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Gedichte
Kuffner Christoph

Pesth. 1817
Bei Konrad Adolph Hartleben

Gedichte verschiedenster Art 1
 

Die Wälder
Der Dichter
Bergmännerlied
Andenken und Vergessen
Weinleselied
An Ninna
Das Rätsel
An die Versöhnung
An die Freundlichkeit
Glaube, Hoffnung und Liebe
Frühlingsgesang
 
Melancholie der Liebe
Amor, der Gast
Der graue Tag
Die Würde der Kraft
Morgengemälde

 

Die Wälder

Lebenduftende Wälder, ihr heiligen Tempel der Stille!
Grüßend mit Opfergerät komm' ich und betend zu euch.
Nehmet den Flehenden auf mit seinen Freuden und Schmerzen!
Lasset euere Ruh' gleiten ins schlagende Herz!
Weihegeschenke sei mir vergönnt an die Bäume zu hängen,
Und im Schattengelüft töne mein voller Gesang!
Euch, ihr Musen, die einst den hellenischen Sänger entflammten,
Dich, o hehre Natur, Mutter beglückender Ruh',
Euch ruf' ich um freundlichen Schutz an, euch um Erhebung,
Euch um Labsal und Trost, euch um den reinsten Genuß!
Morgenrot: glühender Hain, sei Vorbild meinem Beginnen,
Daß sich gestaltend gleich dir ordne das wechselnde Blatt,
Daß sich mit schauriger Nacht verbünde die freundliche Helle
Und dem erhabenen Schwung folge der lächelnde Reiz.

Düster drängen sich hier die tausendjährigen Eichen,
Und kein Lichtstrahl dringt zitternd ins Dunkel hinein.
Dort steigt himmelan unerschaulich ein Berg zu den Wolken,
Und ein Abgrund stürzt neben ihm schrecklich hinab.
Aber lieblich und hold eröffnet sich jetzt die die Waldnacht,
Und die lächelnde Flur wallet und woget dahin.
Quellen sprudeln den silbernen Schaum aus grünenden Hügeln,
Und der schlängelnde Bach führt den Himmel mit sich.
Jubelnd durchschwelgen die Vögel des Äthers unendliche Bläue,
Und der Blumenchor blicket in glühender Lust.
Doch nun weichet der Lichtglanz leisewaltender Dämm'rung,
Und von Felsen umdroht schließt sich wehmütig ein Tal,
Und die Nachtigall klagt um moosig erhobene Gräber.
Hier thront Einsamkeit; stiller verblutet der Schmerz.
Schatten wandeln umher im schaurigen Glanze des Vollmonds:
Friede sei mit euch! seid mir gesegnet im Grab! —
Schnell verschwinden die gleitenden Luftgestalten des Nachtgrauns,
Und der Sonne Glanz hebet sich siegreich empor.
Aber es stimmet zu heiligem Ernst nun ein trauernder Anblick;
Ach, das bewegte Gemüt schaut der Vergänglichkeit Bild!
Auf gestürzten Säulen ruht die Ruine des Tempels;
Moder zerstreut das Gebälk, Disteln umziehn den Altar.
Herrlicher Tempel, von Göttern bewohnt und von Opfern durchstrahlt einst —
Nun verlassen und öd', und der Vergessenheit Raub!
Über die Trümmer dahin hallt plötzliches Stimmengejauchze,
Flöten schmeicheln darein, Saitenspiel rauschet und herrscht.
Jubelnd nahet ein Zug aus ländlich umschatteten Hütten,
Ceres und Bromios Lob rufet die fröhliche Schar.

Also waltet der Wechsel im heiligen Raume der Wälder.
Gönnet, auf Geistesgebiet euch überpflanzet zu sehn!
Gönnet, zum mut'gen Geschäft mir Leib und Seele zu stärken,
Hauchet Gesundheit mir ein, Heiterkeit, Kraft und Geduld,
Daß ich mit fröhlichem Mut mein frohes Beginnen vollende,
Euerem gleich mein Blatt, Leben ausatme und Geist,
Und auch Kränze davon sich winde der Freund meiner Muse,
Kränze zum Freudengelag, Kränze zum Kampf! und fürs Grab!

Der Dichter
Vier Oden

                                              I.
                                   Weihe der Natur

Lächelnd und liebevoll gleich dem erwachenden Frohsinn, erhebt sich
Auf entglühtem Gewölk der Morgen. Hellflutend entlodert
Des Stromes wildes Blau
Mit schwebenden Rosen.

