weiter
 

Liebe hört auf keine Lehre,
Weiß im Leben nicht ein noch aus;
Wenns nicht eben die Liebe wäre,
Sie sperrten sie ins Irrenhaus.
 

Lieder der Liebe
 

Vor dem Orangenbaum
Stern und Wolke
Besorgnis
Bedauern
Warnung
Die Köhlerhütte
Entschuldigung
Du weißt es nicht
Ich schwank' ein Schiff im Meere
Du liebst mich nicht
Ja oder Nein
Erkenntnis
Nur zu
Mein Herz, ich will dich fragen
Ungleiche Teilung
Stille Liebe
In der Dämmerung
Der Liebe Himmelfahrt
Ein seliger Augenblick
Eine dunkle Stunde
Vertrau dich, Herz, der Liebe
Bitte
Schneegestöber
Drei Wunder
Geheimnis
Treue

 
Zwei Kameraden
Beim Abschied
Drei Jahre
Gute Nacht
Am Ort der Begegnung
Gar lang schon ist's her
Vorwurf
Hochzeitlieder

 


Vor dem Orangenbaum


Vor dem Orangenbaume
Da stand ich lang und sann!
Mich lockten die goldenen Früchte,
Die Blüten lockten mich an.

Nur Eines durft' ich nehmen,
Wenn Blüten, keine Frucht;
Die süßen Pomeranzen,
Ich hätte sie gern versucht.

Da war's als tönte warnend
Zu mir der Engel Sang:
"Die Frucht ist bald genossen,
Die Blüte duftet lang!

Stern und Wolke

Aus schwerer Wolken dunklem Flor
Bricht hell der Abendstern hervor;
Und sinnend nach den Beiden muß ich schauen
Jetzt nach dem Stern, jetzt nach der Wolke Grauen!
Scheint mein Gemüt und deines wunderbar
In Stern und Wolke doch nur dort zu lesen;
Denn bist du Abendstern nicht ganz und gar,
Und ist nicht Wolke nur mein ganzes Wesen?

Besorgnis

Ich fühl's an des Herzens Schlägen,
Voll ist es bis zum Rand,
Es wird noch überfließen
In deiner zitternden Hand!

Bedauern

Ich lieb' dich wie mein Leben,
"Nun wohl, so liebe mich!"
Erkennst du meine Leiden?
"Wohl, ich bedaure dich!"

Da sprach ich bei mir selber:
Mein Lieb nimm dich in Acht;
Mit Mitleid ging manche zu Bette
Und ist mit Lieb erwacht.

Warnung

Weg, weg mit diesem Lächeln
Das freundlich, warm und licht
Mir mild wie Frühlingsschimmer
Ins Mark der Seele bricht.

Weg mit dem Strahl des Auges,
Der tröstend auf mir ruht,
Denn tief in meinem Herzen
Schläft grauser Drachen Brut.

Sie liegen im Winterschlummer
Zum Knäuel wirr geballt,
Doch weh, wenn Frühlingswärme
Auftauend sie umwallt.

Da löst sich Ring vom Ringe;
Der Knäuel wirrt sich los,
Und züngelnde Rachen gähnen
Aus seinem grausen Schoß.

Sprich nicht zu mir! — Dein Atem
Durchzuckt mich wie Maienhauch,
Und weckt er Keim und Blüten,
Er weckt die Drachen auch.

Schon rauscht es in der Tiefe,
Schon langt's empor — Laß ab!
Entflieh! Wenn sie dich fassen
Sie ziehen dich hinab.

Die Köhlerhütte

Lautlos still ein enges Tal,
Ringsum Berge steil und kahl,
      Steingeröll' und dunkle Fichten,
      Keimend aus den Felsenschichten;
Wetterwolken drüber her
Ausgebreitet dumpf und schwer,
      Fern herauf des Bergstroms Grollen;
Felsenblöcke da und dort,
      Wie im Sturm sie niederrollen,
      Wild und einsam ist der Ort.

Und die Hütte, eng' und klein —
Bücke dich, trittst du hinein —
      Roh-Gebälk nur, nackte Erde
      Statt der Dielen, auf dem Herde
Ohne Schlot verglimmt der Brand,
Und der Rauch zieht durch die Wand;
      Spinngewebe in den Ecken,
      Kein Gerät, ein Lager kaum
      Sich zur Ruhe hinzustrecken;
Dumpf und finster ist der Raum:

Und doch brachten Menschen drin
Jahre, lange Jahre hin,
      Brachten's drin zu grauen Haaren
      Werden draus zur Grube fahren!
Sieh, da sind sie! Frau und Mann
Treten grüßend scheu heran;
      Einsam wohnen hier die Beiden,
Ihre Kinder trieb's hinaus,
      Sie vermochten nicht zu scheiden
Aus dem rauchgeschwärzten Haus.

Faß'st du es, sie wollten nicht!
Bis ihr Aug' im Tode bricht,
      Wollen sie ihr Handwerk treiben;
      Köhler sind sie, wollen's bleiben,
Und ihr Leben — Leben? — Nein!
Das ist Leben nicht, kaum Sein —
      Und doch fühl' ich tief im Herzen,
Ich auch zog' aus diesem Haus,
      Mag auch Rauch und Ruß es schwärzen,
Wär' nur Eines, nie hinaus!

