An
mein Vaterland
Tausend blaue Berge reichen
Sich umschlingend traut die Hand;
Und in ihrer Mitte schleichen
Deine Flüsse, Vaterland!
Immer willst du mich betrügen,
Berge türmend schroff und kahl:
Sind sie aber überstiegen
Lacht ein neues Wiesental.
Deiner Gletscher Giebel blicken
Nieder in gar ernster Ruh',
Und die alten Eichen nicken
Still und feierlich mir zu.
Und ich fühl mich hingerissen,
Weiß doch selber nicht wohin;
Süßer Wehmut Tränen fließen
Nieder auf des Hügels Grün.
Seelied
Der Abend sinkt, die Herde wallt
Zum nahen Dorfe fröhlich nieder,
Das Glöcklein ruft, Gebet erschallt,
Es duften Blüten von dem Flieder.
Im dunkeln Walde träumt das Wild,
Der Silphe schläft auf Linden-Blättern,
Es blinkt im See des Mondes Bild,
Rings schweigt der Vögel lustig Schmettern.
O Herz! sieh, alles liegt in Ruh',
Du siehest keine Well' sich regen,
O geh' auch du der Ruhe zu,
Und laß den wilden Sturm sich legen.
Abendlied
Die Vöglein schlafen
In süßer Ruh';
Den Kelch schloß schüchtern
Das Blümlein zu.
Das Abenddunkel,
So fein gewebt,
Bedecket Alles,
Was fühlt und lebt.
Die Englein Gottes,
Sie geh'n die Rund,
Und legen Lieder
In Vögleins Mund;
Bestreu'n die Knösplein
Mit Tropfen Tau,
Und malen innen
Sie rot und blau:
Daß, wenn Gott morgens
Besieht die Welt,
Ihm Alles, Alles
Recht wohlgefällt.
Und was erhaltet
Der Mensch geschenkt?
An den zum ersten
Der Herr Gott denkt.
Ihr deckt sein Lager
Mit Träumen zu,
Und singt ihn selber
In süße Ruh'.
Und legt ihm Lieder
In Herz und Mund,
Erhaltet Seele
Und Leib gesund.
Und lischt die Stern' ihr
Am Himmel aus,
Tritt er in's Freie
So froh hinaus.
Ihr gold'nen Englein
Singt mich auch ein!
Wollt Träum' und Lieder
Auch mir verleih'n;
Und wenn dann Alles
Von Jubel schallt,
Und früh Gott Vater
Durch's Weltall wallt,
Erzähl den Blümlein,
So bunt besäumt,
Ich kindlich Alles,
Was ich geträumt.
Und schau entzücket,
Wie Alles blüht,
Und sing' anbetend
Mein Morgenlied.
Wallfahrtslied
Den Berg hinan zum Gnadenbild,
Wo sel'ger Friede wohnt!
Wo in dem Kirchlein hehr und mild
Die heil'ge Jungfrau thront.
In's Antlitz weht mir kühl und rein
Der Berge Morgenluft;
Und wonnetrunken atm' ich ein
Der Alpenblumen Duft.
Ich fühle mich so selig frei,
Den lieben Vöglein gleich:
Des Waldes Nacht, der Blütenmai
Macht mir das Herz so weich.
Und ist auch manchmal schroff und jäh
Der Pfad, der führt dahin;
Und ragt auf steiler Bergeshöh'
Das Ziel, nach dem wir zieh'n:
Nur fromm und froh emporgeschaut
Zum sonn'gen Giebel dort!
Erholung jedem niedertaut
Vom heil'gen Gnadenort.
Das kurze Leben ist ja nur
Ein kleiner Wallfahrtsgang,
Jetzt führt sein Pfad die Blumenflur,
Den Abgrund jetzt entlang.
Und sind wir lebenssatt und müd
Am Ziele angelangt,
Verklingt des Lebens Wallfahrtslied,
Der Seele nimmer bangt.
Wir fühlen Lüfte kühl und rein
Dann uns entgegenweh'n,
Und zieh'n im Wallfahrtsorte ein,
Wo wir erhört uns seh'n.
D'rum frisch hinan zum Gnadenbild!
Wo sel'ger Friede wohnt,
Wo in dem Kirchlein hehr und mild
Die heil'ge Jungfrau thront.
Die Veilchen in dem Tal gepflückt
Bringt sie ihr kindlich dar!