Schön war die mystische Nacht; die Ruhe des Himmels umgab sie.
Aller Gestirne Chor vereinte den segnendsten Einfluß;
Verweilend sah der Mond
Das Schönste der Schöpfung.

Auf den Blumen lag die seelenvoll lächelnde Mutter,
Blaß vom Mond ihr Gesicht, umsilbert die flüsternde Laube.
Von jedem Sterne floß
Empfindung und Liebe.

Über sie schwang Eros die ewigleuchtende Fackel;
Mit diamantenem Schild stand ihr die Treue zur Seite,
Entzog profanem Aug',
Was Edle nur fühlen.

Geisterhände hielten empor den göttlichen Knaben;
Nachtigallen sangen Gefühl, wie es nie sie entflammte.
Zur Wiege trugen sie
Die Blüten des Lorbeers.

Und ein Seraph goß die seligen Träume der Mutter,
Ihrer Empfindungen Lust und Schmerz in die Seele des Knaben,
Des Vaters edlen Stolz,
Den lichten Gedanken,

Und das erhabene Bild. Dann vereint' er die Gaben mit Wohlklang,
Und entfloh. Nie wich vom Knaben das Auge der Mutter,
Des Vaters Hand wich nie
Vom blühenden Denker.

In der Natur allerheiligsten Tempel führt' er den Jüngling,
Zeigte die Göttin ihm selbst, die Geweihten an ihrem Altare.
Zum Himmel sandt' er dann
Die betenden Worte:

"Von der Sternenhöh' bis zur sterbenden Blume verbirg dich,
Schönheit, ihm nie! sink bebend mit ihm an den Busen der Liebe!
Sei ewig ihm ein Bild
Im Leben und Tode!

Irdischem Frönen und frevelndem Hochmut wehre den Zutritt
Edler Sinn! Ihm sei die Schöpfung ein festlicher Tempel!
Kühn sei der freie Geist
In Reinheit des Herzens!" —

                                      II.
                        Gesang der Phantasie

Sinnig saß in einer Rosenlaube, umstrahlt vom
Himmel, die Phantasie; ihr flammt' Entzücken im Auge.
Sie sang; es horchten ihr
Die Geister der Sphären:

"Jüngling! Jüngling, sei mir gegrüßt, du Myrthenbekränzter!
Jüngling, wach auf! zwar ist süß dein Schlummer; doch wird dein Erwachen
Noch süßer, schöner sein;
Erwache, Geliebter!

Geh aus der Laube hervor, wo Geister Träume dir webten!
Was dir auch Morpheus sang, die Wirklichkeit soll es beschämen.
Es harren deiner schon
Die Reigen der Sylphen.

Dichter begrüßt dich die Welt, der himmlischen Schönheit Geweihten.
Tritt hervor in Stolz und Huld mit strahlendem Auge!
Was Aphroditens Ruf
Belebet, umschwebt dich.

Kühnheit und Kraft sind dein; die Liebe lehret dich Wahrheit,
Leidenschaft jeder Träne Quell und die Tiefen des Herzens.
Begeist'rung weihet dir
Die Schwingen zum Äther.

Scharfsinn, Geschmack und Gefühl sind deine treuen Begleiter,
Jedes Scheidewegs Rätsel dir lösend; es reichet die Fackel
Dir Platons kühne Hand,
Das Geisterreich hellend;

Und die Natur, der du einst die Fülle des blühenden Lebens
Weihtest, verkläret dich selbst; das reiche, göttliche Dasein
Erhebt Unsterblichkeit
Zum Sitze der Götter!" —

                                               III.
                                 Ruf der Wirklichkeit

Hörtest du, Jüngling, das Lied, floß schneller beim Traume das Blut dir?
Armer Getäuschter, entflieh dem Klippengesang der Sirene!
Mit Blumen deckte sie
Den gierigen Abgrund.

Sieh doch die Laube der Ruh'! wie Rosenglanz sie umströmet!
Kühlenden Fittigs umwehen ihr Lager Gesundheit und Frohsinn;
Ein Schlummerlied ertönt,
In Wonne betäubend.

Sieh, wie die Wange ihr blüht! sie bleichet nicht Sorge des Strebens,
Wohlbehaglich fließt sanftwallend das Blut in den Adern;
Was gestern Freude gab,
Entzückt sie noch heute.

Jüngling, laß ab! entflieh der gefährlichen Bahn, und zerreiße
Kühn der Phantasie romantisch verschlungene Kränze!
Erblicke schaudervoll
Der Wirklichkeit Schreckbild!