Strahlte nur dein Auge drin,
Nähm' ich gern sein Dunkel hin;
      Hielt' mich nur dein Arm umfangen,
      Spielte mir um Stirn und Wangen
Deiner Lippen süßer Hauch,
Fragt' ich nicht um Ruß und Rauch;
      Wärst du mein — ich wollt' entsagen
Allem Tande, der gebricht!
      Aber würdest du es tragen,
Wolltest du's — ich weiß es nicht!

Entschuldigung

Zürnst du, daß verschwiegen still
Dieses Herz dir dienen will?
Honig suchend flattern Bienen
Um die Blüte; zürnt sie ihnen?
Mücken wirbeln überm See;
Trübt sich drum sein Spiegel je?
Um des alten Turmes Zinnen
Flattern Vöglein hin und her;
Achtet er auf ihr Beginnen?
Lass' mich gleiche Huld gewinnen;
Lieb' will lieben, und nicht mehr!

Du weißt es nicht

        Du weißt es nicht, du weißt es nicht!
Wenn stumm mein Auge hängt an deinem,
        Dein blasses Kinderangesicht,
Sich lächelnd niederbeugt zu meinem,
        Wenn deine Stimme zu mir spricht
Mit süßem Nachtigallenkosen,
Was da für Stürme in mir tosen,
        Wie da mein Herz schwillt, blutet, bricht,
        Du weißt es nicht, du weißt es nicht!

        Du weißt es nicht, du weißt es nicht!
Oft wollt' ich schon die Brust entladen
        Von ihres Grames Bleigewicht
Und deine Hand in Tränen baden
        Und flehen — Nein, ich wag' es nicht!
Du würdest sprechen: "Treu, besonnen
Hast mein Vertrauen du gewonnen;
        Was jetzt von deinen Lippen spricht
        Versteh' ich nicht, versteh' ich nicht!" —

        Verstehst du's nicht, verstehst du's nicht,
Wie Zagen bald und bald Verlangen
        Mit Dornen mir das Herz umflicht,
Wie meine Arme nach dir langen,
       Wie du allein mir Luft und Licht,
Wie du allein mir Reiz und Leben —
Nein, Lippe laß kein Wort entschweben,
        Das ihrer Seele Frieden bricht —
        Sie weiß es nicht, sie wiss' es nicht!

Ich schwank' ein Schiff im Meere

Ich schwank' ein Schiff im Meere
Well' nieder und Well' auf,
Jetzt bergen sich meine Sterne
Jetzt flammen sie hellauf.

Heut trag' ich fromm im Herzen
Dich wie ein Heil'genbild,
Und morgen streck' die Arme
Nach dir ich kühn und wild.

Heut leb' ich von deinem Lächeln,
Und morgen wär' mir's Lust,
Ich säh' den letzten Atem
Entschweben deiner Brust,

Das ist der Liebe Wesen,
Sie trübt und sie erhellt,
Sie hofft und sie verzweifelt,
Sie schwebt empor und fällt.

Sie will den Schaum vom Becher,
Doch seine Hefen auch,
Sie will die helle Flamme
Und will den trüben Rauch.

Sie will die ganze Seele
Den letzten Tropfen Blut,
Eins will sie sein und Alles,
Des Lebens einzig Gut!

Du liebst mich nicht

Du liebst mich nicht! — Ich fühlt' es tief,
Als deine Stimme jetzt mir rief;
     Kein Beben war in ihrem Klang;
     Das Wort tönt schüchtern nur und bang
Das junge Liebe stammelnd spricht! —
Du liebst mich nicht, du liebst mich nicht!

Mir sagt's dein Blick, der hell und rein
Mir schaut ins tiefste Herz hinein
     So unverwandt, so unverhohlen;
     Der Strahl flammt schüchtern und verstohlen,
Der aus dem Aug' der Liebe bricht!
Du liebst mich nicht, du liebst mich nicht

Mir sagt's die Hand, die unbewegt
Sich kalt und starr in meine legt;
     Da war kein Zucken, war kein Zittern,
     Wie sonst die Herzen will erschüttern,
Wenn Lieb' in Eins die Hände sticht;
Du liebst mich — nein, du liebst mich nicht!

Du zeigst mir deiner Seele Grund,
Du gibst dein ganzes Herz mir kund,
     Mir willst du nichts verborgen halten,
     Doch Liebe birgt in Schleierfalten
Dem Tag ihr schamrot Angesicht;
Du liebst mich, nein, du liebst mich nicht!

Dein Sinn ist kalt, dein Herz ist leer:
Mir ist, als liebt ich dich nicht mehr,
     Mir ist, als flöhen meine Blicke,
     Mein Herz, mein Blut vor dir zurücke,
Als könnt' ich, wenn dein Auge brach,
Aufjauchzen — Ja — doch mein's bräch' nach!

Ja oder Nein

Ja oder Nein? —
Inmitten liegt das Schwanken,
Inmitten die Gedanken,
Inmitten Qual und Pein!

Nie oder jetzt!
Nur flüchtig schäumt's im Kruge;
Leer' ihn mit Einem Zuge,
Nicht bloß den Mund genetzt.

All oder Nichts!
Das ganze Meer der Wonne,
Die Mittagsglut der Sonne,
Nicht einen Funken Lichts!

Lieb' oder Haß!
Dein Wille soll entscheiden,
Doch was du wählst von beiden
Nur gib mir volles Maß.

