Mein Österreich
Östreich, mein Östreich!
Mit deinem Donaustrome,
Mit deinem Stefansdome,
Mit deinen Rebenhügeln
An blauen Wasserspiegeln,
Von deinen Bergeshöh'n
Entzückend anzuseh'n!
Östreich, mein Östreich!
Östreich, mein Östreich!
Mit deinem Kaiserthrone
Und biedern Alpensohne,
Mit deinen blanken Städtchen
Und drin den frischen Mädchen,
Mit deinem Wälderschmuck
Und warmen Händedruck!
Östreich, mein Östreich!
Östreich, mein Östreich!
Mit deinen stillen Tälern
Und Burgen rings und Mälern,
Mit deinen grünen Tristen
Und See'n, den froh durchschifften
Mit deinem Liederklang
Und regen Herzensdrang!
Östreich, mein Östreich!
Östreich, mein Östreich!
Mit deinem alten Ruhme,
Germanias Sonnenblume!
Hort wider die Barbaren:
Osmanen und Awaren;
Du Schauplatz großer Tat,
Du Fürsten-Grab und -Saat!
Östreich, mein Östreich!
Östreich, mein Östreich!
Der Sonne zugewendet,
Erleuchtet und geblendet,
Dem Mutterarm entrungen,
Gepaart mit fremden Zungen,
So fromm, so schön, so treu,
So herrlich und — nicht frei!
Östreich, mein Östreich!
An den Leopoldsberg in
Wien
Nicht ragst du in das weite Meer,
Wie's Vorgebirgen eigen,
Von wo dem Blick sich ringsumher
Nur Wasserwüsten zeigen;
Ins grüne Land ragst du hinein,
Den Strom zu deinen Füßen,
Von dessen Ufern, groß und klein,
Wohl hundert Dörfer grüßen.
Du ragst ins grüne Land hinein,
Um dich ein Meer von Saaten,
Auf deinem Haupt die Kron' von Stein,
Mahnend an große Taten;
Die Stirn dem Aufgang zugewandt,
Schaust du nach jenen Flächen,
Die, unabsehbar ausgespannt,
Von Östreichs Kämpfen sprechen!
Gesegnet Land! Des Friedens Bild,
Liegst du hier ausgebreitet!
Einst Deutschlands blutbespritzter Schild,
Zerstört oft, nie erbeutet;
Jetzt seine Friedenspalme, weit
Sich auseinander faltend,
In ruhig großer Herrlichkeit
Des Völkerglückes waltend!
Und ist denn keine Lerche hier,
Die jubelnd auf sich schwänge?
Gewaltig pocht das Herz in mir
Und fodert Lerchensänge,
Und mächtig dringt mein Liedergeist
Aus seinem ird'schen Pferche,
Zu Sang geschickt, zum Fluge dreist,
Wird er nun selbst zur Lerche!
Winterhymne
Gepries'ne Lerche, schön ist dein Lied,
Schöner noch, weil du es singst
Im Fluge zu Ätherhöh'n,
Weil du's der Sonne entgegensingst;
Aber du singst es nur
Über grünenden Saaten,
Nur in dem wärmeren
Äther des Sommers,
Nie der Sonne des Januars.
Und du, geheimnisvolle Nachtigall,
Süß ist dein Lied; süßer noch,
Weil es von Liebe singt,
Weil's durch die heil'ge Nacht,
Weil es den Sternen entgegentönt;
Aber du singst es nur
Von dem grünenden Zweig herab,
Aus dichtbelaubtem Haine nur,
Und die Sterne der Winternacht
Hören es nie!
Du königlicher Aar,
Der du den Sonnenflug
Auch durch die Schauer des Winters fliegst,
Warum singst du nicht?
Oder singst du vielleicht, von wo
Kein Schall mehr das Ohr erreicht?
Doch nicht den Vögeln —
Dir, o Mensch, allein
Verlieh die Gottheit
Ewige Liederkraft;
Ein singender Aar,
Schwebe du
Weit, weit über dem Schneegefild
Mit deinen Geistesschwingen
Durch den Eishauch der Lüfte hin!
