis in seinem Herzen.
Er sah sie an, er fragte viel und viel,
Dann schwieg er, schrieb und schrieb und dachte wieder,
Und Herr des Himmels, auf das Blättchen fiel
Ihm eine unbewachte Träne nieder!

O Träne, die ich nie vergessen kann,
O Tropfen, reich an böser Prophezeihung,
O scheinbar kalter Mann, o armer Mann,
Du ahntest sie, die irdische Befreiung,
Die hier ein größ'rer Arzt vollbringen will,
Und weil der gar so schnell hier eingesprochen,
D'rum ist die Träne, unbewacht und still,
Aus deinem ernsten Auge wohl gebrochen.

Der Vogel

Ich fuhr hinaus aufs Land; der Wagen offen,
Die Seele war es auch,
Und durch den Busen zog von süßem Hoffen
Ein wundersüßer Hauch.

Es grüßten freundlich mich die Blütenzweige,
Als ahnten sie mein Glück,
Und winkten: singe jetzt — und schweige
Kehrst du von ihr zurück.

Da griff ich in des Herzens stille Saiten,
Doch klang es leis' nur nach:
Der Himmel rief mit seinen Herrlichkeiten
Nur stumme Träume wach.

Und sieh, ein Vogel aufgeschreckt vom Neste
Durch Hufschlag und Geroll,
Er flüchtet in des nächsten Baumes Äste
Und birgt sich sorgenvoll.

Doch weiter muß er fliegen, fortgetrieben,
Und angstemporgestört,
Bis ihm der Baum vor'm Fenster meiner Lieben
Ersehnte Ruh' gewährt.

Ich trat zu ihr; des Zimmers traute Stille,
Der Liebe Blick und Kuß,
Sie gaben eine Seligkeitenfülle
Und Glück im Überfluß.

Was wurde da nicht all auf Einem Sitze
Getändelt ohne Ruh,
Die Sonne sah durch Lindenblütenritze
Dem süßen Spiele zu.

Der kleine Vogel aber, der versteckte,
Sang hell dazu sein Lied;
Es war, als ob er unsre Liebe neckte,
Und was er sah verriet.

Und was er da erlauschte, das Geheimnis,
Er trug's im Fluge fort,
Und sang es wohl, der Schwätzer, ohne Säumnis
An manchem andern Ort.

Und lehrt es wohl in seinem Nest die Jungen:
So kam es nach und nach,
Daß nun von unsrer Liebe schon gesungen
Die Vögel auf dem Dach.

Ein Jahr

Vorüber ging ich an einem Haus,
Draus sah ein schönes Mädchen heraus,
Da trat aus dem Tor ein Jüngling vor,
Der grüßte und winkte so glühend empor;
Sein Mund schwieg, doch sein Auge sprach,
Sie aber grüßte und winkte ihm lange nach
Mit banger Sehnsucht, als wollte ihr Blick
Den Scheidenden wieder bringen zurück;
Und auf ihrem blühenden Antlitz, da lag's,
Wie das Abendrot eines seligen Tags.
Da schritt ich sinnend und still und bewegt,
Das Herz von tausend Gefühlen erregt,
Und schlug in leisem Gedankenverlauf,
Das Buch meiner lieben Erinn'rungen auf,
Und seufzte wehmütig und sann:
Wie nur die Liebe beglücken kann!

Und ein Jahr später im neuen Mai,
Da ging ich an demselben Haus vorbei.
Am Balkon stand das Mädchen wie eh',
Doch nicht mehr blühend, blaß wie Schnee;
Das Aug' erloschen in Gram und Schmerz,
Die Wange gebleicht, gebrochen das Herz.
Und wie derselbe Jüngling mit scheuem Tritt
Hinschleichend um die ferne Ecke schritt,
Da sieht sie ihn bebend, sie starrt ihm nach,
Und endlich ein Schrei — ein gellendes Ach!
Sie sinkt zusammen bleich und still,
Wie eine Blume, die sterben will.
Sie sank, vielleicht nie wieder aufzustehn,
In ihrem Jammer noch so engelschön,
Und auf ihrem blassen Antlitz, da lag's,
Wie die Ruhe eines Feiertags. —
Still stand ich da, und seufzte und sann:
Wie tief die Liebe betrüben kann!

