Noch nicht!
Die Straße wand'r ich durch den Wald
Bei Abendflammenschein,
Das Schlummerlied der Vögel schallt,
Ergeben sollt' ich sein.
Sollt' zählen meiner Stunden Schlag
Und wissen, nun ist Zeit,
Was ich nicht fand den einen Tag,
Vorbei in Ewigkeit!
Doch ist mir nicht, wie Gott es will.
"Du sollst nun schlafen geh'n",
's ist in mir noch nicht abendstill,
Mein Glück will erst gescheh'n.
Als wie ein Knab' so voller Traum
Durchwandr' ich noch dein Reich,
Das Herz wie dunkler Waldessaum
Halbwacher Lieder reich.
Nicht Todesmahnung hört mein Ohr,
Nur flüstern heiß und sacht,
Den Weg entlang, den Wald empor —
Von Liebe träumt die Nacht!
In Abendglut
Einst auf den Rosen hat mein Blick geruht,
Und ihres Zaubers war ich trunken,
Für jede Torheit fand ich einen Mut —
Bis mir das Wunderreich versunken.
Dann dies und das und immer noch ein Traum . . .
Nun ist's schon Abend . . . Wie wir lehnen
Im Garten, häng' ich an der Wölkchen Saum,
An ihrer Glut mit meinem Sehnen.
Als gäb' es noch vor jener ew'gen Nacht,
Nach jenen Rosen und den Lenzen
Ein letztes Glück voll ungeheurer Macht
Und eine Torheit ohne Grenzen!
Begegnung
Was blickst du mich so lieblich an,
Dein Aug' im Morgentau?
Vorüber ist mein Hoffnungswahn,
Es wird mein Haar schon grau.
Zur Höhe führt dein kecker Stieg,
Der meine geht talab;
Gott gebe dir dann Heil und Sieg
Und mir ein redlich Grab.
In seiner Hand gelegen hat,
Daß alles anders kam;
Nun, will er nur, sei mein die Tat:
Du leide keine Gram!
Stumme Liebe
Der Liebe viel erfuhr ich schon,
Nun lernt' ich eine kennen,
Lieb' ohne Worte, ohne Lohn,
Die höchste wohl zu nennen.
Nur daß mein Aug' in deinem ruht,
Fast ohne ein Verlangen,
Und eine tiefe stille Glut
Hinanfließt deine Wangen.
Frauendank
Von den Frauen, holden Frauen
Nie ein Leiden mir geschah,
Segnen muß ich ihr Begegnen,
Wo ich ihre Schönheit sah!
Meinem Leben Lust zu geben,
War't ihr gnädig alle Zeit,
Mild-geneigt, mich zu erheben
Über Erdenniedrigkeit.
Was ich litt der Liebe Leiden,
Tat mir keine Frauenhand,
Nur die Welt zwang mich zu scheiden,
Wo mein Herz den Himmel fand.
Zuflucht
Darf ich nie die Lippen neigen
Heißen Hauch's zu deinem Ohr,
Muß ich's unerlöst verschweigen,
Wie mein Herz sich dir verlor:
Leg' ich's denn zu Gottes Stufen,
Ob ein Hauch von seinem Mund,
Darf ich nie dich selber rufen,
Dir mein Lieben tue kund.
In der Sternennacht
Wieder liebend glüht mir die Seele, wieder
Wend' ich lebenstrunken den sehnsuchtsvollen
Blick zu euch, ihr ewigen, ewig-jungen
Töchter der Sphäre!
Über meines Herzens Geheimnis schwebt ihr
Gnadenvoll, und himmlische Ambra streut ihr
Leise nieder, sterblichen Flammen leihend
Ewige Weihe!
Am Grat
Noch einen Schritt, und vor dir liegen,
Soweit dein Auge schaut,
Die Berge, die vor Gott sich schmiegen,
Von seinem Himmel überblaut.
Laß hinter dir der Menschen G'leise
Und mit der Freiheit Mut
Gib mir die Hand und sag' es leise,
Vor Gott allein: du bist mir gut!
Stunde
Und als der Wald in Blumen stand,
In Frühlingsblumen wieder,
Und als ich saß an seinem Rand
Und hörte seine Lieder;
Klang immer noch das Leid in mir
Durch aller Pulse Pochen:
"Wie oft schon blühet' Alles hier
Und hat's der Herbst gebrochen!"
Erst als ich in dein Auge sah
Und sah dein Fragen, Zagen,
Da war der wahre Frühling da
Aus meinen Jugendtagen.
