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Sonette
 

Von wannen?
Sehnsucht
Verlorene Liebe
Liebesgeschick
Im Sturme
Lenzesgabe
Das Schöne
Sterben für ein Schönes
Im Dienste des Schönen
An Jadviga
Natalie
Seliges Leid
Spiel der Blicke
Besorgnis
Gewitter im Walde
Die Rosenknospen
Du

 
Aspasia
Flatternde Locken
Im Spiegel
Lebenswonne
Kosmogonie
Die Söhne des Lichts
Ein welker Kranz
Letzter Reigen

 
An P.
Lieder im Walde
Verschollene Liebe
Ermüde nicht!
Meereswildnis
Langeweile
Regen im Walde
Zur "Venus im Exil"

 

Von wannen?


Meerüber strebt das Vöglein, und berühret
Die Woge nicht mit seinen müden Schwingen:
Zum ersten Mal meerüber strebt's zu dringen,
Von unbewußtem Herzensdrang geführet.

Da weht von Küsten, die der Lenz erküret,
Ein Duft herüber und ein lockend Klingen:
Das Vöglein staunt und jauchzt: Woher entspringen
Die Wonnen, die mein Herz so lieblich spüret? —

So liegt, ein Abgrund, unter uns das Leben,
Ein trübes Schicksal, das die Parzen spannen,
Und d'rüber hin geht unser sehnend Streben:

Oft aber rauscht der trübe Sturm von dannen,
Und neuer Welten Wunder uns umschweben
Im Dämmerschein — wir wissen nicht von wannen?

Sehnsucht

Ich sehne mich nach gold'nen Glückes Zielen,
Nach süßem Munde, hocherblühten Wangen;
Von weichen Armen wär' ich gern umfangen,
Und meine Lippen fänden gern Gespielen.

Ich möchte nicht umsonst mit Blicken zielen
Nach einem schönen Auge voll Verlangen:
An einem zarten Halse möcht' ich hangen,
Und fessellos in seid'ner Locke spielen!

Wohl reizt mein sehnend Auge manch' ein lichtes
Gebild, das tausend Reize hold beleben;
Doch ach, kein süßes Wort der Liebe spricht es.

Es hält nicht stand dem glüh'nden Liebesstreben:
Der Zauber eines holden Angesichtes
Berührt mich stets nur im Vorüberschweben!

Verlorene Liebe

In meinem Herzen wogt und klingt die Liebe,
Der Strom der Sehnsucht, heiß und allumfangend!
Nach außen strebt er stürmisch, glutverlangend —
Was wäre Sehnsucht, die verhohlen bliebe?

Doch es umkränzt den Quell so glüh'nder Triebe
Kein Blütenufer, glatt und weich und prangend;
Ihm blaut kein Meeresschoß, drin lusterbangend
Und todesfroh sein sel'ger Strom zerstiebe.

Wie hoch vom Felsenrand, dem scharfgezackten,
In Waldesdunkel, fern dem Glanz der Sonnen,
Der Bergstrom stürzt in düst'ren Katarakten:

So stürzt, aus himmelnahen Quell geronnen,
Vertosend einsam in des Liedes Takten,
In öde Nacht sich meiner Liebe Bronnen!

Liebesgeschick

Zu Blumen schmiegt' ich mich in süßen Minnen,
Sie welkten hin, und ließen mich alleine:
Nach Strahlen hascht' ich, goldig buntem Scheine,
Doch bald auch schwand der schöne Glanz von hinnen.

Nach Klängen lauscht' ich mit entzückten Sinnen,
Doch allsogleich starb ihre Spur im Haine:
Und was ich liebend gern genannt das Meine,
Es schwand dahin, ich durft' es nicht gewinnen.

Und wie der Schiffer zagt, mit Blicken hangend
An Küsten, die ihm fern in Duft verschwammen,
So zag' ich, um Verlornes schwer erbangend.

Es schlugen sehnend meiner Liebe Flammen
Empor — umsonst! Und nun, nach Stoff verlangend,
Verzehren sie das Herz, aus dem sie stammen!

