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II.
Liebeslieder

 

Am Traunsee
Blumenweise
Selbstsegnung
Ich liebe dich
Liebes Wandern
Mahnung
Der Odaliske Gebet
Erzähle mir
Die Einsame
Begegnen
Unausgesprochen
Das wäre Leben

Magnete
Flieh
Verstimmung
Elegie
Witwe der Freude
Bündnis
Verblüht
Erinnerung
An Eine
Rede nicht

Der steinerne Gast
Verschwenderin
Beichte
An eine Kokette
Entsage
Späte Botschaft
Lebensscheide
Phosphoreszenz
Schnee

 

Am Traunsee
An Paula

Nieder ging die Sonne, es glüh'n im Purpur die Alpen,
Und im Abendwind wiegt sich der rauschende See.
Auf bewaldetem Pfad zieht einsam der träumende Sänger,
Mischt in der Wellen Gesang rhythmische Strophen des Lied's.
Ob sie der Adler vernimmt, der dunkel im Äther dahinschwebt?
Hört sie der brausende See? oder verweht sie der Wind?
Aufhorcht vielleicht nachsingend die Alpensee in den Bergen,
Die, wiederholend das Lied, leise verhallen es läßt —
Schatten fließen empor, die purpurgoldenen Flammen
Löscht der Abendwind aus, mächtiger atmet der See.
Finster steht der Wald, und aus zeriss'nem Gewölke
Schauen leuchtend, doch kalt, flackernd die Sterne herab.
Einsam fühlt sich der Sänger in der erhabenen Bergwelt,
Welche anteillos Schauer der Seele ihm weckt!
Und zur Heimat lenkt er den Schritt, wo am traulichen Herde
Widerhallend ein Herz, liebend, geliebt, ihn begrüßt.


Blumenweise

Stürmische Worte sprach ich zu dir
Von Glut und Sehnsuchtsschmerzen;
Gesenkten Hauptes lagst du mir
Bewegt am bewegten Herzen.

Wenn über sie der Sturmwind fährt,
Die Lilie hört es schweigend,
Was sie erschüttert und verklärt,
Sich hold in Demut neigend.


Selbstsegnung

Ein schönes Kind mit rote Wangen,
Mit schön gelockten schwarzen Haaren,
Mit dunkler Augen hellem Prangen,
So sah ich dich vor vielen Jahren.

Du spieltest froh mit andern Kleinen,
Ich mußte, wie du warst, dich segnen,
Und pries im Herzen still den Einen,
Dem du in Liebe wirst begegnen.

Nicht ahnt' ich, daß ich selbst mich preise,
Daß ich gesegnet mir zum Segen:
Des Busens Knospen reiften leise
Zu weißen Rosen mir entgegen.

Ich ahnte nicht, daß mir die Augen
Die stillen Gluten vorbereiten,
Bis Lippen sich in Lippen saugen
Für atemlose Seligkeiten.

Ich liebe dich

Du stand'st mit mir hoch oben,
Von Rebenlaub umwoben.

Auf Waldeshügeln ruhten
Die roten Abendgluten.

Im Tale, tief geschieden,
Das Dorf mit seinem Frieden.

Rauchsäulen, blaue, stiegen,
Im Herbsthauch sich zu wiegen.

Ein Glöcklein fing an, Segen
Auf Berg und Tal zu legen.

Der Klang, so hell und erzen,
Bewegt' auch uns're Herzen,

Sie fingen an zu schwingen,
Von Sehnsucht tief zu klingen,

Bis mächtig angezogen,
Sie an einander flogen,

Und du bei ihrem Pochen
"Ich liebe dich" gesprochen.

Traumseliges Empfinden
Ließ mich nicht Antwort finden:

Ich hab', von dir umschlungen,
Zum Kuß dich nur gezwungen,

Und alles Glück zusammen
Gepreßt in seine Flammen.

Indes war still vergangen
Der Abendröte Prangen;

Vom Turm hat, sanft geschwungen,
Das Glöcklein ausgeklungen.