Ein Leuchten füllte weit und breit
Den Wald in aller Runde — —
Wo sucht' ich Narr die Ewigkeit?
Sie webt nur in der Stunde!
Rehlein
Schwarzaugen, ein schlankes, wandelndes Kind,
Schneeglöckchen im lauen Frühlingswind,
Die falben Wiesen, der Wasser Blitz,
Ein seliges Lauschen . . . erträumter Besitz!
Wie still sie im Walde geht, biegsam sich bückt,
Die wiegenden Glöckchen im Grase sie pflückt;
So wandelt ein Rehlein, wandelt und steht,
Dem träumenden Jäger das Jagen vergeht.
Wieder
Wieder blickt mich an ein Sternpaar
Mit unendlich-mildem Schein,
Einer Seele, der ich fern war,
Braucht ich's nimmer länger sein.
Und doch muß ich wieder scheiden,
Wo mich Alles weilen heißt,
Liebe meiden und es leiden,
Daß der schöne Traum zerreißt.
Warum konnt' ich's nicht entraten,
Daß ich wieder Menschen säh',
Stieg ich nieder von den Graten,
Wo der ewig kühle-Schnee?
Wo kein Herz nach meinem riefe,
Und kein Richter spräche Nein,
Blickt' ich in des Alpsees Tiefe
So wie jetzt in's Auge dein . . !
Sehnsucht
Wie dunkle Masse Baum an Baum,
Die Gärten still im Mondentraum;
Verborg'ner Häuser hier und dort
Ein rotes Fenster, nachtumflort;
Des Mondes Sichel, scharf und grell,
Des Himmels Bläue mild und hell;
Die Sterne hoch und winzigklein,
Aus zager Ferne schwach ihr Schein;
Das ganze Licht des Himmels ruht,
Auf wenig Blumen bleicher Glut;
Die saugen ein die milde Luft,
Aus ihren Seelen strömt der Duft;
Der heiße Duft, der trunken macht
Die dunklen Falter dieser Nacht.
Mit ihren kleinen Herzchen schließt
Der Kreis, der um das Weltall fließt,
Der Zauberring aus Luft und Licht,
Den um uns all' die Sehnsucht flicht:
Um Stern und Mond und durch die Nacht —
Bis wo dein Aug' wie meines wacht!
Liebesdank
Du hast noch nie geliebt . .
Vor eine Knospe hat mich Gott gestellt
Und spricht: Nun siehe zu.
Und wie jetzt Blatt von Blättchen schwellt
In schweigend-willenvoller Ruh',
Das träumend' Wunder sich begibt,
Ein Saum sich losringt, Kelch gestaltet,
Geheimste Tiefe sich entfaltet,
Ein Duft erwogt, ein rosig Licht,
Und Alles haucht mir zu Gesicht,
Und fühl' entzückt,
Der Welt entrückt,
Wie Gott in dir mich tief erglückt . . .
Was blieb' mir anders in Gedanken,
Als, dein und seiner, ihm und dir zu danken?
Elfe
Wandelst du an meiner Seite,
Gibt ein Lichtalf mir Geleite,
Blüh'n die Blumen nochmal bunter,
Lacht der Himmel blau herunter,
Spür' ich nichts von Leid und Fehle,
Schläft der Wurm in meiner Seele.
Nur daß nie dein Arm dich rühren,
Nie soll Mund an Mund sich spüren,
Quält mich innerst; mein Verlangen
Überschauert kaltes Bangen,
Deine Flüglein könnt'st du heben
Und entschweben meinem Leben.
Nacht
Indes ich sehnend dein gedenke,
In Glück und Zweifel mich versenke,
Zerreist voll herrlich-trunk'ner Pracht
Ein Blitz die grübelnd-dunkle Nacht.
Ob so der Himmel uns verbündet,
Wie er den Blitz der Nacht entzündet;
Ob uns die schale Nacht der Welt
Den Blitz des Glückes vorenthält?
Glück
Endelos, so hoch ich schaue,
Sonnenglanzerfüllt, der blaue
Himmel über meiner Stirn;
Ringsum weit, auf der ich ruhe,
Ohne Laut die Felsenfluhe
Und der blendendweiße Firn.
Wo er endet, dieser Himmel,
Wogen soll das Weltgetümmel,
Meine Seele weiß es nicht . . .
Nur zwei Augen, die dort funkeln,
Sonnenkraft im Blick im dunkeln,
Wirken bis in dieses Licht!
|