Im Sturme

Hörst du des Meeres kristallene Sirenen,
Die Wogen, ihre nächt'gen Lieder singen?
Siehst du, wie tanzend sie den Reigen schlingen,
Und jauchzend sich mit Schaum-Demanten krönen?

Die Wolken zieh'n, des Strandes Klippen dröhnen,
Der Wald erwacht und jauchzt, miteinzuklingen,
Indes, emporgescheucht auf Rabenschwingen,
Der Mondnacht Geister in den Lüften stöhnen.

Dazwischen ist's, als ob sich Stimmen riefen,
Als ob sich liebend Meer und Äther mische,
Die einst vereint in Chaoswiegen schliefen.

Schaumperlen schickt dem Äther mit Gezische
Die Flut empor, und ihr durchströmt die Tiefen
Sein Liebeshauch mit reiner Lebensfrische.

Lenzesgabe

Mit seinen Füllhorn kam der Lenz gezogen,
Und Lieblichstes ward links und rechts entsendet.
Glanz ward dem See, dem Strome zugewendet,
Und Klang von Vöglein, die da lustig flogen.

Duft ward den Blumen, d'ran die Bienen sogen,
Azur dem Himmel, Grün dem Hain gespendet:
Und alsbald war die Fülle ganz verschwendet
An Vögel, Bäume, Blumen, Lüfte, Wogen.

Doch als der Lenz mich sah mit bleichen Wangen,
Da sprach er, gleich als ob es ihn gereuet,
Daß leer allein der Dichter ausgegangen:

"Hingab ich, was die Einzelnen erfreuet,
Doch dir nun schenk' ich dies gesamte Prangen,
Dein Herz versammle, was ich rings zerstreuet!"

Das Schöne

Der Schönheit Götterleib ist wie zerstücket,
Zerstreut die Blumen ihres Zauberkranzes,
Den noch kein sterblich' Auge sah als Ganzes,
Der voll nur der Chariten Häupter schmücket!

Welk flattert morgen, was uns heut entzücket,
Dahin im Wirbelwinde flücht'gen Tanzes;
Heut strahlt ein Höchstes uns voll lichten Glanzes,
Und morgen war's ein Schein, der uns berücket.

Fortunens Kugel gleich, entrollt im raschen
Umschwung vor uns der gold'ne Schein des Schönen;
Wir folgen ihm, und können ihn nicht haschen.

Und nur die Muse reicht geliebten Söhnen,
Die in kastal'schem Tau das Auge waschen,
Holdsel'gen Trost in Farben und in Tönen!

Sterben für ein Schönes

Wohl ist mein Herz aus leicht entzündbar'n Stoffen,
Doch selten tut mir Frauenreiz Genüge:
Kalt weht mich an als eine schöne Lüge,
Was erst wie Himmelszauber mich getroffen.

Und doch ist Liebe noch mein schönstes Hoffen,
Auf ihrer Spur geh'n meiner Sehnsucht Flüge:
O fänd' ich liebenswerte, teure Züge,
Und säh' der Schönheit ganzen Himmel offen!

Bleib' ferne mir das holde Bild, verhöh'n es
Mit stolzem Sinn mein trautes Liebewerben,
Und keinen meiner heißen Wünsche krön' es;

Gern füg' ich diesem Lose mich, dem herben,
Ich will ja nichts als schau'n ein wahrhaft Schönes,
Und wär' es auch nur, um dafür zu sterben!

Im Dienste des Schönen

Wer immer sich dem Dienste weiht des Schönen,
Bereite sich, des Leides Kelch zu trinken:
Den Wunsch, nicht ruhmlos einst hinabzusinken,
Wird quälend ihm des Schicksals Neid verpönen.

Entfacht dein Aug' die Flamme der Kamönen,
Wird oft auch d'rin der Glanz der Träne blinken;
Wenn Lorbeerkränze deinem Haupte winken,
So sei gefaßt, daß Dornen auch es krönen!

Wie selig oft auch deine Pulse beben,
Nicht immer wirst du dich auf Blumen wiegen,
Nicht immer hoch auf gold'ner Wolke schweben.