Vom dunklen Hügel nieder
Wir gingen schweigend wieder,

Mit Purpur auf den Wangen,
Und uns're Herzen klangen.

Liebes Wandern

O welch ein liebes Wandern
Mit einem schönen Kind,
Von einem Tal zum andern,
Durch Wälder und durch Wind.

Bald seliges Umfassen,
Dann stummes Weitergeh'n,
Gedanken schwärmen lassen,
Sich in die Augen seh'n.

Es musizieren heiter
Die Vögel im Geäst —
Die Alten denken weiter
Und bauen schon ein Nest.

Die Wolken zieh'n geschäftig
Zu langem Zug gedehnt,
Wo sich die Erde kräftig
Nach ihrem Segen sehnt.

Bach unter Laubgehange
Möcht' nicht gesehen sein,
Der Waldsee harrt schon lange
Auf's süße Stelldichein.

Die Blumen wiegen selig
Den jungfräulichen Leib,
Der Schmetterling fein wählig
Küßt manche sich zum Weib.

Laß Liebchen unter Bäumen
Uns kosend hier auch ruh'n.
Sieh', Alles hat mit Träumen,
Mit Lieb' und Lust zu tun.

Das ist ein Tun, ein Küssen
In Feld und Wald und Strauch:
Ei, Liebchen, komm', wir müssen
Ein Beispiel nehmen auch!

Mahnung

Dieser Stunden Seligkeit
Trinke kühn mit durst'gem Munde,
Nimm sie auf die schöne Zeit
In dem tiefsten Seelengrunde.

Nah an Wonne grenzt das Leid
Sollten Wandlung wir erfahren,
Tröstet uns die schöne Zeit,
Wo wir einst so glücklich waren!

Der Odaliske Gebet

Du ließest, Herr! mich schön und blühend werden,
Aus meinem Spiegel glänzt ein schlankes Weib,
Du schmücktest mich mit lieblichen Gebärden,
Mit schwellend süßem Reiz den jungen Leib.

Du gabst das Finst're deiner Nacht den Haaren,
Den Sternenglanz in meiner Augen Nacht,
Des Busens weißen Rosen zu bewahren
Gabst du der Liebe Duft und stille Macht.

Aus weißem Schnee hast du den Arm geründet,
Geschwellt mit roter Glut die Lippen mir,
Hast in der Seele Geist mir angezündet;
Du gabst so viel, o Herr! ich danke dir.

Ich danke dir, daß ich mit stolzem Geize
Des Leibes holde Schönheit keusch gespart,
Bis daß der kühne Herr kam meiner Reize,
Des ich in Liebe voller Demut ward.

Ich danke dir für diesen Schnee der Glieder,
Für dieses Auges und der Lippen Pracht,
Für all' die Gluten, wogend auf und nieder,
Ich danke dir, weil's ihn so glücklich macht.

Erzähle mir

Erzähle mir.
Geflüchtet aus des Tages Lärmen,
Erfüllt von Sehnsucht nur nach dir,
Ich komme, Kind, mit dir zu schwärmen.

Erzähle mir.
In deiner Locken dunklem Schleier,
An deinem Busen ruh' ich hier
Und atme wieder froh und freier.

Erzähle mir,
Was dich als Ahnung heut' durchschauert,
Und als Gebet und Sehnsucht dir
Die Brust durchjubelt und durchtrauert?

Erzähle mir:
Hast du den Himmel dir betrachtet?
Und "schöner glänzt", gedacht bei dir,
"Mein Auge, wenn es zärtlich schmachtet."

Erzähle mir,
Wenn du gehört ein Lied erklingen,
Hast du nicht stolz gedacht bei dir:
"Mein Liebling kann noch schön're singen?"

Erzähle mir,
Ergriff dich niemals noch Entzücken,
Daß Geist dir ward, der Schönheit Zier,
Weil beide mich so süß beglücken?

