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Lyrische Gedichte
Nikolaus Lenau

Erstes Buch

Stuttgart und Tübingen 1834
Verlag der J.G. Cotta'schen Buchhandlung

I.
Lieder der Sehnsucht

 

An meine Rose
Reise Empfindung
Nach Süden
Frage
Dein Bild
Ghasel
Das Mondlicht
Nächtliche Wanderung
Das Posthorn

Bitte
An die Ersehnte
Meine Braut
In der Wüste
Schilflieder
Winternacht
Stumme Liebe
Wandel der Sehnsucht

 

An meine Rose

Frohlocke, schöne junge Rose,
Dein Bild wird nicht verschwinden,
Wenn auch die Glut, die dauerlose,
Verweht in Abendwinden.

So süßer Duft, so helle Flamme
Kann nicht für irdisch gelten;
Du prangst am stolzen Rosenstamme,
Verpflanzt aus andern Welten;

Aus Büschen, wo die Götter gerne
Sich in die Schatten senken,
Wenn sie in heilig stiller Ferne
Der Menschen Glück bedenken.

Darum mich ein Hinübersehnen
Stets inniger umschmieget,
Je länger sich in meinen Tränen
Dein holdes Antlitz wieget.

O weilten wir in jenen Lüften,
Wo keine Schranke wehrte,
Daß ich mit deinen Zauberdüften
Die Ewigkeiten nährte! -


Hier nahn die Augenblicke, - schwinden
An dir vorüber immer,
Ein jeder eilt, dich noch zu finden
In deinem Jugendschimmer;

Und ich, wie sie, muß immer eilen
Mit allem meinem Lieben
An dir vorbei, darf nie verweilen,
Von Stürmen fortgetrieben.

Doch hat, du holde Wunderblume,
Mein Herz voll süßen Bebens
Dich mir gemalt zum Eigentume
Ins Tiefste meines Lebens,

Wohin der Tod, der Ruhebringer,
Sich scheuen wird zu greifen,
Wenn endlich seine sanften Finger
Mein Welkes niederstreifen.


Reise Empfindung


Ich sah in bleicher Silbertracht
Die Birkenstämme prangen,
Als wäre d'ran aus heller Nacht
Das Mondlicht blieben hangen;

Und in dem zarten Birkenhain
Sah ich ein Häuschen blinken,
Das hob gleich an, zu sich hinein
Holdfreundlich mich zu winken.

Wie da im roten Morgenstrahl
Die Fensterlein erglänzten;
Und wie so freudig Berg und Tal
Mit Rosen sich bekränzten!

Die Rebe auf zum Fenster klomm
Mit ihren goldnen Trauben;
Die Unschuld saß am Dache fromm
In stillen weißen Tauben.

Die Lerche sang und schwand dahin
Auf morgenfrohen Schwingen,
Daß mir der blaue Himmel schien
In's Tal herabzusingen. —

Da meint' ich schon, das Fenster soll
Sich freundlich mir erschließen,
Und aus dem Rahmen liebevoll
Die Teure mich begrüßen.

Du seligste der Fantasei'n!
Ach, wär' es mir beschieden,
Mit ihr zu leben hier allein
Im süßen Waldesfrieden!

Mit ihr im linden Frühlingshauch
Durch diesen Hain zu wallen,
Zu lauschen hier im Blütenstrauch
Dem Lieb der Nachtigallen.

Mit ihr zu schau'n im Herbsteswehn
Die welken Blätter fliegen,
Umrauscht vom schmerzlichen Vergehn,
Mich traut an sie zu schmiegen.

Wenn dann in rauher Winterzeit
Ein Lied mein Liebchen sänge,
Und aller Himmel Seligkeit
Mir in die Stube dränge! —

Ich wagt' es mich zu regen kaum
In meinem stillen Sinnen,
Besorgt, das Häuschen möcht', ein Traum,
Vor meinem Blick zerrinnen.

Doch, sieh, da öffnet sich die Tür,
Der Zauber war geschwunden,
Es trat ein Jägersmann herfür
Mit nachgesprengten Hunden.

Er grüßte mich mit raschem Blick
Und streift' waldein gar heiter,
Ich gab ihm seinen Gruß zurück,
Und traurig ging ich weiter.