O du, mein Heimatland,
Mein deutsches Östreich!
Und deckt dich zwiefacher Winter nicht?
Aber nicht wie deine Lerchen,
Aber nicht wie deine Nachtigallen
Soll dein Sänger
Fremden Frühling suchen;
Hoch über dein Wintergrab
Soll er, ein singender Adler, steigen —
Und dich erwecken
Zu zwiefachem Lenz!
Rheinweinlied
Auf! ihr deutschen Freiheitsringer,
Aus der Flasche dunklem Zwinger
Laßt vorerst den Geist vom Rhein
Uns befrei'n.
Auf! wir brauchen Geist vom Rheine,
Daß der Geist nicht von der Seine
Sich bemächt'ge unsrer all'
Bis zum Fall!
Seht, er perlet Freudentränen!
Wohl nach jahrelangem Sehnen
Steigt er nun aus finstrer Gruft
An die Luft.
Einigend zu seltnem Bunde
Mild' und Kraft und Glut, vom Munde
Bis ins Herz — der Geist vom Rhein —
Dringt er ein!
Dort vermählt er sich dem Blute
Und erfüllt's mit deutschem Mute,
Daß wir nun und nimmer ruh'n,
Großes tun!
Daß wir grübeln nicht und fragen,
Daß wir handeln, daß wir wagen,
Wie die Väter einst am Rhein
Tüchtig sei'n.
Geist vom Rhein, o du derselbe
An der Donau, an der Elbe,
Geist aus unsrer Heldenzeit,
Sei befreit!
Und nun schwingt mir die Pokale,
Leeret sie mit einemmale!
Schön ist's: von dem Geist vom Rhein
Trunken sein!
Lied eines deutschen
Jünglings
1840
Nicht sing' ich mehr um Liebeslohn,
Mag mich die Lieb' auch ächten;
Den fremden Zwingherrn sing' ich Hohn
Und ihren feilen Knechten.
Nicht preis' ich mehr des Friedens Ruh',
Da Kampf allein noch rettet;
Nur Memmen schau'n gelassen zu,
Wie man den Bruder kettet.
Ich preise gern das kühne Wort,
Doch lieber kühne Taten,
Der Mut des Mannes ist der Hort
Der jungen Freiheitsaaten.
Ich preise die Begeisterung,
Die Mutter alles Großen,
Sie macht auch Greise wieder jung,
Zu Freiheitskampfgenossen.
Und Jeden, der da ohne Scheu,
Umstürmt von mächt'gen Dräuern,
Dem innern Gotte bleibt getreu,
Will preisen ich und feiern.
Denn gibt es irgend einen Ruhm
Von unbefleckter Klarheit,
So ist's das edle Märtyrtum
Für eine große Wahrheit.
An die düstern Sänger
Ihr, deren Lied wie Totenreigen
Hervordröhnt aus zerlechzter Brust,
O seht doch dort die Lerche steigen
Und lernt von ihr des Mutes Lust!
Ihr gleicht! Denn nicht mit Grabgesängen
Weckt man sein Volk zum Selbstgefühl;
Fliegt Lerchenflug! Mit Lerchenklängen
Fliegt auf zum Licht! Das euer Ziel!
Die ihr mit furchtbar schöner Treue
Die Wüst' in euren Herzen malt,
Draus oft luftspiegelnd Meeresbläue
Voll grüner Inseln wiederstrahlt:
Weist dem zerrissnen Vaterlande
Nicht auch noch eu'r zerrissnes Herz,
Als wäre Heitersein uns Schande
Und läge Adel nur im Schmerz!
Ihr klagt, rings siege die Gemeinheit:
Mit Klagen bannt ihr sie doch nie;
Ihr jammert ob der Menschen Kleinheit;
Seid groß und ihr beschämet sie.
