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Sprüche
 


Erste Reihe


Da steht ein Baum, vom Blitz berührt,
Doch nieder nicht geschmettert,
Wen just der Weg vorüberführt,
Sieht an ihm, wie's gewettert.
Neugierde kommt und schaut ihn an,
Mitleid bedauert dann und wann,
Doch die nicht helfen und nicht stützen,
Die können Alle ihm nichts nützen.
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Der Araber sagt:
Wer niemals gejagt,
Sich nie der Liebe hingegeben,
Nie bei Musik gefühlt ein Beben,
Und nie die Blumendüfte
Einschärfend prüfte,
Ein Esel mehr
Als Mensch ist der.
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Ein Funke zuckt, doch leuchtet nicht,
Ein Blitz ist Schein, doch noch kein Licht;
Weit ärmer wohl an Poesie
Ein Schwefelfaden ist als die,
Doch in dem Dinge steckt die Kraft,
Die Licht dem ganzen Hause schafft.
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Du klagst, daß manche Nacht
Du ohne Schlaf verbracht, —
Und hast in ihren langen Stunden
So Manches überdacht,
Was in des Tages Pracht
Nie hat Erledigung gefunden.
Verlorner Schlaf, gefund'ner Rat,
Ein guter Handel in der Tat.
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Wer nie besucht die Schule der Not
Und niemals nahgestanden dem Tod,
Der kennt die Selbstbeschränkung nicht
Und nicht des Lebens heilige Pflicht.
Gefahr und Not, sie lehren
Dich Fassung und Entbehren:
Zwei Engel mit dem Schwert,
Die kämpfen dich gelehrt.
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Wenn sich die Toren lärmend zeigen,
So bleibt dem Klugen nur das Schweigen;
Sei lieber stolz und stumm als laut und dumm,
Am End' begreift dich doch das Publikum.
><
Schwer ist's Vielen recht zu machen,
Und dann gibt es Leut' und Sachen,
Denen man es recht nicht machen will;
Was die Einen unterstützen,
Kann den Andern wenig nützen,
Dieser fördert, der verwirft die Bill;
Endlich kommt die eigne Ehre,
Und die sagt: das Beste wäre,
Schwiegst du in Betracht der Dinge still.