Nach Süden

Dort nach Süden zieht der Regen,
Winde brausen südenwärts,
Nach des Donners fernen Schlägen,
Dort nach Süden will mein Herz.

Dort im fernen Ungarlande
Freundlich schmuck ein Dörfchen steht,
Rings umrauscht von Waldesrande,
Mild von Segen rings umweht.

An des Dörfchens stillem Saume
Ist ein Hüttlein hingestellt,
Das in seinem schmalen Raume
Wahret meine Herzenswelt.

Bäume, die dem Wald entsprungen,
Sehnend nach dem Hüttlein sich,
Halten Dach und Wand umschlungen
Mit den Zweigen inniglich.

Aus dem Fenster blickt nun schweigend
Lilla nach dem Wald hinaus,
Ihr Gesichtchen traurig neigend,
Blickt sie nach dem Laubgebraus.


Und sie siehts mit stillem Sinnen,
Und sie sieht es bang gerührt,
Wie die Wasser niederrinnen,
Wie der Wind das Laub entführt.

Lauter wogt der Bach und trüber,
Lauter wird der Lüfte Streit,
Hörbar rauscht die Zeit vorüber
An des Mädchens Einsamkeit.

Frage

Mir hat noch deine Stimme nicht geklungen,
Ich sah nur erst dein holdes Angesicht,
Doch hat der Strom der Schönheit mich bezwungen,
Der hell von dir in meine Seele bricht.

Ins Tiefste ist er mächtig mir gedrungen,
Was dort bis nun gelebt, nun lebt es nicht,
Süß sterbend ward es von der Flut verschlungen;
Das ist der Liebe himmlisches Gericht!

O daß mein kühnes Hoffen, banges Zagen
Ein milder Spruch aus deinem Munde grüßte!
Die Wellen, die so laut mein Herz durchschlagen,

Wohin doch werden sie die Seele tragen?
An der Erhörung Paradiesesküste? —
In der Verstoßung trauervolle Wüste? —

Dein Bild

Die Sonne sinkt, die Berge glühn,
Und aus des Abends Rosen
Seh ich so schön dein Bild mir blühn,
So fern dem Hoffnungslosen.

Strahlt Hesperus dann hell und mild
Am blauen Himmelsbogen,
So hat mit ihm dein süßes Bild
Die Sternenflur bezogen.

Im mondbeglänzten Laube spielt
Der Abendwinde Säuseln;
Wie freudig um dein zitternd Bild
Des Baches Wellen kräuseln! —

Es braust der Wald, am Himmel ziehn
Des Sturmes Donnerflüge,
Da mal ich in die Wetter hin,
O Mädchen, deine Züge.

Ich seh die Blitze trunkenhaft
Um deine Züge schwanken,
Wie meiner tiefen Leidenschaft
Aufflammende Gedanken.


Vom Felsen stürzt die Gemse dort,
Enteilet mit den Winden;
So sprang von mir die Freude fort
Und ist nicht mehr zu finden.

Da bin ich, weiß nicht selber wie,
An einen Abgrund kommen,
Der noch das Kind der Sonne nie
In seinen Schoß genommen.

Ich aber seh aus seiner Nacht
Dein Bild so hold mir blinken,
Wie mir dein Antlitz nie gelacht; —
Will's mich hinunterwinken? —

Ghasel

Du, schöne Stunde, warst mir hold, so hold, wie keine noch,
Ich seh' dein Angesicht erglühn in Rosenscheine noch;
So sah den Engel Gottes einst mit Wangen freudenrot
Im Paradiese lächelnd nahn der Mensch, der reine noch.
Du kamst mit ihr und flohst mit ihr, und seit ich euch verlor,
Versehnt ich manchen trüben Tag in jenem Haine noch
Und fragte klagend mein Geschick: "Bewahrst in deinem Schatz
So holde Stunde du für mich nicht eine, eine noch?"
Dort mocht ich lauschen spät und früh: Wohl flüstert's im Gezweig,
Doch immer schweigt noch mein Geschick — ich lausch und weine noch.

Das Mondlicht

Dein gedenkend irr ich einsam
Diesen Strom entlang;
Könnten lauschen wir gemeinsam
Seinem Wellenklang!