Ein Weltschmerz nagt in eurem Busen,
Auf Dichtern, sagt ihr, last' ein Fluch.
Für Musen gebt ihr uns Medusen
Und als Panier ein Leichentuch.
Das Riesenweib, Germania, wecken
Wollt ihr aus seiner Schlafesruh'?
O wählt nicht der Posaune Schrecken,
Die Siegstromete wählt hiezu!
Gleich ihr laßt eure Lieder schmettern
Von Berg zu Berg, von Tal zu Tal,
Mit ihr antwortet euren Spöttern:
Voran! Empor! — Das eure Wahl!
Was singt ihr euch und euren Jammer?
Gibt Deutschland sonst zu singen nichts?
Nicht Helden — Fürsten und Entflammer,
Vorkämpfer nicht des heil'gen Lichts?
Die Heinrich' und die Friederiche,
Die Max' und Joseph' — Epopeen
Die Namen bloß! — Hatt' einst der Grieche
Besingenswerteres gesehn?
"Ja, solche Namen müssen wieder
Und solche Taten auferstehn!"
Das laßt verkünden eure Lieder,
Vorfliegend zu der Menschheit Höh'n.
"Germanien muß wieder werden,
Was es vor tausend Jahren war,
Die große Dichterin auf Erden,
Des Völkerrechtes Hochaltar!"
Ein solcher Sang wird nicht verhallen
Sind Körners Sänge denn verhallt? —
Von Rhein und Donau widerschallen
Dem gier'gen Nachbar rufend: Halt!
Ja, Lerchen seid! Gleich ihnen singet
Im Fluge zu dem Sonnenlicht,
Und was aus euren Liedern klinget,
Sei Lebensmut und Zuversicht!
Adel des Zornes
Schön ist die Glut auf einer Jungfrau Wangen,
Von Scham auf diesem Vesta-Herd entzündet,
Die Glut doch schöner, die mit ihr verbündet
Vernichtend trifft des Lüstlings frech Verlangen.
Der Heiland, als ihn Tabors Glanz umfangen,
Hat sich so groß, so herrlich nicht verkündet,
Als da, wo er des Vaters Haus entsündet,
Sein Blick die Mäkler schlug mit Todesbangen.
Und diesen Adel, der im Zorne lieget,
Dies Phönixfeuer menschlicher Verklärung
Seh' ich so gern vom Mannesauge sprühen.
Hold ist das Lächeln freundlicher Gewährung,
Der Sanftmut Blick hat oft die Welt besieget,
Doch unsre Zeit erheischet jenes Glühen.
Ostermorgen
Ostermorgen!
Auferstehungsmorgen!
Deine Glocken rufen: Verjüngung!
Dein junges Grün: Unsterblichkeit!
Deine Schwingen, Seele,
Zum großen Osterfeste der Natur!
Hörst du die Glocken hallen
Und rufen: Verjüngung!?
Und rings die Schöpfung
Widerhallen: "Verjüngung!
Unsterblichkeit!"
Deine Schwingen, Seele! —
Das ewige Rheinlied
Bei Schaffhausen
Es klinget ein gewaltig Lied
An Deutschlands Mittagspforte,
Klingt Tag und Nacht fort, nimmer müd,
Ein Lied ist's "ohne Worte";
Gott setzt' es für ein Instrument,
Drauf er allein die Griffe kennt.
Turmhohe Felsen, und darauf
Des Rheines Silberwogen
In unaufhaltsam jähem Lauf
Als Saiten hingezogen.
Seht hin, das Rieseninstrument,
Drauf Gott allein die Griffe kennt!
Wohl hat der Donner guten Schall,
(Ein wahrhaft göttlich Grollen!)
Doch in dem eignen Widerhall
Erstirbt zuletzt sein Rollen;
Nicht so dies Lied, das donnernd schallt
Und widerschallt, doch nie verhallt.
Und sind auch keine Worte drin
Nach Silben abzuzahlen —
Hört mit dem Herzen! Tiefer Sinn
Enthüllt sich tiefen Seelen.