Erkenntnis

Was ist das Leben? — Einmal war es mir,
      Als wär's ein Bach und Blumen sah ich kommen
      Auf seiner klaren Flut herabgeschwommen,
Dicht Kranz an Kranz, dort Lorbeern, Rosen hier!
      Die blieben all' nun aus; kaum will zu Zeiten
      Ein herbstlich gelbes Blatt noch niedergleiten.

Was ist das Leben? — Schien mir's nicht einmal
      Ein Feuerbrand und eine blanke Klinge,
      In meine Hand gelegt, daß ich sie schwinge;
Nun zähl' ich trüb die Scharten ab im Stahl,
      Und jenes Brandes leuchtend zündend Flammen,
      In Asche brach verlöschend es zusammen!

Ja damals, dacht' ich, was das Leben sei,
      Da schien es mir ein Himmel, Stern' an Sternen;
      Doch jeder schwand mir noch in Nebelfernen,
Statt ihrer Fülle blieben mir nur zwei,
      Die ferner noch als jene andern prangen,
      Dem Wunsch zu hoch, zu heilig dem Verlangen.

Und jetzt begreif' ich, was das Leben ist;
      Die Schule ist's, in der uns Gott,will lehren,
      Die Sterne schauen, und sie nicht begehren,
Bis Er den Weg zum Himmel uns erschließt.
      Drum Seele, Mut; was sträubst du dich zu lernen;
     Es geht kein Weg als der zu deinen Sternen!

Nur zu

Wie Windsbraut dringt die Liebe
Ins tiefste Herz mir ein:
Nur zu! — Vordem war Nebel,
Nun wird das Wetter rein.

Und wühlt die Pflugschar Liebe
Der Seele Mark mir auf,
Nur zu! — Der Grund lag wüste,
Nun sprießen Saaten drauf!

Mein Herz, ich will dich fragen

Mein Herz, ich will dich fragen,
Was ist denn Liebe, sag'? —
"Zwei Seelen und ein Gedanke,
Zwei Herzen und ein Schlag!"

Und sprich, woher kommt Liebe? —
"Sie kommt und sie ist da!"
Und sprich, wie schwindet Liebe? —
"Die war's nicht, der's geschah!"

Und was ist reine Liebe? —
"Die ihrer selbst vergißt!"
Und wann ist Lieb' am tiefsten? —
"Wenn sie am stillsten ist!"

Und wann ist Lieb' am reichsten? —
"Das ist sie, wenn sie gibt!"
Und sprich, wie redet Liebe? —
"Sie redet nicht, sie liebt!"

Ungleiche Teilung

Für dich des Liedes Klänge,
Für mich des Schaffens Qual;
Für mich der Muschel Leiden,
Für dich der Perle Strahl;

Für dich die Lorbeerkronen,
Die Dornenkränze mir;
Für mich die dürren Höhen,
Die grünen Täler dir;

Für mich des Herzens Stürme,
Dir seinen Sonnenschein,
Für mich des Bechers Hefen,
Der süße Schaum sei dein!

Und sagst du: Ungleich teilen
War nie der Liebe Brauch;
So wiss', es wohnt Entzücken
In ihrem Schmerze auch.

Stille Liebe

Orkan war einst mein Lieben,
Und Donner und Blitz und Brand,
Und Meeresbrandung schäumend
An steilem Uferrand.

Und Bergstrom war's und tosend
Zerbrach es der Dämme Haft,
Und sprengte der Brücken Joche
In ungezähmter Kraft.

Ein Bächlein klar und helle
Fließt's nun hinab zu Tal,
Und folgt der Bergschlucht Krümmung,
Nicht mehr der eignen Wahl.

Und wo der Felsblock hemmend
Den Pfad ihm sperren will,
Da weitet sich's gehorsam
Zum Weiher klar und still;

Und Busch und Schilf umschlingen
Ihn rings, ein grüner Kranz,
Und seine Wellen strahlen
Zurück der Sonne Glanz;

Und seine Wellen strahlen
Zurück der Sterne Glut,
Und blauer Himmel spiegelt
Sich lächelnd in seiner Flut.

Jetzt, tief in deiner Stille,
In deiner Ruhe klar.
Jetzt erst erkennst du, Seele,
Daß Wahn dein Streben war.

Jetzt fassest du, daß Liebe
Tief ist und klar und still,
Daß sie das Bild des Himmels
Uns widerstrahlen will.

In der Dämmerung

Der Abend ist gekommen;
Es dunkelt, Sturm bricht los;
Dem Kinde bangt, da flüchtet
Es auf der Mutter Schoß.

Es schmiegt sich in ihre Arme,
Es hüllt sich in ihr Gewand,
Es schlingt um ihren Nacken
Umklammernd die schwache Hand;

Die Mutter aber lächelt
Dem bangen Kinde zu.
Und singt ihm fromme Lieder,
Und wiegt's in süße Ruh'!

Mein Herz ist wie die Kinder! —
Es dunkelt, Sturm bricht los,
Ihm bangt, wohin soll's flüchten,
Als in der Liebe Schoß? —

Mein Herz ist wie die Kinder;
Es fürchtet sich allein;
Es streckt nach dir die Arme,
Es will bei der Mutter sein!

Der Liebe Himmelfahrt

Ich sah ein Bild im Traume
Das war von sond'rer Art;
Es war, soll ich's euch nennen,
Der Liebe Himmelfahrt.

