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Vermischte Gedichte 2

 

Der Jäger
Lied eines Schmiedes
Ohne Wunsch
Mein Türkenkopf
Der Hagestolz
Der Schmerz
An den Frühling 1838
Das Lied vom armen Finken
Hypochonders Mondlied
Der offene Schrank
An eine Freundin
Tränenpflege
An den Frühling
An ein schönes Mädchen
Der schwarze See
Das Roß und der Reiter
Die Blumenmalerin
Husarenlieder

Der Jäger


Es zwittert schon im Tale
Grau zwischen Tag und Nacht,
Doch sucht mein Dachs noch immer,
Umspürend, flink und sacht.

Der Hund will mir was liefern
Noch heute vor's Gewehr,
Der kleine Todeskuppler
Sucht überall umher.

Umsonst! ist nichts zu finden,
Mein Waldmann, als Verdruß;
Wir bringen nichts nach Hause,
Als noch im Rohr den Schuß.


Will nicht die Flint' ausschießen
Mißmutig in die Luft,
Weil ich nicht mag verscheuchen
Das Wild in ferner Schluft.

Aus morgen will ich sparen
Den Schuß, mein guter Hund,
Bis wir herausgekommen
Vielleicht zur bessern Stund'.

Das ist ein schlechter Jäger,
Der sich das Wild verstört,
Der ohne Ziel und Beute
Sich gerne knallen hört.

Und schieß' ich morgen nimmer,
Weil krank ich, oder tot,
So wird ein Andrer schießen,
Dem's Weidmannsheil sich bot.


Lied eines Schmiedes

Fein Rößlein, ich'
Beschlage dich,
Sei frisch und fromm,
Und wieder komm!

Trag deinen Herrn
Stets treu dem Stern,
Der seiner Bahn
Hell glänzt voran!

Bergab, bergauf
Mach flinken Lauf,
Leicht wie die Luft
Durch Strom und Kluft!

Trag aus dem Ritt
Mit jedem Tritt
Den Reiter du
Dem Himmel zu!

Nun, Rößlein, ich
Beschlage dich,
Sei frisch und fromm,
Und wieder komm!

Ohne Wunsch

Ja, mich rührt dein Angesicht,
Und dein Herz, das liebevolle,
Aber Mädchen, glaube nicht,
Daß ich dich besitzen wolle.

Kamst mir durch die Seele wie
Ein süßholdes Lied gedrungen,
Aber wie die Melodie,
Mußt du wieder sein verklungen.

Meine Freuden starben mir
In der Brust, bestürmt, gespalten,
An den Bahren könnten wir
Nur mit Grauen Hochzeit halten.

Ein zu trüber Lebensgang
Führte mich an steile Ränder,
Kind, mir würde um dich bang,
Flieh, es krachen die Geländer!

Mein Türkenkopf

Mein Pfeifchen traut, mir ist dein Rauch,
Voll duftender Narkose,
Noch lieber als der süße Hauch
Der aufgeblühten Rose.

Und hält die Rose Streit mit dir,
Von beiden schöner welche?
Bist du die schönre Rose mir
Mit deinem Glutenkelche.

Denn wie die Rose duftend blüht
Im Grün der Frühlingsbäume,
Also mein Pfeifchen duftend glüht
Zum Frühling meiner Träume.

Weckt mir der Rose Freudenstrahl
Ein schmerzlich Angedenken,
Hilfst du zu kurzer Rast einmal
Was ich verlor — versenken.

Und wenn dein blauer Wolkenzug
Die Stirne mir umsponnen,
Umkreist mich gern der rasche Flug
Von dichterischen Wonnen.

Wenn dann die Qual versank in Ruh,
So dünket mich, mir wehte
Ein heilend Lüftchen Nebel zu
Vom stillen Tal des Lethe.

D'rum, Pfeifchen traut, mir ist dein Rauch,
Voll duftender Narkose,
Noch lieber als der süße Hauch
Der aufgeblühten Rose!

Der Hagestolz

Ich hab' kein Weib, ich hab' kein Kind
In meiner öden Stube,
Hier tönt's nicht: "guten Morgen!" lind,
Hier tobt kein muntrer Bube.

