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II.
Aus der Gegenwart

 

Deutsche Freiheitslieder
Deutsche Monumente
Die Rütlirose
Die Zwei
Ein Sterbelager
Der deutsche Knecht
Bei Waterloo
Trinklied
Wenn ich ein König wär'
Drei Lieder
Rückständiger Sold
An die Sonn – und Mondsüchtigen

Deutsche Freiheitslieder


Was soll das ew'ge Streiten, nach Außen und nach Innen?
Ein's haben wir verloren, Ein's gilt es zu gewinnen;
Verloren ist das alte, das angestammte Recht.
Es ist nur zu gewinnen im männlichsten Gefecht.

Was soll das ew'ge Singen, darob kein Fürst errötet?
Ihr habt mit allen Liedern noch keinen Traum getötet.
Ihr habt wie Kinderleichen die Klagen hingestreu't,
Es hat d'rob keine Herrschgier am Weg zurückgescheu't.

Wohl dringt Dein Lied, o Deutscher! aus tiefster Herzenskammer;
Ein Fürstenherz zu sprengen, ist's nicht der rechte Hammer.
Wohl ist's ein heil'ges Feuer, das Dich zu singen drängt,
Doch an gesalbten Häuptern hat's noch kein Haar versengt.

Du wirst mit schönen Worten lang' keine Taten säen,
Du reich an lahmen Führern, doch dürftig an Tyrtäen!
So klingt Dein Lied nach Freiheit als wie ein Liebesbrief
Nach einem geilen Weibe, das Deinem Arm entlief.

Du wußtest nicht die Freiheit echt männlich fest zu halten,
Bei Worten nur und Worten mußt' ihre Lieb' erkalten;
Das glüh'ndste Weib erkaltet, wo nichts als Liebesschwur,
Du mußt es heiß umfassen, und es nicht lieben nur.

Ein Freiheitslied mag klingen zum Sturze von Bastillen,
Als Requiescat schließ' es des Zwingherrn letzten Willen
In Nächten, wie die Nacht war vor Grochow trüb und still,
Die stürmisch wie die Nacht war, als sang Rouget de Lisle.

Nach ausgekämpften Schlachten, nur unter Friedenspalmen
Tönt wohl ein echtes Schlachtlied und stimmen Freiheitspsalmen;
Doch an den Strömen Babels laßt man das Liedern sein, —
Die Harfen an die Weiden, — da blas' der Sturm darein!

Deutsche Monumente

Nach allen Strichen, im Osten und Westen,
In Tälern und Wäldern, auf Bergesfesten,
Erhebt sich der Denkmäler eherne Pracht. —
Da sieht man im künstlichen Leben prangen,
Die Fesseln sprengten, den Flammberg schwangen;
Die Gott und Liebe und Freiheit besangen,
Ersteh'n aus droh'nder Vergessenheit Nacht. —

Was scharst Du um Dich, o Deutscher! die Toten,
Die Dir des Lebens Früchte geboten,
Des Wissens, der Liebe, der Freiheit Frucht! —
Und die Du verschmäht, weil sie Pfaffen verschmähten,
Und die Du zertratst, weil Dein Herr sie zertreten!
Was Du am Sockel nun suchst zu erbeten,
O hättest Du's in ihrem Leben gesucht!

Was rufst Du, o Deutscher! die Tobten in's Leben?
Du kannst ihnen noch nicht das Herrliche geben,
Wofür sie geblutet, gekämpft ohne Rast —
Gleichwie die Ägypter bei'm festlichen Mahle
Erweckten die Geister mit vollem Pokale,
Auf daß sie mit ihnen der Freuden Schale
Noch einmal leeren bei'm Weihetoast.

O anders muß ich und trauriger deuten
Dies Geisterbannen vergangener Zeiten,
Und ach! wie scheinet die Deutung mir wahr —
Als Hellas auf üppigem Sterbebette,
Als Roma lag an Tyrannenkette,
Da erst an mancher altheiligen Stätte
Erhoben sich Bogen und Säul' und Altar.

Erinnerungszeiten sind Zeiten der Schwäche —
Das Schilf im Strombett versickerter Bäche
Äfft nach die Welle, die einstens hier sprang —
Der Wüste gedenket der Löwe im Bauer —
Der Aar verlassener Hochlandsschauer —
Und Freiheit durchwehte das Lied der Trauer,
Das an den Strömen Babels erklang.

