O Insel, so waldgrün
O Insel, so waldgrün, wie lockst du den Sinn!
Meiner Sehnsucht Gedanken, wie flattern sie hin!
Fern grüßt er herüber mit felsigem Rand
Über schwimmende Wellen, dein blumiger Strand!
Sind's die Reben, die Rosen auf den sonnigen Höh'n,
Die Zypressen im Talgrund, die so friedlich dort weh'n,
Sind's die Büsche des Lorbeers ob der felsigen Kluft,
Was am lieblichsten lockend hinüber mich ruft?
Ist's seliger zu wandeln bei den Rosen am Hang,
Oder Lorbeer zu pflücken unter süßem Gesang,
Oder sterbend entschlummert bei den Liedern des Schaums,
An Zypressen geschmiegt ruh'n, in den Armen des Traums?
Schelte nicht die weichen Klänge
Schelte nicht die weichen Klänge,
Die von meiner Lippe weh'n,
Diese klagenden Gesänge,
Die der Schönheit Spuren geh'n.
Seiner Rhythmen gold'ne Spiele
Spielend, blickt der Dichtersinn
Freudig nach dem fernen Ziele
Eines neuen Lebens hin!
Jeder Klang, der nach dem Schönen
Lockend hin die Herzen zieht,
Klingt der Zukunft echten Söhnen
Rauschend als Tyrtäuslied:
Als ein Schrei der Kampfestriebe,
Den, indes der Feind noch kämpft,
Wundersam die ew'ge Liebe
Schon zur Melodie gedämpft.
In der Waldschlucht
Die Blumen schwelgen im Morgentau,
Die Vögel in Lüften schweben,
Die Föhren und Tannen ins heit're Blau
Luftschauernd die Häupter heben.
Ich liege seufzend in waldiger Schlucht,
Wo am Felsen, die düster ragen,
In finsterer Öde, mit grollender Wucht
Die stürzenden Wasser schlagen.
Mein Herz, und du, stürmender Flutenschwall,
Sind w i r nur vom Geiste verstoßen,
Der sich in's bräutlich sehnende All
Mit Lieb' und Wonne ergossen?
Im rosigen Licht, auf prangenden Au'n
Blüht schönes seliges Leben:
Wir wallen noch in nächtlichem Grau'n,
Wir müssen noch ringen und streben.
Flüchtiges Glück
Wie ein Sternblick flüchtig die Lilie berührt,
Die Schauernde, leisen Erbebens,
So umwittert, ach, allzuflüchtig entführt,
Und die himmlische Schöne des Lebens.
Ich wandle traurig im Abendschein
Am stillen Ufer des Stromes,
Da taut in der Seele mir Feuerwein
Vom Purpur des Ätherdomes!
Ich wandle her, ich wandle hin,
Und wie golden die Lüfte ziehen,
Ist die Blume des Glücks mir im trunk'nen Sinn,
Ein selig Wunder, gediehen.
Da faßt' ich so gern in ein rauschend Lied
Dies himmlische Leuchten und Klingen,
Doch flüchtig ob meinem Haupte zieht
Die Stunde mit Engelschwingen:
Wie mählig der Purpur des Abends verblüht,
Und die goldenen Wolken zerinnen,
Ist die Flamme des Lieds auf der Lippe verglüht,
Und im Herzen das selige Minnen!
Meine Braut
Im Wald, am Strom, auf gold'nen Au'n,
In Träumen, süß und traut,
Ward Kunde mir im Wonnegrau'n
Von einer holden Braut.
Es bringen Grüße mir von ihr
Die Rosen und die Sterne,
Ihr süßes Bild es folget mir
In alle Näh' und Ferne.
Wo blüht ihr süßes Angesicht,
Ihr Wangenrosenpaar?
Wo schimmert ihrer Augen Licht?
Wo weht ihr gold'nes Haar?
Ich suche sehnsuchtsvoll nach ihr,
Mit nimmermüdem Streben,
Doch ach, es konnte Keiner mir
Noch Kunde von ihr geben!
Ein schöner Traum
Die fern mir winkt aus Sternenglut,
Aus Rosen hold mich grüßt,
Mir flüstert aus des Stromes Flut,
Und mich in Träumen küßt,
Wann ist sie endlich, endlich da?
An's Herz drückt' ich sie gern!
Oft scheint sie mir so nah, so nah,
Bald wieder, ach so fern!
In Wüsten hallt mein Ruf zurück
Vom Fels im Sehnsuchtsweh:
Gib, weite Erde, mir mein Glück,
Gebier' sie, tiefe See!
Sie suchend irrt' ich hin und her
Bis an des Meeres Saum;
Umsonst! die Welt ist öd' und leer —
Es war ein schöner Traum!