Könnten wir zusammen schauen
In den Mond empor,
Der da drüben aus den Auen
Leise taucht hervor.

Freundlich streut er meinem Blicke
Aus dem Silberschein
Stromhinüber eine Brücke
Bis zum stillen Hain. -

Wo des Stromes frohe Wellen
Durch den Schimmer ziehn,
Seh ich, wie hinab die schnellen
Unaufhaltsam fliehn.

Aber wo im schimmerlosen
Dunkel geht die Flut,
Ist sie nur ein dumpfes Tosen,
Das dem Auge ruht.

Daß doch mein Geschick mir brächte
Einen Blick von dir!
Süßes Mondlicht meiner Nächte,
Mädchen, bist du mir!

Wenn nach dir ich oft vergebens
In die Nacht gesehn,
Scheint der dunkle Strom des Lebens
Trauernd stillzustehn;

Wenn du über seinen Wogen
Strahlest zauberhell,
Seh ich sie dahingezogen,
Ach! Nur allzuschnell!


Nächtliche Wanderung

Die Nacht ist finster, schwül und bang,
Der Wind im Walde tost;
Ich wandre fort die Nacht entlang
Und finde keinen Trost.

Und mir zur Seite, engelmild,
Und, ach! So schmerzlich traut,
Zieht mein Geleite hin, das Bild
Von meiner toten Braut.

Ihr bleiches Antlitz bittet mich,
Was mich ihr süßer Mund
So zärtlich bat und feierlich
In ihrer Sterbestund:

"Bezwinge fromm die Todeslust,
Die dir im Auge starrt,
Wenn man mich bald von deiner Brust
Fortreißet und verscharrt!"

Da unten braust der wilde Bach,
Führt reichen, frischen Tod,
Die Wogen rufen laut mir nach:
"Komm, komm und trinke Tod!"

Das klingt so lieblich wie Musik,
Wird wo ein Paar getraut:
Doch zieht vom Sprunge mich zurück
Das Wort der toten Braut.

Stets finstrer wird der Wolkendrang,
Der Sturm im Walde brüllt,
Und ferne hebt sich Donnerklang,
Der immer stärker schwillt.

O schlängle dich, du Wetterstrahl,
Herab, ein Faden mir,
Der aus dem Labyrinth der Qual
Hinaus mich führt zu ihr!


Das Posthorn

Still ist schon das ganze Dorf,
Alles schlafen gangen,
Auch die Vöglein im Gezweig,
Die so lieblich sangen.

Dort in seiner Einsamkeit
Kommt der Mond nun wieder,
Und er lächelt still und bleich
Seinen Gruß hernieder;

Nur der Bach, der nimmer ruht,
Hat ihn gleich vernommen,
Lächelt ihm den Gruß zurück,
Flüstert ihm: Willkommen!

Mich auch findest du noch wach,
Lieber Mond, wie diesen,
Denn auf immer hat die Ruh
Mich auch fortgewiesen.

Mich umschlingt kein holder Traum
Mit den Zauberfäden,
Hab mit meinem Schmerze noch
Manches Wort zu reden. -

Ferne, leise hör ich dort
Eines Posthorns Klänge,
Plötzlich wird mir um das Herz
Nun noch eins so enge.

Töne, Wandermelodei,
Durch die öden Straßen;
Wie so leicht einander doch
Menschen sich verlassen!

Lustig rollt der Wagen fort
Über Stein' und Brücken;
Stand nicht wer an seinem Schlag
Mit verweinten Blicken?

Mag er stehn! Die Träne kann
Nicht die Rosse halten;
Mag der rauhe Geißelschwung
Ihm die Seele spalten!

Schon verhallt des Hornes Klang
Ferne meinem Lauschen,
Und ich höre wieder nur
Hier das Bächlein rauschen.

Ich gedenke bang und schwer
Aller meiner Lieben,
Die in ferner Heimat mir
Sind zurückgeblieben;

Diese schöne Sommernacht
Muß vorübergehen
Und mein Leben ohne sie
Einsamkeit verwehen.

Mahnend ruft die Mitternacht
Mir herab vom Turme.
Ferne! denket mein! Die Zeit
Eilt dahin im Sturme!