Erzähle mir!
"Du küssest nur, mein Kind. Erzähle!"
""Erzähl' ich nicht im Kusse dir
Die Weltgeschichte meiner Seele?""

Erzähle mir!
Und ende nimmer die Erzählung:
Wie selig, weltvergessen wir
Uns freu'n in inniger Vermählung.
Erzähle mir!

Die Einsame

Ich bin allein, und trüb und trüber
Hüllt sich die Seele mir in Leid,
Nur dunkle Wolken zieh'n vorüber
An meiner bangen Einsamkeit.

Ihr stummen Wand'rer in den Lüften,
Mitleidvoll dunkel schaut ihr her,
Nahmt Abschied ihr in Heimatklüften
Von schwesterlichen Quellen schwer?

Hat euch der Strahl geliebt, die Wangen
Gefärbt euch rosenrot und schön?
Nun ist er treulos fortgegangen,
Und einsam zieht ihr auf den Höh'n.

O könnte mir wie euch geschehen,
Bald enden eure bangen Weh'n;
Ihr könnt doch weinen und vergehen,
So heftig weinen und vergeh'n.

Begegnen

Es zieht den hellen Strom hinüber,
Ein holdes Mägdlein sitzt im Kahn,
Ein Wand'rer träumt ihr gegenüber,
Ihr Antlitz glüht, sieht er sie an.

Sie wagt den Blick nicht aufzuschlagen,
Schaut nur sein Bild an in der Flut,
Und etwas traulich ihr zu sagen,
Fehlt ihm das Wort, fehlt ihm der Mut.

Das Ruder schlägt, die Wellen schäumen,
Den Himmel färbt das Abendrot,
Und Friede weht aus allen Räumen,
Und an das Ufer stößt das Boot.

Sie zieh'n getrennt jetzt durch die Fluren,
Im Busen ew'ge Sehnsucht, hin,
Zwei Seelen, die mitsammen fuhren,
Die sich erkannt, sich ewig flieh'n.

Unausgesprochen

Du kannst mir Alles sagen,
Geliebter! Du hast's gut,
Ich muß verschwiegen tragen,
Was mir im Herzen ruht.

Und wenn ich Worte finde,
Zur Hälfte künden sie,
Was innen ich empfinde,
Der Seele Tiefstes nie.

So sollst du stets nur ahnen,
Wie ganz ich dir geweiht,
Und mein Verstummen mahnen
Dich an Unendlichkeit.

Das wäre Leben

Mit dir zu sein
Auf einer Alpe, rings umgeben
Von der Gebirge blauen Reih'n
Allein mit dir, das wäre Leben!

Bei Morgenpracht
Mit dir in tiefe Täler schauen,
Wenn unten noch die Nebelschlacht
Die Eb'ne füllt mit kaltem Grauen.

Wir hörten dann
Bergmesse bei dem lauten Fels,
Der wie ein brauner Kuttenmann
Uns predigt mit dem Laut des Quells.

Mit dir allein
Die Brust im reinen Äther baden,
Wo fern uns ist der Menschen Pein,
Zu uns sich nur die Stürme laden.

Wir sähen zu,
Wie Abendrot und gold'ne Sterne
Und Alpenduft und stille Ruh'
Sich leise lagern nah' und ferne.

Und angelehnt
An deinen Busen, deine Lippen,
Ach, wie mein Herz sich sehnt, sich sehnt,
Den Trunk der Seligkeit zu nippen.

Dann träumten wir
Von Duft und Sturm und Liebe trunken,
Im freien Alpeneden hier
Uns schweigend an das Herz gesunken.

