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                         Liebesghaseln


1.
Geschildert hab' ich stets nur kalt dein Bild,
Traf nie, so sehr ich selbst mich schalt, dein Bild,
Mir ist als sei mein Herz ein tiefer Schacht
Und dessen reicher Goldgehalt dein Bild,
Es ist ein Quell, in dem in stiller Nacht
Als keuscher Mond sich silbern malt dein Bild;
Auf eine Flur, auf der im Rosenheer
Als Blumenfürstin immer galt dein Bild.
Als Muschel schwimmt es auf der Sehnsucht Meer,
Aus der als Perle schillernd strahlt dein Bild.
Es ist ein Siegelring, dem eingedrückt
Der ersten Liebe Glutgewalt dein Bild —
Ein Altar auch mit Blumen reich geschmückt,
Dort thront statt Kama's Lichtgestalt dein Bild.

2.
Als Lotos blüht' ich einst im Morgenland;
Du warst der Mond, dem ich den Duft gesandt.
Auf deinem Altar fern in Hindostan
Mein junges Herz als Liebesblume stand.
Ich zog als Falter gaukelnd meine Bahn;
Du warst die Rose, die den Flattrer band.
War eine Taube, fing zu suchen an;
Du warst der Ölzweig, den sie jubelnd fand.
Ich war ein Adler, schwang mich himmelan —
Stolz sah mein Auge deinen Sonnenbrand,
Auch als Delphin im stillen Ozean
Umkreist' ich treu dich als Korallenwand.
Ich war ein Leu, betrat der Tiere Khan
Dich als Oase in der Wüste Sand.
Als Rajah selbst bezwang ich Gulistan
Durch deinen Blick, der Liebe mir gestand.

3.
Kein Märchen ist so wunderbar als reine Liebe;
Die Liebe, die nicht Wunder wirkt, ist keine Liebe.
Schließt auch den Kelch die Nenufare scheu am Tage,
Aufküßt die Schämige im Mondenscheine Liebe;
Verstummt aus Schmerz Bülbüls so schmerzlich süße Klage,
Erzwingt durch Rosendüfte, daß er weine, Liebe.
Fern ist das Meer vom Schacht, die Perle vom Rubine,
Auf Ringen eint mit Perlen Edelsteine Liebe.
Nicht scheut der Wüste Glut und Sand der Beduine,
Ihn labt in der Oase Palmenhaine Liebe.
Das Paradies, das nüchtern Keiner noch betreten,
Zeigt dem, der trunken ist von ihrem Weine, Liebe.
Einst brachte fast ein Blick der Anahid zum Beten
Den Ahriman; so wirksam ist die reine Liebe!
Den Zwiespalt meines wilden Herzens hat geschlichtet
Als neuer weiser Daniel, die feine Liebe.
Ghaselen lieblich, wie Hafis sie einst gedichtet,
Soll mich begeisternd singen lehren deine Liebe.

4.
Was frägst du stets? Ich habe keinen Namen,
Was liegt dir auch an diesem kleinen Namen?
Ich bin kein Held; nur dieser darf es wagen,
Durch alles Land zu rufen seinen Namen.
Schreibst du Geschichte? Sängern alter Sagen
Nur können gar so wichtig scheinen Namen.
Verstumme schwatzhaft Kind! Willst du mich sehen,
So brauche nur den allgemeinen Namen
"Geliebter!" Werde stets den Ruf verstehen.
Einmal da hatt' ich freilich einen Namen —
Weiß keine Silbe mehr von seinem Klange;
Mir schrieb ins Herz die Liebe deinen Namen —
Den nannt' ich oft, den las ich da so lange,
Bis ich vergessen hatte meinen Namen.