O! Laß Dich nicht durch ein Standbild betören,
Mein großes Volk! und lerne beschwören
Mit toten Helden die tote Kraft!
Manch eh'rnes Werk hast zu bau'n Du begonnen,
Umstrahlt von des Geistes weitleuchtenden Sonnen,
Und wieder ist es in Nebel zerronnen,
Vom ewigen Erbfeind dahingerafft.

Ein Sockel war's, den Du anfingst zu bauen
Mit Männerblut und dem Schmucke der Frauen,
Das achtzehnhundert und dreizehnte Jahr —
Wo bleibt der Gott, den Du blutig gerochen,
Und den sie hinanzustellen versprochen?! —
Sie haben wie Scherben ihr Wort gebrochen,
Weil's nur ein Kaiser- und Fürstenwort war.

Und drei Jahrhunderte kaum sind verflossen,
Da hat dem Geiste ein Denkmal gegossen
Der Mann, der die Nacht und die Kutte zerriß —
Zu Wittenberg, von den Säulen getragen,
Sieht er um die Welt sich geifernd schlagen
Die Schlange, und giftig sein Werk benagen,
Die kraftlos ihn in die Ferse biß.

So steht auch, der Flügel gegeben dem Worte,
Der aufgetan die verschlossene Pforte,
Und Waffen verteilt an jeglichen Herd —
Darf "Freiheit" das lauschende Ohr ihm umwettern,
Und hört er die Stimme von Deutschlands Errettern?
Nein! Nein! er steht sie nur stürzend zerschmettern
Und sterben verbannt auf fränkischer Erd'!

Du hast Dir nur selbst Deinen Grabstein gegeben,
O Deutschland! so lange noch fremd Deinem Leben
In Deine Schwächen die Helden seh'n —
So lang' ein Zertreter vertritt deutsche Throne,
So lang' noch die Knute droht Herrmann's Sohne,
So lang' noch die kleingeaugten Spione
Durch Deine Paläste und Hütten späh'n.

* * * * * * *

Doch mögen sie steh'n und prangen und glänzen,
Durch schwankende Herzen, und Deutschland bekränzen,
Als wie ein erhabener Kranz von Erz.
Nach einem Gebilde vor andern allen
Soll hoffend das suchende Auge wallen —
Vor Einem soll laut in Liedern schallen
Ein leuchtender Geist, ein redliches Herz.

Es ist Armin's Säule! — So hebe die Rechte,
O Deutschland! und schwinge das Schwert, das echte,
Und werde ein Held aus Einem Guß.
Im heimischen Wald laß hallen vom Schilde
Ein Freiheitslied durch Europa's Gefilde,
Zertritt die eingenistete Gilde,
Wie römische Geier Arminius!

Die Rütlirose

Am Rütli brach ich eine Rose
Zum Angedenken an den Ort,
Wo aufgeblüht die dornenlose,
Die düftereiche Freiheitsrose,
Die noch bis heute nicht verdorrt.

Am Herzen trug ich sie verborgen,
Da soll sie ruh'n und duften still;
Zur Heimat zog ich gegen Morgen,
Drum muß sie ruh'n so tief verborgen,
Wenn ich die Heimat sehen will.

Man fürchtet sich vor solchem Glanze
In meinem lieben Heimatland;
Dort heißt man sie die gift'ge Pflanze,
Die nur betäubt mit Duft und Glanze,
In meinem lieben Heimatland. —

Drum als ich kam zur Heimatgrenze,
Nahm ich sie vor zum letzten Mal:
Noch einmal mir in's Auge glänze,
Mag küssen Dich an dieser Grenze
Zum Abschied noch der Sonnenstrahl.

Doch als ich sie hervorgenommen,
Da war die Rose welk und fahl;
Ihr schönes Leben war verglommen,
Sind Tränen mir in's Aug' gekommen,
Und mich beschlich herzinn'ge Qual.

Dich hat das Heimweh wohl getötet,
D'ran siecht jedwedes Alpenkind;
Daheim hat Dich das Glück gerötet,
Hier starbst Du hin zu schnell getötet,
Wo Freiheitslüfte ferne sind.

Ich aber fühl' ein tiefres Kränken,
Daß deutschen Söhnen nicht gegönnt
Das kleinste Freiheitsangedenken,
In seinen Duft sich zu versenken
Für einen glücklichen Moment;

Daß jeder blühende Gedanke,
Den unser Herz geheget hat,
Abwelken soll an deutscher Schranke
Und fallen muß, als wie das kranke,
Das duftberaubte Rosenblatt."