Das ist kein sinnlos wild Gebraus:
Zorn und Begeistrung spricht daraus.
Zorn ruft: Ich, euer deutscher Rhein?
Süßträumende Gesellen!
Der Schweizer lacht gar hämisch drein,
Er hat ja meine Quellen;
Und meine Mündung sperrt Mynheer
Der deutschen Yacht ins deutsche Meer.
Der deutsche Rhein! ich war es; ihr,
Ihr war't auch deutsch. O Dumpfheit!
Der Nachbar höhnt euch dort, der hier,
Nichts dringt durch eure Stumpfheit.
Die Welt sah's, ihr habt Löwenmut,
Doch eure Löwentatze ruht.
Drum bis ihr selbst gleich mir erbraust
Und nicht mehr sinnig träumet,
Nein, daß der Nachbar drob ergraust,
Die Felsen überschäumet,
Kling' Tag und Nacht fort, nimmer müd',
An euer Ohr mein Zorneslied.
Begeistrung ruft: Zorn ist nicht Haß,
Zorn ist oft heiße Liebe;
Brüder in Deutschland! merkt euch das
Und seht nicht gleich so trübe!
Ei, nicht den Zaum, ihr braucht den Sporn,
Und zu der Liebe stets den Zorn!
So zürnt das ewig hohe Lied
An Deutschlands Mittagspforte,
So heut wie gestern, nimmer müd,
Ein Lied ist's ohne Worte;
O lauscht ihm alle, nun ihr kennt
Den Spieler und das Instrument!
Am 15. Dezember 1840
Da liegt er aufgebahrt! — Ruhmwüt'ger Franke
Blick' hin und lies in seinen starren Zügen
Noch einmal deinen Glanz und deine Schmach!
Und hast du ihm nicht zugejauchzt, als er,
Der Freiheit Sohn, die Mutter mordete
Und über ihrem Grab den Kaiserthron
Aufwölbte, zogst du in bachant'scher Glut
Ihm nicht zum großen Völkermorde nach?
Und als er dann, ereilt vom Rachegeist,
Sich deiner Großmut in die Arme warf,
Gabst du ihn nicht in schnöder Klugheit preis?
Er war dein Spielzeug wie das seine du.
Und nun mit Glockenklang und Leichenpomp
Betäubst du jetzt den eignen späten Schmerz —
An einer Leiche macht man nichts mehr gut! —
Doch du, mein Deutschland, kannst mit reinem Sinn
Dich stellen an den Sarg des Schicksalsmannes
Und der gefallnen Größ' auch deine Träne
Nachweinen.
Er hat dich aufgerüttelt, als du einst
In tiefem unbewachten Schlummer lagst.
Da, als er dich mit eh'rner Hand umfing,
Dich zu zermalmend wähnend, kehrte dir
Erst das Bewußtsein deiner hohen Kraft,
Und, ein gebundner Samson, brachest du
Den Pfeiler seines frevelvollen Throns.
Darum, o Deutschland, hin zu diesem Sarg
Großmüt'gen Selbstgefühls und tiefen Ernsts,
Und bleibe wach, daß eines solchen Weckers
Du nie mehr not hast! Wache, wache, wache,
Geliebte Freiheit meines Vaterlands.
Jetzt aber nimm den Griffel, den er scheute,
Und schreib' dem großen Toten auf den Stein:
"Zu hassen war er, zu verachten nicht,
Zu hoch dem Spott, doch nicht dem Weltgericht."
Die fünf Lerchen
Österreichs
Hast Lerchen in dein Wappen dir gewählt,
Östreich, mein Östreich! Warum Aare nicht?
Wohl steigt der Aar, bis er dem Blicke fehlt,
Doch steigt er sanglos, stumm empor zum Licht.
Hast Lerchen in dein Wappen dir gewählt,
Östreich, mein Östreich! Warum Schwäne nicht?