Zweite Reihe

Denkst du, daß vor Edens Tor
Löwen wachend liegen,
Lern' hienieden du zuvor
Löwen schon besiegen.
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Stürmt der Feind in deine Ruh,
Sei ein Blitz, durch Wolken zischend,
Fiel der Feind, sei Wolke du,
Lechzendes Gefild' erfrischend.
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Steigt zu Berge der Gerechte,
Heb' er hoch zum Herrn die Rechte,
Und im Tale senk' er nieder
Segnend sie auf's Haupt der Brüder.
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Wenn, wo Zuckerrohr gestanden,
Du gemeines Schilf nun bau'st,
Ist die Hoffnung nie vorhanden,
Daß du edle Früchte schau'st.
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Muß von wilder Tiere Bissen
Ich erdulden Todespein,
Will vom Tiger ich zerrissen,
Nicht vom Wolf gefressen sein.
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Denk' vom Armen nicht zu klein,
Funken ruhn im Kieselstein
Und durchblitzen oft die Nacht,
Reicher, sei vielmehr der Stahl,
Lock' aus jedem Stein den Strahl,
Der das Dunkel weichen macht.
><
In Herzen gut und rein
Soll deine Heimat sein:
Die Nachtigall baut auch
Ihr Nest im Rosenstrauch.
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Der tief vor dir sich krümmt,
Dem sieh doch auf die Hand,
Sie greift vielleicht nach Sand,
Der für dein Aug' bestimmt.
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Weil den Rubin am Ort
Zu finden du begehrt,
Wirf den Kristall nicht fort,
Der hat auch seinen Wert.
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Besucht als Arzt dein Gegner dich,
So bist und bleibst du siech;
Machst du den Feind zu deinem Koch
Und stirbst, wen wundert's noch?
><
Mit Glück und mit Verwegenheit
Läßt Manches sich bestreiten,
Das Ruder der Gelegenheit
Doch laß dir nie entgleiten.
><
Blau gibt des Baches Blick
Des Himmels Glanz zurück
Und schwarz der Wolken Trübe.
Auch du so allezeit
Wahrheit und Offenheit
An Freund und Feinden übe.
><
Wahrheitspfeile für die Herzen
Tauch' vorerst in Honig ein;
Gott auch taucht den Pfeil der Schmerzen
Für dein Herz in Balsam ein.
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Selbst des Riesen Ferse sinkt,
Tritt er in die Fallengrube,
Die mit boshaftem Instinkt
Ausgehöhlt ein böser Bube.
><
An des Glückes Palme, sieh,
Wächst des Stolzes Dattel;
In des Reichtums Sattel
Wiegt Bescheidenheit sich nie.
><
Laß den süßen Krug,
Den verboten dir zu leeren:
Besser keinen Zug
Als ein schmerzliches Entbehren.
><
In der Wüste, Mensch, o faste,
In Oasen iß und raste;
Dort ist Beten dir ein Drang,
Hier vergesse nicht den Dank.
><
Unter'm Kleid das Hemd,
Unter'm Hemd die Haut,
Unter ihr die Sünde: —
Kern so faul und fremd,
Den ich da umbaut
Mit drei Hülsen finde.
><
Geschwätzig ist das Glück,
Es lacht mit Toren gern,
Und bleibt dem ernsten Blick
Des stillen Weisen fern.
><
Wenn wie ein gläsern Haus
Die Welt dir deuchte,
Geh du als Sonne aus,
Die es durchleuchte.
><
Schüttle nach Lust am Halme,
Der deinem Feld entsprießt,
Nicht an der Kokospalme,
Weil sonst dein Haupt es büßt.
><
Es ging ein Narr zum Schach
Und wurde rasch sein Großwesir,
Ein Weiser kam hernach
Und büßte mit dem Tod dafür.
><
Im Nachen fährst du her
Und meinst, du sei'st ein Schwimmer:
Erst wirf dich in das Meer,
Sonst glauben wir es nimmer.
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Täglich trinkst du süßen Sekt,
Braten nährt dich und Konfekt,
Und du glaubst, die Welt sie preist es,
Die dich aber rühmen muß,
Bietest du ihr den Genuß
Süßer Speise deines Geistes.
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Tau ist in der Wüste mehr
Als die Perle dein Begehr —
Und die saftige Dattelfrucht
Mehr als der Demant gesucht.
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Wie des Tee's nutzreiche Pflanze,
So erweise dich, o Mann,
Rühmt doch alle Welt die ganze —
Blüt' und Blätter gleich daran.
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Hinter dir die schwanke Brücke, —
Dank' erst Gott in deinem Glücke,
Dann dem Meister, der sie schlug,
Daß sie deine Last ertrug.
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Sag', was bringt es dir für Segen,
Wenn dein Eisen nur erglüht?
Auf den Amboß es zu legen
Und zu schmieden sei bemüht.
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Knete dir ein Brot aus Mais,
Fehlt's zu Kuchen dir an Weizen;
Aber kannst du ernten Reis,
Sollst du nicht um Hirsen geizen.
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Sieh, der Faden milder Güte
Zieht an dem Gemüte
Stärker allezeit
Als das Tau der Unbarmherzigkeit.
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Deiner Zunge, Mann,
Sei du ein Tyrann,
Doch Wohltäter sei
Deinem Ohr dabei.
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Ein Vorsatz ohne Tat,
Ein unbefolgter Rat,
Ein Obstbaum ohne Frucht,
Ist Alles schlechte Zucht.
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Wenn's in der Scheide ruht, so schreckt
Die Feigen nicht dein Schwert,
Und Gold, das noch im Berge steckt,
Hat weder Glanz noch Wert.
><
Der Wein, der dich mit Mut
Zur großen Tat befeuert,
Ist nicht das Traubenblut,
Dem der Prophet gesteuert.
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Vom Speicher schleppt die Maus
Im Jahr den Proviant,
Den dann als Tagesschmaus
Verzehrt der Elephant.
><
Wenn zu des Bettlers Hütte
Der Sultan wendet sich,
Denkt er: In ihrer Mitte
Steht wohl kein Thron für mich.