Und auch kein treuer Hund mir naht,
Mit schmeichelndem Gewedel;
Der Rauch nur ist mein Kamerad,
Und dort der Totenschädel.

In Ringlein blau der Rauch verweht;
Des Hirnes leerer Tiegel
Dort aus dem Schrank am Spiegel steht,
Ein fortgesetzter Spiegel.

Ich habe weislich mir gepflanzt
Den Freund auf die Kommode,
Vor allzuheißem Wunsch verschanzt
Hab' ich mich mit dem Tode.

Den Rauch betrachtend, Rad an Rad,
Und dort den bleichen Knochen,
Hat noch ein dritter Kamerad
Wildkalt in mir gesprochen:

Was ist es auch, was tut es auch,
Daß Weib und Kind dir fehle,
Bald wird ja doch, wie dieser Rauch,
Verblasen deine Seele!

Die Schädelpfeif' hat auch geraucht,
Als drin das Leben brannte,
Als noch der Raucher drein gehaucht,
Der große Unbekannte.

Einst Wolken blies der alte Pan
Aus diesen schlechten Scherben;
Nun hat er's Pfeiflein abgetan,
Die Menschen heißen's Sterben.

Der Schädel dort, so häßlich itzt,
So kahl und hohl zur Stunde,
War einst, wer weiß, wie schön geschnitzt,
Als Pan ihn hielt am Munde.

Das Bild am Kopf ist abgewischt;
War's dumm, war's ein gescheites,
Es wird nicht wieder aufgefrischt,
's ist einerlei nun beides.


Und ob es Glück, ob Unglück hieß,
Ob Kummer oder Segen,
Was Pan hier in die Lüfte blies,
Ist wenig dran gelegen.

Vom Rauche, den der Wind vertrieb,
Vom Feuer, windverschlungen,
Nichts als ein Bild erhalten blieb
In Pans Erinnerungen. —

Das Lebensglück ist nicht geglückt,
Die Menschen mir's zertraten,
Nun will ich, in mich selbst gedrückt,
Auch einen Hund entraten.

Wenn sie mich unbeweint zuletzt,
Weib-, kinderlos verscharren,
Ich zünde meinen Knaster jetzt,
Dem Rauche nachzustarren.


Der Schmerz

Sie ließ sich überraschen
Von diesem Trauerwort,
Und ihre Tränen waschen
Die rote Schminke fort.

Das Leben täuscht uns lange,
Du zeigst der Schminke bar
Des Lebens welke Wange,
O Schmerz, wie bist du wahr!


An den Frühling 1838

Lieber Frühling, sage mir,
Denn du bist Prophet,
Ob man auf dem Wege hier
Einst zum Heile geht?

Mitten durch den grünen Hain,
Ungestümer Hast,
Frißt die Eisenbahn herein,
Dir ein schlimmer Gast.

Bäume fallen links und rechts,
Wo sie vorwärts bricht,
Deines blühenden Geschlechts
Schont die rauhe nicht.

Auch die Eiche wird gefällt,
Die den frommen Schild
Ihrem Feind entgegenhält,
Das Marienbild.

Küsse deinen letzten Kuß,
Frühling süß und warm!
Eiche und Maria muß
Fort aus deinem Arm!


Pfeilgeschwind und schnurgerad,
Nimmt der Wagen bald
Blüt und Andacht unter's Rad,
Sausend durch den Wald.

Lieber Lenz, ich frage dich,
Holt, wie er vertraut,
Hier der Mensch die Freiheit sich,
Die ersehnte Braut?

Lohnt ein schöner Freudenkranz
Deine Opfer einst,
Wenn du mit dem Sonnenglanz
Über Freie scheinst?

Oder ist dies Wort ein Wahn,
Und erjagen wir
Nur aus unsrer Sturmesbahn
Gold und Sinnengier?

Zieht der alte Fesselschmied
Jetzt von Land zu Land,
Hämmernd, schweißend Glied an Glied
Unser Eisenband?

Braust dem Zug dein Segen zu,
Wenn's vorüberschnaubt?
Oder, Frühling, schüttelst du
Traurig einst dein Haupt?