Der Muse Liebling kann den Tod besiegen,
Doch beugt dafür den Nacken ihm das Leben,
Und zwingt ihn, schnödem Joche sich zu schmiegen!

An Jadviga

Was tönt dein Wort so lieblich meinen Ohren?
Was folgen stets mir deiner Augen Sterne?
Ich höre, seh' dich, ach, nur allzugerne,
Und bald ist ganz mein Herz an dich verloren.

Es strahlt ein Ideal, mir längst erkoren;
In ew'ger Liebe such' ich's nah' und ferne;
Will nun dein lockend Aug', daß ich verlerne
Die Treu', die ich der holden Braut geschworen?

Fahr' wohl — wozu soll deine Näh' mir taugen,
Als aus dem Bronnen deines Augenrundes
Von süßem Gifte ganz mich vollzusaugen?

Schon allzulüstern träumt mein Herz, mein wundes,
Vom sterngestickten Himmel deiner Augen,
Und von der Rosenknospe deines Mundes.

Natalie

Da braus't sie hin mit feurig stolzen Rossen,
Beschwingten Zugs, begafft von ihren Rittern,
Der Glieder Pracht umrauscht von seid'nen Flittern,
Auf üpp'ge Polster lässig hingegossen.

Was sind ihr meine Blicke, glutumflossen,
Die schüchtern fernher ihren Pfad umwittern?
Nicht mehr als Veilchen, die mit leisem Zittern
In ihrer Räder Spur am Wege sprossen.

Am nahgedrängten Schwarm gezierter Faunen
Verdrossen gleitet ab ihr Blick in Eile:
Die Glanzumstrahlte seufzt in trüben Launen.

O vielbeneidet' Ziel der Liebespfeile,
Mein Los, umsonst dich sehnend anzustaunen,
Ist sel'ger doch als deine Langeweile!

Seliges Leid

Ein flüchtig Nah'n, ein eiliges Entschweben,
Ein kurzer Blick, dann langes Nichtbeachten
Gesenkten Haupt's ein träumerisches Trachten,
Dann wiederum ein stolzes Sicherheben;

Im Aug' ein zartes Glüh'n, ein holdes Beben,
Dann wieder trotzig blickendes Verachten;
Im Mund ein Lächeln, ein geheimes Schmachten,
Dann kalter Ernst und strenges Widerstreben:

So zeigt sich mir, so lohnet mich die Holde.
Ich aber lächle selig, still zufrieden,
Verlange kaum nach and'rem Minnesolde.

Hat auch mich Manche nicht so streng gemieden,
Mir aufgetan des Herzens Blütendolde,
So sel'ges Leid hat keine mir beschieden!

Spiel der Blicke

Ach, meine Blicke, trunk'ne Vögel, spreiten
Die Schwing' im weiten Saal nach ihr alleine:
Ihr Auge aber meidet stets das meine,
Und scheut sich, Stern in Stern den Blick zu leiten.

Wohl streift er mich in holder Näh' zu Zeiten,
Irrt spielend mir ums Haupt mit süßem Scheine,
Um, wenn ich ihn beglückt zu haschen meine,
Mit kühlem Stolze wieder abzugleiten.

Nur wenn der Schönen Kranz um sie verdichtet
Sich drängt, und mir verbirgt mein süßes Hoffen,
Dann aber sich der Schwarm ein wenig lichtet:

Da seh' ich durch ein Spältchen, lieblich offen,
Urplötzlich oft von fern auf mich gerichtet
Ein spähend Feuerauge, süß betroffen!

Besorgnis

Was dieses Herz als höchste Wonne spüret,
Dein holdes Bild, ich schau' es oft mit Beben:
Wird es so rein mich immerdar umschweben,
Wenn auch dem Blick, doch nicht dem Sinn entführet?

Es stirbt die Flamme, noch so heiß geschüret,
Und Liebe selbst lebt oft ein flüchtig Leben:
Dem Sinn entschwindet wieder, was ihn eben
Gleichwie mit ew'ger Zaubermacht gerühret.