Mit Speik und Edelrauten schmückt
Des Gnadenbild's Altar!
Und auf die Knie werft euch hin,
Legt weg den Pilgerstab!
Und fleht: O Himmelskönigin,
Schau hold auf uns herab!
Schau hold von deinem Gnadenthron,
Die du stets Jungfrau warst;
Und führ' uns einst zu deinem Sohn,
Den du der Welt gebarst!
Ein Bild
Auf einem Rebenhügel
Steht der Madonna Bild —
Die Reben langen traulich
Empor die Blüte mild:
Als brächten sie die Dolde
Dem holden Kinde dar,
Das von dem Mutterarme
So lieblich blickt und klar.
Des Harfners Lied in der
Fremde
Daß ich, einsam trauernd, schweige;
Stumm die Harfe vor mir liegt,
Da auf neu begrüntem Zweige
Sich der Vogel spielend wiegt;
Da die Knospenhüllen springen
Frei entfalten sich dem Licht,
Und die Fluren sich verjüngen:
Wundert euch darüber nicht!
Schön wohl sind des Tales Gründe,
Schön der Hügel lächelnd Grün;
Schön sind selbst die Felsenschlünde,
Die die Sonne nie beschien;
Die des Wildbach's Silberwelle
Stark, wie Riesen nur, durchbricht
Dringend zu des Tales Helle: —
Doch die Heimat ist es nicht!
Von den Bäumen allen keinen,
Keinen nenn' ich mir bekannt,
Statt zu singen möcht' ich weinen,
Daß die Heimat mich verbannt.
Sind auch ihre schmucken Blüten,
Ihre Früchte sangeswert:
And're Purpurfrüchte glühten
Ach, am väterlichen Herd!
Ihre Wipfel mögen flüstern
Andere Zaubermelodien;
Aber nach der Heimat lüstern
Zieht's mich in die Heimat hin.
Dumpf ertönt mir das Geläute,
Das von diesen Türmen schallt,
Öde scheint die Flur, die weite,
Die mein irrer Fuß durchwallt.
Und so sitz' ich an dem Flusse,
Der das Heimattal geseh'n;
Frag' nach einem trauten Gruße: —
Doch er kann mich nicht versteh'n.
Und die Wellen, stumme Wandrer,
Zieh'n den flücht'gen Schwestern nach!
Sing' und scherze da ein And'rer,
Dem die Sehnsucht nimmer wach!
Lang ist in dem kranken Herzen
Mir erstorben jede Lust.
Nimmer frei von Gram und Schmerzen
Schlagt stets laut die enge Brust,
Wenn auch je zu meiner Klage
Jemand Trostesworte spricht: —
Ach die wohlbekannte Sprache
Meiner Heimat ist es nicht.
Spielt der Wind mit Maienrosen,
Küßt sich an den Knospen satt;
Trauernd acht' ich nicht ihr Kosen,
Fremd am Strauch ist jedes Blatt.
Fremd ist selbst der Sterne Flimmern,
Fremd des Mondes Zauberlicht;
Laßt es an dem Himmel schimmern,
Das der Heimat ist es nicht.
Laßt die Abendwolken ziehen —
Goldgestalten her und hin,
Laßt es sprossen, treiben, blühen,
Laßt der fernen Hügel Grün!
Soll das Fremde schön mir scheinen,
Wenn auch Reiz ihm nicht gebricht?
Statt zu singen laßt mich weinen,
Denn die Heimat ist es nicht.
Zerrissen
Aus zerrissnem, wundem Herzen
Quillt hervor das schönste Lied,
Tiefen Wunden, heißen Schmerzen
Erst das wahre Lied entblüht.
Aus des Ätna's Riesenspalten
Rast des Feuers Wetterschein —
Auf der Lava grauen Falten
Reift der Christi- Tränenwein.
Aus der Felsen tiefsten Rissen
Schäumt der Quelle Silberfluß,
Daß vor ihren holden Grüßen
Berg und Tal ergrünen muß. —
Schneid'st du durch des Baumes Rinde,
Tief, recht tief in's Mark hinein,
Taut die Träne hell und linde,
Edles Harz und Palmenwein.
So quillt aus zerrissnem Herzen
Mir hervor das schönste Lied,
Tiefen Wunden, heißen Schmerzen
Erst das wahre Lied entblüht.