5.
Wie Lerchen haßte Fesselzwang mein Herz,
Bis deiner Locken Netz umschlang mein Herz.
Als Kahn auf hoher See der Liebe zog,
Vor Sturmgefahr nicht scheu noch bang, mein Herz;
Doch deines Flammenblickes Brander flog,
Geentert ward als Kaperfang mein Herz.
Verschlungen hat der Wonne Meeresschlund
Als Taucher, der zur Tiefe drang, mein Herz;
Korallenklippe ward dein Nelkenmund —
Wie hing an dieser Klippe lang mein Herz!
Als Falter zog hinaus zur Blumenwahl,
Den kleinen Fittig rastlos schwang mein Herz,
Da schaute deines Busens Liliental,
Da hemmte seinen Reisegang mein Herz.
Ein Heimatloser zog durch alles Land
Gleich einem, der der Haft einsprang, mein Herz.
Zu deinen Füßen seine Heimat fand,
Landstreicherlieder nie mehr sang mein Herz.

6.
Weiß Kunde nur von goldnen Banden,
Seit deine Locken mich umwanden;
Von Perlen, seit ich sah die Zähne,
Die schillernd dir im Munde standen,
Auch von der glitzernden Faläne,
Seit ich dich traf in Prachtgewanden.
Weiß Kunde auch von Glutrubinen,
Seit Lippen sich zu Lippen fanden —
Durch deinen Blick von Herzensminen —
Der Ruhe Wall ward da zu schanden;
Auch von dem Klang der Nachtigallen
Durch Worte, die sich dir entwanden.
Woher der Schnee, der frisch gefallen,
Des Busens Schwäne mir gestanden.
Bei solcher Kunde sprach ich: Rüste
Dich, Herzensbarke, rasch zu stranden,
Du darfst an deines Himmels Küste
In ihrem schönen Herzen landen.

7.
Liane hat den Palmenast gebunden,
Das Garn den Aar trotz seiner Hast gebunden.
Narzisse hat durch Duft den Schmetterling,
Der Sommertage flücht'gen Gast, gebunden.
Den Demant auf des Shahes Siegelring
Hält Gold wie eine Klammer fast gebunden,
Zwar bläht der Sturm das weiße Segeltuch,
Doch hält den Kiel des Ankers Last gebunden.
Den bleichen Juden hat des Tilgers Fluch
An stetes Wandern sonder Rast gebunden,
Längst hat mein Herz dein blondes Seidenhaar
Gleich einem Netz aus feinstem Bast gebunden.
So glücklich nie ein Kettenträger war,
Als ich es bin, seit du mich hast gebunden.

8.
Mir brannte Herz und Lippen wund dein Kuß,
Als Siegel schloß den Liebesbund dein Kuß.
Des Mondes Wirkung auf des Meeres Flut
Erklärte mir, und gab mir kund dein Kuß.
In meinen Adern siedend schwoll das Blut,
Als zärtlich drückte meinen Mund dein Kuß.
Gefühle weckte heiß, wie Sonnenglut,
Den Keim, im tiefsten Herzensgrund dein Kuß,
Rasch brachte süßen Glückes Perlengut
Als Taucher aus der Lippen Sund dein Kuß;
Wie Wüstendurst des Baumes Fruchttribut,
So labte mich der Dattelfund: dein Kuß.
Wie Palmenwein hob meines Geistes Mut,
Und machte mich von Harm gesund dein Kuß.
Gleich einer Zauberformel des Marut
Entrückte mich dem Erdenrund dein Kuß;
Wie süß am Busen der Huri sichs ruht,
Mich lehrt' es dein Umarmen und dein Kuß.

9.
Verstummst du Nachtigall im Wald? Du konntest mich vergessen?
So ruft die Rose, welkt dann bald — sie kann dich nicht vergessen.
Verklungen ist des Lieblings Sang und ihr allein zu bang.
Die Sonne sinkt; da klagt wohl auch "du konntest mich vergessen?"
Der Sonnenwende letzter Hauch — sie kann dich nicht vergessen.
Sie stirbt, weil ohne deinen Tag sie nicht mehr leben mag;
Auf Erden weint so manches Herz: "Du konntest mich vergessen?"
Doch ich — dies ist der größte Schmerz — ich kann dich nicht vergessen!
Ob du mit Spott die Treue lohnst, ich liebe dich wie sonst!"
Auch du Gülnare, böses Kind, du konntest mich vergessen?
Ach, lehr' es mich doch auch geschwind, ich kann dich nicht vergessen!
Mir liegt die Kunst zu weit, zu fern — ich hatte dich zu gern!