Doch du lächelst freudenvoll
Auf das Werk des Beils,
Daß ich lieber glauben soll
An die Bahn des Heils.

Amselruf und Finkenschlag
Jubeln drein so laut,
Daß ich lieber hoffen mag
Die ersehnte Braut.

Das Lied vom armen Finken

Der Finkler ist ein Schlauer;
Wann dürr die Blätter sinken,
Dann sperrt er in den Bauer
Den eingefangnen Finken.

Er macht den Finken kirre,
Daß er zu finden lerne
Das Wasser im Geschirre,
Und seines Futters Kerne.

Und weiß das arme Finklein
In seinen Sprossenwänden
Bescheid in jedem Winklein,
Dann geht es an ein Blenden.

Der Vögelpotentate
Brennt nun dem armen Tropfe
Mit glutgehitztem Drahte
Die Äuglein aus dem Kopfe.

Und fragst du nach dem Witze
Von solchem schnöden Werke?
Ei, daß im Kerkersitze
Der Fink den Lenz nicht merke.

Der Vogler kann nicht brauchen
Des Finken Schlag im Märzen,
Daß Lust und Lied ihm tauchen
Aus lenzgewecktem Herzen.

Da sitzt er nun gefangen
Im traurigen Verstecke,
Gar fleißig überhangen,
Daß ihn kein Lüftlein wecke.

Und sollte seine Seele,
Die doch den Frühling spüret,
Sich wagen aus die Kehle,
Wenn sich der Sänger rühret:

Vertreibt ihm bald sein Dränger
Die frohen Lenzgedanken,
Er spritzt dem kecken Sänger
Kalt Wasser in die Flanken.

Und läßt sich nicht bezwingen
Der Fink mit kalten Bädern,
Will selbst der Nasse singen,
So rupft man ein paar Federn.

Er soll sein lautes Schlagen
Und seinen Frühlingsglauben
Bis in den Herbst vertagen,
Wo sich die Hain' entlauben.


Dann wird er singen dürfen,
Und seine Flügel dehnen,
Die Waldeslüfte schlürfen.
Und sich im Frühling wähnen.

Dann auf dem Vogelherde
Beginnt der Narr zu preisen
Die freudenwelke Erde
In frohen Frühlingsweisen.

Dann hören sein Frohlocken
Und seine Frühlingslüge,
Verwirrt und süß erschrocken,
Der Vögel Wanderzüge.

Und voller Lenzverlangen,
Dem Finkler zum Ergetzen,
Fallen sie ein und fangen
Sich auch in seinen Netzen. —

Nun ist es Lenz, nun sitzet
Der Fink in seiner Steige,
Der Vogler rupft und spritzet,
Daß er den Lenz verschweige.


Ich aber vorempfinde,
Was droht aus Ost und Norden,
Das Heer der kalten Winde,
Die unsre Wälder morden.

In den zerstörten Hagen
Hör' ich am Vogelherde
Auch schon den Finken schlagen:
"Wie schön ist Gottes Erde!"

Doch wird's dann wieder heller
Nach trüben Winternissen,
Wenn einst dem Vogelsteller
Sein altes Garn zerrissen.


Hypochonders Mondlied

Singt ihr in eurem Freudenliede:
Der heitre Mond am Himmel lacht,
Und ihm entstrahlt ein süßer Friede —
So habt ihr nie den Mond bedacht.

Seht ihr ihn dort herüber schweben,
Bleich, ohne Wasser, ohne Luft;
Er zieht mit ausgestorbnem Leben,
Ein Totengräber samt der Gruft.

Dort dringt der Mond' mit seinem Schimmer
Still dem Nachtwandler in's Gemach
Und winkt und lockt aus Bett und Zimmer,
Der Schläfer folgt ihm aus das Dach,


Und huscht, geschlossner Augenlieder,
Hin, her, des Daches steilsten Bug,
Als hielte geistiges Gefieder
Enthoben ihn dem Erdenzug.

Der Mond zieht traurig durch die Sphären,
Denn all die Seinen ruhn im Grab,
Drum wischt er sich die hellen Zähren
Bei Nacht an unsern Blumen ab.