Die Zwei

Von Allen, die aus Habsburg
Beherrschten deutsches Land,
Hat sich mein Herz mit Liebe
Nur Zweien zugewandt.

Die Andern mag verehren,
Wem Nacht und Dunkel wert,
Wer Papst und Jesuiten
Und Pfaffenränke ehrt.

Die Andern mag da lieben,
Wer sich nicht selber liebt,
Und Gott und Geist und Freiheit
Als Zoll und Steuer gibt.

Wer gern durch Wüsten wandert
Und sich am Sand ergötzt
Den keine Blume schmücket,
Kein Quell, kein Tau benetzt;

Wer gern auf Sümpfen rastet,
Vom Irrwischtanz umglüht,
Wer gern auf Seen schiffet
Bei Frosch- und Unkenlied;

Wer an verdorrten Wäldern,
An starren Bilderreih'n,
An nächt'ger Gruft sich freuet,
Mag ihnen Weihrauch streu'n.

Die Zweie sind Oasen
Im öden Wüstensand,
Sie sind des toten Meeres
Korallen-Inselland.

Sie sind die Katarakte,
Wo ein versumpfter Fluß
Noch Regenbogen spannen
Und Perlen stäuben muß.

Sie sind, was nach der Lichtung
Ein seltner Lerchengast,
Sie sind der toten Eiche
Einsamer Blütenast.

Sie fielen in die Arme
Der liebedurst'gen Welt —
Aus toten Steinesmassen,
Von Gott und Lieb' erhellt.

Der Eine war die Sonne
Der neuerwachten Zeit;
Das Abendrot der Andre
Vor neuer Dunkelheit.

Der Eine war der Kämpe
Für deutsche Ehr' und Kraft;
Ein Schwert, durch Nächte blitzend,
Ein schimmernder Lanzenschaft.

Er war der deutschen Ritter
Allletzter Scheidegruß,
Ihm schlug die Bardenharfe
Held Anastasius.

Der Franke und der Schwabe,
Der Baier und der Sachs',
Sie nannten ihn den treuen,
Den letzten Ritter Max.

Sein Name lebt in Liedern,
Er glänzt wie Sonnenlicht;
Das Lied ertönt wie Schwertschlag,
Das ihm zu Ruhme spricht.

Des Andern Tun und Segen
Ist nicht für's Lied gemacht;
Kein Herold kann's verkünden,
Was er in Lieb' erdacht.

Willst Du ein Lied ihm singen,
So sing ein Frühlingslied;
Sing eines Löwen Leben,
Sing, wie ein Reh verschied.

Doch besser ist's, Du gehest
Um Mitternacht allein
Und rufst den Namen Joseph
In Wald und See hinein.

Oder wenn Du die Schmerzen
Der Welt um Dich vereinst;
Du bleibst auf Deiner Kammer
Und denkest sein — und weinst.


Ein Sterbelager

Das trübste Sterbelager,
Das die Geschichte sah;
Ein Mann, totblaß und hager,
Liegt auf dem Bette da.

Der Purpur, der's umwehet,
Gleicht sehr dem Abendrot;
Weil bald hier untergehet
Ein Sonnenlicht im Tod.

Daß keine Träne falle
An seiner Lagerstatt?!
Vielleicht, weil er sie alle
Dereinst getrocknet hat.

Sein Aug' ist gramestrübe,
Gleich dem umwölkten Tag,
Der nicht mit ganzer Liebe
Hervorzugeh'n vermag.

Denn die sein Bett umhegen,
Die sind die Wolkenmacht,
Die seinen Frühlingssegen
Aufhascht in ihre Nacht,

Und die die Blüten alle,
Die leuchtend er beglückt,
Mit ihrem Nebelschwalle,
Da's wieder Nacht, erdrückt.

Und wie beim Untergange
Die Eule, neubelebt,
Zu nächt'gem Unglückssange
Den Heroldruf erhebt,

So tönt zu dieser Stunde,
Betrübter Zukunft schwer,
Die düstre Unglückskunde
Aus allen Ländern her:

Die Lerchen, Freiheit singend,
Die Du hinausgesandt,
Sie sinken, matt sich schwingend,
Halbtot auf's öde Land.

Das Wort, das Du verkündet,
Verhallt in leerer Lust;
Die Glut, die Du entzündet,
Erstirbt an Deiner Gruft.

Dir danken nicht die Lande,
Die Du gabst fesselfrei;
Neu fügen sich die Bande
Der alten Sklaverei.