Mir war's, als schwämm' in Äther
Entfesselt mein Geist umher;
Weit offen stand der Himmel,
Ein flammend Strahlenmeer.

Und ringsum donnernd schallte
Der Engel Freudenpsalm;
Tief unten lag die Erde,
Verhüllt in Nebelqualm.

Da rang es aus der Tiefe
Sich plötzlich leuchtend los,
Und hell wie Silberwolken
Entquoll es ihrem Schoß.

Doch näher herangekommen,
Da waren's Wolken nicht;
Zwei Seelen, sah ich, schwebten
Empor zum ew'gen Licht.

Sie waren anzuschauen,
Wie Kinder zart und hold,
Der Einen Schwingen Silber,
Der Andern lichtes Gold.

Sie hielten sich umschlungen,
Als wär'n sie aus einem Guß;
Sie hielten sich umschlungen
In langem süßen Kuß.

Sie kamen von der Erde,
Und sahen nicht zurück;
Sie sahen nicht auf zum Himmel;
Der schwamm in ihrem Blick.

Stumm waren ihre Lippen,
Doch wie ein Freudenschrei
Zog ihrer Schwingen Rauschen
An meinem Geist vorbei.

Sie stiegen in die Höhe;
Und wo im hellsten Schein
Das Meer des Schimmers wogte,
Da stürzten sie sich hinein.

Sie schwammen, eng verschlungen,
Ein sel'ger Hauch empor,
Bis sie mein Blick geblendet
Im Strahlenmeer verlor.

So träumt' ich, und sei Jedem,
Der liebt, der Traum beschert;
Das ist nicht rechte Liebe,
Die nicht gen Himmel fährt.

Ein seliger Augenblick

Laßt mich Sterne, Mondenschein,
Laßt bei euch allein mich sein,
      Daß ich ruhend vom Entzücken
In der Zukunft Paradies,
Das ihr Auge mir verhieß,
      Mög' gefaßt hinüber blicken.

Laß mich, wo kein Lauscher wacht,
Mondbeglänzte Maiennacht,
      Laß mich danken, laß mich beten,
Denn ich fühl's in tiefster Brust,
In der Fülle meiner Lust
      Ist der Herr zu mir getreten!

Morgen mit dem neuen Tag,
Morgen komme, was da mag,
      Morgen, Herz, magst du dich grämen
In des alten Zweifels Pein,
War sie heut doch, heute dein,
      Laß dir heut dein Glück nicht nehmen!

Laßt mich Sterne, Mondenschein,
Laßt vor euch mich selig sein!
      Fern dem rauschenden Gewimmel,
Laßt mich einsam und allein,
Im Bewußtsein, daß sie mein,
      Mich versenken wie im Himmel!

Eine dunkle Stunde

Der Traum ist aus, mein Glück ist hin! —
Wenn's auch dein Mund nicht spricht,
Ich fühl', daß ich dir nichts mehr bin,
Verhehl' es, läugn' es nicht!

Schlang meine Lieb' einst weich und warm
Ein Mantel um dich sich her,
Beengt nun fühlst du Hand und Arm,
Nun wärmt er dich nicht mehr.

Die Seele, dir, nur dir geweiht,
Du kennst sie ganz und tief,
Und sieh, nun legst du sie bei Seit'
Wie einen gelesenen Brief.

Ein Becher schien dir einst mein Herz,
Nun da an seinem Rand
Du dich berauscht in Lust und Schmerz,
Entsinkt es deiner Hand.

O laß es fallen! Wenn's auch birst,
Betrüb' dich nicht zu sehr,
Für einen Freund, den du verlierst,
Bewacht dich ein Schutzgeist mehr!

Vertrau dich, Herz, der Liebe

Vertrau' dich Herz der Liebe!
Was immer dich bewegt,
Mitteilend auf die Schultern
Der Liebe sei's gelegt!

Ihr zeig' dein ganzes Leben,
Wo's strahlt im hellsten Licht,
Und wo mit nächt'gen Wolken
Es Wahn und Schuld umflicht!

Was immer du verbrochen,
Gesteh' ihr's, sie vergibt;
Gerecht das sind gar Viele,
Doch mild ist nur, wer liebt!

Und fielst du, ruf' zur Liebe
Empor aus der Tiefe Grab,
Sie reicht dir in den Abgrund
Die starke Hand hinab.

Sie führt dich zu den Höhen,
Und wankt und bricht dein Mut,
Sie küßt dir Glut ins Auge,
Und Flammen dir ins Blut.

"Auf, spricht sie, du wirst siegen,
Denn Liebe traut dir's zu,
Und Liebe kennt dich besser,
Und liebt dich mehr als du!"

Bitte

Mein Lieb, mit Leib und Leben
Nimm ungeteilt mich hin;
Nur Eins laß mich erstehen,
Nur nimm mich, wie ich bin.

Und sprich nicht: Sei gefügig!
Denn sieh, mein Sinn ist hart,
Und sprich nicht : Sei besonnen!
Denn rasch ist meine Art.

Laß uns're Liebe wachsen,
Frei wie den Baum im Wald,
Und ohne Ast und Knorren
Wird keine Eiche alt.

Schneegestöber

Schneegestöber wirbelt hin
Um die eisbelegten Scheiben,
Und behaglich vom Kamin
Schauen wir der Flocken Treiben.

Freuen uns, daß weich und lind
Wärme rings uns hält umwoben,
Während draußen Schnee und Wind
Kämpfend durcheinander toben.