Abend – Szene
Die Quellen murmeln, rauschen
Ein Lied vom Liebesmai
Die Edeltannen lauschen
Der tiefen Melodei.
Und wie die Bäume schweigen
So andachtsvoll umher,
Will sich darüber neigen
Der Himmel sterneschwer;
Als wie mit gold'nen Rosen
Ein blauer Baldachin,
Wölbt er sich ob dem großen
Altar der Erde hin. —
So lacht die Abendstunde,
Mir ist so wohl und frei, —
Das Ave tönt im Grunde
Des Hain's vom ew'gen Mai.
Abendgebet auf den Alpen
Voll rosigheller Gluten
Lacht her das Himmelszelt,
Als wollt es froh verbluten
Aus Liebe zu der Welt.
Und röter von dem Prangen
Die Alpenrose lacht, —
Die Ziegenglöcklein sangen
So zauberisch: "Gut Nacht!"
Wir aber auf den Höhen,
Umrauscht vom Waldesgrün,
Der Abendlüfte Wehen,
Wir lagen auf den Knie'n.
Und wie das Ave wieder
Ertönt im ernsten Chor; —
Da schwebt der Himmel nieder,
Zu ihm die Erd' empor.
Nachts
So weine
Alleine;
In's Meer der dunkeln Nacht
Laß deine Zähren fließen, —
Wenn lauschend Niemand wacht,
Als ferne
Die Sterne,
Die dich hellschimmernd grüßen.
So weine
Alleine,
Erheb vom Erdengrab
Den Blick zur ew'gen Ferne! —
Es träufeln Trost herab
Auf Tränen
Die schönen
Gestirne mild und gerne.
Morgens
Danke Gott — aus dunkler Nacht
Bist zum Lichte du erwacht —
Aus der Träume Zauberreih'n
Tritt'st in's helle Leben ein! —
Trinkest frische Morgenluft,
Atmest süßen Blumenduft, —
Morgenröte — Sonnenschein
Laden dich zum Leben ein! —
Streife ab die dunkle Nacht,
Streife ab der Träume Pracht, —
Daß du handlest sahst, du's Licht,
Handle, Freund! und träume nicht;
Daß du handelst hat gestellt
Dich der Vater auf die Welt; —
Schau — die munt're Biene trägt,
Bis die Sonn' zur Ruh' sich legt.
Handle frei und handle recht, —
Sei des Höchsten treuer Knecht;
Sinkt die Sonne von den Höh'n,
Kannst du wieder träumen geh'n.
Angelus Domini
Wird es kaum im Osten helle
Bei des Tages erstem Schein,
Ruft das Glöcklein der Kapelle
In dem morgenkühlen Hain;
Ruft in wunderbarer Weise,
Silbertönig, leise, leise:
Lob der Jungfrau Maria!
Strahlt die Sonne senkrecht nieder
Auf das frühlingsheit're Tal,
Ruft dasselbe Glöcklein wieder,
Milde wie das erste Mal
Ruft in wunderbarer Weise,
Silbertönig, leise, leise:
Lob der Jungfrau Maria!
Wühlt im dichtverzweigten Walde
Kühler schon die Abendluft;
Von der veilchenduft'gen Halde
Noch einmal das Glöcklein ruft,
Ruft in wunderbarer Weise,
Silbertönig, leise, leise:
Lob der Jungfrau Maria!
Und im heil'gen Liebesdrange
Schwebt die Seele himmelan;
Und die Hölle zittert bange,
Und die Himmel beten an.
Engel singen leise, leise
In gar wunderbarer Weise:
Lob der Jungfrau Maria!
Das Marienbild im Walde
Tief im Wald' an einer Eiche
Lehnt ein altes Vesperbild,
Auf des Sohnes blasse Leiche
Lau der Jungfrau Träne quillt.
Setzte wohl seit langen Zeiten
Nie ein Mensch hierher den Fuß,
Um der Hochgebenedeiten
Fromm zu stammeln seinen Gruß.
Denn kein Pfad ist ausgetreten,
Und der Wald so dicht verzweigt,
Zu dem Bild, dem halbverwehten,
Nur ein Bächlein niedersteigt;
Und ein Alpenröslein blühet
Vor der Himmelskönigin,
Und ein zwitschernd Vöglein fliehet
Zu der Jungfrau - Mutter hin.
s'Vöglein hätt' von ihren Wangen
Gern ein Tränlein weggepickt,
Alpenröslein voll Verlangen
Nach des Heilands Wunden blickt.
s'Bächlein an dem Gnadenbilde
Silberhell vorüberweint,
Daß Maria doppelt milde
Aus den Wellen wiederscheint.