Sieh, schon lauert der Neid mit doppelhackigem Giftpfeil!
Schon wirft Stumpfsinn auf dich sich hin mit bleierner Masse,
Und Heuchelei drängt dich
Nachheulend zum Abgrund.

Hoffest du für dein blutendes Herz den Balsam der Liebe?
Sprach ihr leuchtender Blick Empfindung im Frühling der Schönheit?
War jeder holde Zug
Ein Spiegel der Seele?

Wird nicht Menschenhand zerreißen, was Götter vereinten?
Wird nicht über ihr Grab hinweinen die einsame Liebe?
Wird nicht treuloser Schwur
Zur Schlange verwandelt?

Höre — noch ist es Zeit — die warnende Stimme der Wahrheit!
Jüngling, laß ab! Früh scheidet vom Pfad des Ruhmes der Frohsinn.
Verkennung harret dein,
Entheiligung, Trauer!

Eilen wirst du ans Grab; doch wird das Gespenst der Verleumdung
Frechen Blickes sich noch an die Stätte der Ruhe hinlagern!
Laß ab! — Nie wirst du das? —
Stirb, Phönix in Flammen!

                                          IV.
                                  Das Endlose

Jüngling! kennst du den Kranz, der über den Scheitel mir schwebet?
Dringet wie Morgenrot der Ton meines Ruf's in das Herz dir? —
Verschwinde, Erdennacht!
Hell strahle das Ziel dir!

Er dem meine Stimme schon früh ertönte, verläßt nie
Jene Bahn, die hinauf zu den Sternen führt; nicht Verkanntsein,
Noch Hohn schrecke ihn zurück;
Kühn geht er — entsaget.

Denn ihm dämmert ein Bild vor dem Geist, verdunkelnd der Erde
Farben. Er sucht und strebt, ruht nicht, bis ers fand, und das Dasein
Verkläret sich ihm
Zu ewigem Leben.

Sei belohnt! Dir hieß ich Natur in den Tälern der Erde;
Ewigkeit ist mein Name am Ziel! Der Flug der Begeisterung,
Hier Glut im Hauch des Nords,
Sei ewiger Frühling!

Bergmännerlied

In Tiefen und Schlünden,
In nächtlichen Gründen,
Wo Leben und Sonne
Den Menschen gebricht,
Da finden wir Wonne,
Da ist es uns Licht.

In Höhlen und Klüften
In Schächten und Grüften
Erglühen, dem Kühnen,
Dem Mutigen hold,
Aus düsteren Minen
Juwelen und Gold.

Und will sich's nicht zeigen,
Dem Grab nicht entsteigen,
Nur tiefer fort immer!
Dem rastlosen Mut
Wird Alles bald Schimmer,
Wird Alles bald gut.

Tief ruht ja verborgen
In Nächten der Morgen,
Die köstliche Wahrheit,
Des Herrlichen Glanz;
Aus Dunkel strahlt Klarheit,
Dem Forscher der Kranz.

Zu necken uns, kommen
Wohl bösliche Gnomen;
Sie hauchen und zischen
Uns kalt in's Gesicht,
Und löschen mit Gischen
Das leitende Licht.

Dann weicht das Gefunkel;
In nächtlichem Dunkel
Ertosen Gewässer
Aus Klippen hervor.
Untiere, stets größer,
Schau'n heulend empor.

Wir aber erzittern,
Vor keinen Gewittern;
Und wenn uns erschölle
Der Todesruf schon —
Den Göttern der Hölle
Selbst böten wir Hohn!

Wir eilen frohmunter
Stets jäher hinunter,
Und rauben den Tiefen
Die schimmernde Glut;
Denn Kräfte, die schliefen,
Erwecket der Mut.

O Menschen! wir bringen
Euch freudiges Klingen.
Braucht edel und weise
Das herrschende Gold!
Im schimmernden Kreise
Bleibt Dürftigen hold!

Nur Edles entwalle
Dem edlen Metalle!
Für Unschuld und Tugend
Gebt freudig es hin!
So blüht aus der Jugend
Des Alters Gewinn.

Andenken und Vergessen
An Selma

Wenn mich das goldne Glück umfächelt,
Und jeder Stern mir Wonne lächelt,
O Mädchen, dann gedenke mein!
Doch wenn kein Gott mir Freude gibt,
Und Bosheit meinen Himmel trübt,
Laß mich von dir vergessen sein!

Wenn Ruhe und Frohsinn mich umwallen,
Aus Fels und Quell mir Blumen strahlen,
O Mädchen, dann gedenke mein!
Doch wenn in banger Lebensnacht
Die Sorge mir zur Seite wacht,
Laß mich von dir vergessen sein!