Laß denn auch, wenn draußen wild
Alte Zeit und neue ringen,
Laß dieselbe Ruhe mild
Uns der Seele Mark durchdringen!

Laß uns froh der innern Glut,
Will uns Wintersturm umnachten,
Flüchten in der Liebe Hut,
Und des Lebens Frost verachten.

Mag dann wirr wie Flockenschwarm
Tag für Tag vorübertreiben,
Bleiben uns die Herzen warm,
Wird die Zeit auch hell uns bleiben.

Mag dann fliehen Jahr für Jahr,
Wenn wir wie vor Jahren lieben,
Dann ergraut uns wohl das Haar,
Doch wir selbst sind jung geblieben.

Drei Wunder

Als dich mein Arm zum erstenmal umschlungen,
Von Staunen fühlt' ich dreifach mich durchdrungen.

Zuerst, daß ich's vermocht, so viel zu wagen,
Dann daß du's nicht vermocht, mir's zu versagen;

Das dritte war — und sänn' ich jahrelang,
Ich fass' es nicht, und werd' es niemals fassen —
Daß ich's erreicht, daß dich mein Arm umschlang,
Und konnte dich — und konnt' dich wieder lassen! —

Geheimnis

Still, trunkne Lippen! Hütet euch zu sagen,
Welch' reiche Lust Geheimnis mir umflort,
Und selig stumm trotzt eitler Neugier Fragen!
Was einer spricht, gleich hört man's da und dort,
Was dir gefiel, auch andern wirds behagen;
Bewahrt will Glück sein wie ein reicher Hort,
Sag' wo er liegt, gleich wird er weggetragen;
Verrat an Liebe ist ein Doppelmord,
Denn fremdes Glück wie eignes liegt erschlagen;
Wenn Liebe Alles ist, und nichts ein Wort,
Wer wird um nichts so süße Freuden wagen;
Drum küss ich sie im Stillen fort und fort,
Denn Vorsicht schützt, doch wenig helfen Klagen.

Treue

Mein Lieb, du schwörst mir Treue?
Was nützt das tote Wort,
Was nützt mir deine Treue
Ist deine Liebe fort!

Und hab' ich deine Liebe,
So hab' ich die Treue auch;
Denn Liebe ist die Blume
Und Treue ihr würz'ger Hauch.

Denn Liebe ist die Schale
Und Treue der süße Kern,
Denn Liebe ist der Himmel
Und Treue sein lichter Stern.

Mein Lieb, schwör mir nicht Treue!
Denn wenn die Liebe flieht,
Wann stürzt des Himmels Wölbung,
So fallen die Sterne mit!

Zwei Kameraden

Es ziehen zwei Wandrer waldein, waldaus,
Bei Nacht und Nebel und Sturmgebraus;

Zwei treue Gesellen, ein Herz, ein Sinn,
So schreiten sie mutig im Dunkel hin.

Und gehen sie irre, da mahnt alsbald
Der Eine den Andern! Geselle, halt!

Der wankt am Abgrund! Da faßt am Rand
Ihn rettend des treuen Gesellen Hand;

Folgt Jener des Irrlichts verlockendem Schein,
Der treue Geselle spricht warnend: Nein!

Und setzen sie über des Bergstroms Flut,
Spricht Einer zum Andern: Nun frischen Mut!

Und wer zuerst das Ufer fand,
Der reicht dem Andern die helfende Hand.

So ziehen sie hin in der toten Nacht,
Bis endlich belebend der Tag erwacht.

Und bei des Morgens rotgoldigem Schein
Erreichen sie einen Meilenstein;

Und wo er aufragt am Bergeshang,
Da hemmen sie den raschen Gang.

Und ruhend vom beschwingten Lauf
Da blicken sie um, und atmen auf;

Und denken, rückblickend auf ihren Pfad;
"Wo wär' ich, wär nicht mein Kamerad!"

Und denken, ausblickend ins Land hinein!
"Mein Kamerad wird bei mir sein!"

Und wie nun so Einer beim Andern stand,
Da reichen sie über den Stein sich die Hand;

Und schauen sich an ernst, treu und lang,
Und fester Hand die Hand umschlang;

Und nicken sich zu, und Jeder spricht:
Hab' Dank! und! Weiter! Mehr sagen sie nicht!

Wir aber am Tag, der das Jahr erneut,
Stehn auch am Meilensteine heut!

Und ich reich' die Hand dir über den Stein;
Herzlieber Kamerad, schlag ein!

Und wenn nun Hand die Hand umschlang,
So blick mich an ernst treu und lang;

Und laß mich lesen in deinem Blick:
"Ich zieh' sie nimmermehr zurück!

Und wandre du Jahr aus, Jahr ein
Dein Kamerad wird bei dir sein!

Und laß mich — Nein, das Wort gebricht!
Hab Dank! und: Weiter! Mehr sag ich nicht!"

Beim Abschied

1.
Ich müh' mich ab, und kann's nicht verschmerzen,
Und kann's nicht verwinden in meinem Herzen,
Daß ich den und jenen soll sehen,
Im Kreis um mich herum sich drehen,
Der mich nicht machte froh noch trübe,
Ob er nun ginge oder bliebe,
Und nur die Eine soll von mir wandern,
Für die ich ertragen all die Andern.