Ich hob manch holdes Bild auf lichtem Schilde,
Und mußte doch nur allzubald verneinen
Der jüngst gepries'ne Züge Reiz und Milde:

Weh mir, wenn jemals mählig auch die deinen
In mir erblassen gleich dem Nebelbilde,
Und selbst im Traume mir nicht mehr erscheinen!

Gewitter im Walde

Es braus't der Forst, Gewitterwolken fliegen,
Des Waldes Ströme schwellend sich ergießen,
Gestein und Trümmer stürzen hingerissen,
Und krachend sich die hohen Wipfel biegen.

Die Tiere tief sich in die Klüfte schmiegen.
Wer leitet mich aus diesen Finsternissen?
Doch — bei der Blitze Schein, dem ungewissen,
Seh' ich vor mir die sich're Grotte liegen.

Ich lag're hin im weichen Moos mich:
Da kommt im Traum die Schönste mir der Schönen
Und neigt zu mir sanft mit Gekose sich.

Und während fernher die Gewitter dröhnen,
Erschließt mein Herz wie eine Rose sich,
Und stillt den Sturm mit Lieb' und Liebestönen.

Die Rosenknospen

Sie wollte traut mir eine Rose reichen,
Doch blühte keine voll noch in den Hagen;
Sie aber pflückte Knospen ohne Zagen,
Und gab sie mir als süßer Liebe Zeichen.

Gebroch'ne Knospen, holde Blumenleichen,
Welkt ihr so früh in gold'nen Lenzestagen?
Um süßer Liebe Botschaft anzusagen,
Muß euer junges Rot so bald erbleichen?

Und dennoch preis' ich euch als selig tote:
Wohl habt ihr euch zur Krone nicht geründet,
Und seid nicht aufgeglüht im Purpurrote;

Doch hat euch Todeswonne süß entzündet:
Denn selig stirbt, wer als ein Liebesbote
Gesendet wird, und Himmlisches verkündet!

Du

Noch zarter, als die ich dir sang, die Lieder,
Noch süßer als ein Kuß, von dir gegeben,
Ist jenes holde Du, mein süßes Leben,
Das traulich zwischen uns geht hin und wieder.

Ein Vöglein scheint es mir im Glanzgefieder,
Des gold'ne Schwingen leise zu mir streben:
Mein Ohr berührt's in wunderholdem Schweben,
Und läßt zuletzt sich mir im Herzen nieder.

Zu künden das Geheimnis ganz, das süße,
Versuchten wir mit Worten leeren Schalles:
Nun fanden wir den sprechendsten der Grüße.

Was braucht es noch des Reims und Silbenfalles?
Was selbst der Liebesblicke, Tränen, Küße?
Mit Einem Wörtchen sagen wir uns Alles.

Aspasia

In deiner Formen Wundern les' ich gerne,
Im Lippenpurpur, schwarzen Glanz der Haare:
Das sind zu griech'schen Skolien Kommentare,
Daraus ich schönes, sel'ges Leben lerne!

Verbleichen müssen Rosen, Perlen, Sterne,
Der Tropenschatz der Dichtung langer Jahre;
Weil gänzlich neu dein Reiz, der wunderbare,
Ist eine neue Poesie nicht ferne!

Wetteifernd sich entgegen stand die Spaltung
Natur und Kunst. Nun siegt Natur. Gespendet
Hat sie in dir das Höchste der Gestaltung.

Wie käme, solcher Schöne zugewendet,
Nicht jedes Sein zu wonniger Entfaltung?
Wohl ihm, der sich an deiner Brust vollendet!

Flatternde Locken

O knüpfe los die langen, gold'nen Flechten,
Und laß sie lieblich flatternd niederhangen!
Viel süßer ist's mit wildumlockten Wangen
Der Küsse holden Wettkampf auszufechten!

Du zürnst? Wie magst du mit dem Freunde rechten
Um eine Schleife, weichend aufgegangen?
Des Haares Schleifen sind nicht Gürtelspangen;
Und läßt die Locke nicht sich wieder flechten?