Wenn Frevler kühn dir Liebe schwören,
Arglose Reinheit zu betören,
O Mädchen, dann gedenke mein!
Doch wenn mein einst willkommnes Bild
Dich je mit Schmerz und Haß erfüllt,
Laß mich von dir vergessen sein!

Wenn mich des Ruhmes Lorbeer kränzen
Und Huldigungen mich umglänzen,
O Mädchen, dann gedenke mein!
Doch wenn des Strebens schönstes Ziel
Kein guter Gott mir gönnen will,
Laß mich von dir vergessen sein!

Wenn deine Tag' im Mailicht blühen,
Dir alle Herzen Liebe glühen,
Gedenke dann noch einmal mein!
Doch bricht das Schicksal mir den Stab,
Sink' ich verzweifelnd hin auf's Grab,
Laß ewig mich vergessen sein!

Ein Morgenrot sei dir das Leben;
Mir wird noch Trost die Hoffnung geben:
Auch hochbeglückt gedenkst du mein!
Nur dir gab ich mich ganz dahin;
Doch — bringt es deinem Glück Gewinn —
Will ich von dir vergessen sein!

Ja wandle du auf Tugendwegen
Des Lebens schönstem Glück entgegen —
Gedenke nur voll Ruhe mein!
Lohnt uns ein himmelreines Herz
Für unsrer Liebe schönen Schmerz —
Dann ist's auch schön, vergessen sein!

Weinleselied

Aurora blinkt;
In Purpur winkt
Aufschwellend der Traube hellschimmernde Glut.
Die Freude schallt
Durch Feld und Wald,
Es gaukeln die Scherze, es jubelt der Mut.

Die sanfte Braut
Des Tages schaut
Mit rosigem Lächeln vom Osten kaum hin,
Da zieht hinein
Zum Rebenhain,
Was wankt und was schwebet, mit lachendem Sinn.

Sanft blickt empor
Ein Mädchenchor,
Gebückt an der Rebe volllaubigem Kranz;
Der Jüngling hebt
Die Kuf', und schwebt
Laut jubelnd vorüber in wonnigem Tanz.

Und alles dreht,
Und alles weht,
Es taumelt der Greis noch am knotigen Stab;
Und Luna schaut
Bei frohem Laut
Der Leier mitschwebend, vom Himmel herab!

An Ninna
bei Übersendung eines Rosenstraußes im Spätherbste

Selbst wenn schon rauhe Lüfte stürmen
Und bleich das Jahr zu Grabe geht,
Erblühen, wenn wir sie nur schirmen,
Uns Blumen, die kein Nord verweht.
Nur den Hoffnungslosen
Blühen keine Rosen;
Er sieht rings umher
Alles blumenleer.

Weih'n wir auf unsern Pilgerpfaden
Der holden Freude Herz und Sinn,
Spinnt Heiterkeit den Lebensfaden:
Dann sind die Fluren immer grün.
Nur dem Freudelosen
Blühen keine Rosen;
Er sieht überall
Nur ein Leichental.

Wem bei den Leiden seiner Brüder
Mitleid das weiche Herz belebt,
Dem blüh'n die Lebensblumen wieder,
So oft der Tag sein Haupt erhebt.
Nur dem Mitleidslosen
Blühen keine Rosen;
Denn sein Herz von Stein
Starrt, und bleibt allein.

Wer sich den Frieden seiner Seele
In junger Schönheit rein bewahrt,
Dem blühen an der Lebensquelle
Die schönsten Blumen jeder Art.
Nur dem Ruhelosen
Blühen keine Rosen;
Auch bei Scherz und Lust
Tobt's in seiner Brust.

Wer sein Gemüt von Schmerz und Freude
Durch leisen Hauch sich regen fühlt,
Dem kränzt der Blumen Huldgeschmeide
Die Brust, mit schönem Trieb erfüllt.
Aber dem Herzlosen
Blühen keine Rosen;
Seine Lebensau
Schmachtet ohne Tau.

O könnt' ich doch nur diesen Rosen
Für dich Unsterblichkeit verleih'n!
Sie würden liebend dich umkosen,
Und dir, wie ich, ihr Leben weih'n!
Denn dir Makellosen
Blühen ewig Rosen;
Doch die schönste blüht,
Dem Dein Herz erglüht.