Phantasien

1.
Ich wollte von ihr gehn:
Und wie ich so stand im Trennen,
Da fühlt' ich ihren Odem glühend weh'n
Und ihre Lippe die meine brennen.
Ein Blick, der wie ein Feuerstrahl
Durchs Auge in's Herz mir drang,
Ein Kuß, der wie ein Feuermal
Der Sehnsucht auf meine Lippe sank;
Ein Druck der Hand, o nein! weit mehr:
Ein Ringen, ein Pressen, ein Krampf,
Ein ringsumschlingendes Begehr,
Ein liebestürmender Kampf!

"O nein, Geliebter, noch nicht, noch nicht,
Du darfst nicht fort, nein, nein!
Ich halte dich, ich lasse dich nicht,
Ich verschmachte, ich sterbe allein!
Nein, jetzt noch nicht, um Gott und die Welt!
Hab' Mitleid mit deinem Weib',
Das liebend sich dir entgegenstellt,
Bleib, Seele, bei deinem Leib!

Geh nicht, und schleud're als Blitz den Harm
Nicht in mein Herz, daß es zerschellt:
Ist dir nicht wärmer in meinem Arm
Als draußen in der kalten Welt?
— Sie lieben dich nicht, sie sagen es nur,
Ich liebe dich, ich allein,
Dich mehr als Alles, als Gott und Natur,
Als Leben und Seligsein! —
Ich kann es nicht denken, dich gehen zu seh'n,
Nicht fassen, daß du nicht bei mir, —
Gib mir mit deiner Hand des Todes Weh'n,
Doch bleib' bei der Leiche nur hier."

Sie sprach's, nein, sie rast es und weint's,
Und umklammert mich bebend und bang,
Und durch ihre Tränen, da scheint's,
Wie der Verzweiflung zuckender Drang; —
Ich seh' in ihr Auge — o Himmel, hab Dank!
Ich bleibe, ich sinke vor ihr auf's Knie:
Wer mag da von uns Zwei'n
Wohl glücklicher geworden sein? —
Ich oder Sie? —

2.
Du fern, fern von mir, o Pein!
Ich kann es nicht länger ertragen,
Nicht länger kann ich durch Täuschung und Schein
Dies Sehnen des Herzens vertagen.
Fern meinem glühenden Kusse, der still,
Gleich einer heiligen Opferflamme
Auf dem Altare deiner Reize brennen will;
Fern meiner Sehnsucht, die einer Venus gleich
Aus den Wellen deiner Schönheit aufgestiegen,
Sich in deinen Armen, so weiß und weich
Liebetrunken einzuwiegen.
Fern meinem Blick, der wie ein Falk
In deinem blauen Augenhimmel schwebt,
Der von dem Körnlein deiner Liebe
Und von dem Meere deiner Schönheit lebt.
Fern meinem Arm, der wie eine Zauberflechte,
Dich so innig umschlingt und sehnlich,
Und der, einem Zauberreife ähnlich,
Dich ewig an mein Herz fesseln möchte.
Du fern von mir, du dem Gatten das Weib,
Begeisterung dem Dichter, Seele dem Leib, —
Fern von mir, fern, und ich ohne Kunde!
Und ich Ewigkeiten hinbrütend
In einer einzigen ewigen Stunde,
Und ruhlos und klagend und weinend und wütend
Mit Blick und Herzen spähend in die Runde! —
— Wie ich doch so gar nichts von dir weiß,
Als daß ich dich ewig anbeten muß: —
Sieh, die Weste sind gefesselt in deinem Kreis,
Sie geizen und buhlen um deinen Kuß,
Sie können sich deiner Anmut nicht entringen,
Dem Fernen Kunde von dir zu bringen.
Die Sterne, seit sie dich gesehn,
Sind so stille, stumm und bleich,
Und blicken neidisch von den Höhn,
Denn ich Armer, dünke ihnen reich.
So steh' ich verlassen von allen, allein,
Und nirgends Kunde für meine Pein!

O sende sie selbst, sei mitleidig du,
Sende aus der Arche deines Herzens
Die Taube der Erinnerung
An das Gefels meiner Sehnsucht,
Damit sie den grünen Zweig
Der Liebe freudig flatternd
Dir von mir heimbringe;
Damit du gleich fühlend
Die Tränensündflut der Trennung beendest.
Dann magst du landen am Ararat des Glücks,
Deine Wange an meine lehnen,
Und deinen Mund an meinen,
Und das Geflüster unserer Lippen
Soll emporrauschen als Dankgebet,
Und der süße Hauch deines Odems
Soll emporduften als Opferweihrauch;
Und über dies Bild unendlicher Seligkeit
Sei der hellfarbige Regenbogen
Ewiger Liebe und Treue gezogen.