O was hab' ich da empfunden,
Als ich solches Wunder fand,
Und mein Herz Maria's Wunden,
Und der Mahnung Sinn verstand,
Hab' ich plötzlich weinen müssen,
Daß die Menschen hart und kalt,
Tät das Bild andächtig küssen
Und verließ den grünen Wald.
O wär' ich ein
Vöglein worden!
O war' ich ein Vöglein worden!
Das Vöglein singt sein Lied
Sommers im kühlen Norden,
Winters im lauen Süd.
O wär' ich ein Vöglein worden,
Tät ich fliegen über's Meer!
Wäre mir heut' wie morgen
Um das Herzlein gar nicht schwer.
O wär' ich ein Vöglein worden!
Ich spreizte die Flügel aus,
Vöglein ist aller Orten,
Und nirgends auch zu Haus.
O wär' ich ein Vöglein worden,
Wollt ich zufrieden sein!
Flög' selbst zum offnen Himmel
Dem lieben Gott hinein.
Lied im März
Was willst du Lieb' noch traurig sein?
Vergeh'n im stillen Harm?
Der Frühling schenkt den Freudenwein,
Fragt nicht: "Ob reich, ob arm?"
Er dichtet drauß sein Schöpfungslied
In Gottes freier Welt; —
Die Lerche steigt, das Veilchen blüht, —
Grün breitet sich das Feld.
Der Himmel blau und voller Duft,
Der Sonne gold'ner Schein! —
Hinaus in frische Lenzesluft
Und wasch die Äuglein rein.
Die Äuglein hell, die Äuglein klar
Und frisch ein mutig Herz!
Der Frühling liebt ein liebend Paar
Und heilet Weh' und Schmerz.
Er stickt den Blumenteppich dir
Den Blüten-Baldachin, —
Und zaubert dorten, zaubert hier
Ein Liebeseden hin:
D'rum jauchze heut' am Frühlingstag:
"Lebwohl" dem Weh' und Schmerz!
Und was der Lenz nicht bieten mag,
Biet' ich — ein liebend Herz.
Flickversschneiderleins Mailied
Im linden Monat Mai
Viel farbige Blümlein blüh'n,
Waldbächlein ohne Scheu
Schlüpft kosend dazwischenhin.
Im linden Monat Mai
Der Wald tönt vor Gesang;
Sackpfeifen und Schalmei,
Die geben lustigen Klang.
Im linden Monat Mai
Die Mutter Gottes rein
In ihrem Sternenkleid
Tät oft erschienen sein.
Im linden Monat Mai
Manch' Kindlein sie geseh'n
Mit ihrem Lilienzweig
Im Wald lustwandeln geh'n.
Im linden Monat Mai
Einem Mägdlein rosenrot
Sie einmal auf grüner Haid'
Drei Purpurröschen bot.
Im linden Monat Mai
Auch manchem Dichterlein
Maria lieb und treu
Hat sollen erschienen sein;
Sie trug eine goldene Kron'
Und lächelt' mild und lind,
Auf den Armen ihren Sohn,
Das liebe Jesuskind.
Im linden Monat Mai
D'rum jeglich Dichterlein
Einmal der Jungfrau treu
Ein Liedlein pflegt zu weih'n.
Im linden Monat Mai
Auch ich dies Lied ersann;
Ob gut, ob schlecht es sei,
Nimm, Jungfrau, mild es an.
Zuruf 1
Das Blümlein Vergißmeinnicht
Im Röcklein, dem himmelblauen,
Steht draußen auf grüner Auen,
Und wankt vom Frühtau trunken
Nach oben und nach unten
Im himmlischen Sonnenlicht.
Meine Seele geh' hinaus und schau!
So sollst auch du dich freuen
Ob der Huld, der ewig neuen,
Die Jesus gebracht auf Erden
Und sollst dich trunken gebärden
Vom himmlischen Gnadentau!
Christnacht-Wünsche
Ich möcht' auf hohem Glockenhaus
Heut' eine Glocke hängen! —
Dann rief ich in die Nacht hinaus
Mit silberhellen Klängen,
Und riefe laut und riefe lind,
Daß alle sich zum Jesuskind,
Dem Neugebornen, drängen.