O sieh, wie schön du bist — wie reizend fliegen
Die Locken jetzt um deine Lilienglieder,
Um sich zuletzt in deinen Schoß zu schmiegen!

Die Liebesgötter nah'n im Glanzgefieder,
Auf diesen gold'nen Seilen sich zu wiegen,
Und klettern lustig spielend auf und nieder!

Im Spiegel

Die Liebesrede war gemach verklungen,
Wir ruhten Herz an Herz an trauter Stelle:
Und schweigend aus des Selbstvergessens Quelle
Trank' ich, in Träume selig eingesungen!

Da viel mein Blick, den Wonnetraum entrungen,
Auf eines Spiegels blanke Silberwelle;
Und d'rin erblickt' ich in kristall'ner Helle
Mich selbst mit ihr, umschlingend und umschlungen!

An mich geschmiegt sah ich die Blütenflocken
Des Busens, sah der Augen lichte Sonnen,
Und niederwogend ihre schwarzen Locken!

So stand ich, ein Narziß, am Zauberbronnen
Der Schönheit, und bestaunte, süß erschrocken,
Das sel'ge Wunder meiner Liebeswonnen!

Lebenswonne

Im grünen Wald erklingen liebe Töne,
Luftschaudernd kommt der klare Bach geronnen;
In gold'nem Glanze blühen, zart gesponnen,
Die Farben auf, des Lichtes bunte Söhne!

Es jauchzt mein Herz, berauscht von ew'ger Schöne,
Und taucht sich jubelnd in der Liebe Bronnen:
Ström' über, Lippe, von des Herzens Wonnen,
Und lächelnd neige dich zu mir, Kamöne!

Wie sollten wir des Herzens Flut bezwingen,
Wär's nicht vergönnt, im Hauche des Gesanges
Der Freude Wunder selig auszuklingen?

Und ach, die kurze Glut des Wonnedranges,
Was wär' sie, mischte nicht auf Liebesschwingen
Sie sich dem Chor des Sphärenjubelklanges!

Kosmogonie

Die Wasser grauten, schrankenlos ergossen,
Kein Eiland noch in ihrem Schoße wiegend;
Da stieg der Gott des Lichts am Himmel siegend
Empor mit seinen gold'nen Flammenrossen.

Es sah die Flut den Himmel aufgeschlossen,
Sehnsuchtentbrannt in ihren Tiefen liegend:
Und sieh! er senkte sich, zu ihr sich schmiegend,
Und seines Liebesegens Borne flossen.

Wohl riß er los sich aus dem Wonnebunde
Von ihr — doch sieh, in tausend Blütenländern
Entstieg der Liebe Frucht dem feuchten Grunde.

Und wie der Sterne Kuß auf Blumenrändern
Zur Perle wird, blüht jener sel'gen Stunde
Gedächtnis fort in holden Liebespfändern!

Die Söhne des Lichts

Vom Licht empfing die Nacht mit Wonnebeben,
Daß beides sich in sel'gem Bund versöhne:
Als Frucht der Lieb' entstieg in seiner Schöne
Dem Mutterschoß das reiche bunte Leben.

Was Wunder, wenn uns jetzt des Lichtes Weben
Vertraut berührt wie holde Liebestöne,
Und wenn wir, als des Lichts verlorne Söhne,
Sehnsüchtig wieder auf zum Lichte streben?

Es tönt die Kunde sinnigen Gedichtes
Von Phaeton, der, zürnend schnödem Spotte,
Aufstieg zum Glanz des Vaterangesichtes.

Er ward im Vaterkuß des Gotts zum Gotte:
Wo aber tut für uns zum Thron des Lichtes
Das gold'ne Tor sich auf im Morgenrote?

Ein welker Kranz

Von Küssen hör' ich, traulichem Umschließen,
Von Händedrücken, Kosen Mund an Munde:
In halben Worten geht von dir die Kunde,
Und flüstert viel — und scheint noch mehr zu wissen!

