Pseudo Frühling
Wohl flattern durchsichtige Kleider
Im blumengeschmückten Salon,
Wo sie den Pseudo-Frühling
Erheben auf den Thron.
Musik, wie Seufzer der Liebe,
Die Luft balsamisch und warm,
Die feine weibliche Taille
Umschlingt der männliche Arm.
Ich aber steh' draußen im Freien,
Und draußen ist's kalt und trüb,
Und warte mit fröstelndem Herzen
Auf meine erwachende Lieb'.
Ich ruf' Anemonen und Veilchen,
Des Frühlings loyale Schar,
Zu stürzen den Prätendenten
Und seinen falschen Altar.
Der junge Tag
Es schleicht der junge Tag ums Haus,
Wo's Bräutchen noch im Bette,
Drückt sich die nassen Locken aus
Und macht die Toilette.
Und als er festlich sich geschmückt
In himmelblauer Seide,
Drin goldne Rosen sind gestickt,
Und mit Demantgeschmeide —
Schleicht heimlich er zum Bette hin,
Und als er es umfangen
Mit Blumen, küßt die Schläferin
Er wach auf beide Wangen.
Die Havanna
Wenn ich so zum Himmel starre
Und die Lerch' ihr Hosianna
Singt, und rauche die Zigarre
Von den Blättern der Havanna,
Und des Rauches blaue Ringe
So hinauf zum Himmel steigen,
Als wär' jedem eine Schwinge
Und ein lustig Segel eigen,
Denk' ich: Steigt, ihr fessellosen,
Waret lang gebannt auf Erden!
Steigt, ihr könnt noch heute Rosen
Oder goldne Wolken werden;
Könnt noch heut' im Äther schwimmen
Und euch satt und selig schauen,
Wie die stillen Sterne glimmen
Und die Alpenblumen tauen!
Und mich ziehen gleiche Triebe
In das Blau, in das ich starre,
Denn dem Menschen ist die Liebe,
Was das Feuer der Zigarre.
In der Kirche Marmorsaal
In der Kirche Marmorsaal
Hält die Nacht sich eingeschlossen,
Nur ein Haupt, das weiß und kahl,
Wird von einer Lampe Strahl
Wie verklärend übergossen.
Und der Mann, von Zeit zu Zeit
Hebt er segnend seine Hände,
Daß er, wenn ein Mensch bereut,
Daß die Sünden ihn gefreut,
Ihm des Himmels Gnade spende.
Und ich beicht' ihn! Statt sogleich
Mir Verzeihung zu entgegnen,
Wird des Priesters Wange bleich,
Und er flüstert: "Gott mit Euch!
Aber ich kann Euch nicht segnen!"
Wunsch
Auf der Heide langer Fichten
Süße Schatten laden ein.
O, hier müßte Träumen, dichten
Ja, selbst sterben göttlich sein.
Könnt' ich hier die Seele tauchen
Tief in deiner Augen Grund,
Könnt' ich hier mein Lied verhauchen
Hingepreßt an deinen Mund —
Jährlich rauschte dann die Fichte,
Grünend meinem Grab empor,
Jedem Wandrer die Geschichte
Meiner Liebe in das Ohr.
Aufgeweckt vom Schlafe
Aufgeweckt vom Schlafe mächtig
Durch ein unnennbares Weh,
Sieht die Tanne, schlank und prächtig
Einen Kirschbaum in der Näh'.
Der haucht Worte, süße, warme,
Von der Liebe Lust und Schmerz,
Bis die Tann' die rauhen Arme
Schließt ihm um das kranke Herz.
Und wer will die Tanne tadeln,
Daß in ihr die Liebe reift,
Daß sie mit den scharfen Nadeln
Nach den weichen Blüten greift?
Wenn sie möchte sich bereden,
Daß auch sie geblüht im Mai,
Daß der Duft von einer jeden
Blüte ihr entquollen sei?
Kloster Fiecht
Wie rufen all' die Glocken
Von dem nahen Kloster Fiecht!
Wollt ihr mich hinunterlocken
In die Kirch? Ich geh' euch nicht!
Mir sind lieber dunkle Föhren,
Als des Tempels Säulengang,
Ich will Lerchen lieber hören,
Als der Mönche Chorgesang.
Lieber seh' ich weiß und schwarze
Wolken in des Himmels Blau,
Als den Rauch von eurem Harze
Ziehen durch des Domes Bau.
Lieber seh' ich in die Sterne,
Als die Kerzen geisterbleich,
Und ich glaube, daß ich lerne
Mehr von Grillen als von euch.
Und die Jungfrau, die ich trage
Still in meines Herzens Schrein,
Wird wohl ohne alle Frage
Schöner als der eure sein!
Dummes Geschwätz
Sie geht mit ihrer Freundin,
Die plaudert allerlei,
Ich geh' daneben schweigsam
Und denke mir dabei:
Es ist doch jammerschade
Für jedes schöne Wort,
Das nimmt die böse Freundin
Von ihrer Lippe fort.
Sie könnte ungebunden
Tagtäglich bei ihr sein,
Doch meines Glückes Stunden
Sind nur minutenklein.
Und wie ich so dem Himmel
Erzähle meine Not
Erläßt er an die Wolken
Ganz leise ein Gebot.
Die schlagen aneinander
Daß laut der Donner kracht,
Die haben schnell dem dummen
Geschwätz ein End' gemacht!
Segen
Mitternacht war schnell vorüber,
Und es zogen groß und schwer
Schwarze Wolken immer trüber
Von den nahen Bergen her.
Und das Aug' emporgehoben,
Warf ich mich in das feuchte Gras,
Bis ich in des Himmels Toben
Meiner Seele Sturm vergaß.
Sieh, da träufelt Frühlingsregen
Auf die Wang' mir lind und lau,
Und ich hatte meinen Segen
Und das Veilchen seinen Tau.
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