Das Rätsel
Gesellschaftslied an Geburtstagen

             Das Rätsel

Aurorens milder Purpurschein
Umhüllt mein kaum gebornes Sein,
Und goldner Stunden leichte Tänze
Verschlingen mich in ihre Kränze,
Und führen mich in's Leben ein.
Mir folgen Stolz und Liebe nach;
Es horcht, es flüstert sanft um mich.
Die Erde ist mein Prunkgemach:
Nun Freunde, ratet: wer bin ich?

               Die Löser

Es muß ein liebes Wesen sein,
Wir möchten uns mit ihm erfreu'n.

             Das Rätsel

Ich blühe schön, doch ein Mal nur
Auf jedes Jahres bunter Flur.
Der tätig sanften Lebensweise
Erschein' ich oft im frohen Kreise,
In Frühlingspracht auch der Natur.
Wie sieht die Jugend mich so gern!
Doch ist der Greis dem Ziel nicht fern,
Mischt Wehmut in die Feier sich.
Nun, Löser ratet: wer bin ich?

               Die Löser

Es muß ein holdes Wesen sein,
Weil Alle sich mit ihm erfreu'n!

             Das Rätsel

Mit Liedern und Geschenken zieh'n
Vergnügte Freunde um mich hin.
Ich lächle selbst, und Alles lächelt,
Was meines Odems Hauch umfächelt,
Wenn Hochgefühl und Frohsinn glüh'n.

Getrennt und einsam, klag' ich still:
Doch jauchz' ich, winken Scherz und Spiel,
Und schwind' im frohen Schlummer hin.
Nun Freunde, ratet: wer ich bin?

               Die Löser

O Tag des Lebens, Tag der Freude!
Wir kennen dich, dein holdes Sein;
Bejauchzen dich im Feierkleide.
Du mußt dich heut mit uns erfreu'n,
Dich schöner jedes Jahr erneu'n.

An die Versöhnung

O Versöhnung, Engel Gottes
Mit dem Glanz des Morgenrotes!
Milde, himmlische Gestalt,
Sanft von Harmonie umwallt!
Schweb' aus deinem Himmel nieder,
Bring' uns Lieb' und Freundschaft wieder!
Öffne das geschloss'ne Herz,
Heb' es mächtig himmelwärts!
Gott Versöhner stieg empor,
Der für uns den Tod erkor.

Wer von Zorn und Haß entbrennet,
Lieblos — kränkend sich verkennet,
Zögre keinen Augenblick,
Fliege rasch und froh zurück
In die langentbehrten Arme,
Daß ihm Brust an Brust erwarme!
Was uns einst getrennet hat,
Schwinde hin — Wort oder Tat!
Nur das alte Gute sei
Dem Gedächtnis ewig neu!

Ach, wir sind ja keine Engel!
Selbst den Besten drücken Mängel;
Einer bösen Stunde Hand
Trennet oft das schönste Band.
Doch all unser Irren, Fehlen,
Soll den Frieden nicht vergällen.
Bleibt an Lieb' und Schonung reich —
Und ihr seid den Engeln gleich!
Was ein Augenblick entzweit,
Mache gut die Ewigkeit!

Blicket hin nach jeder Seite,
In die Nähe, in die Weite,
Blicket über Berg und Tal —
Gräber seht ihr überall!
Gräber rufen euch ohn' Ende:
"Brüder, reichet euch die Hände!
Schließet Haß die Herzen zu,
Flieht auf ewig euch die Ruh;
Und durch Schuld verwirktes Glück
Bringet euch kein Gott zurück!" —

An die Freundlichkeit

O Freundlichkeit! Holdselige,
Von Rosen mild umblüht!
Es segnet dich, du Himmlische,
Wer nur dein Lächeln sieht!
Wo du waltest, herrschet Licht,
Übt man leicht die schwerste Pflicht;
Wonne, Fried' und Freude
Wandeln dir zur Seite.
Lieblich und selig
Gleitest allmählig
Du in das wallende Herz,
Und singest, mit Tönen
Der Tröstung, den Söhnen
Des Jammers in Ruhe den Schmerz.

Der Herzensgüte Freundin! schön
Umstrahlt dein Zauberglanz
Das Haupt des edlen Glücklichen,
Des Ruhmes goldnen Kranz.
Sanftgewinnend und doch stark
Dringt dein Ton in's tiefste Mark;
Reizend muß dein Walten
Selbst den Gram gestalten.
Immer umschwebe,
Immer belebe
Jeden geselligen Kreis!
Gib Milde dem Leiden,
Veredle die Freuden,
Und schmücke mit Blumen den Fleiß!