Darum durchschleicht er Fenster, Türen,
Auf Diebessohlen leis und lind.
Der Erde heimlich zu entführen
Im Schlafe dies und jenes Kind.

Den Schläfern um den Leib zu schlingen
Sucht er sein feines Silbernetz,
Und sie zu sich hinauszuschwingen;
Doch seine Fäden reißen stets.


Und ewig wird es ihm mißglücken,
Zu stehlen sich ein Spielgesind,
In seine Wüste zu entrücken
Ein lebenswarmes Erdenkind.

Der Mond wohl auch die Schlummerlosen
Der Erde zu entlocken sucht;
Er will mit schwärmerischem Kosen
Bereden sie zu früher Flucht.

Oft wenn ich ging durch Wald und Wiesen,
Log mir der Mondenschein so lang,
Ich sei auf Erden nur verwiesen,
Bis ich hinweg mich sehnte bang.

Weil er uns nicht vermag zu stehlen,
Nicht wachend, nicht in Schlafesruh,
Schickt er mit Blicken, stieren, scheelen,
Der Erde Todeswünsche zu.

Als Knabe schon konnt' ich nicht schauen
Zum stillen blassen Mond empor,
Daß nicht ein wunderliches Grauen
Mir heimlich das Gebein durchfror.

Nirgends, aus Wald und Feld und Straßen,
Frohlockt so hell des Mondes Licht,
Wie auf dem Kirchhof, wo verlassen
Ein armes Herz vor Leide bricht.

Ja, Gräber sind für ihn die Stelle,
Und an Ruinen Dorngestrauch,
Doch vor des Mondes schlimmer Helle
Bewahrt das Brautbett, rat' ich euch.

Laßt ihr den Mond in's Brautbett scheinen,
Ist euer künftig Kind bedroht,
Denn viele Stunden wird es weinen,
Und wünschen wird es sich den Tod.

Wenn Schiffer Nachts das Meer befahren,
Umhüllen sie das Haupt genau,
Denn spielt der Mond mit ihren Haaren,
So färbt er sie frühzeitig grau.

Und bei Banditen geht die Kunde:
Ein Dolch, gewetzt im Mondenschein,
Sticht eine ewig stumme Wunde,
Trifft mittendurch in's Herz hinein.

Und jene grausen alten Weiber,
Die man nicht gern genauer nennt,
Weil ihnen sonst die dürren Leiber
Das tolle Volk zu Asche brennt:

(— Wenn auch von Ärzten, Philosophen,
Ein volkverwirrendes Komplott
Sie Hexen nennt und Teufelszofen
Der aufgeklärten Zeit zum Spott —)

Die ziehn aus mondbestrahlten Heiden
Und pflücken murmelnd Gras und Kraut,
Woraus zu manchen Zauberleiden
Manch böses Tränklein wird gebraut.

Bergjäger, der kein Raubschütz, meidet
Den Mond; ein Wild, im Mondenstrahl
Geschossen oder ausgeweidet,
Verwest so frühe noch einmal.

Und eine Tann' im Wald geschlagen,
Wenn hell der Mond am Himmel blinkt,
Als Mastbaum in das Meer getragen,
Zerbricht der Sturm — das Schiff versink.


Dies in den höchsten Steirerfelsen
Kenn' ich ein Dörflein, wo man meint:
Der Mond wird schuld an dicken Hälsen
Wenn er in einen Brunnen scheint.

Dort meint man auch, wenn Mondsgefunkel
Die Spinnerin am Rad umspinnt
Und widerglänzt von ihrer Kunkel,
Daß sie ein Leichenhemd gewinnt. — —

Weil mich der Mond, in's Zimmer glotzend,
Nicht schlafen ließ in dieser Nacht,
Hab' ich Poet, hinwieder trotzend,
Dies Lied zum Schimpf auf ihn gemacht.

Noch wüßt' ich viel von ihm zu melden,
Doch seh' ich dort im Untergang
Hinunterducken meinen Helden,
Bevor ich noch das Schlimmste sang.