Magnete

Du saßest still und lieblich vorgebogen,
Das holde Haupt madonnenhaft gesenkt,
Erinn'rungsvolle Wehmut war verflogen,
Die gerne sonst aus deinen Zügen denkt;
Und lauschend, ernst der Brauen Paar gezogen,
Hast du dem Dichter Blick und Ohr geschenkt,
Und sinnend folgtest du mit inn'rer Regung
Des Dichtertraums phantastischer Bewegung;

Er zog vorbei — es spielte auf den Wangen,
In deinem feuchten Aug' sein Widerschein,
Von keinem Laut die schönen Lippen klangen,
Doch süß erschüttert sah ich all' dein Sein;
Da hab ich deinen schlanken Leib umfangen,
Ich fragte nicht — und du — du sprachst nicht nein.
Magnetisch, selig flogen wir zusammen
Und standen in des Kusses süßen Flammen!

Flieh

Ich saß bei dir und las dir Lieder,
Wie ward dein Antlitz aufhorchsam,
Dein Busen wogte auf und nieder,
In's Auge dir die Träne kam.

Du lauschtest tief, ich schwieg schon lange,
Wohin hat sich dein Geist verirrt?
Und wie erwacht aus Träumen bange,
Sahst du zu mir empor verwirrt.

Du hörtest nur den Laut der Rede,
Melodisch wiegte sich der Klang,
Schon schmiegt sich, wie der Schwan an Lede,
An deine Seele mein Gesang.

Flieh! Wie der Stein der Bolognesen,
Der Lichtmagnet, in Flammen blüht,
So leuchtet auch mein ganzes Wesen,
Von Frauenschönheit angeglüht.

Das Wort wird kühn, phantastisch leuchten
Gedanken um mein Angesicht,
In Reue wird sich bald befeuchten
Dein schönes Auge, fliehst du nicht.

Mich reißt es zu des Ruhmes Fahnen,
In des Gedankens weite Bucht,
Ein Herz voll Glut und Himmelsahnen
Hält mich nicht fest auf meiner Flucht.

Was einem Andern das Entzücken
Vielleicht vom ganzen Dasein ward,
Ich mag die Blume stürmisch pflücken
Bei flüchtiger Vorüberfahrt.

Verstimmung

Wie ist mein Frohsinn plötzlich fort
Und aller Unmut losgebrochen,
Ein einzig, leise treffend Wort
Hast du, im Scherze fast, gesprochen.

Du grämst dich nun in deinem Schmerz
Und fragst: Wie konnt' es auch? dich leise.
Mein holdes Kind, es hat das Herz
Im Menschen des Magnetes Weise:

Geduldig trägt er Eisenlast,
Und Glieder hängen sich an Glieder —
Noch Ein's, unscheinbar dünkt dir's fast,
Und plötzlich sinken alle nieder.

Ihm aber ist die Kraft geraubt,
Lang wirst den alten Zug du missen;
Dein Wort, das du so leicht geglaubt,
Hat vieles And're mitgerissen!

Elegie

So plötzlich tot! Vor Tagen glühte
In frischer Jugend noch ihr Blut!
Und was in ihrem Herzen blühte,
Es sprach aus ihrer Augen Glut.

So jung! und schwarze Schollen wälzen
Erbarmungslos sie auf ihr Grab,
Die ihres Busens Schnee zu schmelzen
Erlaubnis meinen Gluten gab.

Den Kuß ist schuldig sie geblieben,
Den mir der rote Mund versprach,
Die Phantasie eilt fortgetrieben
Ihr in die Gräberwelt jetzt nach;

Schmiegt an die marmorkalten Wangen
Sich wie Pygmalion einst an
Und meint, ihr glühendes Verlangen
Belebe sie, in ihrem Wahn.

Sie aber ruht, im Angesichte
Des Todes kalte Majestät,
Und anteillos macht sie zu zunichte,
Was heiß und irdisch mich durchweht.

Ich weiß, wenn ich sie auch besessen,
Ein wilder Dämon wohnt in mir,
Ich hätte wieder sie vergessen,
Wie manche And're schon vor ihr.

Doch weil sie tot, folgt ihr gefangen
Noch in die Gruft mein flücht'ger Geist,
Und Schmerz und Zorn färbt mir die Wangen,
Daß mich's zu ihr hinunter reißt.