Im trübsten Sterbelager,
Das die Geschicht' erblickt —
Der Mann, totblaß und hager,
Spricht also, grambedrückt:

"So hätten die Neronen,
Die Menschengeißeln, Recht;
Nicht darf an Fürstenthronen
Bau'n Hütten das Geschlecht.

Das wär' ein Herz von Steine,
Das solch ein Dolch nicht trifft,
Die Trän', die ich nicht weine,
Wird innen mir zu Gift.

Sieht mich in späten Tagen
Die Welt einst rückgekehrt,
Will ich sie erst befragen:
Ob sie der Freiheit wert?!"

Das war Joseph, der Kaiser,
Und das sein Testament;
Nennt andre Fürsten weiser —
Da ihr nicht besser'n kenn't.

Der deutsche Knecht

Bin ich nicht ein Knecht der Knechte?
Bin ich nicht ein arger Schelm?
Warum schwingt ein Schwert die Rechte?
Warum drückt mein Haupt ein Helm?
Bin ich nicht ein Knecht der Knechte?
Weiß ich denn, wofür ich fechte?

Jüngst im Treffen mit den Franken
Hört' ich drüben Ruf und Lied,
Die mir auf die Seele sanken,
Daß es nun mich schraubt und zieht,
Daß zu rufen ich begehre:
Freiheit, Vaterland und Ehre.

Und Ein Wort vor allen sank mir
Wie ein Funke in's Gemüt,
Und das Wörtchen machte krank mir
Und erhitzte das Geblüt —
Was "le peuple" mag bedeuten,
Sinn' ich nun für alle Zeiten.

Tag und Nacht verfolgt der Traum mich,
Daß ich nicht mehr schlafen kann —
Vieles halte nun für Schaum ich,
Was ich einst als frommer Mann
In den Büchern hab' gelesen,
Und was heilig mir gewesen.

Ob auch meine Kameraden
Sind geplagt von solcher Qual,
Wenn sie ihre Büchsen laden,
Wenn sie schlägt der Korporal,
Wenn sie ihre Lieder singen
Von den eingelernten Dingen?

Dort am Feuer seh' ich liegen
Einen, der die Erde stampft,
Dem im Wind die Haare fliegen,
Dem die starre Faust sich krampft
Ob ich ihm mein Denken sage?
Ob ich ihn zu fragen wage?

Bei Waterloo

Verstummt ist der letzte Kanonenmund,
Nur leise bebt noch der Erde Grund,
Wie selbst in Freuden die Mutter zagt,
Wenn große Taten die Kinder gewagt.

Es war auf dem Felde, wo siegerfroh
So manche Seele gen Himmel floh,
Es war auf dem Felde von Waterloo!

Schon ferne leuchtet der Waffenglanz,
Schon ferne tönt: Heil Dir im Siegeskranz!
Das letzte Röcheln ist schon verhallt;
Es kommen die Totenbestatter bald,
Dann mehr um ein Feld, das ein Leichentuch,
Ein blutiges Blatt in der Völker Buch. —
Da sieh! wie in der vordersten Reihe sich streckt
Ein deutscher Krieger, von Wunden bedeckt,
Die Brust von Schwert und Kugel zerspellt,
Als wollt' er offen zeigen der Welt
Sein innerstes Herz, so unverhüllt,
Was innen für liebendes Leben quillt.
Doch auf den Wellen so heiß und so rot
Schifft aus die Seele, zieht ein der Tod.
Er spricht im Sterben gen Osten gewandt:
"Sieh her in die Wunden, mein deutsches Land,
Mit diesem Blute, das treu und acht,
Besiegl' ich der Brüder bestrittenes Recht;
Da liegt noch mancher Bruder mit mir,
O Deutschland, er kämpfte, er starb nur Dir.
Sieh her, o Mutter! und sprich mir Hohn:
Ich bin ein fremder, ein treuloser Sohn!"

Er sinket mit gebrochenem Blick,
Mit stummem Mund, zu den Toten zurück;
Er schlägt kein Kreuz, wie ein frommer Christ,
Weil jener Krieger ein Jude ist.

Du teurer Held! o schlummre gut!
Wohl hast Du besiegelt mit Deinem Blut
Des vielversproch'nen Kontraktes Blatt;
Doch leer ist's geblieben, und öd', und glatt.

Trinklied
Im Winter 1842

Die Wintersonn' ist ein leerer Pokal,
Sie hat verschüttet den letzten Strahl,
Und blickt herab so trübe.
Der Schenke da oben, der ihn gefüllt,
Und hat er den brennenden Durst uns gestillt,
Den Durst nach Licht und Liebe?