Und eine Lampe möcht' ich sein,
Vor diesem Kind, dem süßen! —
Wie wollt' ich da mit hellem Schein
Sein Lockenhaupt umfließen!
Und lächelt es dann mild und hehr,
So freuten d'rob sich alle sehr,
Und täten fromm es grüßen.
Auch möcht' ich wohl — ein Engleln licht
Ein Wiegenlied ihm singen!
Und von des Vaters Angesicht
Ihm sel'gen Schlummer bringen,
Dann wollt ich Frieden aller Welt
Verkünden, und zum Sternenzelt
Empor mich wieder schwingen.
Doch bleibst du auch nur, was du bist,
So gib dich, Herz, zufrieden,
Mit dem was dir der heil'ge Christ
Als deinen Teil beschieden!
Und schaue fromm mit heil'ger Scheu
Das Kindlein, das geboren neu,
Und dien' ihm froh hienieden!
Zuflucht
Ich lieg' vor deinem Kreuze,
O Jesus! auf den Knie'n,
Ach, laß des Friedens Blume
Mir nicht so früh verblüh'n.
Gieß du den lauen Regen,
Send' d'rauf den heitern Tag,
Daß noch einmal die Blüte
Sich neu entfalten mag.
Oft schlief ich ein mit Tränen,
Weinte dem Frieden nach,
Mit Tränen noch im Auge
Fand mich der Morgen wach.
Durch Wälder und durch Auen
Zog ich still suchend hin,
Doch nimmer sah die Welke
Ich irgend wieder blüh'n;
Und trauernd zog ich heimwärts
Durch Feld und Wald dahin,
Doch nirgends fand ich Frieden
Und mächtiger war mein Glüh'n:
Nun lieg' vor deinem Kreuze,
O Herr! ich auf den Knien,
O laß des Friedens Blume
Mir noch einmal erblüh'n!
Liebeslied der Büßerin
Liebster, da ich dich gefunden,
Da du dich mit mir vereint;
Sei's geklagt! Wohl lange Stunden
Hab' ich einsam oft geweint.
In des Herzens Sturmes-Wüten
Welkten hin der Liebe Blüten;
Ja, ich schlug mir selber Wunden
Meines Seelenfriedens Feind.
Liebster, daß die Stürme schwiegen,
Daß mein krankes Herz genas,
Laß an deine Brust mich fliegen!
Deiner Allmacht Werk ist das,
Seit ich dir in's Auge schaute,
Das von Liebestränen taute,
Sollte da noch nicht besiegen
Deine Liebe meinen Haß?
Liebster, kannst du je vergessen,
Daß ich dich so sehr betrübt?
Daß mein Herz sich so vermessen,
Und nicht immer dich geliebt?
Ja, du kannst es! Sieh, ich weihe
Mich dafür als ewig treue
Braut, die, was die Welt besessen,
Liebend dir ihr Herze gibt.
Zweifacher Frühling
Frühling ist's! lacht süß das Veilchen;
Frühling! singt die frohe Lerche;
Frühling! jauchzt der Hirtenknabe;
Frühling! hallt es donnernd wieder
Aus den neu begrünten Wäldern,
Von den mild besonnten Höhen,
In den bunt beblümten Talen.
Frühling! jubelts in den tiefsten
Tiefen des beklomm'nen Herzens —
Heil'ger Liebe süßer Frühling!
Allgewaltig schossen nieder
In das Herz der Geistersonne
Strahlengluten, daß verschmelzend
Schwand des Eises starre Rinde. —
Und der Liebe Keim schlug Wurzeln,
Drang gewaltig aus den Tiefen,
Drang an's Licht des ew'gen Tages;
Sonnte sich im Morgenscheine,
Der die Finsternis erhellet;
Schaukelte im Weh'n des Odems,
Der belebt mit seinem Hauche;
Und der Keim gedieh zur Pflanze,
Und die Pflanze ward zur Blume,
Und die Blume blüht da drinnen,
Blüht und duftet ohne Ende.
Und die süßen Düfte atmend,
Schwelgt mein Herz im Liebesfrühling,
Jauchzt die Seel' im Hochentzücken,
Streckt die Arme nach dem Lieben,
Sinkt an's Herz des Auserwählten,
Und vergeht in Liebeswonne.