2.
Es müßte nicht geschieden sein,
Wärst du nur klein, recht klein;
Dann sperrt' ich dich in einen Schrein,
Gefügt aus Gold und Edelstein,
Und hing' dich an ein Kettelein,
Und trüge dich am Herzen mein,
So müßt' es nicht geschieden sein;
Wärst du nur klein, recht klein!

3.
Leben, Leben! — Wie fang' ich's an,
Wenn mir kein Tag mehr sagen kann,
Ich bring' dir dies, ich bring' dir das,
Wenn nur die Zeit bleibt, ohne Maß,
Wenn die Sonne dem Tag gebricht,
Und den Nächten ihr Sternenlicht,
Der Flur das Grün, den Lüften ihr Hauch,
Wenn Alles trüber Nebelrauch!
Leben, Leben! — Wie wird das sein,
Wenn du ferne bist, und ich allein!

Drei Jahre

Drei Jahre!
Trübe und klare,
Ernst bald und bald heiter,
Sie kamen und rauschten weiter;
Drei Jahre!

Drei Jahre! Tausend Tag und mehr,
Und doch an jedem still und hehr,
Ob trüb der Himmel oder helle,
An jedem aus des Meeres Welle
Stieg funkelnd licht der Sonne Schein
Und strahlte in die Welt hinein,
Und wie sie im Lenz die Keime weckte,
Mit Gold im Sommer die Saaten deckte.
So reifte sie im Herbst den Wein,
Und in den Winter noch hinein
Durch Sturm noch und Nebel und Eis und Frost
Brach ihres treuen Strahles Trost;
Und barg Gewölk auch ihren Schein.
Wir fühlten sie Jahr aus, Jahr ein!

Drei Jahre sind's, in banger Nacht
Ist mir auch eine Sonn' erwacht
Und Frühlingsduft und Frühlingslieder
Erweckte sie mir im Herzen wieder.
Und reifte mir mit ihren Gluten
Die Saaten, die mir im Busen ruhten,
Verscheuchte mir mit ihrem Licht
Des Herbstes Nebel, schwer und dicht,
Durch Wintersturm und Eis und Frost
Brach ihres treuen Strahles Trost,
Und barg Gewölk auch ihren Schein,
Ich fühlte sie Jahr aus, Jahr ein! —

O meine Sonne, still und hehr
Strahl' mir noch ferner wie bisher!
Nicht bloß drei Jahre oder zehn.
So lang die Augen offen stehn;
So lang das Herz noch fühlt und schlägt,
Die Seele noch Gedanken hegt,
In Sturm und Nacht, in Gram und Graus,
Nicht hier bloß, über's Grab hinaus,
Umstrahl mich treu, du liebes Licht!
Mir bangt im Dunkeln, verlaß mich nicht!

Gute Nacht

Gute Nacht! Nicht Ruhe finden
Könnt' ich, trüg' ich nicht den Winden
       Diesen Gruß an dich noch auf!
       Scheint mir doch des Tages Lauf
Erst beschlossen und vollendet,
Wenn ich sprach dir zugewendet:
                                          Gute Nacht!

Gute Nacht! Küßt Morgen wieder
Frührot dir die Augenlieder,
       Hauch ich: Guten Tag! dir zu!
       Eins und Alles ja bist du
Meinen Tagen, vom Beginnen
Bis zum Gruß, wenn sie verrinnen:
                                          Gute Nacht!

Gute Nacht! Ich sag' dir's täglich.
Heiter bald, bald trüb und kläglich.
       Wie's die Stunde bringen mag;
       Doch ich weiß nicht einen Tag,
Daß ich, sinkend auf mein Bette,
Nicht im Geist gesagt dir hätte:
                                          Gute Nacht!

Am Ort der Begegnung

Sei mir gegrüßt
Waldsaum mit den rauschenden Schatten
Rasen mit den einsamen Blumen,
Abhang mit dem duftenden Moos,
Sei mir gegrüßt, heilige Stätte.

Nach dem Ursprung des Niles sucht ihr,
An den Quellen zu stehen,
Denen der heilige Strom
Rauschend entsprudelt,
Mit befruchtender Welle
Hinab zu wallen durch Ägyptens
Sonnenverbranntes Gefild,
Und überschwellend die flachen Ufer
Segen auszugießen,
Segen zurückzulassen,
Dem dürren, verschmachtenden
Lechzenden Land!

Nach den Wiegen des Genius,
Nach der Schwelle des Hauses wallfahrtet ihr,
Unter dessen Gebälk
Der großen, gottgesendeten
Welterschütternden Geister einer
Zuerst einst die Augen dem Licht
Geöffnet und den Tag und die Welt
Vorahnend mit Tränen begrüßt;
Und ihr knieet und küßt die heilige Schwelle,
Und tiefer empfindet ihr,
Dankbarer fühlt ihr,
Wärmer durchschauert euch
Des Gottes im Menschen, des Genius
Mächtiges Walten!

Wandert und sucht nach den heiligen Stätten,
Fand ich die meine doch hier,
Hier in des Waldsaumes rauschenden Schatten,
Hier auf des Abhangs duftendem Moos!
Zwar der Nil nicht, der siebengemündete,
Aber auch ein mächtiger Strom,
Einer gewaltigen Leidenschaft
Stündlich steigende Flut
Entsprang hier, und ergoß sich
Wild hinbrausend aber belebend,
Überschwellend aber befruchtend,
Durch meines Lebens traurige
Öde Verlassenheit!
Zwar nicht Dante und Shakespeare,
Tasso nicht, noch Petrarka,
Aber auch ein Genius,
Meiner Liebe segnender Schutzgeist,
Ward hier geboren,
Weinend und lächelnd zugleich
Unter Blumen geboren!

