weiter
 

III.
Aus der Ferne

 

In's Meer
Sonnenuntergang
Ruhetag
Zur See
Die Lampe

 
Süßes Nichtstun
An Hellas

 

In's Meer


Wo fern verhallt der Erde Schmerz,
Wo Sturm und Woge sich befehden,
Zu dir allein nur Sterne reden,
Hinaus zur See, bewegtes Herz!

Sie ebbt und flutet, hat nicht Ruh,
Sie treibt's wie Sehnsucht in die Ferne,
Sie trägt an ihrer Brust die Sterne,
Und stürmt dann wieder, so wie du!

Sie aber pulst und wogt nicht aus
Und trägt an ihrer Brust nicht Spuren
Von Stürmen, die vorüberfuhren,
Das hast nur du, mein Herz voraus!

Sonnenuntergang

Die Sonne ist herabgefallen,
Die gold'ne Kugel auf das Meer;
Die blauen Wogenriesen wallen
Um's helle Spielzeug lustig her.

Und rollen sie auf ihrem Rücken,
Und werfen sie hinab, hinauf,
Und fangen, rot ganz vor Entzücken,
Sie wieder mit dem Nacken auf.

Ein Riese, ungelenk im Fangen,
Denn fällt sie in des Meeres Schacht,
Die andern, zürnend mit dem Rangen,
Zieh'n finster grollend durch die Nacht.

Ruhetag

Das Meer liegt glatt und atmet kaum
In heißer Sonnenglut,
Nur meine Barke weckt den Schaum
Der bläulich hellen Flut.

Sonst ist es still, kein Windeshauch,
Kein ferner Ruderschlag;
Denn Wind und Wellen feiern auch
Der Ruhe heil'gen Tag.

Vom Felseneiland bläulich fern
Schaut still ein Kirchlein her,
Das kündet jetzt den Dienst des Herrn
Mit Glockenklang in's Meer.

In seinem Kahn der Fischer kniet
In frommer Andachtsruh,
Des Meeres fromme Welle zieht
Dem Felseneiland zu.

Der Kahn, den jetzt kein Ruder schwenkt,
Der folgt demselben Drang,
Die Wolke selbst zum Felsen lenkt —
Tut das im Meer der Klang?

Zur See

Die Flagge weht, die Woge braust,
Wie bin ich wieder unbehaust!

So frei, so frei im Wogenschwall,
Des Herzens Pol das weite All.

So möcht' ich steuern fort und fort,
Ein See-Nomade ohne Port.

Das Segel nur mein wandelnd Zelt,
Das über mir der Sturmwind hält.

Hinfahrend ohne alle Spur,
Die Sterne zu Gefährten nur.

Ah, Woge, stürme, brause zu,
So ist mein Herz; bewegte Ruh.

Was kümmert's mich, daß es zerschellt
Im uferlosen Meer der Welt.

Dich lieb' ich, Woge! kalt doch klar,
Bewegt doch ruhig, uns so wahr!

Die Erde gleißt, nur wahr bist du,
Sie deckt mit Blumen Gräber zu,

Dich schreckt nicht Sturm, nicht Untergang,
Du sagst mir: "Komm, wenn dir nicht bang."

Du, Wolke, ich und Welt und Stern,
Wir münden doch in's Herz des Herrn.

Die Lampe

Mit Öl gefüllt nach zweimaltausend Jahren,
Du Lampe aus Pompeji, brennst du wieder.
Wem sandtest einst du deine Strahlen nieder,
Als Göttern noch geweiht Altäre waren?

Sahst du die Braut mit holdgelösten Haaren
Und schleierlos die wonnereichen Glieder?
Bei deinen Strahlen sann ein Dichter Lieder,
Ein Feldherr Pläne gegen die Barbaren?

Brach sich das Licht von dir an Kerkerwänden,
Warst du mit dunklen Taten gar im Bunde,
Hast du geflammt in der Vestalin Händen?

Nun dienst du mir, der in der Weisen Kunde
Still forscht in pergament'nen Foliobänden
Zu dieser heilig mitternächt'gen Stunde.

Süßes Nichtstun

Aller Sorgen leicht entbunden,
Lieg' ich hingestreckt im Moose,
Ungezählt entflieh'n die Stunden,
Gleich den Düften einer Rose.

Glühende Orangen hängen
Sonnenmüd vom Baum herunter,
Vögel ruhen mit Gesängen,
Selbst der Bach, er rauscht nicht munter.

Faul sich dehnend schlingt die Rebe
Sich vom Stamme hin zum Stamme,
In dem grünenden Gewebe
Kocht des Weines süße Flamme.

Und in heißer Sonnenhelle
Liegt des Meeres blaue Fläche
Ohne Rauschen, selbst die Welle
Träge ist sie zum Gespräche.

Bläulich war der Himmelsbogen
Und nun ist er rot geworden,
Wolken kommen angezogen
Mit gemalten bunten Borden;

Und es treten goldne Sterne
Über mir in dunkle Räume;
Alle Bilder, nah und ferne,
Sind sie wirklich, sind sie Träume?

An Hellas

Glanzvolles Kolonos!
Ein Fremdling hab' ich pilgernd dich erreicht,
Wo schlummerlos Kephyssos Woge schleicht,
Und bläulich grün die Ölbaum-Waldung sproß.

Hier weilten Musen gern,
Und lenkte Aphrodite ihr Gespann;
Hier saß dein edler Dichter sang und sann
Bei Nachtigallenliedern nah und fern.

Nicht Krokos gold'ner Glanz,
Es sind dir die Narzissen nicht geraubt;
Wo aber ist der Göttin blondes Haupt,
Es zu umwinden mit dem blauen Kranz?

Roßprangend Land!
Dein edelster, dein Weltruhm jagt nicht mehr
Mähnenumflattert, stolz auf dir einher,
Poseidon's mutiges Geschenk verschwand.

Der Berge Schönheit nur,
Dir blieb das glorreich aufgerollte Meer,
Und d'rauf der Schiffe leicht beschwingtes Heer,
Dir blieb des Himmels strahlender Azur!

Dein ist der Mythe Glanz,
Dein der zerbroch'nen Tempel Säulenschaft;
Und größer sind sie noch, ruinenhaft,
Als Alles, was auf Erden prunkt als ganz.

Und deiner Söhne Mut,
Vergaß er, was die Thermopylen sind?
O, jede Blume sprießt, gewiegt von Wind,
Aus dem für Freiheit hier vergoss'nen Blut.

Es steigt sichtbarer Duft
Aus solchen Blumen in der Sommernacht,
Von bleichen Funken eine weiße Pracht,
An Geister mahnt sie, ruhend in der Gruft.

Neuhellas! als dein Sohn
Sank in des Hades Finsternis,
Die Helden grüßten ihn von Salamis,
Als ebenbürtig die von Marathon.

Und kommen wirst du einst,
Ein Held, wie Hellas schon ihn hat geseh'n,
Der du, die jetzt getrennt, sich ferne steh'n,
Zu einem glorreich großen Volk vereinst.

Wie tausend Adler wird
Das Volk die Flügel dehnen seiner Macht —
Mit in Byzanz versunk'ner Kronenpracht:
Wird mut'ger Held dein edles Haupt geziert.