Wohl ward der Schwan einst Göttern beigezählt,
Doch singt er erst, wenn schon sein Auge bricht.
Hast Lerchen in dein Wappen dir gewählt,
Östreich, mein Östreich! Warum Löwen nicht?
Wohl ist der Leu vor Allen mutgestählt,
Doch nicht der Mut des Raubtiers ist uns Pflicht.
Drum hast, mein Östreich, Lerchen du gewählt,
Weil sie zur Sonne streben gleich dem Aar,
Dem Schwane gleich von Liedern sind beseelt
Und gleich dem Leu nicht achten der Gefahr.
Ihr Lerchen fünf, von Östreich auserwählt,
Der Sänger lauschet eurem Wettgesang,
Und was begeistert euer Lied erzählt,
Nachsingt er es, wenn auch mit schwäch'rem Klang!
Bundesgedicht
Den Studienfreunden
Der junge Mai mit seinen jungen Freuden,
Der junge Bund von einer jungen Vier —
Wohl mochte dran ein junges Herz sich weiden,
Und reger schlug's und wärmer schlug's in mir,
Das jüngst noch wüst, wie glutverbrannte Halden,
Zum Maifeld macht es nun der Mai und Ihr,
Und so wie rings ersteht auch hier das Tote,
Und neu erblüht, was schon zu welken drohte.
Der Liebe Asch' entkeimt die Brudertreue,
Die Hoffnung rankt sich um der Tatkraft Baum,
Des Mutes Frücht' umhangen ihn auf's Neue,
Sein Wurzeldrang sucht immer tiefern Raum,
Ein neuer Himmel wölbt mit schönrer Bläue
Sich um den neugebornen Lebenstraum,
Der Frühstern jagt die Nebel zu den Grüften,
Die Sonne schwimmt auf dunstbefreiten Lüften.
Ich fühl's, das Chaos meiner Brust wird Eden,
Die kranke Brust wird wunderbar gesund,
Der Gram hört auf, die Laune zu befehden,
Das Selbstvertrau'n gibt sich in Liedern kund,
Die Ohnmacht, scheu zum Handeln wie zum Reden,
Flieht aufgeschreckt von unserm mut'gen Bund,
Und von dem Wort aus fesselfreier Kehle
Bebt in Akkorden freudig Jedes Seele.
Und dankbar sieht ein Jeder in den Andern
Mitschöpfer seiner neuen Hoffnungswelt;
Schon wähnet er, sie harmlos zu durchwandern
Am Bruderarm, den er umschlungen hält;
Die Fabel von Selinen und Leandern,
Sie scheint durch uns ins Leben hingestellt.
Wo weilst du Ate mit den Eisesblicken?
Ein Zutrau'n gibt's im Keim noch zu ersticken.
Nicht weilt sie. Wie auf blankem Schneegefilde
Ein Rab oft seine schwarzen Flügel schwenkt,
Wie oft zum Christus-, zum Madonnen-Bilde
Die Fliege keck den eklen Körper lenkt,
Wie oft der Lilie Kelch mit seltner Milde
Ein schwarz Insekt mit seinem Honig tränkt;
So warf mit einmal die verruchte Scheele
Ein schwarzes Korn in eine reine Seele.
Dem Korn entwächst gar bald die gift'ge Pflanze
Und gierig zielt nach unsrer Brust ihr Dorn,
Des Argwohns Saft klebt ihr im Blätterkranze,
Die Wurzel tränkt sie in des Zweifels Born;
Nicht schmerzet so des Kriegers Pfeil und Lanze,
Nicht so das Schwert, gezückt von Wut und Zorn —
Doch kaltes Mißtrau'n in des Feindes Busen
Macht uns verstehn die Fabel von Medusen.
O reißt sie aus die Wurzeln solchen Krautes!
Macht euer Herz dem Schierling nicht zum Beet,
Mit einem frischen Eichenhain umbaut es,
Von Rosenduft, von Lilienhauch durchweht,
Am Abend voll des Nachtigallenlautes,
Durchjubelt von der Lerche Frühgebet;
Da mag der Aar wohl in den Wipfeln nisten,
Doch keine Schlang' ihr geifernd Leben fristen.