Gefährtin du der Grazien!
Der Liebe süße Braut!
Sanft bist du, wie der Myrthe Wehn,
Wie Aeolsharfenlaut.
Wo du lächelst, hebt die Brust
Voll Vertrauen sich und Lust;
Denn mit zarten Scherzen
Öffnest du die Herzen.
Nimmer, o nimmer
Weiche dein Schimmer
Weg von der irdischen Nacht!
Gebückt am Stabe
Geleit' uns zum Grabe,
Daß Leben dem Tode noch lacht!

Aus holden, leuchtendhellem Blick,
Mit süßem Zaubermund,
Machst du uns der Versöhnung Glück,
O Friedensgöttin! kund.
Wenn dein Lächeln mild erblüht,
Deiner Wangen Frühling glüht,
Will uns mit Entzücken
Der Olymp beglücken.
Waltet Unfrieden
Störrisch hienieden,
Scheuch' ihn dein Strahlengesicht!
Die Menschlichkeit wohne
Mit dir auf dem Throne,
Verkläre uns Leben und Pflicht!

Glaube, Hoffnung und Liebe

Glaube, hoffe, liebe!
Hältst du treu an diesen Dreien,
Wirst du dich nie selbst entzweien,
Wird dein Himmel nimmer trübe.

Glaube fest an Gott und Herz!
Glaube schwebet himmelwärts.
Mehr noch als im Sternrevier
Lebt der Gott im Busen dir.
Wenn auch Welt und Menschen lügen,
Kann das Herz doch nimmer trügen.

Hoffe dir Unsterblichkeit
Und hienieden bess're Zeit!
Hoffnung ist ein schönes Licht,
Und erhellt den Weg der Pflicht.
Hoffe, aber fordre nimmer!
Tag wird mählig, was erst Schimmer.

Edel liebe, fest und rein!
Ohne Liebe bist du Stein.
Liebe läutre dein Gefühl,
Liebe leite dich an's Ziel!
Soll das Leben glücklich blühen,
Muß der Liebe Sonne glühen.

Willst du dich nie selbst entzweien,
Halte treu an diesen Dreien!
Daß nichts deinen Himmel trübe,
Glaube, hoffe, liebe!

Frühlingsgesang

Freundlich wogen blaue Lüfte,
Lieblich atmen süße Düfte;
Zweige blüh'n, es grünen Haine,
In Aurorens Purpurscheine,
Und voll milder Wolkengluten
Spielt der Bach mit seinen Fluten.
Glüh, o Rose,
Bald im Schoße
Lauer Weste!
Nähre, Quell,
Silberhell
Blütenäste!
Ihr Freunde, blühet
Voll Freuden und glühet
Von Lebensgenuß!
Ihr Mädchen, o liebet,
Und nimmer verschiebet
Den lieblichen Kuß!
Ja, küsset und koset!
Denn unverhofft toset
Der nächtliche Fluß.
O tanzet! ihr Mädchen! ihr Jünglinge singet!
Lebt noch mal die Jugend ihr fröhlichen Greise!
Genossene Freuden der Lebenskraft zwinget
Kein Gott mehr aus unserem heiligen Kreise!

Melancholie der Liebe

O Götterglück der Liebe! kaum
Vermag ich ganz dich zu ertragen;
Oft scheinst du mir ein kühner Traum,
Den Frevler nur zu träumen wagen;
Oft beben Herz und Sinn,
Weil ich zu glücklich bin.

Nicht währen kann zu großes Glück;
Beschränkt sind ja des Lebens Freuden;
Zum Himmel kehrt es schnell zurück,
Sobald die Götter uns beneiden:
Drum sendet mir auch Schmerz
Für das zu bange Herz!

Ach, wenn die Lieb' vergehen muß,
Wenn Sie sich treulos von mir wendet —
Dann sei willkommen, Tod, dein Gruß,
Der mit der Qual das Leben endet!
O schließe meinen Blick
Noch vor entflohnem Glück!

Halb sei mir nimmer ein Genuß,
Gleich blödzufriednem Weltgewimmel!
Erstreben will ich Hebens Kuß,
Erringen Hölle oder Himmel.
Glück oder Tod für mich —
Doch keines ohne Dich!