Weh mir! den keine Lebensrote
Für lang zu fesseln noch verstand,
Jetzt hält mich wehrlos eine Tote
Mit ihrer kalten Grabeshand.

Witwe der Freude

Was willst du, Weib, mit deinen bleichen Mienen,
An meine Fersen heftest du den Schritt?
Witwe der Freude, hat es dir geschienen,
Ich fühlte kundig deine Leiden mit?

Weil sich mein Auge forschend in das deine
Versenkt und schwer und lange auf dir ruht?
Weil mir das Antlitz glänzt von Wehmutscheine,
Ahnst du in mir verwandte Nacht und Glut?

Ich aß wie du von jener Frucht, die Sage
Läßt sie erglüh'n in purpurgold'nem Duft,
Doch dem Genießenden zur ew'gen Klage
Birgt Asche sie und Vorgeschmack der Gruft.

Du kennst den Reiz der unglücksel'gen Wonne,
Die süßes Rasen in die Seele flößt,
Und weißt, daß mit dem Wechsel einer Sonne
Ein Seelenbund, der ewig schien, sich löst.

Geh' hin — ich spreche nach dir einen Segen,
Das Beste, was Natur dem Weibe gibt:
Sie möge an das Herz ein Kind dir legen,
Du hast umsonst auf Erden sonst geliebt.

Knie' an der Wiege eines Kindes nieder,
Ein glückliches Erinnern kommt dir dann
An längst vergess'ne Seligkeiten wieder:
Wie Menschenantlitz weint und lächeln kann!

Bündnis

Ich warnte dich, und willst du doch es wagen?
Ich warnte, Mädchen, dich, du willst? Es sei!
Und wenn es ausgeglüht, mußt' du nicht klagen,
Man liebt, weil er vergänglich ist, den Mai.

Ein schlanker Zweig, sein Antlitz eine Rose,
Neigst du zu mir, der flücht'gen Welle, dich,
Am Busen trägt dich sanft die ruhelose,
Du träumst von ewig einen Traum, sie wich.

Und wenn sie dir gleich wurzelte und bliebe,
Dich faßte dann der Welle schwanker Brauch;
Weil sie beweglich war, gabst du ihr Liebe —
Zürnst du dem flieh'nden Traum, dem Klang, dem Hauch?

Verblüht

Als die Knospen sprangen,
Schwur ich Liebe dir,
Deine Lippen sangen
Gegenliebe mir.

Als der Rose Blüten
Welk gefallen sind,
In uns auch verglühten
Die Gefühle, Kind,

Aus zwei Herzenssonnen
Fröhlich aufgeloht,
Mit dem Lenz begonnen,
Mit dem Lenze tot!

Erinnerung

Im Schutt versunk'ner Tage
Wühlt die Erinnerung
Sieht wieder Lust und Klage
Der Zeit, da ich noch jung.

Ich kenne sie kaum wieder,
Die Bilder alter Zeit,
Ich schaue auf sie nieder,
Doch ohne Lust und Leid.

Ihr Bild nur seh' ich schimmern,
Das hebt sich klar und mild,
So wie aus Tempeltrümmern
Ein weißes Götterbild.

An Eine

Du blickst so traurig, holdes Kind,
Aus schwarzen Augensternen;
Aus ihnen kann ich lernen,
Wie dunkel deines Geist's Gedanken sind.

Was deine Brust schon lang verließ,
Es blickt so bang aus ihnen,
Aus deinen ernsten Mienen
Der Unschuld längst verlor'nes Paradies.

Du scheinest, blickst du himmelwärts,
Es bang zurückzufordern,
Mit dir in Glut zu lodern
Fehlt mir der Mut, du lenzverlass'nes Herz.

Rede nicht

Rede nicht,
Wenn ich mich in Träumen wiege,
Worte sind zu kalt, zu schlicht —
Künden, wenn ich dich umschmiege,
Worte, was die Seele spricht?