Denkt an das Rütli, an die Schweizermänner,
Und an den See und an die heil'ge Nacht,
O laßt uns frank sein, frank wie jene Senner,
Und sprecht den Bannfluch jeglichem Verdacht,
O spielet nicht die falschen Menschenkenner,
Die ihre Kenntnis meist zu Eulen macht;
Wie dem Gespensterseher könnt' euch's gehen,
Was ihr zu seh'n euch vornahmt, auch auch sehen.
Dies, liebe Brüder, waren die Gefühle,
Die mein Gemüt am Bundestag empfand,
Erst frohe Glut, doch dann Gewitterschwüle,
Austrocknend wie Sahara's durst'ger Sand,
Doch drauf des Freiheitsodems Duft und Kühle,
Herströmend uns aus Tells gepries'nem Land;
Zuletzt der Schutzgedanke vor Erkalten,
Wir wären noch und blieben auch die Alten.
Wien
Auf des Kahlenberges Zinne,
Weithin schauend übers Land,
Mit der turmgekrönten Stirne
Stolz dem Aufgang zugewandt,
Steht die Burg der Babenberger,
Dort auf luftigem Balkon
Herzog Heinrich, des Markgrafen,
Der sie baute, würd'ger Sohn.
Und der Kanzler, ihm zur Seite,
Preist des Gründers Weisheit laut,
Der an so erhabner Stelle
Sich sein fürstlich Haus gebaut,
Wo entrückt dem niedern Treiben,
Höh'rem Trachten zugekehrt,
Sich des Herrschers Seele bilde,
Von Gemeinheit unversehrt.
Und zur andern Seit' der Bischof
Preist des Gründers Weisheit laut,
Der an so geweihter Stätte
Sich sein fürstlich Haus gebaut.
Hier, so spricht er, den Gestirnen
Näher und dem Himmelszelt,
Lernt der Herrscher gottergeben
Glauben eine höh're Welt.
Und der Sänger tritt zu ihnen,
Preist des Gründers Weisheit laut,
Daß er an so schöner Stelle
Sich sein fürstlich Haus gebaut,
Wo das Auge wonnetrunken
Bis zum fernen Aufgang trägt,
Und das Herz mit jedem Blicke
Freud'ger schwillt und reger schlägt.
Doch der Herzog drauf: Wohl preis' ich
Meines Vaters Weisheit auch,
Freu' mich hier der schönen Fernsicht,
Trinke rein'rer Lüfte Hauch;
Aber diese Fernsicht zeigt mir
Auch das nahe Ungarland,
Zeigt mir meines Reiches Grenze
Und den fremden Donaustrand;
Zeigt mir Weiler rings und Städte
Und den Strom im Silberlicht,
Zeigt mir tausend Menschenwerke,
Doch die Menschen selber nicht.
Und die Luft hier, rein wie Äther,
Rauscht wohl oft als Sturm hervor,
Doch den Klang von Menschenstimmen
Trägt sie nicht zu meinem Ohr.
Und mich zieht's zu Menschen, Menschen,
Einsam fühlt sich hier mein Geist,
Und ich wohnte da zum liebsten,
Wo mich Volksgewühl umkreist.
Wo auch könnt' ich besser hüten
Den mir anvertrauten Schatz?
In der Mitte seiner Kinder
Ist des Vaters schönster Platz.
Drum, was ich schon lang erwogen,
Soll nun in Vollendung gehn,
Niedersteig' ich zu der Ebne
Von den stolzen Bergeshöh'n;
In dem weiten Donautale
Ist manch' schöne Stadt zu schau'n,
Eine kor ich schon im Herzen,
Mir darin mein Haus zu bau'n.
Seht sie dort, die schon dem Römer
Vor Barbaren Schutz verliehn;
An der Donau grünen Säumen
Sei gegrüßt, mein teures Wien!