Amor, der Gast

Speisen dufteten auf, vom prächtig erleuchteten Tische,
Und es setzten sich froh Herren und Damen hinzu.
Aber bescheiden stand und sinnig der liebende Sänger,
Ferne von Maja's Stuhl, näher im Geiste dabei.
Neben dem Mädchen ließ zwei Stühle nur leer noch das Schicksal,
Und ich wählte bestürzt endlich den ferneren Sitz,
Daß ein Stuhl nun zwischen uns beiden noch herrenlos klagte.
Überlistiger Schalk! einzig gesehen von uns,
Nahte sich Amor sogleich, des leeren Stuhls in der Mitte
Schnell sich bemächtigend; ach! Schrecken ergriff uns zugleich.
Aber der Gott, als säh' er's nicht, ließ sich in ein Gespräch ein,
Und es kam in's Gespräch Leben und Feuer sogleich.
Was zu verschweigen wir uns bemühten, das sagte der Gott schnell,
Half uns Stotternden nach, lächelnd mit freundlichem Blick.
Endlich ergriff er im Eifer der Rede mir leitend die Rechte,
Legte auf Maja's Hand eilig die zitternde hin,
Beugte schnell mein Haupt, sich wegzuwenden bemühet,
Beugte die Lippen zur Hand, selbst kaum gewahrend die Tat,
Und es entblühte um uns, vom Entzücken erleuchtet, ein Tempe;
Himmelsgesang erscholl, Freuden erfüllten den Saal!
Aber plötzlich verschwand, von ausbrechendem lauten Gelächter
Schnell verscheuchet, der Gott, Freuden und Tempe mit ihm,
Und, wie erwachend vom Traum, bedecktest du, Maja, das Antlitz,
Denn der Gäste Blick haftete scherzend auf uns!
In der Wangen Glut den Verräter strafgierig entdeckend,
Zürnt' ich; da bat er, und ich — küßte verzeihend den Schalk!

Der graue Tag

Bescheiden eingehüllt in deinen Schleier,
Verbirgst du, stiller Tag! im Nebelgrau
Dich vor der Sonne sprüh'ndem Strahlenfeuer.
Im Dämm'rungsschoße ruhen Berg und Au',
Und die Natur, prunklosen Reiz entfaltend,
Zeigt sich befreundet uns und leise waltend.

Du teilest lieblich mit der Nacht die Milde,
Sanftlächelnd mit dem Tag den halben Glanz.
Klar thront der Landschaft tauiges Gebilde;
Verjüngt erscheint der Bäume frischer Kranz.
Froh atmend opfern dir durch kühle Lüfte
Die nicht gebeugten Blumen ihre Düfte.

Frei hebt sich des Menschen Aug' zum Himmel,
Und schwelget tränenlos am Wolkenflor.
Gemildert scheint das grelle Weltgetümmel;
Es jubelt, lechzet sonst, der Vögel Chor.
Des Grases Häupter steh'n in hellem Grüne,
Und wählig schwärmt umher die leise Biene.

Verschwistert wallen Heiterkeit und Stille
Wie in der Kindheit makelreinen Lust
Froh schaut der Mensch der Schöpfung ganze Fülle,
Und ruhig freier atmet seine Brust.
Nicht wünscht er sehnlichbang herbei den Abend;
Denn Tag und Nacht vereinigt sich ihm labend.

So mischt das weise Schicksal Leid und Freude,
Und unser Blick strebt auf zum Himmelsflor,
Der, gleich der Zukunft ernst, im dunkeln Kleide
Sich vor den Späher stellt. Auf geht das Tor;
Das Heer der Wünsche strahlt und schwelgt in Träumen:
Der Gläubige sieht sich in goldnen Räumen.

Wohl ihm, der Trost erspähet selbst im Trüben,
Und Licht vermag aus Dunkelheit zu zieh'n!
Er bleibet sanft im Streben und im Lieben,
Da ihn des Gleichmuts Blumen stets umblüh'n.
Drum laß, o Mensch, nie eitle Klage walten!
Geduld und Mut! dein Glück wird sich entfalten.

Und wenn dein Geist in einsam düstrer Trauer
Vergebenes nach verwandten Seelen blickt,
Und bittrer Schwermut kalter Todesschauer
Dir tiefe Wunden in dein Inn'res drückt,
So hasche schwächlich nicht nach Retterhänden,
Die, heut gereicht, sich morgen trüglich wenden!

Die Welt ist dein, wenn du nicht ihr gehörest;
Drum steh' kühn — unerschütterlich allein!
Wenn, hellen Blicks, du dich nicht selbst betörest,
Vermagst du's auch, dir Ziel und Lohn zu sein.
Nur dem Verzagenden erlahmt die Kraft,
Da Mut durch Kampf sich neue Stärke schafft.