Der offene Schrank

Mein liebes Mütterlein war verreist,
Und kehrte nicht heim, und lag in der Grube:
Da war ich allein und recht verwaist,
Und traurig trat ich in ihre Stube.

Ihr Schrank stand offen, ich fand ihn noch heut,
Wie sie abreisend ihn eilig gelassen,
Wie Alles man durcheinanderstreut,
Wenn vor der Tür die Pferde schon passen.

Ein aufgeschlagnes Gebetbuch lag
Bei mancher Rechnung, von ihr geschrieben;
Von ihrem Frühstück am Scheidetag
War noch ein Stücklein Kuchen geblieben.

Ich las das aufgeschlagne Gebet,
Es war: wie eine Mutter um Segen
Für ihre Kinder zum Himmel fleht;
Mir pochte das Herz in bangen Schlägen.

Ich las ihre Schrift, und ich verbiß
Nicht länger meine gerechten Schmerzen,
Ich las die Zahlen, und ich zerriß
Die Freudenrechnung in meinem Herzen.


Zusammen sucht' ich den Speiserest,
Das kleinste Krümlein, den letzten Splitter
Und hatt' es mir auch den Hals gepreßt,
Ich aß vom Kuchen und weinte bitter.

An eine Freundin

Dichterherzen können segnen
Wen sie lieben; fremd und rauh
Meinem Herzen zu begegnen
Hüte dich, du schöne Frau.

Eine Sage läßt dich grüßen,
So ich im Gebirg vernahm,
Als ich einst vor Wettergüssen
Flüchtend in ein Hüttlein kam:

In den tiefsten Einsamkeiten,
Zwischen Felsen, ruht ein See;
Dem entstieg ein Geist vor Zeiten,
Kam den Menschen in die Näh'.


Kam in's Dorf, erschien beim Feste,
Brachte Segen in das Haus,
Und es blickten Wirt und Gäste
Oft gar sehnlich nach ihm aus.

Plötzlich stand er unter ihnen,
Trug ein dunkles Mönchsgewand,
Und der Mann mit ernsten Mienen
Freud' an ihrer Freude fand.

Gerne weilt' er eine Stunde,
Nickte und verlor sich sacht
In den See, zum stillen Grunde
Taucht' er heim um Mitternacht.

Glücklich ward die Braut gepriesen,
Wenn er kam und ihr zum Tanz
Brachte von verborgnen Wiesen
Fremder Blumen einen Kranz.

Wohlgeruch durchquoll das Zimmer,
Schöner blühte dann die Braut,
Ward im gleichen Jugendschimmer
Viele Jahre noch geschaut.


Mutter ward sie guter Kinder,
Haus und Feld gedieh; bis spät
Sie der Tod, ein leiser, linder,
Überraschte beim Gebet.

Einst mit rauher Ungebühre
Sprach ihm Eines was zu leid:
Traurig schwieg er, und zur Türe
Schwand der Saum von seinem Kleid.

Und sie sah'n vom Ufer nieder,
Riefen, klagten je und je;
Doch es kam der Geist nie wieder,
Blieb in seinem tiefen See.


Tränenpflege

Ach, Freundin, ich habe dich gestört
In deinem verborgnen Weinen;
Nun hast du zu weinen aufgehört,
Und ruhig willst du scheinen.

Wenn deine Züge verhüllend auch
Vor deinen Schmerz sich reihen,
Und ihn nicht nennt der Lippen Hauch,
Ich hör' ihn im Herzen schreien.

Pfleg' deinen Schmerz mit Tränen lind,
Als eine weinende Aja,
Einschläfre ihn, als wie ihr Kind
Die Mutter im Himalaya.

Sie legt das Kind im Schattengestein
Dem Tropfbach unter, vertrauend;
Die leisen Tropfen schläfern es ein,
Ihm auf die Wangen tauend.


An den Frühling

Noch immer, Frühling, bist du nicht
Gekommen in mein Tal,
Wo ich dein liebes Angesicht
Begrüßt das letzte Mal.

Noch stehn die Bäume dürr und bar
Um deinen Weg herum
Und strecken, eine Bettlerschar,
Nach dir die Arme stumm.