Die Wintersonn' ist ein Auge, fahl —
Der Himmel ein blinder Hannibal,
Sein Capua die Religionen.
In keinem Lenze es wieder erbrennt,
Es ist ihm am Warschauer Monument,
Zerstochen im Weinen verronnen.

Wer darf als der Himmel fröhlicher sein?!
So leeret zur Neige die Jugend, den Wein,
Dann stürzet die wüsten Becher,
Und wer auf die Trümmer der Jugendwelt
Zum traumlosen Schlafe danieder fällt,
Der war der gläubigste Zecher.

Wir dürfen nicht heller, als jener seh'n,
Und dürfen nicht stärker zum Kampfplatz geh'n,
Den Er, unser Führer, verlassen —
So taumle denn Jeder nach Haus, nach Haus,
Und weine daheim sich die Augen aus —
Dann sind ihm die Sünden erlassen.

Wenn ich ein König wär'

Wenn ich ein König wär',
Das wär' ein Singen und ein Freuen
Durch meine Länder weit und breit,
Die alte Zeit sollt' sich erneuen,
Die gute königlose Zeit,
Wenn ich ein König wär'.

Der Adler bleibt im Wappenschilde,
Doch eine Lerche schmückt es auch;
Der Eichenstamm gehört zum Bilde,
Doch sanft bedeckt vom Rosenstrauch,
Wenn ich ein König wär'.

So soll es auf der Hofburg glänzen,
Doch keine Schildwach' geht davor;
Kein Mauerwall soll sie umgrenzen,
Stets offen stehen Tür und Tor,
Wenn ich ein König wär'.

Die Hofburg steht, wo alle Bahnen
Des Königreichs zusammengeh'n,
Wegweiser sind dreifarb'ge Fahnen,
Die lustig von den Zinnen weh'n,
Wenn ich ein König wär'.

In weiter Burg wird mir nicht bange,
Ich wohne wohl zu Zweien drin,
Gewählt, gefreit hab' ich schon lange
Die allerschönste Königin,
Wenn ich ein König wär'.

Vom Kerker hol' ich die Minister,
Ein Dichter wird mein Hofmarschall,
Und Hofkaplane werden Priester,
Die nicht geflucht dem Sündenfall,
Wenn ich ein König wär'.

Wer weinen kann, wenn Rosen bleichen,
Der spricht im offnen Felde Recht;
Kein Zensor lebt in meinen Reichen,
Sie würden alle Henkersknecht',
Wenn ich ein König wär'.

Es kommt der Lenz, der schönste König;
Die Rose duftet himmelhoch,
Die Lerche jubelt wundertönig,
Und weil ich herrsche schöner noch,
Wenn ich ein König wär'.

Da ist die Ros' ein Flammenzeichen,
Der Lerche Lied mein Bote nur,
Auf daß sie kommen aus den Reichen
Und sich versammeln auf der Flur,
Wenn ich ein König wär'.

Von Angesicht zu Angesichte
Steht Volk und König — Du und Du
Der König sitzet zu Gerichte,
Und Bach und Bäume horchen zu,
Wenn ich ein König wär'.

Das ist des Königs schönste Stunde,
Da wird geholfen jeder Not,
Da wird geheilet jede Wunde,
Gesegnet bis zum Abendrot,
Wenn ich ein König wär'.

Die Krone mach' ich dann zum Becher
Und trink' ihr Heil in edlem Wein,
Ein liebberauschter sel'ger Zecher,
Und meine Völker jubeln d'rein,
Wenn ich ein König wär'.

Dann steig' ich wohl von meinem Throne
Und werf das Zepter aus der Hand,
Und werfe hin die gold'ne Krone,
Und rufe "Freiheit" durch das Land,
Wenn ich ein König wär'.

Wenn ich ein König wär',
Und wär' ich grau und käm's zum Sterben,
Wohl müßt' ich dem getreuften Staat
Nicht meine Liebe erst vererben,
Als ein erbärmliches Legat,
Wenn ich ein König wär'.

Drei Lieder

Wie lang' ist's her, da sangen sie Lieder,
Die deutschen Poeten, vom perlenden Wein,
Von Trunkenheit glänzten die Augen wieder
Und "Evoe Bacche" sangen sie drein. —
Weinlieder sangen die seligen Prasser
Und saßen bescheiden beim Glase Wasser,
Die deutschen Poeten — wie lang' ist's her?

