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Prolog

 

An Ludwig Uhland


Für ein Volk, getreu und bieder,
Für ein schönes freies Recht
Kämpften heiß einst deine Lieder,
Kühn, wie Helden im Gefecht.

Wem der Sieg durch Waffen glückte,
Nicht allein, sei Held genannt!
Jüngst an deinem Herde drückte
Mir wohl auch ein Held die Hand.

Jeder ficht mit eigner Wehre,
Priester kämpft mit dem Brevier,
Krieger mit dem Schwert und Speere,
Mit Gesang und Reimen wir.

Drum sind dir nicht fremd die Lieder,
Die ich sang von grünen Höhn,
Für ein Volk, das treu und bieder,
Für ein Recht, das frei und schön!

Berge sind emporgeschwollen,
Tausend Bäch' und Ströme ziehn,
Land und Fluren endlos rollen
Zwischen mir und dir dahin!

In des Waldes grünen Gängen
Las manch zarten Zweig ich aus,
Manche Ros' auf Alpenhängen
Und ein Kränzlein wand ich draus.

Gern mit liebevollen Händen
Bänd' ich's fest an einen Pfeil,
Durch die Luft ihn dir zu senden!
Doch so weit fliegt selbst kein Pfeil!

Einer Taube wollt' ich's schlingen
Um das weiße Hälschen gern;
Doch bald sänken ihr die Schwingen,
Denn das Ziel ist allzufern!

Und von Ungeduld ergriffen
Schleudr' ich's selber durch die Luft!
Leicht zu dir hin seh' ich's schiffen
Über Strom, Gebirg und Kluft! — —

Sieh, es kehrt' ein Sieger wieder
Heim bei stiller Abendruh,
Bald die müden Augenlider
Schloß ihm süßer Schlummer zu.

Doch des Morgens drauf, erwachend,
Einen Kranz er vor sich fand
Grün und duftig, frisch und lachend,
Wie von unsichtbarer Hand!

Als er lauscht, sein Haupt erhebend,
Flöt' und Saitenspiel begann,
Unsichtbarem Ort' entschwebend,
Süß und lieblich, himmelan!

Wer solch Fest von all den Lieben
Ihm ersann, nicht ahnt er's zwar;
Doch in's Herz ihm ist's geschrieben:
Daß es wohl die Liebe war. —

So auch hörst Gesang du schallen,
Kennst doch nicht den Mund, der singt;
Siehst den Kranz auch niederfallen,
Doch die Hand nicht, die ihn bringt;

Ahnst aus allen, die dich lieben,
Leise kaum den Rechten zwar;
Doch in's Herz dir ist's geschrieben:
Daß gewiß die Lieb' es war!