Frühblumen wähnten dich schon hier,
Frost bringt sie um ihr Glück,
Sie sehnten sich heraus nach dir
Und können nicht zurück.

Die Schwalbe fliegt bestürzt umher
Und ruft nach dir voll Gram,
Bereut schon, daß sie übers Meer
Zu früh herüberkam.


An ein schönes Mädchen

Wie die Ros' in deinem Haare,
Mädchen, bist du bald verblüht;
Schönes Mädchen, o bewahre
Vor dem Welken dein Gemüt!

Mädchen, wenn dein Herbst gekommen,
Und das ganze Paradies
Deiner Blüte dir genommen,
Und dich aus dir selbst verwies;

Wenn du in des Welkens Tagen
Nicht den frohen Mut mehr hast,
Rosen in dem Haar zu tragen,
Weil den Wangen sie verblaßt;

O dann zaubert dein Gemüte,
Wenn du's vor dem Frost bewacht,
Auf dein Antlitz eine Blüte,
Leuchtend durch die Todesnacht.

 
Der schwarze See

Die Tannenberge rings den tiefen See umklammen
Und schütten in den See die Schatten schwarz zusammen.

Der Himmel ist bedeckt mit dunklen Wetterlasten,
Doch ruhig starrt das Rohr, und alle Lüfte rasten.

Sehr ernst ist hier die Welt und stumm in sich versunken,
Als wär ihr letzter Laut im finstern See ertrunken.

Als wie ein Scheidegruß erscheint mir diese Stille,
Ein stummes Lebewohl, ein düstrer letzter Wille.

Sehr ernst ist hier die Welt und mahnt, das Erdenweh,
Des Herzens letzten Wunsch zu werfen in den See.

O Hoffnungen, hinab! Zerrißne Traumgeflechte!
O Liebe, süßer Schmerz der schlummerlosen Nächte!

Ihr habt mein Herz getäuscht; nicht heilen wird die Wunde,
Doch hab ich noch die Kraft, zu stoßen euch zum Grunde. —

Der Wind wacht auf, ich seh ihn durch's Gewässer streichen;
Will denn sein Hauch das Herz mir noch einmal erweichen?

Das Schilf am Ufer bebt und flüstert mir so bange,
Im Winde bebt der Wald am steilen Uferhange.

Ich höre kommen dich, Natur! dein Mantel rauscht,
Wie der Geliebten Kleid, wenn ich nach ihr gelauscht;

Willst du denn noch einmal an meinen Hals dich hängen?
Ins Elend locken mich mit schmeichelnden Gesängen?

Es schwillt der Wind zum Sturm, es zucken Blitze wild,
Den schwarzen See durchglüht ihr schnell verzitternd Bild;

Sie leuchten durch den See, wie aus beglückten Tagen
Durch mein verfinstert Herz Erinnerungen jagen.

Sie rufen mir: O Tor! Was hat dein Wahn beschlossen!
Die Hoffnung kannst und sollst du in das Grab hier stoßen;

Doch willst in diesem See die Liebe du ertränken,
So mußt du selber dich in seine Fluten senken!

Das Roß und der Reiter

Die frische Quelle rinnt herab am Steingesenke,
Der Reiter führt sein Roß zur lang ersehnten Tränke.

Aus Bergesadern kühl die klaren Fluten fließen,
In heiße Adern sich des Pferdes zu ergießen.

Der Reiter schaut sein Roß mit innigem Vergnügen,
Wie es die Flut einzieht in lustgedehnten Zügen;

Und wie die Wellen ihm die Mähne wiegend spülen,
Und wie sie eingeschlürft das heiße Blut ihm kühlen.

Der Rappe möchte gern im durstenden Verlangen
Jeglichen Wasserguß, der ihm enteilt, empfangen:

Doch wie er unten trinkt, hört oben schon sein Lauschen
Den reichen Überfluß verheißend niederrauschen.

Der Reiter hat sich auch am Quelle kühl getrunken,
Steht nun im großen Blick des Hochgebirgs versunken.