Die ich mit Liebestränen zu begießen
Gepflegt, die Blume, treulich, Stund' um Stunde,
Hat ach, zum Spiel, zu flücht'gem Liebesbunde
Nur eine freche Hand sie abgerissen?

Einst, Mädchen! einst besang ich deine Locken,
Die Veilchenaugen, zarten Lilienglieder,
In hellen Liedern, reich wie Blütenflocken —

Und nun — wie Abendluft um Kirchhofs-Flieder,
So weh'n, als leis' verhallende Grabesglocken
Um deinen welken Kranz nun meine Lieder!

Letzter Reigen

Es braust der Tanz — die schönen Klänge locken —
Du mit den Augen voll des blauen Glanzes,
Mein Liebchen, folg' mir in den Strom des Tanzes
Zum letzten Mal — dann läuten Abschieds-Glocken!

Wir stürmen hin, doch weh! auf einmal stocken
Fühl' ich das Herz, mein Aug wird trüb — als Ganzes
Seh' ich nicht mehr die Blumen deines Kranzes —
Er flattert, Liebchen, welk dir um die Locken!

Ein Schwindel faßt mich — halt — die Klänge schweigen,
Der Tanz verrauscht, der jubelnd erst erscholl;
In müde Gruppen rasch zerfällt der Reigen.

Und nun — fahr' wohl, auf ewig fahre wohl!
Du, der ich wagte, einst ein Herz zu zeigen,
Fahr' wohl, du meine Blume, — fahre wohl!

An P.

Die nah' mir kamen, freundliche Gestalten,
Sie sind ein Stück von meines Herzens Leben:
Ob auch sie treulos ferne mir entschweben,
Ich weiß im Innern doch sie festzuhalten.

In's Geisterreich, wo Haß und Tod nicht walten,
Weiß ich Erkor'ne traut emporzuheben,
Wo sie wie Genien mich hold umgeben,
Und mir, wie Götterbilder, nie veralten.

Wer so verwuchs mit meines Herzens Triebe —
Es bleibt mir stets das Bild von ihm ein reines,
Ob er auch feindlich ewig fern mir bliebe.

So bist du mir der teuren Bilder eines,
Ob zwischen uns auch stockt das Wort der Liebe,
Kein Blick mehr geht von deinem Aug' in meines.

Lieder im Walde

O wollte nicht des Waldes Stimmen stören
Mit Liedern, Freund! Hier tönen and're Lieder:
Hier rauscht der Träume schattendes Gefieder,
Hier flüstert Elfenwort in Geisterchören!

Traumreiche Märchen schauern durch die Föhren,
Vom Felsenschloß hallt alte Sage wieder,
Mit Wiegenliedern rauscht der Wildbach nieder,
Von fern ist Axtschlag, Spechtruf zu hören.

Dein Lied, o Freund, erregt mir Herz und Sinn,
Die Träne quillt, die Augen sich umdüstern,
Weil ich so fern von Glück und Liebe bin;

Doch hör' ich euch, o Waldesstimmen flüstern,
Da schmilzt mein Herz in Lieb' und Freude hin
Und freut mit Blumen sich wie mit Geschwistern!

Verschollene Liebe

Was nah'st du wieder, neu mich zu besiegen
In Liebesklängen, zarte Liebesklage?
Du weckst des Glückes lang verscholl'ne Frage,
Und Seufzer, die gebannt im Herzen liegen.

In alte Träume mich die Klänge wiegen,
Im Herzen klingt's wie Märchen mir und Sage,
Und aufersteht die Sehnsucht alter Tage,
Mein müdes Haupt an ihre Brust zu schmiegen.

Doch wenn sich sehnend aus die Arme strecken,
Und all mein Herz ruft: Komm, mein süßes Leben!
Da nah'n sich wirre Bilder, mich zu schrecken.

Ich seh' sie nah'n und wieder mir entschweben,
Mit dunklem Fittig Träume mich bedecken,
Mein Sinn wird trüb, mein Herz erfaßt ein Beben.

Ermüde nicht!