Dir mich selber will ich geben,
Bleibst fortan mir angetraut,
Schmücken will ich dich und zieren,
Wie der Bräutigam die Braut.
Nicht zu flücht'gem Herrschersitze
Mach' ich jetzt dich reich und groß,
Noch der letzte meiner Enkel
Wachs' empor in deinem Schoß.
Ja, mir sagt's ein mächtig Ahnen:
Eines größern Stammes Sohn
Baut sich einst in deinem Weichbild
Tausendjähr'gen Kaiserthron!
Und wie er das Wort gesprochen,
Strahlt der Sonne Scheideblick,
Golden von den Kirchenkreuzen,
Von den Fenstern Wiens zurück,
Und vom Sankt Rupertustürmlein
Tönt die Vesperglocke weit,
Gleich als gäb' des Herzogs Worten
Sehersweihe ihr Geläut.
Patriotisches Lied
Östreich, mein Östreich,
Land, dem kein andres gleich,
Herrlichstes Land!
Östreich! der Name schon
Lieblichster Zauberton!
Hui, auch ich bin dein Sohn,
Seliges Band!
Wie deine Bergeshöh'n
Rebenumgoldet steh'n,
Steht auch dein Sohn;
Kaum seiner Kraft bewußt,
Mut in der offnen Brust,
Lebt er voll Jugendlust
Grämlern zum Hohn.
Süß nicht ist Östreichs Wein,
Brüder, und soll's nicht sein!
Weibische Kost!
Herb ist der Rebensaft!
Lebensmut, Schöpferkraft,
Drin sich die Sehne strafft,
Quillt nicht aus Most.
Süß nicht sei Östreichs Wort,
Aber es wirke fort,
Treibe zur Tat!
Sprecht nicht von Deutschheit viel,
Stürzt euch ins Kampfgewühl,
Streut da voll Hochgefühl
Männliche Saat!
Lieb' und Haß
Nur wer sich selbst verläßt, der ist verlassen,
Einmal geweckt wächst schnell die Kraft im Ringen,
Im Fluge selbst erstarken deine Schwingen
Und du erglühst, wo andere erblassen.
Doch liegt die Kraft im Lieben nur und Hassen,
Wen Lieb und Haß gleich mächtig nicht durchdringen,
Der wird sich wurmgleich wohl durchs Leben schwingen,
Doch seine höchsten Gaben nie erfassen.
Nicht Lieb' allein darf unser Busen hegen,
Nicht gleich der Sonne darf die Herzensgüte
Auf Gute nieder wie auf Böse scheinen.
Schonst du den Tiger, wird er dich erlegen,
Die Giftfrucht reift aus der verschonten Blüte,
Und gibst du Teufeln, müssen Engel weinen.
Nachtlied
Der Kaiser ist schlafen gangen —
Herr Kaiser, gute Nacht! —
Der Kaiser ist schlafen gangen,
Ist nicht mehr aufgewacht.
Der Kaiser ist schlafen gangen,
Er fühlte, daß es Nacht,
Drum ist er schlafen gangen
In aller seiner Pracht.
Der Kaiser ist schlafen gangen,
Er hat wohl lang gewacht,
Es mocht' ihn nach Schlaf verlangen,
Der Tag war ihm sauer gemacht.
So ist er schlafen gangen
Wohl noch vor Schlafenszeit,
So ist er schlafen gangen,
So schläft er noch bis heut.
Mit ihm ist schlafen gangen
Das liebe deutsche Reich,
Ist mit ihm schlafen gangen
Und schläft mit ihm zugleich.
Mit ihm ist schlafen gangen
Des deutschen Volkes Ruhm,
Das Volk selbst ist schlafen gangen
Und schiert sich wenig drum.
Herr Gott, gib deinen Segen,
Das wird eine lange Nacht,
Will mich auch schlafen legen,
Bis Kaiser und Volk erwacht!
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