Und ich kniee und küsse die Stelle! —
Mag ein Volk die Stätte feiern,
Jenes die andre schmücken
Mit Bildern von Marmor und Erz,
Du meiner Seele Heimat,
Du meines Schicksals Wiege,
Du meiner Träume Eden
Du bist mir heilig, geweiht
Vom Strahl ihres Auges, vom Hauch ihres Atems!
Du bist mir heilig,
Ort der Begegnung!

Gar lang schon ist's her

Ein Fleck war im Walde, ein blumiger Fleck;
Das Grün ist verkommen, die Blumen sind weg.
Dort stand eine Buche, ein stattlicher Baum,
Es drang durch die Zweige der Sonnenstrahl kaum;
Wie rauschten die Blätter! — Sie rauschen nicht mehr,
Gefällt ist die Buche, gar lang schon ist's her!

Dort rieselt ein Bächlein, ein munterer Quell,
Er murmelt so friedlich, er sprudelt so hell;
Er windet und krümmt sich, und springt über'n Stein,
Und singt seine Lieder in die Waldnacht hinein;
Er singt seine Lieder, das Herz wird mir schwer;
Ich hörte die Lieder, gar lang schon ist's her!

Und dorten im Walde da saßen wir zwei,
Es rauschte zu Füßen der Bach uns vorbei,
Er sang seine Lieder, wir hörten nicht drauf;
Es strahlten die Sterne, wir blickten nicht auf;
Wir kosten und küßten, und liebten uns sehr,
Die Lieb' ist vergangen, gar lang schon ist's her.

Ich war einst ein Bursche, so drall und so stark,
Die Seele voll Feuer, die Glieder voll Mark,
Das Auge so glühend, die Stimme so hell,
Ich sang meine Lieder trotz Bächlein und Quell;
Ich sang meine Lieder, ich sing' sie nicht mehr.
Mein Herz ist gebrochen, gar lang schon ist's her!

Nun such' ich im Walde den blumigen Fleck;
Das Grün ist verkommen, die Blumen sind weg.
Gefällt ist die Buche, so stattlich und schlank,
Die Lieb ist vergangen, das Herz ist mir krank.
Mir ist als rauscht' es vom Bache mir her;
Vorbei deine Jugend, gar lang schon ist's her.

Vorwurf

Die Blume, die dir blühte, dir allein,
      Will minder auch ihr Duft dich jetzt entzücken,
      Sie blüht ja noch, noch kehr' ihr nicht den Rücken,
Noch gönn' ihr deines Blickes Sonnenschein!

Im Brunnen, der dich labend oft erquickt,
      Verschmäht gestillter Durst auch seine Welle,
      O trübe tändelnd nicht der Fluten Helle,
Aus der dein Bild nur dir entgegenblickt.

Die Zither, die so oft dir Wohllaut klang,
      Berühr' sie, steh' ich, weich mit zarten Händen,
      Und wenn zu straff sie eine Saite fänden,
O zerr' nicht an der armen, bis sie sprang.

Ist deine Liebe, deren Strahlenschein
      Mein Haupt ich einst vergoldend sah umschimmern,
      Auch gleich der Abendröte im Verglimmen,
Laß sie verglimmend doch noch — dankbar sein!

Hochzeitlieder

1.
"Mein schönes Fräulein, guten Tag!
Wie haben Sie geruht?"
"Ich danke sehr, mein werter Freund!
Geschlafen hab' ich gut!"

"Man sagt mir, Sie vermählten sich!"—
"Heut werd' ich kopuliert!" —
"Ich dachte doch, Sie liebten mich!" —
"Da haben Sie sehr geirrt!" —

"So fahr denn hin, auf ewig hin,
Und lebe lang und froh!" —
"Halt Werter! halt, wo stürmst du hin!"
"Mein Fräulein — ins Bureau!"

2.
Du wirst mich nie vergessen,
In Glück und Unglück nicht!
Er wird ans Herz dich pressen,
Und du vergiß'st mich nicht?

Wenn er in deine Haare
Die grüne Myrthe flicht,
O denk dich am Altare! —
Und du vergiß'st mich nicht?

Denk' dich in seinen Armen
Im matten Dämmerlicht,
Fühl' jeden Sinn erwarmen,
Und du vergiß'st mich nicht?

Denk' ihn zu deinen Füßen! —
Fühl' wie dein Auge bricht
In seinen Flammenküssen! —
Und du vergiß'st mich nicht?

O Gott, vergiß mich lieber,
Als daß du meiner denkst,
Wenn schamrot vor dem Sieger
Du deine Blicke senkst!

3.
Ich will dich zur Hochzeit schmücken,
Und schmück' ich dich auch nicht mir,
Ich will dich so bräutlich schmücken,
Wie keine Braut vor dir.

Erst wind' ich dir in die Locken
Den duftenden Blütenkranz;
Ich web' ihn aus hellen Rosen
Und aus der Lilien Glanz.

Und denk' bei den weißen Lilien:
So bleicht ihn Gram und Schmerz;
Und denk bei der Glut der Rosen:
So blutet sein armes Herz!

