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Vermischte Gedichte 1

 

Zueignung
Traumgewalten
Einem Greis
An die Biologen
Kruzifix
Scheu
Heimatklang
Zuflucht
Zeiger
Frühlingsgrüße
An Luise
Tod und Trennung
An die Verstockten

Herbstlied 1
Schlaflose Nacht
An eine Witwe
Auf eine goldene Hochzeit
An den Tod
Herbstlied 2
Vorwurf

 

Zueignung


Von allen, die den Sänger lieben,
Die, was ich fühlte, nachempfanden.
Die es besprochen und beschrieben,
Hat Niemand mich wie du verstanden.

Des Herzens Klagen heiß und innig,
Die liedgeworden ihm entklangen,
Hat deine Seele, tief und innig,
Getreuer als mein Lied empfangen.

Die Schauer, die mein Herz durchwehten,
Die unerfaßlich meinem Sange,
Sie sprachen, tröstende Propheten,
Zu deines Wortes süßem Klange.

Und durft' ich ahnend in den Bronnen
Der göttlichen Gedanken sinken,
So sah ich klar die dunklen Wonnen
In deinem schönen Auge blinken.

Der Himmel taut in finstern Hainen
Zum Lied der Nachtigallen nieder,
Und deine Augen sah ich weinen
Herab auf meine bangen Lieder.

Seh' ich der Augen Zauberkreise
Gesenkt, geschwellt, in trauter Nähe,
Ist's, ob ich deine Seele leise
Die Lust der Tugend atmen sehe.

Dein ist mein Herz, mein Schmerz dein eigen,
Und alle Freuden, die es sprengen,
Dein ist der Wald mit allen Zweigen,
Mit allen Blüten und Gesängen.

Das Liebste, was ich mag erbeuten
Mit Liedern, die mein Herz entführten,
Ist mir ein Wort, daß sie dich freuten,
Ein stummer Blick, daß sie dich rührten.

Und sollt' ich nach dem hellen Ruhme
Mich manchmal auch am Wege bücken,
So will ich mit der schönen Blume
Nur, Freundin, dir den Busen schmücken.

Traumgewalten

Der Traum war so wild, der Traum war so schaurig,
So tief erschütternd, unendlich traurig
Ich möchte gerne mir sagen:
Daß ich ja fest geschlafen hab',
Daß ich ja nicht geträumet hab',
Doch rinnen mir noch die Tränen herab,
Ich höre mein Herz noch schlagen.

Ich bin erwacht in banger Ermattung,
Ich finde mein Tuch durchnäßt am Kissen,
Wie man's heimbringt von einer Bestattung:
Hab' ich's im Traume hervorgerissen
Und mir getrocknet das Gesicht?
Ich weiß es nicht.
Doch waren sie da, die schlimmen Gäste,
Sie waren da zum nächtlichen Feste.
Ich schlief, mein Haus war preisgegeben,
Sie führten darin ein wüstes Leben,
Nun sind sie fort, die wilden Naturen;
In diesen Tränen find' ich die Spuren,
Wie sie mir Alles zusammengerüttet,
Und über den Tisch den Wein geschüttet.

Einem Greis

Das Haar schneeweiß,
Die Wangen so hohl,
Bald, bald Lebwohl;
Und noch die Stirne so heiß?

Dein Schifflein stoßt
Schon in's Meer, zum Land
Streckst du die Hand
Noch, überhangend, um Trost;

Um Trost und Genuß,
Um Hab' und Halt,
Und bist schon so alt:
"O daß man sterben muß!"

Zieh ein die Hand!
Den Blick hinaus
In's Meer! nach Haus!
Denk an den ewigen Strand!

Nicht scheide so schwer;
Wenn du rückverlangst,
Und überhangst,
So sinkst du hinab in's Meer.

An die Biologen

Die Wahrheit hat die Kunde
Vom tiefen Lebensgrunde
Als winz'gen Zettel
In eine Nuß getan,
Und warf den Bettel
In den Ozean.
Das Meer ist groß, die Nuß ist klein;
Hat wohl am kleinen Wunderschrein
Schon ein Pilot vorbeigeflucht?
Sucht! Sucht! —
Die Wahrheit schrieb die Kunde
Vom tiefen Lebensgrunde
Wohl einem Vöglein auf den Kopf,
Unter'n Schopf,
Aus des Hirnes glatte Schale:
Das Vöglein flog in alle Welt,
Ihm ward durch Berg' und Tale
Bis jetzt vergeblich nachgestellt.
Nur zugeforscht! wer weiß denn auch,
Ob nicht der Vogel euren Strauch
Zu seinem Sitze auserkiest,
Und, frohgelaunt, bei Frühlingswettern
Von seinen schopfgeborgnen Lettern
Euch singend was herunterliest!
Ist auch das Vöglein auf der Flucht,
Sucht! Sucht!