Sonnabend
Träumend lieg' in süßer Ruh'
Ich auf lichter Bergeshalde,
Frische Kühlung strömt mir zu
Aus dem dunkelschatt'gen Walde.
Leise weht ein Frühlingswind
In den dichtverschlung'nen Zweigen. —
Nur die Abendglocke lind
Lös't das allgemeine Schweigen,
Fast wie Engelstimmen mild
Schweben näher all' die Klänge,
Daß das weite Talgefild
Meinem Herzen wird zu enge.
Ja, du hast mit deinem Ton,
Feierglocke, mich durchdrungen,
Daß zu Gottes Gnadenthron
Kühn ich mich emporgeschwungen.
Keine Schrecken fühl ich mehr
Mild umstrahlt von ew'ger Sonne.
Nieder winkt mir süß und hehr
Eines hohen Sabbats Wonne,
Und ein Glöcklein seh' ich hoch
Auf des Turmes Spitze hangen,
Das zu diesem Sabbat noch
Einst mich ruft mit seinen Klängen.
Tönt das Glöcklein hell und rein
Herrscht um mich wohl tiefe Stille!
Aber ruhig schlaf ich ein: —
Herr, gepriesen sei dein Wille!
Im Walde
Im kühlen Waldesmoose
Lag ich in süßer Ruh',
Es nickte eine Rose
Mir traut und freundlich zu;
Frau Nachtigall so helle
Ein lustig Liedchen sang,
Zu Füßen gab die Quelle
Gar tiefen, ernsten Klang; —
So lag ich in dem Moose
Und träumte dies und das:
Wie welken wird die Rose,
Wie trocknen wird das Naß,
Wie bald die Säng'rin schweige,
Wie bald die Wonne flieht, —
Wie bald der Träumer steige
In's Lager schlaff und müd'.
Nachtgesang
Sei stille, Herz! sei stille
Und schlumm're sanft und mild,
Dein sehnsuchtsvoller Wille
Nach ihm ist nun erfüllt.
Er drückt mit Vaterfreude
Dein müdes Auge zu,
Er wacht an deiner Seite,
Träumst du in tiefer Ruh.
O atme tiefen Schlummer,
Er hält ja liebend Wacht, —
Er scheucht hinweg den Kummer
Zur trauten, stillen Nacht.
Sei stille, Herz! sei stille
Und träume schön und hehr, —
Bei gold'ner Strahlen Fülle
Da ruhet lind das Meer, —
Da träumet still dem hellen
Von ferner, gold'ner Pracht;
Ruht, ruht ihr wilden Wellen,
Da euch die Sonne lacht.
Am Grabe des Erlösers
Der einst ein kleiner Knabe
Geweint auf feuchtem Heu,
Schläft heut' im Felsengrabe
Ein königlicher Leu. —
Zu Häupten eine Krone
Dem Löwen Judas liegt
Ein Dornenkranz zum Hohne
Zusammen ihm gefügt.
Sie glauben ihn bezwungen,
Sein Herz schlägt ja nicht mehr,
Das hat zu tief durchdrungen
Ihr siegesfroher Speer.
Der Augen Sonnenfeuer,
Das sie so oft geschreckt,
Es wird vom schwarzen Schleier
Des Todes überdeckt.
Den Helden hat umfangen
Einmal das dunkle Grab,
Nun mag er stolz verlangen:
Brecht diesen Tempel ab.
Da liegen die Ruinen
Gehüllt in ew'ge Nacht, —
Zum Überfluß an ihnen
Hält noch der Römer Wacht.
Ja wohl liegt abgebrochen
Der hehre Gottesbau,
Die Seite speerdurchstochen,
Die Lippen todesblau:
Doch schmäht den Löwen nimmer,
Daß er im Grabe liegt,
Die Lebenskraft ist nimmer
In seiner Brust versiegt!
Schon taucht im Feuerglanze
Ein Morgen neu empor,
Schon sproßt im Dornenkranze
Manch' Röslein rot hervor, —
Ein neuer Tempel strebet
Zum Himmel stolz hinauf,
Der Löwe Judas lebet
Unsterblich wieder auf.
Hab' Dank für die Verjüngung,
Gott-Mensch, der für uns litt, —
Wir feiern die Bezwingung
Des Todes fröhlich mit:
Dein Leiden hat uns Wonne
Und Seligkeit gebracht,
Wie Feuerglanz der Sonne
Strahlt deine Todesnacht.