3.
Ich eile fort aus dem lärmenden Schwarm
Zu Hause, zu Hause zu dir,
Und bist du gleich fern und nicht bei mir,
Ruh' ich doch ewig in deinem Arm.
Mein Herz, mein Gedanke, mein Geist, mein Sinn
Liegt an deinem Lilienhals,
Und zieht meine Seele zu dir hin,
So tut's der Körper ebenfalls.
Wie dem Lenze die Erde, der Tonne das Feld,
Wie die Knospe dem blühenden Segen,
Wie der Auferstehung die Totenwelt,
So sehn' ich mich dir entgegen.
Ich muß zu dir, muß bei dir sein,
Einatmen und fühlen dein Leben,
Dein Blick ist wie Tau und Mondenschein
Der Nacht meines Lebens gegeben!
Einlösen kannst nur du allern,
O Mädchen, den Schuldschein des Glückes,
Mit den Lippen und Küssen dein,
Mit den Diamanten deines Blickes.

O lös ihn ein! Der Himmel selbst hat ihn
Mir an dich gestellt,
Weil reicher an Reizen und holdem Sinn
Kein Wesen auf der Welt.
Lös ein, und mit einem einzigen Kuß
Gib so viel Glück Einem Mann,
In dessen göttlichem Überfluß
Sich eine Schöpfung berauschen kann.
Denn was da kommt von dir, von dir,
Sei's Kuß, Blick, Hauch oder Wink,
Es wird zum schaffenden "Werde" in mir,
Es erregt, belebt, erweitert den Ring

Meines Lebens, meines Willens, meiner Kraft:
Es gibt Begeisterung und Stärke,
Und läßt Entschlüsse riesenhaft
Gedeih'n zum vollendeten Werke.
Du des Morgens in meinem Gebete,
Des Tags du mein Handeln und Tun,
Du mein Glück bei des Abends Röte,
Du mein Wunsch zu Nacht, wenn alle ruhn:
Du Stundenmaß meines Lebens,
Das ich nur nach deinen Küssen zähle,
Hafen und Segel meines Strebens,
Himmel meiner Seele!
Hin schreib ich's auf weiche Lilienblätter
Mit zartem Nachtigallenblut,
Auf die finstere Wolke der Wetter
Mit roter Blitzesflammenglut,
Hin schreib ich's in's ewige Buch der Götter
Mit kühnem entschlossenem Mut:

Ich liebe dich ewig!
Und auf dem Lilienblatt das Blut der Nachtigall
Erwacht noch einmal zum Leben und Schall,
Und lispelt nach die Worte
Gleich einem Engelakkorde.
Und in der Wolke die Schrift der Flammen
Zaubert die brausenden Donner zusammen,
Die rufen mit ehernem Echomunde
Hinab in die Welt des Gelübdes Kunde;
Und vor dem Götterbuche mit meinen Zügen,
Da steht ein Engel mit stillem Vergnügen;
Er sieht, er staunt ob meinem Wagen,
Dann lächelt er mild, als wollt' er sagen:
Erfüllst du, wozu du dich hier verbunden,
So hast du auf Erden den Himmel gefunden.

Der Bach

Die Rose sprach
Zum muntern Wiesenbach:
Wie seh' ich mit Freu'n
In deiner klaren Wellen Schein!
Der Bach seufzt: Ach!
Aus seinem Kristallgemach,
Wie seh' ich mit Freu'n
In deine holdseligen Äuglein hinein!

Und blickst du gern
In meiner Äuglein Stern,
Was jagst du fort
Nach ewig weiter Ferne dort?
O bleibe hier,
Wie will ich kosen mit dir
Am heimischen Ort,
Wo glühende Liebe sprießt und flort!

Wär' ich die Luft,
Weht' ich, wo Liebe ruft;
Wär' ich ein Stein,
Läg ich, mein Lieb, vor der Türe dein:
Doch bin ich Bach,
Und muß mein Ungemach
Und alle Pein
Tragen in die öde Ferne hinein. —

Da kam die Maid
Gar inniglich erfreut,
Sah's Röslein blüh'n,
Die strahlende Blumenkönigin;
Mit freudiger Hast
War's Blümlein bald erfaßt,
Die Maid ging hin,
Die Rose im Busen, die Liebe im Sinn.

Der Bach seufzt: Weh!
Und stürzt sich trüb von der Höh';
Doch naht die Zeit
Des Lenzes, wo's Röslein starb durch die Maid
Da schwillt er wild,
Braust zornig durch's Gefild,
Und will sein Leid
Übertäuben durch feindliche Bitterkeit.