Unsre Gräber, denket mein!
Sind schon ungeduldig! -
Daß wir nicht beisammen sind,
Bin ich selber schuldig.

Bitte

Weil auf mir, du dunkles Auge,
Übe deine ganze Macht,
Ernste, milde, träumerische,
Unergründlich süße Nacht!

Nimm mit deinem Zauberdunkel
Diese Welt von hinnen mir,
Daß du über meinem Leben
Einsam schwebest für und für.

An die Ersehnte

Umsonst! du bist auf immer mir verloren!
Laut rufend in den dunkeln Wald des Lebens,
Hat ohne Rast die Sehnsucht dich beschworen;
Ihr Ruf durchklang die Einsamkeit vergebens.

Tief ist mein Herz erkrankt an einer Ahnung,
Von der ich nimmer wohl genesen werde,
Es flüstert mir mein Herz die trübe Mahnung:
"Noch ist sie nicht geboren dieser Erde!

Die Stunden, die mit frohen Wandersängen
Das Mädchen einst durch's Erdental geleiten,
Sie schlummern in der Zukunft Schattengängen
Bei ihrer Bürde noch von Seligkeiten,

Von Seligkeiten, die mit leichten Händen
Die wachen einst entgegenstreuen Allen,
An welche sie die schöne Gunst verschwenden,
Mit ihrer Königin vorbeizuwallen.

Die eine aber von den Schläferinnen
Wird locken sie zur Kühle von Zypressen,
Und führen sie, versenkt in stilles Sinnen,
An deinen Hügel, moosig und vergessen;

Dann irrt dein Geist um deine Asche bange,
Dann zittern Geist und Staub, sich zu vereinen;
Das Mädchen aber wird am Grabeshange,
Geheim ergriffen, stille steh'n — und weinen."


Meine Braut

An der duftverlornen Grenze
Jener Berge tanzen hold
Abendwolken ihre Tänze,
Leichtgeschürzt im Strahlengold.

Wenn ich nach den lichten Räumen
Jener Berg' hinüberseh',
Überschleicht es mich wie Träumen,
Faßt mein Herz ein dunkles Weh.

Und mir ist, als wohne drüben
Meine Braut und harre bang,
Daß ich komme, sie zu lieben,
Eh' verblüht ist Herz und Wang'.

Plötzlich treibt ein wildes Sehnen
Nach den Bergen mich, zu ihr,
Fluchtverstreute Wonnetränen
Stürzen aus dem Auge mir.

Doch die Berge sich verdunkeln,
Und die Wolken werden Nacht;
Nicht ein Sternlein seh' ich funkeln,
Und der Sturm ist aufgewacht;

Scheltend ruft er mir entgegen:
Heißer Narr, wohin? verzeuch!
Deine Braut heißt Qual, — den Segen
Spricht das Unglück über euch!


In der Wüste

Ist's nicht eitel und vergebens,
Lieben Freunde, saget an!
Durch den Wüstensand des Lebens
Sich zu wühlen eine Bahn?

Streut auch unser Fuß im Staube
Spuren aus von seinem Lauf,
Gleich, wie Geier nach dem Raube,
Kommt ein Sturm und frißt sie auf.

Einsam und in Karawanen
Treibt es nach dem Land' der Ruh',
Und es flattern tausend Fahnen
Hier und dort der Ferne zu.

Wir auch wandern vielverbündet
Nach der Rätselferne aus;
Doch der Strahl der Wüste zündet
Sehnsucht nach dem kühlen Haus;

Zündet heißer stets das Sehnen
In die Gruft aus diesem Land,
Wo, nie satt, nach unsern Tränen
Lechzt empor der dürre Sand.


Schilflieder

                   1.

Drüben geht die Sonne scheiden,
Und der müde Tag entschlief.
Niederhangen hier die Weiden
In den Teich, so still, so tief.

Und ich muß mein Liebstes meiden:
Quill, o Träne, quill hervor!
Traurig säuseln hier die Weiden,
Und im Winde bebt das Rohr.

In mein stilles, tiefes Leiden
Strahlst du, Ferne! Hell und mild,
Wie durch Binsen hier und Weiden
Strahlt des Abendsternes Bild.

                   2.