Trost
Ich will mit Liebestönen
Mein sehnend Herz erheitern
Ich will im ewig Schönen
Mein enges Sein erweitern.
Zum Trotz den Todesgluten
Der Liebe will ich leben,
Will auf des Lebens Fluten
Wie Schwäne selig schweben.
Kann ich auch nie vergessen
Die süßen Sternenaugen,
Was sollen mir Zypressen
Statt Ros' und Lorbeer taugen?
Ich will im ewig Schönen
Mein enges Sein erweitern,
Ich will mit Liebestönen
Mein sehnend Herz erheitern.
Meeresliebe
Die Erde liegt in Träumen,
Das Meer doch ruhet nicht;
Die dunklen Wasser schäumen
Zum Strand im Mondeslicht.
Am Strand blüht ja die Rose,
Die schöne Sonnenbraut;
Ihr gilt der Flut Gekose,
Der Woge Seufzerlaut.
Die Woge seufzt: Ich wollte,
Ich wär' ein Tropfen Tau,
In ihren Kelch ich rollte,
Glänzend und ätherblau.
Umsonst umspiel' ich düster
Ihr Purpurangesicht:
Mein sehnendes Geflüster
Versteht die Rose nicht!
Doch klagend lockt hernieder
Den Himmel meine Flut,
Durch die kristall'nen Glieder
Strömt golden mir die Glut:
Blüht unerreichbar ferne
Mir einer Rose Mund,
Des Himmels schönste Sterne,
Sie ruhn in meinem Grund.
Ganymed
Auf schweigendem Bergesgipfel
Der Knabe des Tales ruht,
Und blickt in die ziehenden Wolken,
In die sterbende Sonnenglut:
"O schwebt' ich, wie Götter im Bronnen
Des Äthers, im Sternenraum!" —
Er entschlummert — olympische Wonnen
Umfangen ihn hold im Traum.
Es steigt sein Busen voll Sehnen
Nach der Uranionen Glück,
Und es öffnet sich trüb vor Tränen
Noch halb im Traume sein Blick:
"Was hör' ich so lockend klingen?
Was rauscht mir so wunderbar
Um's Haupt mit goldenen Schwingen?
Was willst du, kreisender Aar?"
Und er fühlt sich auf Fitt'gen gehoben:
"Ach, träum' ich noch immer? o Glück!"
Es trägt ihn, es reißt ihn nach oben,
Tief weichen die Berge zurück!
"O süßes Sehnen und Hoffen!
Fahr' wohl du nächtliches Tal:
In ewigem Blau steht offen
Der strahlende Göttersaal!"
Rosenlied
Duft'ge Flamme, süße Rose,
Schöne Botin sel'ger Triebe,
Die so prangend aus dem Schoße
Neugebor'ner Erde steigt:
O wie spräche zarte Liebe,
Wenn sie sehnend mit Gekose
Nicht in deinen Purpur schriebe,
Was die Lippe scheu verschweigt!
Ach, wer sendet aus der Tiefe
Euch der Welt, ihr Liebesboten,
Gleich als ob er sehnend riefe,
Und ihr Ohr vernähm es nicht?
Ja; als ew'ger Güte Zeichen,
Ew'ger Liebe duft'ge Briefe,
Tretet ihr aus dunklen Reichen
Jahr um Jahr an's gold'ne Licht!
Grüne Auen, grüne Auen,
Sie versteh'n die süßen Rosen,
Wachen auf aus Wintergrauen,
Wenn sie Rosenkunde trifft;
Nur dem Menschen unbegriffen
Steht, so weit die Himmel blauen
Und so weit die Wolken schiffen,
Jene süße Rosenschrift.
Ein Zweites
Siehst du die Rose hier?
Hold in die Nacht
Duftet im Moose dir
Purpurne Pracht!
Wäre die Liebe nicht
Ewige Güte,
Irdisches triebe nicht
Himmlische Blüte.
Nimm sie zum Pfande dir,
Daß im Gebiet
Irdischer Lande dir
Himmlisches blüht.
Elfenrede
Was legst du an Waldespforten
Dein lüstern lauschendes Ohr,
Und faßest gern in Worten
Der Elfen flüsternden Chor?
Durch's Herz nur, soll sie dir gelten,
Nimmt Elfenrede den Weg;
Das Herz ist zwischen zwei Welten
Der schwebende Geistersteg.
Wem über der Sinne Schranke
Durch's Herz in die Seele sie drang,
Ihm wird sie im Geist Gedanke,
Und auf den Lippen Gesang.
Rübezahl
Es rauschen die Tannen und Föhren,
Und Geisterflüsterton
Umweht in schaurigen Chören
Den felsigen Bergesthron.
Darunter dehnt kristallen
Durch des Berges nächtlichen Schacht
Sich weit in schimmernden Hallen
Des Abgrunds einsame Pracht.