Rede nicht.
An die Nacht von meinen Haaren
Lehne deiner Wangen Licht,
Mir den Glauben zu bewahren:
Dunkle Nacht begrenzet Licht.

Rede nicht.
Lege deines Mundes Rose
Weich mir auf das Angesicht,
Daß ein Traum von Lenzgekose
Schmeichelnd zu der Seele spricht.

Rede nicht.
Schaue mit dem Aug', dem blauen,
In mein dunkles Augenlicht,
Und in mir erwacht Vertrauen:
Märchen sei der Himmel nicht.

Rede nicht.
Schlinge nur die Zauberkreise
Deiner Arme um mich dicht,
Daß Unendlichkeit mir leise
Klingend in die Seele bricht.

Der steinerne Gast

An deine Brust gesunken
In süßer Seligkeit,
Von deinem Kusse trunken,
Anweht mich tiefes Leid.

Wo bist du, des Genusses
Gedankenlose Zeit?
Jetzt mahnt im Rausch des Kusses
Mich Todesbangigkeit.

Bei süßem Wonnetranke
In deiner Arme Rast,
Winkt starr mir der Gedanke,
Ein steinern kalter Gast.

Verschwenderin

Du bist an Geist und süßen Reizen hold,
In ihren Perlen wühle ich zu Zeiten
Und zürne nicht, daß an dem Fadengold
Der Treue nimmer sie die Götter reihten.

Du schönes Kind, so gut und doch so arm,
Mit deinem Zauber, deinen süßen Reizen,
Treu der Natur, die dich erschuf so warm,
Hast du verschmäht, mit ihnen klug zu geizen.

So taumle fort in deiner Seligkeit,
Beglücke nur, indes ich dankbar bete:
Daß mitleidvoll noch in der Jugendzeit
Der Tod in einem Kusse zu dir trete.

Beichte

Du Gott! mein Herr! dir sei es angekündigt,
Dein dunkler Priester sagt: "Ich hab' gesündigt".

Ich flüchte, Herr! zu deinen lichten Gnaden,
Du wirst die bange Seele mir entladen.

Die Blume knospt in tief geheimer Fülle,
Der Frühling weht, sie sprengt die enge Hülle.

Stumm lebt im Winterfrost die Philomele,
Wenn Frühling kommt, singt plötzlich ihre Seele.

Die Quelle harrt des Aufersteh'ns mit Beben,
Der Frühling taut das Eis, sie grüßt das Leben.

Der Schmetterling, so traurig eingesponnen,
Geweckt von ihnen, grüßt die Frühlingswonnen.

So hat mein Herz es selig überkommen,
Als es den Ruf der Liebe hat vernommen.

Du hast's gewollt, o Herr! du wirst's vergeben,
Die Seele blüht und singt und küßt das Leben.

Von deinen Priestern auch, die Besten sind's auf Erden,
Von Lenz und Lieb' wird ihr Entsühnung werden!

An eine Kokette

Du willst ein Lied? Du töricht Kind!
Hast du im Leben schon gesehen,
Daß Funken ohne Brand entstehen,
Daß Lieder kalt entsprungen sind?

Nie hat dein Aug' mich angeschaut
Mit jenem heißen, tiefen Blicke,
Der wandeln könnte die Geschicke
Von zweien Seelen liebvertraut.

Hast du gezittert, wenn ich kam,
Und färbte höher sich die Wange,
Sprachst du in übersel'gem Drange,
Ergriff beim Scheiden dich ein Gram?

Du willst ein Lied? Wozu der Trug,
Was kann ein Lied dir auch bedeuten?
Zu dem Genuß der Seligkeiten,
Die es besingt, bist du zu klug.

Du willst von Liebe nicht ein Lied,
Du willst ein Lied vom Leben hören,
Den losgeriss'nen Klang von Chören,
Der Rätsel spinnend, lösend zieht.