10.
Feenmädchen, das ich liebend meine, lebewohl
Schönste der Huris, um die ich weine, lebewohl!
Sonne meiner Wege, Leitstern auf der Sehnsucht Stege,
Rosenfürstin in des Herzens Haine, lebewohl!
Sina's alte Sage schildert seiner Tochter Klage
Als Tartarenbraut nicht herb wie meine — lebewohl!
Wie die Bajadere ihren Mahadöh zur Ehre
Stürzte in das Feuer — in das reine, lebewohl!
Rief der Liebe schmerzhaft: ruf ich lächelst du auch scherzhaft:
Schönheit, die ich liebe wie sonst Keine, lebewohl!

11.
Du standst vor mir so hell und klar im Traume!
Wie zärtlich warm dein Blick doch war im Traume!
Dies gab mir Mut: ich faßte deine Hand,
Und bat um einen Kuß sogar im Traume.
Du sträubtest dich; doch was kein Wort gestand,
Sprach deiner Augen Sonnenpaar im Traume.
Mir sagte liebevoll ihr holder Strahl
Dein bin ich, bleib' ich immerdar, im Traume.
Da drückt' ich auf der Lippen Rosenmal
Den heißen Mund, der Sinne bar, im Traume.
Der Kuß, wie Sonnenfeuer brannt' er mir
Dein Bild ins Herz, gar wunderbar im Traume;
Allah! nicht neid' ich mehr den Himmel dir,
Seit ich in einem Schönern war im Traume!

12.
Was willst du Herz? — du schlägst so bang? — Zu Ihr!
Wo zieht dich hin der Sehnsucht Drang? — Zu Ihr?
Das geht nicht an; die Trennungsstunde schlug.
Verpfählt ist dicht der Rosengang zu ihr.
Nur Adlerflügel führten dich, mein Herz,
Das hoch beim ersten Kusse sprang, zu ihr.
Drum fasse singend deinen Wanderstab —
Vielleicht dringt deines Liedes Klang zu ihr.
Noch einen Seufzer schick' ins Heimatland,
Wo Liebe dir ihr Märchen sang, zu ihr;
Dann pilgre fort, und halte nirgends an —
Durchs Leben zieht der Weg sich lang zu ihr.
Doch tröste dich, du kommst im Himmel einst,
Sobald der Tod die Sense schwang, zu ihr!

13.
Du hast vertraut zu unbedacht mein allzurasches Herz;
Der Treue Haus steht abgedacht mein heimatloses Herz.
Die Liebe kam, so kehrt der Lenz ins Blumental zurück;
Ihr Sonnenblick hat dir gelacht mein leichtgeblendet Herz,
Der Lenz ist kurz, doch kürzer noch der Liebe Lust und Glück,
Da ward in Dir es freilich Nacht mein schmerzzerrißnes Herz,
Was klagst du bang dein Leid der Welt? die Welt hat kaltes Blut
Ihr hat noch immer Spaß gemacht, ein gramgebrochnesHerz.
Was staunst du doch und wunderst dich, daß sie nicht teilt die Glut,
Die Liebesküsse angefacht mein allzuwarmes Herz?
Sei ruhig, poche nicht so laut; die Rosen sind verblüht,
Nicht hoffe, daß Bülbül erwacht, mein wahnbefangnes Herz!
Was lärmst du so? S'ist lächerlich, wenn man umsonst sich müht,
Ich hätte stiller mir gedacht, ein totgeschlagnes Herz.