Da lodern die hellentbrannten
Kleinode von Anbeginn:
Smaragde, Diamanten,
Karfunkel und Rubin.
In der Tiefe fördern die Zwerge
Der Metalle kochenden Strom:
Der Geisterfürst der Berge
Sitzt traurig im Felsendom.
Was sind im die gold'nen Horte,
Der Tiefe wogender Qualm?
Ihm rauscht durch die Felsenpforte
Vom Winde der Tannen Psalm.
Die feiern des Vollmonds Vigilie,
Und rauschen ein träumerisch Lied
Von einer schönen Lilie,
Die drunten im Tale blüht.
Im Frühling
Die Blumen sind aufgegangen,
Krisatallen glänzt der See:
Dies Blüh'n und Leuchten und Prangen
Tut meinem Herzen weh!
Ich wollte, Winter bliebe,
Und die Blumen wachten nicht auf,
Bis Glück mir blühet und Liebe
Zu wonnigem Lebenslauf!
Am Strande
Was ruh' ich am Strande,
Den Märchen zu lauschen,
Die flüsternd im Sande
Die Wogen mir rauschen?
Sie nähren im Herzen
Mir linde den Harm,
Und weichlicher Schmerzen
Traumseligen Schwarm!
O trügen die Wellen
Mich lieber an Riffe,
Wo donnernd zerstellen
Verlorene Schiffe!
O schwände das Land mir,
Und zeigte die See
Den einsamen Strand mir,
Wo schwiege mein Weh!
Auf ragenden Klippen,
Wo brausend die Rede
Verschlüge die Lippen
Der Sturm in der Öde,
Da thron't ich und schaute
Tief unten das Meer,
Der Himmel umblaute
Mich glänzend und hehr!
Ins Meer hinab rollte
Die letzte der Tränen,
Und fürder nicht zollte
Tribut ihm mein Sehnen:
Frei höb' ich die Stirne,
Und labte den Mut
An lichter Gestirne
Uranischer Glut!
Ich seh' dich heut zum
ersten Mal
Ich seh' dich heut zum ersten Mal,
Da faßt mich's liebebang;
Du bist's, dich sucht' ich überall,
Wo säumtest du so lang?
Ich habe dich ja längst gekannt,
Erkennst den du mich nicht?
Fühlst du, wie innig wir verwandt,
O du mein süßes Licht?
Was blickst du mich so fragend an,
So gänzlich fremd und kalt?
Hab' ich dir denn ein Leid getan,
Holdsel'ge Fraun'gestalt?
O mach' mir nicht den Sinn so trüb,
Und nicht das Herz so schwer!
Nicht wahr, du bist mein süßes Lieb?
Was kränkst du mich so sehr?
Die beiden Wolken
Eine Wolke seh' ich wandern,
Eine Wolke seh' ich zieh'n;
Hoch und ferne von den andern,
Hoch und heiter schwebt sie hin.
Abendsonnenglanz umzittert
Ihre Ränder rein und hold,
Bis, von Himmelhauch umwittert,
Sie zerrinnt in Äthergold.
Eine and're seh' ich schweben
Tief und schwer am Bergeshang:
Ach es lockt des Tales Leben
Sie mit allzuholdem Zwang!
Ärmste, nicht an Sonnenküssen,
Ahn ich, wirst du zart verwh'n:
Wohl in bittern Tränengüssen
Wirst du strömend niedergeh'n!
Mit den Sternen
Mit den Sternen kehrt die Liebe,
Kehrt die Sehnsucht neu zurück:
Walte denn mit sel'gem Triebe,
Hohen Dranges Geisterglück!
Mir im Herzen selig walte,
Zauberbann der dunklen Nacht,
Und geheimnisvoll entfalte
Deines Zwanges holde Macht!
Bringst du, Nacht, dem Himmel Sterne,
Perlentau der Rose jung,
Gibst du Schwingen in die Ferne
Mir zu hoher Liebe Schwung.
Schwand auch in des Tags Getriebe
Mir der Seele schmerzlich Glück,
Mit den Sternen kehrt die Liebe,
Kehrt die Sehnsucht neu zurück.
Laß die Rose schlummern
Laß die Rose schlummern,
Und die Wellen auch,
Alle laß sie schlummern,
Nächt'ger Windeshauch!
Alle ruh'n sie gerne
Unter'm Himmelsdom:
Herzen, nah' und ferne,
Blume, Wald und Strom!
Störe nicht des holden
Traumes Wanderzug,
Der die Schwinge golden
Regt zum Niederflug,
Dessen Schlummerweise
Durch die Welten zieht,
Wundersam und leise,
Wie ein Sternenlied.
Ineinanderbeben
Läßt sein Flügelschlag
Alles Einzelleben,
Das getrennt der Tag.