Was menschlich echt, begreifst du nie;
Den Inhalt lebensvoller Stunden,
Du hast ihn kalt nur vorempfunden
Mit deiner Mädchenphantasie.

Lass' erst beleben sich dein Herz,
Lass' Sturm und Wonnen es durchwühlen:
Dann sing' ich dir, dann wirst du's fühlen,
Ein Lied von Glück, ein Lied von Schmerz!

Entsage

Noch immer, wenn ich lag in Rosenfesseln,
Das Glück der Freiheit konnt' ich nicht vergessen,
Mich lockte nichts, was einmal ich besessen,
Bald lag ich auf des Überdrusses Nesseln.

Was ich phantastisch wonnevoll umschlungen,
Im Rausch der Wonne sah ich ein Gerippe;
Oft brannte noch der Kuß auf meiner Lippe,
Und war schon des Gefühles Glück verklungen.

Zum erstenmale mitten im Genusse
Reißt das Geschick den Becher mir vom Munde,
Bevor ich ihn geleert hab' bis zum Grunde,
Da ich noch durstig war nach neuem Kusse.

Das erstemal im Leben ruft's: Entsage!
Unsterblich lebst du nun in meinem Herzen,
Das nur besitzt, was es entbehrt mit Schmerzen,
Und du lebst fort in meiner Sehnsucht Klage.

Späte Botschaft

Meine Seele lauscht
Deiner Lippen Engelpaare;
Eine süße, wunderbare,
Gold'ne Botschaft rauscht.

Lächeln wehmutsvoll
Muß ich zu den süßen Worten,
Daß noch an des Alters Pforten
Jugendlust mir werden soll.

Lebensscheide

Ich zog in seelentiefem Leid,
Vorbei an Abgrundwänden,
Schon griff nach mir die Dunkelheit
Mit ihren Schattenhänden.

Da kam mit wunderbarem Blick
Ein Weib mir schön entgegen,
So ernst, so groß, wie ein Geschick
Und küßte mich zum Segen.

Und küßte mich und sah mich an
Und hielt die Arme offen,
So habe ich zurück die Bahn
Zur sonn'gen Welt getroffen!

Phosphoreszenz

Zur Barke still hinausgelehnt,
Schau' ich hinab in's Meer,
Das finster durch die Nacht sich dehnt,
So stumm, so groß, so leer.

Da in der weiten Einsamkeit,
Gesellt die Sehnsucht mild
Mir, über Meer und Länder weit,
Dein treues, liebes Bild.

Und deinen Namen in die Flut
Schreibt träumend ein mein Stab,
Da fühlt das kalte Meer die Glut,
So daß es Flammen gab.

Und deinen Namen feurig trägt
Das kalte Element,
Ich seh' erstaunt, wie es, bewegt
Von meiner Liebe, brennt.


Schnee

In des Nordens rauhen Fernen
Wohnt der Heimat stilles Glück,
Ach, wie sehnt nach ihren Sternen
Sich mein Auge trüb zurück.

"Ist dir nicht dein Wunsch geworden?
Holder Süden ist ja hier —
Wieder zu dem kalten Norden
Zittert der Magnet in dir?

Auf des Wunsches schwanker Wage
Schwebst du auf und nieder so,
Endet je der Sehnsucht Klage,
Wirst du niemals, niemals froh?"

Grün war Alles, licht und duftig,
Froh die Seele, leicht von Weh,
Über Nacht, wie Schleier luftig,
Fiel auf Alles zarter Schnee.

Und zur Seele tief und kräftig
Spricht mir das gewohnte Bild,
Und die Sehnsucht kommt geschäftig,
Malt mir heimisches Gefild.

Dort auf Grüße zärtlich sinnend,
Sitzt mein Mädchen, weiß nicht Rat,
Tausend Dinge schnell beginnend,
Wenn der Sehnsucht Träne naht.

Und die Zeit, die fern der Süßen
Ungenossen so entflieht,
Muß ich trauervoll begrüßen
Mit der Wehmut stillem Lied.