Wie lang' ist's her, da tönten die Haine
Nur Liebe, nur selige Liebe zurück,
Beim Morgenstrahl, beim Mondenscheine
Sie sangen und priesen der Liebe Glück;
Und Liebe suchend gingen verlassen
Die frommen Pilger auf öden Straßen,
Die deutschen Poeten — wie lang' ist's her?

Nun singen sie aus begeisterten Herzen
Der Freiheit entgegen den feurigen Gruß,
Und leiden beglückt den Kampf und die Schmerzen
Und tragen noch Fesseln an Hand und Fuß. —
Wie lang' noch an Freude, an Liebe, an Freiheit,
Wie lange noch glauben die heilige Dreiheit
Die deutschen Poeten — wie lange noch?

Rückständiger Sold

Wir sehn's in aller Zeit Geschichten,
Daß stets ein wackerer Soldat
Auf Schatz' und Freuden zu verzichten,
Wenn's Not befahl, gelernet hat.

Er hat das Schwerste leicht ertragen,
Kampf, Wetter, Hunger, Durst und Pest,
Er hat die wildste Schlacht geschlagen
Und sang zum letzten Speiserest.

Folgt auch der Löwe seinem Wächter
Als wie der allgetreuste Hund,
Doch fühlt er sich als der nicht schlechter
Und brüllt bei naher Mittagsstund'.

Doch hatte der Soldat gerungen
Und kam ihm der Bezahlung Frist,
Hat er gefordert, was bedungen,
Und murrte, wenn's verblieben ist.

Und wahrlich wir sind nicht entartet
Vom kriegerischen Urgeschlecht,
Wir haben lang' genug gewartet,
Nun fordern wir nach altem Recht.

Ach nicht geruht und nicht gerastet,
Geduldet haben wir genug,
Gekämpft, gedürstet und gefastet
Bei heim'scher List und fremdem Trug.

Es stand Jedweder auf dem Posten,
Den ihm sein König wies und pries,
Am Pestcordon, an Burgtorpfosten,
Am Grenzgeländ' und am Verließ.

Wohl hätt' er oft Genesung schlürfen
Gekonnt, wo er gescheut die Pest,
Und öfter noch zertreten dürfen.
Als es betreu'n, das Schlangennest.

Wohl hätt' er's besser oft verstanden,
Wenn er den Grenzcordon zerriß,
Den er bewacht, aus Nacht und Banden
In die ersehnte Freiheit ließ. —

Doch sei's wie's sei — wie wir beordert,
So taten wir, wie Ihr's gewollt;
Erschreckt nun nicht, es wird gefordert
Der noch rückständ'ge alte Sold.

Für altes Wachen, Hungern, Dürsten
Bezahlt nun den rückständ'gen Sold
In guter Münze, deutsche Fürsten:
Heraus der Freiheit echtes Gold!

Und wär's nur ob dem Einen Jahre,
In deutschen Büchern hoch belobt,
Das hätt' gebleicht gesalbte Haare,
Wär's nicht in unserm Blut vertobt;

Das Jahr, als wir die Kronenscherben
Gekittet mit dem eig'nen Blut
Und den verblaßten Purpur färben
Gemußt mit unsres Herzens Flut.

Heraus den Sold! daß fremden Blicken
Verdeckt sei unsre Blöß' und Schand',
Sonst tät' es not, daß wir uns flicken
Mit Purpurfetzen das Gewand.

Heraus den Sold! daß ab wir wälzen
Die Armut, die uns unterjocht,
Sonst müssen Kronengold, wir schmelzen,
Schon glüht der Kessel und es kocht.

An die Sonn – und Mondsüchtigen

Wer nur die Sonne schaut,
Ist bald von Nacht umgraut,
Daß er auf Erden schwanket,
Ob jedem Steinchen wanket;

Und wer nur schaut den Mond,
Vergißt, die er bewohnt,
Die Erd' — was bleibt, als Tränen
Und somnambüles Sehnen?

O laßt sie oben glüh'n,
Und freut Euch mit dem Grün
Und mit dem Blumenherde
Der schönen Mutter Erde!

Betrachtet diese nur,
Und bald wird ihre Flur
In schönerm Lichte brennen,
Als es die beiden können.

Was in der Sonnenglut,
Tief in der Erde ruht,
Man braucht's nur zu erfühlen —
Es wird, zu Tag sich wühlen.

Und was Du suchst, Phantast,
In Mondromantikglast,
Muß Deinem Traum erblassen,
Weißt Du ihn recht zu fassen. —