Drum zu früh nicht störe,
Die so bald entflieh'n,
Dieser Schlummerchöre
Traumesmelodie'n!
Viel Träume
Viel Vögel sind geflogen,
Viel Blumen sind verblüht,
Viel Wolken sind gezogen,
Viel Sterne sind verglüht;
Vom Fels aus Waldesbronnen
Sind Wasser viel geschäumt:
Viel Träume sind zerronnen
Die du, mein Herz, geträumt.
Liebes-Gespielen
Falter fliegt von Strauch zu Strauch:
Findet junge Rosen.
Nelke duftet Sehnsuchtshauch:
Weste mit ihr kosen.
Was sich liebt, es sucht sich heut,
Findet sich so gerne,
Nur allein, was dich erfreut,
Liebes Herz, ist ferne!
Sei's, wenn auch mir gar nichts blieb,
Will mit euch ich kosen,
Neh'm ich Teil an eurer Lieb',
Falter, Weste, Rosen!
Die Rose am Meer
Lieblich blühst du, süße Rose,
An des Meeres ödem Strand,
Einsam in des Sturms Getose,
Auf besonnter Felsenwand;
Kein beschwingter Falter schaukelt
Sich auf deiner Krone Saum,
Nur verloren um dich gaukelt
Meiner Seele stillster Traum.
Pflückend rett' ich Reizgeschmückte,
Dich, und deine Purpurglut,
Die so wonnig mich entzückte,
Send' ich nieder in die Flut:
Führe schmeichelnd mit Gekose
Dich ein Zephyr, lind und weich,
Unverletzt, o süße Rose,
Durch der Woge grünes Reich!
Nach der sel'gen gold'nen Küste,
Die mein ahnungsvoller Sinn
Sehnend oft in Träumen grüßte,
Süße Rose, strebe hin!
Weiten Meeres Wogen dringen
Ja an jeden fernsten Strand,
Und so werden sie dich bringen
Auch in jenes Wunderland!
Freudlose Jugend
Ach warum in trübem Sinnen,
Sehnsucht, Einsamkeit und Schmerz
Muß die schönste Zeit verrinnen,
Muß verglüh'n dies junge Herz?
Tagst du dann erst mir, o Freude,
Wenn die bleiche Lippe schweigt,
Und das Haupt sich müd' vom Leide
Schon hinab zur Scholle neigt?
Soll ich sie den Schatten singen
Schönen Lebens sel'ge Lust?
Nein, hier oben auszuklingen
Sehnt sich diese Dichterbrust!
Leuchtet mir, ihr gold'nen Sonnen,
Bis vom Strahl des Glücks berührt,
Dieses Herz zum Wunderbronnen
Sel'ger Melodien wird!
Lenzeszwang
Frühling ist — die Blumen und die Lieder,
Und die Liebe kehren neu zurück.
Folg' ich, ach, dem süßen Drange wieder?
Wär' nicht Ruhe mir ein schön'res Glück?
Ach! der Lenzeslust und Lenzesplage
Bliebe jetzt das Herz auch lieber fern;
Bliebe wie durch all die Wintertage
Still und einsam auch im Lenze gern.
Aber fragt der Lenz, ob Rosen blühen,
Oder Lerche wieder singen Will?
Du, mein Herz, mußt liebend wieder glühen,
Folge nur dem süßen Drange still!
Minnelied
Teures Bild, das mir erschienen,
Engelgleiches Angesicht,
Strahlend mit verklärten Mienen
In der Liebe holdem Licht!
Solche Schöne, wähnt' ich, schwebe
Nur um uns im Traum der Nacht,
Doch nie ahnt' ich, daß ich lebe,
Diese hohe Liebespracht.
Schwebtest du vom Himmel nieder?
Stiegst du aus des Meeres Schoß?
Rangen deine Lilienglieder
Sich im Lenz mit Blumen los?
Welche ewig blüh'nden Zonen
Haben diesen Reiz gereift,
Der durch ird'sche Regionen
Wie verlor'ner Schimmer streift?
Jauchzend dankt' ich dem Geschicke,
Daß so Wunderholdes lebt,
Und vor meinem sel'gen Blicke
Über diese Erde schwebt:
Doch wie faß' ich erst die Wonne,
Daß sie dieses Herz erkor,
Das, ein Phönix in der Sonne,
Sich in ihrem Glanz verlor?
Reizumfloß'ne Wunderblüte,
Staunend bebt mein Herz vor dir,
Neigt in Liebeshuld und Güte
Sich dein schönes Haupt zu mir:
Ach, ich fürcht' im vollsten Glücke,
Wenn dich meine Hand berührt,
Daß dich mir des Schicksals Tücke
Wie ein Traumgebild entführt!
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