Kruzifix

Hält der Mensch die Blicke himmelwärts,
Und die Arme liebend ausgebreitet,
Um die Welt zu drücken an sein Herz,
Hat er sich zur Kreuzigung bereitet.

Solche Lieb' ist selten auf der Erde;
Daß ihr Bild die Welt nicht ganz verläßt,
Hielt am Kreuz die Menschheit eilig fest,
Jesus, deine liebende Gebärde!

Scheu

Unglück hat sein Herz gespalten,
Laßt den stillen Mann allein;
Wie sich nicht genaht die Alten
Einem blitzgetroffnen Hain.

Stört mit Worten nicht des Streites,
Nicht mit Liebe seinen Schmerz;
Ehret als ein blitzgeweihtes
Enelysion* dieses Herz.

*Ort, wo der Blitz einschlagen hat.

Heimatklang

Als sie vom Paradiese ward gezwungen,
Kam jeder Seele eine Melodie
Zum Lebewohl süß schmerzlich nachgeklungen,
Daraus umschloß die Erdenhülle sie.
Noch ist dies Lied nicht völlig uns verdrungen,
Doch tönt es leiser stets aus Erden hie.
Gib Acht, o Herz, daß in den Schütterungen
Dir nicht des Liedes letzter Hauch entflieh'!
Ein Nachhall dieses Liedes ist entsprungen
Des Morgenlandes süße Poesie;
Von Jugendträumen wird's manchmal gesungen,
Doch dunkel, unbewußt woher? und wie?
Wem aber einmal klar und voll geklungen
Die wunderbare Heimatmelodie,
Der wird von bangem Heimweh tief durchdrungen,
Und er genest von seiner Sehnsucht nie.

Zuflucht

Armes Wild im Waldesgrunde,
Schlägt die Jagd dir eine Wunde,
Flüchtest du zur tiefsten Stelle,
An des Walds geheimste Quelle,
Daß sie dir mit frischer Kühle
Lindernd deine Wunden spüle,

Mensch, du flieh mit deinem Schmerz
An die heimatlichste Stelle,
An des Trostes reinste Quelle,
Flüchte an das Mutterherz,
Doch die Mütter sterben bald;
Hat man dir begraben deine,
Flüchte in den tiefsten Wald
Mit dem wunden Reh — und weine!

Zeiger

Meiner Schwester liebe Sprossen,
Ha, wie seid ihr aufgeschossen,
Seit ich über Berg und Tal
Von euch schied das letzte Mal!
Da ihr wachset und euch dehnet,
Sonnenzeiger unsrer Tage,
Mahnt ihr, wie das Leben jage,
Das ihr fest und ewig wähnet
Kinderwuchs und Abendschatten
Zeigt dem Wandrer auf dem Steige
Abgemähter Blumenmatten,
Wie sich ihm die Sonne neige.

Frühlingsgrüße

Nach langem Frost, wie weht die Luft so lind!
Da bringt Frühveilchen mir ein bettelnd Kind.

Es ist betrübt, daß so den ersten Gruß
Des Frühlings mir das Elend bringen muß.

Und doch der schönen Tage liebes Pfand
Ist mir noch werter aus des Unglücks Hand.

So bringt dem Nachgeschlechte unser Leid
Die Frühlingsgrüße einer bessern Zeit.

An Luise

Ich höre nicht den Sarg verhämmern,
Wie Freundespflicht mir sonst gebot,
Doch denk' ich hier im Waldesdämmern
Einsam gerührt an deinen Tod.

Nun läuten die Begräbnisglocken,
Der Wind, bewegt von ihrem Klang,
Flieht in den Wald und Blütenflocken
Streift er von allen Zweigen bang.