Das alte Lied
Ein altes Lied hat angeklungen
So hell im deutschen Dichterwald,
Das hat verjüngt sich aufgeschwungen,
So oft es für veraltet galt.
Es ist das Lied der treusten Liebe,
Das trotzte aller Zeiten Schwung.
O daß uns dieses Lied stets bliebe
So morgenfrisch und ewigjung!
Nicht wo unreine Luft die Flügel
Entfaltend um Paläste schwebt, —
Auf einem kahlen Todeshügel,
An einem Kreuz hat's aufgelebt.
O Lied der Liebe, aus fünf Wunden
Entströmtest du so wunderbar!
Dein Heil'ger starb, der dich erfunden,
Und bot für uns sein Leben dar.
Du hast der Vorzeit graue Tage
Mit deinem milden Licht verklärt;
Und nirgends dich als leere Sage,
Als ein gemeines Lied bewährt:
So webe deinen Zauber klingend
Denn auch im deutschen Dichterwald!
Beglücktes Land, wo sich verjüngend
Dies alte Lied der Liebe schallt!
Auf denn und säumt nicht deutsche Brüder
Und lernet solchen Wundersang;
Stimmt freudig an das Lied der Lieder
Auf heimatlichem Felsenhang!
Ihr kennt ihn, der es angesungen,
Als er verging in Todesschmach. —
O singt von gleicher Lieb durchdrungen,
Singt ewig diese Lieb' ihm nach!
Gewinn im Entsagen
Für manches schöne Verlangen,
Für manches stolze Streben,
Dem ich einst nachgehangen
Hab' ich mich aufgegeben.
Fast wird mir trüb zu Mute;
Ist's doch ein traurig Handeln,
So einsam mit kaltem Blute
Zu den Lieben hinüber wandeln. —
Und doch — was ich nie gefunden
Mit allem Rennen und Jagen,
Fand ich in ruhigen Stunden
Durch frommes, stilles Entsagen.
Abend – Sehnsucht
Die Abendnebel steigen aus den Gründen
Des stillen Tales dumpf und träg empor, —
Die Blumen schließen zu dem Schlaf, dem linden,
Der duft'gen Kelche bunten, zarten Flor.
Es ist, als ob die heil'ge Ruhe walle
Erst jetzt durch die lenzfreudige Natur —
So stille, stille rings — im eil'gen Schalle
Hört man des Flusses Wellenschlagen nur.
Vom Hügel ruft der Abendglocke Tönen
Und tönt im Tale zaubrisch wieder nach —
Da wird im Herzen laut ein frommes Sehnen
Nach dir, o ew'ger, sel'ger Frieden! wach.
Zuruf 2
Du möchtest vieles lieben,
Was hier auf Erden blüht
Und kannst dich so betrüben,
Wenn Ein's von hinnen zieht;
O laß, o laß die Minne,
Die Minne zu der Welt,
Die deine irren Sinne
Mit Trug umfangen hält.
Sie locket dich mit Rosen,
Und ritzt dich mit dem Dorn,
O flieh' ihr buhlend Kosen,
Trink' nicht aus ihrem Horn!
Gift reicht sie dir zum Trinken,
Und tötend ist ihr Kuß,
Ihr Weg ist der zu Linken
Und Lug, so heißt ihr Gruß.
D'rum laß, d'rum laß die Minne,
Die Minne zu der Welt;
Es seien deine Sinne
Nach Oben nur gestellt,
Nach Oben, wo die Liebe,
Die wahre, ewig thront,
Und reichlich deine Triebe
Zu ihrem Jesus lohnt.
An ***
Mancher Laut hat angeklungen
Hell in meiner vollen Brust, —
Und ich hab' ihn nachgesungen
In der Weihe stiller Luft;
Mancher Stern ist aufgegangen
Meines Geistes Seherblick, —
Nach dem Sterne wollt ich langen,
Doch der Schein nur blieb zurück;
Sieh der Liebe Maienwetter
Ließ wohl manche Rose blüh'n —
Und ich pflückte — fahle Blätter
Fielen vor dem Sänger hin.
Nimm den Nachhall meiner Töne,
Rosenblätter, Widerschein, —
Denn das wahre, höchste Schöne
Kann in Worten nicht gedeih'n.
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