Gedichte verschiedenster Art 3
Die Hoffnung
1.
Ist ihm die Hoffnung entflohn, so duldet noch mutig der Starke,
Da der Schwache noch hofft, wenn ihn das Elend zermalmt.
2.
Tadle den Menschen ja nicht, daß er immer und ewig noch hoffet!
Ist von Hoffnung ihm doch selber ein Sinnbild das Grab.
3.
Dich, Geweihte des Kummers, dich, Mutter der goldenen Stunden,
Beste, dich flehen wir an: laß nicht erstarren das Herz!
4.
Milton, der Gottgeweihte, verbannt von der Hölle dich, Hoffnung.
Schwebe zum Himmel nicht auf — bleibe den Menschen getreu!
Grabschrift eines Ungeliebten
Der Mann, auf dessen Staub dies Grabmal sich erhebt,
Kann nicht gestorben sein — er hat ja nie gelebt!
Streben und Ruhe
Eile hinan mit dem Geiste der Zeit, und genieße sein Bestes,
Was er entzückend gefühlt, was er vortrefflich gedacht!
Aber genieße mit Ruh', damit du dich selbst auch genießest,
Und aus fremder Saat eigene Ernte erblüh'! —
Böse Gesellschaft
Wer das Böse beginnt, leicht sammelt er Frevelgenossen;
Ist der Sumpf erst da, finden die Kröten sich bald.
Das unauflösliche Rätsel
Nach Casaubon
Von allen Rätseln ist der Tod das Größte,
Das Alles löset und das noch Keiner löste.
Am Grabe eines Reichen
Auf aus dem Grab! siehst du nicht den Armen, der einst dir am Fuß nicht
Tasten durfte den Staub, treten mit Füßen dich, Staub?
Der alte Bräutigam
Er sah Sie kaum, und blieb der Regel treu,
Daß dürres Holz vor Allem brennbar sei.
Der Wert der Freiheit
Mensch zu sein hör' ich auf ohne dich, belebende Freiheit!
Sieh! doch werd' ich ein Gott, raubet Gott Amor dich mir.
Die Traumdeuterin
Glaube mir Kind! die Träume sind Luft, geh'n nie in Erfüllung;
Darum träume, o Kind, nimmer von Liebe und Glück!
Eros und der Jüngling
Der Jüngling
Eros! warum ist verloschen das Licht der gebrochenen Fackel?
Warum sinket dein Blick trauernd zur Erde hinab?
Eros
Jüngling, nicht poche zu sehr! Auch des Todes Genius bin ich.
Brannte zu heftig die Glut, leuchtet die Fackel zu Grab!
Auf ein neugeadeltes Fräulein
Hoheit thronet im Blick, es strahlet die Sonne der Schönheit
Über das Adelsdiplom heller und blendender hin,
Und ihr gesellte sich schnell auch Plutus! Welch' glänzender Zirkel!
Was dich ehmals umgab, schmiegt sich mit tieferem Knicks;
Alles drängt sich an dich seit dem großen wächsernen Siegel —
Nur die Grazien floh'n — schüchterne Kinder — davon!
Der sterbende Trinker
Als man den wackern Mann schon sterbend fand,
Lag er umringt von Flaschen und von Krügen,
Und hielt ein volles Glas in schwacher Hand —
Der Ärmste lag schon in den letzten Zügen!
Grabschrift eines großen Essers
Dies Grab bedeckt den Größten aller Esser;
Er äße noch, hätt' ihn des Todes Messer
Nicht selbst zerstückt zu kleinen Teilen.
Nun weiß man zwar nicht, wo er ist,
Doch wo er nun auch mag verweilen,
Bleibt's außer Zweifel, daß er ißt.
Der verzweifelte Liebhaber
Trotzig verschmäh't von der innig Geliebtesten, stürmte voll Schmerzen
Theanor wütend hinaus, klagend sein Leiden der Nacht.
Als nun aus nächtlichem Grau'n der tägliche Morgen ergraute,
Faßt' er ein Messer wild an, schwang's — und — barbierte sich schnell!
Liebe und Phantasie
Lieb' und Phantasie, nach Vereinigung streben sie beide;
Strahlet der Einen das Licht, leuchtet der Andern Blick.
Lieblich und hold begrüßen sie sich beim heitern Erwachen;
Beide entschlummern zugleich, blühen und welken zugleich.
Lieblich verklärt das Lächeln der Einen die Wange der Andern;
Beider Tränen und Klag' einet der trennende Schmerz.
Leise wie Echohall, wie Erklingen äolischer Harfen,
Tönet die Phantasie, Liebe! dein Flüstern dir nach.
Dichtend hüllet die Liebe sich gern in himmlische Träume;
Doch Phantasie dichtet ihr liebend den Himmel in's Herz.
Glückliche Liebe
Liebe gleichet dem Säugling, sie gleicht der Blume des Sommers;
Pflückt sie am Morgen der Tod, sengt sie nicht Schwüle noch Schmerz.
Bild der Liebe
Maja, sieh jenen Bach! klar trägt er den Himmel im Busen.
Aus dem Herzen zurück strahlt deine Liebe mir so.
Frühling und Liebe
Frühling ist Leben der Liebe, und Liebe der Frühling des Lebens.
Lebst du der Liebe, so lebt ewiger Frühling in dir!
Vorgefühl
Warum hüllet die Träne den Blick? was schauert mir Wehmut
Über die Seele dahin? scheidet vom Leben ein Freund?
Tränen und Wehmut, ihr seid ja der Trennungen treue Gefährten?
Seid mir, Gefährten, gegrüßt! — Scheidende Liebe, leb' wohl!