Die jungen Blüten zittern leise
Und freudig nieder in den Staub,
Als das Gefolge deiner Reise
Sind gerne sie des Todes Raub. —

Du bist mir nah im Waldesgrunde
In der Erinnrung ew'gem Strahl,
Wie einst in jener Abendstunde,
Als ich dich sah zum letzten Mal!

Ich schau' dein Angesicht, dein bleiches,
Das tiefe Schwermut überzieht,
Ich schau' dein Aug', dein dunkles, weiches,
Wie es in andre Welten sieht;

Und wie du in's Klavier versunken,
So träumerisch, so ernst und mild,
Und wie dem Liede, himmelstrunken,
Du selber wirst ein schönes Bild;

Wie dich der große Geist umranke
Den sie Beethoven nannten hie,
Wie deine zarte Bildung schwanket
Im Sturme seiner Melodie;

Der Geist, dem seliges Verderben
Das Erdenleben sich entlauscht,
In dessen Lied viel süßes Sterben
Und Harmonie des Todes rauscht.

Sein Herz von Sehnsuchtsqual zerklüftet,
Zieht dich hinab in seinen Brand,
Und deine trunkne Seele lüftet
Der Erdenhülle leichtes Band.

Mir ist das Scherzo nicht verklungen,
Wo nach Adagio's wildem Schrei
Der heiße Schmerz sich matt gerungen
Zu träumerischer Tändelei:

So spielt der Jüngling an der Bahre
Der Braut, wenn schon das Herz ihm bricht,
Noch tändelnd mit dem Lockenhaare,
Und starrend in ihr tot Gesicht —

Du bist dahin! Nichts konnte retten
Und halten dich bei uns zurück,
Kalt knickte alle Liebesketten
Das unerbittliche Geschick.

Es brachte dir in Sterbensstunden
Die frommgetäuschte gute Frau
Im letzten Wahn, du sollst gesunden,
Noch einen Becher Maientau.

Ausblüht die Heideblume wieder,
Die schon dem Tode nickte, zu,
Weint still die Nacht ihr Mitleid nieder
Doch nicht, gebrochne Blume, du! —

Mich Fernen auch erfaßt die Klage,
Die mich dem Waldesgrund entreißt,
Mir flieht das Bild vergangner Tage,
An deinem Sarge steht mein Geist.

Um den sie alle weinen müssen,
Du Jungfrau hold! zu deinem Schrein
Drängt sich, dich einmal noch zu küssen,
Dein Herzensfreund, der Frühling, ein.

Das bange Scherzo hör' ich klingen
Um dich, so starr und still du auch,
Mit deines Haares dunkeln Ringen
Spielt schmerzlich noch des Frühlings Hauch.

Jetzt aber wird der Sarg geschlossen,
Auf immer deine Lichtgestalt
Aus unserm Angesicht verstoßen;
Im Schollenwurf dein Lied verhallt.

Nur deine Mutter hör' ich weinen:
O schwiege doch der Freunde Trost!
Für eine Mutter gibt es keinen,
Ein Dolch in's Herz ist ihr sein Frost.

Dem Schmerz nach ihrem lieben Kinde
Bleibt bis zum Tod ihr Herz geweiht,
Wenn auch des Trostes kühle Rinde
Den Freunden einst dein Grab verschneit.

Und soll sie einst dich wiederhaben,
Durchzuckt das weiche Mutterherz,
Daß sie dich hier so früh begraben,
Im Himmel noch ein leiser Schmerz.

Tod und Trennung

Gottes Milde mocht' es fügen,
Liegt ein Mensch in letzten Zügen
Stehn am Sterbepfühl die Seinen,
Daß sie müssen weinen, weinen;

Daß sie nicht vor Tränen schauen
Das unnennbar bange Grauen,
Wie der Geist verläßt die Hülle,
Letztes Zucken, tiefe Stille.

Weh dem Tränenlosen, wehe,
Der sich wagt in Sterbens Nähe,
Denn ihm kann durch's ganze Leben
Jenes Grauen heimlich beben.

Doch ein Anblick tiefrer Trauer,
Bänger als des Sterbens Schauer,
Wär' es, könnt' ein Aug' es fassen
Wie zwei Herzen sich verlassen.

An die Verstockten

Torenangst und Narrenzittern,
Ausparieren hin und her,
Macht den Binsenschaft zum Speer,
Schlägt die Laffen erst zu Rittern.