Trübe wird's, die Wolken jagen,
Und der Regen niederbricht,
Und die lauten Winde klagen:
'Teich, wo ist dein Sternenlicht?'

Suchen den erloschnen Schimmer
Tief im aufgewühlten See.
Deine Liebe lächelt nimmer
Nieder in mein tiefes Weh!

                   3.

Auf geheimem Waldespfade
Schleich ich gern im Abendschein
An das öde Schilfgestade,
Mädchen, und gedenke dein!

Wenn sich dann der Busch verdüstert,
Rauscht das Rohr geheimnisvoll,
Und es klaget, und es flüstert,
Daß ich weinen, weinen soll.

Und ich mein', ich höre wehen
Leise deiner Stimme Klang
Und im Weiher untergehen
Deinen lieblichen Gesang


            4.

Sonnenuntergang;
Schwarze Wolken ziehn,
O wie schwül und bang
Alle Winde fliehn!

Durch den Himmel wild
Jagen Blitze, bleich;
Ihr vergänglich Bild
Wandelt durch den Teich.

Wie gewitterklar
Mein' ich dich zu sehn
Und dein langes Haar
Frei im Sturme wehn!

                   5.

Auf dem Teich, dem regungslosen,
Weilt des Mondes holder Glanz,
Flechtend seine bleichen Rosen
In des Schilfes grünen Kranz.

Hirsche wandeln dort am Hügel,
Blicken in die Nacht empor;
Manchmal regt sich das Geflügel
Träumerisch im tiefen Rohr.

Weinend muß mein Blick sich senken;
Durch die tiefste Seele geht
Mir ein süßes Deingedenken,
Wie ein stilles Nachtgebet!

Winternacht

                        1.

Vor Kälte ist die Luft erstarrt,
Es kracht der Schnee von meinen Tritten,
Es dampft mein Hauch, es klirrt mein Bart;
Nur fort, nur immer fort geschritten!

Wie feierlich die Gegend schweigt!
Der Mond bescheint die alten Fichten,
Die, sehnsuchtsvoll zum Tod geneigt,
Den Zweig zurück zur Erde richten.

Frost! friere mir in's Herz hinein!
Tief in das heißbewegte, wilde!
Daß einmal Ruh mag drinnen sein,
Wie hier im nächtlichen Gefilde!

                        2.

Dort heult im tiefen Waldesraum
Ein Wolf; — wie's Kind aufweckt die Mutter,
Schreit er die Nacht aus ihrem Traum,
Und heischt von ihr sein blutig Futter.

Nun brausen über Schnee und Eis
Die Winde fort mit tollem Jagen,
Als wollten sie sich rennen heiß:
Wach' auf, o Herz, zu wildem Klagen!

Laß deine Toten aufersteh'n,
Und deiner Qualen dunk'le Horden!
Und laß sie mit den Stürmen gehn,
Die frischer immer weh'n vom Norden!


Stumme Liebe

Ließe doch ein hold Geschick
Mich in deinen Zaubernähen,
Mich in deinem Wonneblick
Still verglühen und vergehen;

Wie das fromme Lampenlicht
Sterbend glüht in stummer Wonne
Vor dem schönen Angesicht
Dieser himmlischen Madonne! —


Wandel der Sehnsucht

Wie doch dünkte mir die Fahrt so lang,
O wie sehnt ich mich zurück so bang
Aus der weiten, fremden Meereswüste
Nach der lieben, fernen Heimatküste.

Endlich winkte das ersehnte Land,
Jubelnd sprang ich an den teuern Strand,
Und als wiedergrüne Jugendträume
Grüßten mich die heimatlichen Bäume.

Hold, und süßverwandt, wie nie zuvor,
Klang das Lied der Vögel an mein Ohr;
Gerne, nach so schmerzlichem Vermissen,
Hätt ich jeden Stein ans Herz gerissen.

Doch, da fand ich dich, und - todesschwank
Jede Freude dir zu Füßen sank,
Und mir ist im Herzen nur geblieben
Grenzenloses, hoffnungsloses Lieben.

O wie sehn ich mich so bang hinaus
Wieder in das dumpfe Flutgebraus!
Möchte immer auf den wilden Meeren
Einsam nur mit deinem Bild verkehren!