Er starrt auf Alpen hin, ihr seliges Umnachten,
Das leise Zauberspiel des Lichtes zu betrachten;

Wie mit den fernen Höh'n die Strahlen dort verkehren,
Und sich in stiller Glut im letzten Kuß verzehren.

Und auf den Wandrer sinkt, den düstern, sehnsuchtskranken,
Der frische Seelentau der himmlischen Gedanken.

Es strömt aus ihn herab die ew'ge Liebesquelle,
Es kann sein durstend Herz nicht fassen jede Welle;

Doch kann sein Herz auch nicht den ganzen Strom behausen,
So hört er oben schon die ew'ge Fülle brausen.

Die Blumenmalerin

Brach ein Leben bei den heitern Griechen,
Bog der Freund sich auf den Todessiechen,
Auszuküssen seinen letzten Hauch.
Blumen, nicht im einsam wilden Grase,
Blumen, euch in der kristallnen Vase
Fiel ein schönes Los im Sterben auch!

Eure holden Äuglein blicken trüber,
In den bleichen Todesschlaf hinüber
Neigt ihr schon die Häupter traurig matt;
Während eure Blätter sich entfärben,
Während eure schönen Blüten sterben,
Blüht ihr auf an diesem weißen Blatt.

Blumen, eure letzten Blicke flehen:
"Schöne Freundin! laß uns nicht vergehen!
Tröste unser flüchtiges Geschick!
Deinen zauberischen Pinsel tauche
Eilig noch in unsre Sterbehauche,
Küss' die Seele auf in deinen Blick!"

Und sie blickt und malt und blicket wieder,
Blum' an Blume neigt getrost sich nieder,
Wenn ihr Bild der Freundin schön gelang.
Und es wagt die lieblichste der Frauen
Nicht, vom schönen Werke abzuschauen,
Vom besiegten Blumenuntergang.

Husarenlieder

I.
Der Husar,
Trara!
Was ist die Gefahr?
Sein herzliebster Schatz;
Sie winkt, mit einem Satz
Ist er da, trara!

Der Husar,
Trara!
Was ist die Gefahr?
Sein Wein; flink! flink!
Säbel blink! Säbel trink!
Trink Blut! trara!

Der Husar,
Trara!
Was ist die Gefahr?
Sein herzliebster Klang,
Sein Leibgesang,
Schlafgesang, trara!

II.
Der leidige Frieden
Hat lang gewährt,
Wir waren geschieden,
Mein gutes Schwert!

Derweil ich gekoste
Im Keller den Wein,
Hingst du verrostet
An der Wand allein.

Von Sorte zu Sorte
Probiert' ich den Wein,
Indessen dorrte
Das Blut dir ein.

Ist endlich entglommen
Der heiße Streit,
Mein Schwert, und gekommen
Ist deine Zeit.

Ich gab deiner Klingen
Den blanken Schliff,
Ich lasse dich singen
Den Todespfiff.

Im Pulvernebel
Die Arbeit rauscht,
Wir haben, o Säbel,
Die Freuden getauscht.

Im brausenden Moste,
Mein durstiges Erz,
Betrinke dich, koste
Von Herz zu Herz.

Derweil du gekostet
Das rote Blut,
Ist mir eingerostet
Der Hals vor Glut.

III.
Den grünen Zeigern,
Den roten Wangen,
Den lustigen Geigern
Bin ich nachgegangen
Von Schenk' zu Schenk',
So lang ich denk'.

Am Tschako jetzt trag' ich
Die grünen Äste,
Rote Wangen, die schlag' ich
Den Feinren auf's Beste,
Kanonengebrumm
Musiziert herum.

IV.
Da liegt der Feinde gestreckte Schar,
Sie liegt in ihrem blutroten Blut;
Wie haut er so scharf, wie haut er so gut,
Der flinke Husar!

Da liegen sie, ha! so bleich und rot.
Es zittern und wanken noch husch! husch!
Ihre Seelen auf seinem Federbusch,
Da liegen sie tot.

Und weiter ruft der Trompetenruf,
Er wischt an die Mähne sein nasses Schwert,
Und weiter springt sein lustiges Pferd
Mit rotem Huf.