Und wenn ich des Schleiers Wolke
Dem Kranze hinzugefügt —
O denk', daß schwerer Kummer
Wie Wolken auf mir liegt!

Ich wind' um den weißen Nacken
Die schimmernde Perlenschnur,
Und fragst du, was sie bedeuten,
Sieh in mein Auge nur.

Dann schmieg ich den edlen Gliedern
Die Atlashülle an,
Wie immer deiner Laune
Die meine es getan.

Und um des Leibes Mitte
Da schling ich den Gürtel fest;
Ich knüpf' ihn mit drei Knoten,
O glücklich, wer ihn löst!

Dann drück' ich die weißen Hände
Noch einmal zu guter Letzt! —
Ich drück' sie, bis eine Träne
Das Antlitz dir benetzt!

Da werden die Eltern sagen:
"Sei klug! 's ist bald vorbei!"
Der Bräutigam wird denken:
"Hm, das ist Ziererei!" —

Ich aber denk bei mir selber:
"Mir galt der Perlentau!
Ich hab' die Träne bekommen,
Ein Anderer nimmt die Frau!"

4.
Am Sonntag in der Kirche —
Hab' ich's euch schon erzählt? —
Am Sonntag in der Kirche,
Da ward mein Lieb vermählt! —

Ich bin an der Tür gestanden
Sie ging an mir vorbei! —
Da zuckt's in meinem Busen,
Als bräch' das Herz entzwei.

Ich sah an ihrer Seite
Den schmucken Bräutigam —
Wie war er voll Lust und Freude,
Wie war ich voll Schmerz und Gram!

Die Rede war zu Ende,
Da hat sie: Ja! gesagt! —
"Nein!" schrie's in meinem Herzen,
Hat Niemand darnach gefragt.

Es schlang um ihre Hände
Der Priester das heil'ge Band,
Da hob' ich den Blick zum Himmel
Anklagend hinaufgewandt.

Der Priester sprach den Segen
Ich aber sprach den Fluch! —
Ein Engel hat ihn vernommen,
Und trägt ihn ins Schuldenbuch.

5.
Ich hab' dich geliebt mit Andacht,
Wie man den Heil'gen tut;
Es war ein Schatz von Liebe
In meines Busens Hut!

Du warst in mein Herz geschlossen,
Wie in die Frucht der Kern;
Ich hab' dich hoch gehalten,
Wie meinen Augenstern.

Ich hab' dich herausgerissen
Aus meines Herzens Schrein,
Und wärst du das Licht meiner Augen,
So wollt' ich geblendet sein.

6.
Ich bin vor dem Haus gestanden,
Dem hellen Hochzeithaus;
Und Festesjubel schallte
Verhallend zu mir heraus.

Ich sah die Diener rennen
Geschäftig durch Gang und Saal,
Ich sah die Gäste sitzen
Am schwelgerischen Mahl.

Ich sah die Gäste kommen,
Ich sah die Gäste geh'n,
Ich hab in Nacht und Dämmern
Die Lichter verlöschen seh'n! —

Nur mehr ein Lämpchen flimmert
Mit mattem Dämmerschein,
Und wo das Lämpchen flimmert,
Da sind sie nun — allein! — —

Da lacht' ich, da pfiff ich,
Da stürzt ich nach Haus;
Da seufzt ich, da stöhnt' ich,
Da weint ich mich aus.

7.
So soll ich von dir scheiden,
Und soll dich nicht mehr seh'n,
Nicht mehr nach deinen Blicken
Nach deinen Schritten späh'n.

Und nicht mehr mich erfreuen
An einem milden Wort,
Und still zum Himmel blicken
Und denken! Vielleicht dort!

Du wirst mich bald vergessen,
Du bist wie alle sind!
Wirst deinem Mann gehorchen
Und leben in deinem Kind.

Und sehen wir uns wieder
Nach manchem langen Jahr,
Wir werden uns kaum erkennen
In Runzeln und grauem Haar!

Die alternde Matrone
Steht vor dem hagern Greis!
Gelähmt die flinken Sehnen,
Das Blut erstarrt zu Eis.

Da werd' ich zierlich sprechen:
"Wie geht es dem lieben Mann?"
Und du wirst höflich knicksen:
"Nu, wie es eben kann!"

Ich werde charmant dich finden,
Und du mich konserviert.
Und denken wir unsrer Jugend,
So werden wir Beide touchiert.

Ich werde dich fixieren,
Und du wirst mühsam rot;
Du seufzest: "die schönen Zeiten,"
Und ich: "du lieber Gott!" —

Ich mache meinen Bückling,
Du ladest zum Speisen mich ein;
Dann gehen wir Beide soupieren,
Und schlafen bis früh um neun! —

So wird sie friedlich enden
Die ganze Liebesnot;
Es müßt' nur sein, ich schöße
Mich etwa früher tot.

8.
Was weht um meine Schläfe
Wie laue Frühlingsluft,
Was spielt um meine Wangen
Wie süßer Rosenduft?

Es ist dein holder Gedanke,
Der tröstend mich umspielt,
Es ist dein stilles Sehnen,
Was meine Schläfe kühlt!

Und was wie Harfenklänge
Um meine Sinne schwirrt,
Mein Name ist's, der leise
Von deinen Lippen irrt.

Ich fühle deine Nähe!
Es ist dein Wunsch, dein Geist,
Der mich aus weiter Ferne
An deinen Busen reißt.