Mein sehnend Herz, ermüde nicht zu lieben,
Ermüde nicht zu klagen und zu dichten,
Ermüde nicht, im Liede zu berichten,
Durch wen du leidest, und in welchen Trieben!

Oft rührt die Mädchenherzen zart geschrieben
Die Klage, die gesprochen rührt mitnichten,
Und mußt auf Myrth' und Rose du verzichten,
Getrost, dir ist der Lorbeer doch geblieben!

Sehnsucht ist Weihe für den Dichterorden:
Sie hat die gold'ne Lyra den Poeten
Gestimmt, so viel geblüht in Süd' und Norden;

Die seufzen all' in solcher Triebe Ketten,
Und wären sie der Liebe froh geworden,
Nie hätten sie des Ruhmes Höh'n betreten!

Meereswildnis

Hinab, wo Schauer weh'n, und Nixen flüstern,
Zum Felsenstrand durchs dunkle Tannengatter;
Zeig' mir den Weg, o Möve, mit Geflatter,
Nach tiefster Meeresöde bin ich lüstern.

Wo schnaubend sprüh'n der Wellenrosse Nüstern,
Und geifernd zischt des Schaums kristall'ne Natter,
Am steilsten Rand der felsgetürmten Krater,
Laß ich des Abends Schatten mich umdüstern.

Und wie ich nun die Flut verschäumen höre,
Und über ihr des Mondes Bild erschienen,
Verrauschen auch des Busens wüste Chöre.

Im Meere sprüh'n Demanten und Rubinen;
Gedanken wandern durch die Dämmerflöre
Des Abendrots dahin wie gold'ne Bienen!

Langeweile

Verdrossen ruht der Kondor auf den Hängen
Des Hochgrbirgs und starrt hinaus ins Leere,
Wenn er genug der Beute, dran er zehre,
Emporgerafft in seinen Riesenfängen.

Verdrossen ruht der Löw' in Felsengängen,
Bis Hunger wach ihn hetzt mit scharfem Speere;
Und Wal und Hai, die Könige der Meere,
Verdrossen sich in öder Tiefe drängen.

So sind, die leben, all' des Trübsinns Narren,
Gewohnt, sie wissen nicht, nach welchem Heile
Sphinxgleich, verdross'nen Blicks hinauszustarren.

Gelangweilt, wie berührt vom blei'ren Pfeile
Des Überdrußes, ruh'n wir all' und harren:
Der Weltschmerz ist sublime Langeweile!

Regen im Walde

Der glüh'nde Sonnenpfeil erlosch im nassen
Gewölk, und rieselnd nieder rauscht der Regen:
Mit Blätterzungen trinkt der Wald den Segen,
Und Blumen ihn in ihre Kelche fassen.

Doch sieh, der Waldstrom wühlt sich steil're Gassen
Im Steingeröll, und rüttelt an den Stegen:
Wild tobt er hin auf stillen Waldeswegen,
Wo Veilchen blühten, Vöglein zwitschernd saßen.

Mit tollem Hader schlendert er Empörung
Ins traute Waldesreich; zuletzt erliegend,
In schwarzen Schluchten büßt er die Betörung.

Die frommen Blumen aber, die sich schmiegend,
Gesenkten Haupts verträumt die kurze Störung,
Erwachen, Perlen in der Krone wiegend.

Zur "Venus im Exil"
Geschrieben zu Venedig 1856

Wo selbst im Leid des Glückes Stern mir glühte,
Und, wie der Lotoskelch dem heil'gen Ganges,
Aufs neu' der Woge meines Schmerzendranges
Das Lied entstieg als reine Lebensblüte:

Da quoll mir, was ich längst schon im Gemüte
Getragen, hin im Strome des Gesanges,
Zum Preis, wenn auch noch schmerzgedämpften Klanges,
Der Göttin, deren Zauber mich umsprühte.

In manchem Bild, das Dichter uns entrollten
Von ihrem langen schmerzlichen Exile,
Schien minder sie gefeiert als gescholten:

Wie mannigfach die Sage sie umspiele,
Mir hat im schönsten Sinne sie gegolten
Als Führerin zu höchstem Lebensziele!