Wenn ein muntrer Spatz am Dache
Lärmet über eurem Haus,
Springet ihr zum Fenster aus,
Ob der Bau zusammenkrache.

Schweift in euren Waldesgründen
Von Leuchtkäfern eine Schar,
Ha, wie schreckt euch die Gefahr,
Daß sie euch den Wald anzünden.

Die Metaphern und die Tropen,
Die da pfeift ein loser Wicht,
Wandeln euch die Schafe nicht
Um zu scheuen Antilopen;

Oder gar zu milden Bären;
Ruhig mögt ihr und noch lang
Trotz dem kecken Sang und Klang
Eure Horden scheren, scheren.

Doch vor Einem zittert, Toren!
Wenn er an den Pfeilern rührt,
Wenn er seine Flammen schürt.
Wahrt euch, sonst seid ihr verloren!

Hört ihr's im Gebälke knarren,
Baut ein neues Haus geschwind,
Eh' mit Habe, Weib und Kind
Euch begraben eure Sparren,

Funken sind des Feuers Boten.
Funken jagen durch das Land,
Und den großen Gottesbrand
Dämpft ihr nicht mit euren Pfoten.

Zitternd seht ihr und erschrocken
Funken, die der Witz gefacht,
Die das Volk, indem es lacht
Haucht in tote Aschenflocken:

Aber nicht wollt ihr erschrecken,
Wenn es blitzt im Herzensgrund,
Wenn die Sklaven, kettenwund,
Doch den Gott in sich entdecken.

Hört, es kann die Stunde kommen,
Wo das Lamm ein Löwe heißt,
Wo es brüllend euch zerreißt;
Laßt euch Gottes Zeichen frommen! —

Herbstlied 1

Rings trauern die Entlaubten,
Vom kalten Wind durchweht,
Die Tannen nur behaupten
Ihr dunkles Grün so spät.

Wenn's Vöglein baut sein Lager,
So grünt das Tannenreis
Und grünt, wenn's Wild sich hager
Scharrt Wurzeln aus dem Eis.

Die Buche seh ich schwinden
Im Froste, lebenssatt,
Wie sie den kalten Winden
Hinwirft das letzte Blatt.

Zu meiner Seele Trauer
Die Buche besser stimmt,
Daß sie den Winterschauer
Sich so zu Herzen nimmt.

Schlaflose Nacht

Schlaflose Nacht, du bist allein die Zeit
Der ungestörten Einsamkeit!
Denn seine Herde treibt der laute Tag
In unsern grünenden Gedankenhag,
Die schönsten Blüten werden abgefressen,
Zertreten oft im Keime und vergessen.
Trägt aber uns der Schlaf mit weicher Hand
In's Zauberboot, das heimlich stoßt vom Strand,
Und lenkt das Boot im weiten Ozean
Der Traum herum, ein trunkner Steuermann,
So sind wir nicht allein, denn bald gesellen
Die Launen uns der unbeherrschten Wellen
Mit Menschen mancherlei, vielleicht mit solchen,
Die feindlich unser Innres tief verletzt,
Bei deren Anblick sich das Herz entsetzt,
Getroffen von des Hasses kalten Dolchen;
An denen gerne wir vorüberdenken,
Um tiefer nicht den Dolch in's Herz zu senken —
Dann wieder bringen uns die Wellenfluchten,
Wohin wir wachend nimmermehr gelangen,
In der Vergangenheit geheimste Buchten,
Wo uns der Jugend Hoffnungen empfangen.
Was aber hilft's? wir wachen auf — entschwunden
Ist all' das Glück, es schmerzen alte Wunden.
Schlaflose Nacht, du bist allein die Zeit
Der ungestörten Einsamkeit!

An eine Witwe

Nach einem heftigen Gewitter
Wandl' ich allein im tiefen Haine,
Und blicke durch das nasse Gitter
Der Blätter aus zum Sternenscheine.

Die sturmesmüden Bäume schweigen;
Nur manchmal rauschen Windeshauche,
Wie eine Mahnung, in den Zweigen,
Dann tropft es nach im dunkeln Strauche.

So fand ich nach den Schmerzgewittern
Dich müd versenkt im stillen Grame,
Doch sah ich deine Tränen zittern,
Wenn dir erklang sein teurer Name.

Der Frühling kam, vor seinem Strahle
Suchst du des Schmerzes traute Schatten
Und führest nach dem fernen Tale
Die Kinder an das Grab des Gatten.