So hülle, wie der Tag in seinen Schleier,
Dich in dein ruhiges Gewissen ein!
Der Leidenschaften ewigreges Feuer
Verberg' im Flor der Tugend Glut und Schein!
Dann wird die Seelenruh' dein stilles Leben
So lieblich wie ein grauer Tag umgeben.

Die Würde der Kraft

Wie schrecklich tobt der Waldstrom über Klippen hin!
Die Gegend um ihn her ist gräßlicher Ruin.
Wild schäumt er in die wilde Schlucht hinab,
Und stürzt zerstörend in's zerstörte Grab.

Wie fürchterlich stürmt jenes Berges Flammenwut!
Die Erde lodert auf, der Himmel steht in Glut.
Wie bebt der Tiefe Nacht! Abgründe öffnen sich;
Versunkner Städte Spur zeigt kaum ein Lavastrich.

Entsetzliches Gebrüll durchheult den düstern Wald;
Hyän' und Tiger kämpft, des Würgers Mordlust schallt.
Der Donner stürzt herab — Paläste lodern auf,
Und die Vernichtung folgt der Seuche bleichem Lauf.

Im Blute watend schwingt der Krieg das glüh'nde Schwert;
Hinsinken Tausende — Elysien sind verheert,
Die Leidenschaften zieh'n mit Dolch und Gift umher;
Der Rache Grimm begrenzt nicht Himmel, Erd' und Meer.

Wilde tobende Kraft,
Die nur zerstört und in den Abgrund rafft,
Sei ferne stets, wo Menschen wohnen,
Vom Kreise der Geselligkeit!
In öden Wüsten sollst du thronen!
Dort, wo kein Flehen und kein Schonen,
Sei die Vernichtung dir geweiht!

Du nur, edle heilige Kraft,
Die schützt und rettet, erhält und schafft,
Nur du trittst in der Menschen Kreis,
Geschmückt mit Ölzweig und Palmenreis!
Du, des Mannes Stolz und Ruhm,
Umschlingst dann in der Menschheit Heiligtum
Ihn mit der Priesterbinde hohen Zierde.

Weib und Kind und Greis
Flüchten in seinen Kreis;
Er stützt der Schwachen Bürde,
Er schützet Stadt und Hürde,
Erhält und schafft
Durch Kraft,
In ihm verklärt durch Würde.
Was auch der Elemente Wut verheert,
Was auch der Wilde und das Tier zerstört,
Der edle Mann
Ebnet des Lebens verwilderte Bahn.

Dem Schrecklichen schrecklich und kühn,
Sieht nur Zerstörendes ihn
Zerstörend glüh'n;
Aber mit schützend erhobenen Armen
Faßt er den Guten und Schwachen mit edlem Erbarmen,
Und bildet durch Mut und Geistesstärke
Beglückende, göttliche Werke.

Drum ehren im Manne, der rettet und schafft,
Kinder und Greise und Frauen
Voll Liebe und süßem Vertrauen
Das Bild von der Würde der Kraft!

Morgengemälde

Noch schwebt des Mondes blasses Silberhorn
Auf dunkler Flut;
Noch brauset dumpf die dunkle Flut,
Und heil'ge Ruhe thronet
Tiefschweigend,
Erwartend,
Tiefschweigend in dämmernder Feier,
Erwartend die östlich entglimmende Glut.

Schon hellet sanftes Rosenlicht den Ost;
Die Schatten flieh'n.
Schon naht Aurorens Horentanz
Von Titons goldnem Torus.
Süß lächelt,
Schön tönen,
Schön tönen ihr bräutliche Hymnen,
Süß lächelt die Erd' ihr im blühenden Schmuck.

Hold wallet sie auf reiner Ätherflur,
Strömt Duft und Tau
Auf halberwachtes Leben hin,
Der Liebe Glut im Antlitz.
Erblassend,
Hinschmachtend,
Erblassend verläßt sie den Himmel,
Hinschmachtend nach träumendem, dämmerndem Glück.

Triumph! schon dringt durch graue Meeresflut
Des Tages Gott;
Der Ruhe immer noch zu früh
Hat er die Nacht besieget.
Lichtwogend,
Siegschallend,
Siegschallend begrüßen die Haine,
Lichtwogend die Gipfel der Berge den Gott.

Im Siegespompe fährt er himmelan;
Die Täuschung flieht.
Zerrissen hat der Mächtige
Der Dämm'rung Zauberschleier,
Und strahlet
In Mitte
Des Himmels wie ewige Wahrheit,
Dem Adler entzückend, dem Schwächlinge Nacht!