Du wanderst mit den Vaterlosen,
Mit Tränen neu das Grab zu tränken,
Auf das du deiner Wangen Rosen
Gestreut zum treuen Angedenken.

O bring zum Grabe deines Lieben
Von mir auch einen Gruß und sage,
Daß auch mein Herz ihm treu geblieben,
Bring ihm des Jugendfreundes Klage.

Wenn aus dem Aug' dir Tränen brechen,
Möcht' ich am Grabe dich begrüßen,
Mit dir von seiner Jugend sprechen,
Und möchte seine Kinder küssen.

Auf eine goldene Hochzeit

Kennt ihr sie nicht, des Nordens alte Sage:
Von jenem Wunder an der Grönlandsküste,
Vom Lenz, den rings umstarrt die bleiche Wüste,
Des eis'gen Todes niegelöste Klage?

Durch eines ruhenden Vulkanes Spalten
War dort ein warmer Quell hervorgesprungen,
War aus der Tief ein Lebenshauch gedrungen,
Die nördliche Oase zu erhalten.

Dort war ein Kloster, grüne Lämmerweide,
Ein Garten prangte frisch mit Blumen, Früchten,
Und singend kamen Vögel hinzuflüchten,
In ein Asyl vor winterlichem Leide.

Im Kloster wohnte friedlich die Gemeine;
Sie führten ihre treue warme Quelle,
Die milde Freundin, traut durch jede Zelle,
Durch Wies' und Feld und durch die grünen Haine.

War Winter auch ringsum in alle Ferne,
Aus dieses Klosters frohen Paradiesen
War durch den Quell der rauhe Gast verwiesen;
Nur heller strahlten dann bei Nacht die Sterne —

Zur Wehmut führen gerne solche Kunden
Aus des entflohnen Glückes dunklen Fährten;
Begrub das Eis nicht längst die schönen Gärten?
Sind Quell' und Kloster nicht schon längst verschwunden?

Sie sind es nicht! kein Winter wird sie morden;
Ob äußres Leben auch im Frost zerstiebe,
Im Innern die Oase schützt die Liebe,
Die warme Quelle in des Alters Norden.

Das Kloster ist das Bündnis guter Herzen,
Dies mag getrost die strenge Zeit erwarten,
Umrankt von einem immergrünen Garten,
Wo Blumen blühn und Frühlingslieder scherzen. —

An den Tod

Wenn's mir einst im Herzen modert,
Wenn der Dichtkunst kühne Flammen
Und der Liebe Brand verlodert,
Tod, dann brich den Leib zusammen!

Brich ihn schnell, nicht langsam wühle,
Deinen Sänger laß entschweben,
Düngen nicht das Feld dem Leben
Mit der Asche der Gefühle.

Herbstlied 2

Ja. ja, ihr lauten Raben
Hoch in der kühlen Luft,
's geht wieder an's Begraben,
Ihr flattert um die Gruft!

Die Wälder sind gestorben,
Hier, dort ein leeres Nest;
Die Wiesen sind verdorben;
O kurzes Freudenfest!

Ich wandre hin und stiere
In diese trübe Ruh,
Ich bin allein und friere,
Und hör' euch Raben zu.

Auch mir ist Herbst, und leiser
Trag' ich den Berg hinab
Mein Bündel dürre Reiser,
Die mir das Leben gab.

Einst sah ich Blüten prangen
An meinem Reiserbund,
Und schöne Lieder klangen
Im Laub, das fiel zu Grund.

Die Bürde muß ich tragen
Zum letzten Augenblick;
Den Freuden nachzuklagen,
Ist herbstliches Geschick.

Soll mit dem Rest ich geizen,
Und mit dem Reisig froh
Mir meinen Winter heizen?
Ihr Raben, meint ihr so?

Erinnerungen schärfen
Mir nur des Winters Weh;
Ich möchte lieber werfen
Mein Bündel in den Schnee.

Vorwurf

Du klagst, daß bange Wehmut dich beschleicht,
Weil sich der Wald entlaubt
Und über deinem Haupt
Dahin der Wanderzug der Vögel streicht.

O klage nicht, bist selber wandelhaft;
Denkst du der Liebesglut?
Wie nun so traurig ruht
In deiner Brust die müde Leidenschaft!